Sarandanon hat geschrieben:taddeo hat geschrieben:Das ist so häufig genannt wie es falsch ist.
Die formellen Kriterien für ein Schisma waren damals rechtlich nicht gegeben, denn als Humbert die Bannbulle auf dem Altar der Hagia Sophia niederlegte, war sein Auftraggeber (der Papst) bereits verstorben - und damit die Sache juristisch ungültig (was natürlich weder er noch die Byzantiner wußten). Auch inhaltlich war es 1054 mit einer Kirchenspaltung nicht weit her, denn - um nur ein Anzeichen zu nennen - der römische Papst wurde weiterhin in der byzantinischen Liturgie kommemoriert, und zwar noch jahrzehntelang. Erst mit dem Kreuzzug 1204, als die Venezianer Konstantinopel plünderten, wurde es atmospärisch arg eng. Aber die formelle Spaltung hat erst 1729 die Propaganda fide mit dem Verbot der Sakramentengemeinschaft ausgesprochen.
Aber irgendeine Art von Trennung, wenn evt. auch keine rechtlich einwandfreie, hat sich ja durchaus vollzogen. Auch wenn anfangs ja nicht alles unversöhnlich erschien (bis zur Plünderung Konstantinopels und trotz des Anspruchs des Machtprimats durch den Papst). Es haben ja danach zB keine echten ökumenischen Konzilien mehr stattgefunden. Wie sehen das eigentlich die Orthodoxen Kirchen? Genauso?
1054 hat sich eben als angebliches Datum durchgesetzt, dabei ist es bloß ein Meilenstein in einer bedauernswerten Entwicklung. Angefangen hat es reichlich unreligiös, Kaiser Konstantin hat mit Verlagerung des Reichssitzes nach Byzanz (dann hieß es Konstantinopel) natürlich die östlichen Bischofssitze politisch aufgewertet, was letztlich in der Pentarchie mündete (eine politische Entwicklung wurde religös doktrinell verfestigt). Als das weströmische Reich zuletzt durch die Vandalen zerfiel, war es nur die lateinische Kirche, die noch eine eigene stabile Institution darstellte, mit dem Bischof von Rom als mächtigsten Mann. Nach den folgenden "dark ages" kam es bspw. mit der Kaiserkrönung von Karl dem Großen durch den Papst zu einem Affront gegen den Osten, weil es aus dessen Sicht eben nur einen Kaiser geben könne, den von Ostrom. Und die lateinische Kirche hatte schon früh (im 5. Jh.) angefangen, das gemeinsame Credo um den Zusatz des filioque zu erweitern (was aber zuvor jahrhundertlang niemanden störte). 1054 hat der Gesandte des Papstes, der natürlich kein Griechisch sprach, den Patriarchen von Konstantinopel exkommunziert, dabei aber betont, daß natürlich alle anderen Griechen weiter rechtgläubig seien. Schon heir wird klar, daß 1054 nur eine Episode von vielen war, zuvor und danach (Plünderung Konst. duch die Venezianer 1204 nach einem Pogrom gegen venezian. Händler in Konstant., zwar durch den Papst verurteilt, aber wen interessieren solche Fakten heute noch; fehlgeschlagene Unionskonzile, die auch deswegen veranstaltet wurden, weil man die Truppen Roms gegen die Türken brauchte, die Rom letztlich nicht geschickt hat 1453; dann die Geschichte mit der Propaganda fide 1729, die es allen Klerikern untersagte, die Kommunion an Christen zu spenden, die den Papst in seiner führenden Rolle nicht anerkennen etc. ...