Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

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tanatos
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Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von tanatos »

Bislang ging ich immer davon aus, daß es in unierten Landeskirchen Lutheraner, Reformierte und Unierte gibt. So habe ich es etwa in Westfalen kennengelernt, wo es ja auch in der Kirchenordnung heißt:

Auf diesem Grunde sind in der Evangelischen Kirche von Westfalen evangelisch-lutherische, evangelisch-reformierte und evangelisch-unierte Gemeinden in Verantwortung vor ihrem Bekenntnisstand in einer Kirche verbunden, die gerufen ist, Jesus Christus einmütig zu bezeugen und seiner Sendung in die Welt gehorsam zu sein.

Wie aber sieht es in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland aus? Vor einiger Zeit erklärte mir jemand, dort gäbe es zwar Lutheraner und Reformierte, nicht aber Unierte. Entsprechend fand ich in der dortigen Kirchenordnung die Formulierung:

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland ist eine Kirche der lutherischen Reformation und hat ihren besonderen Charakter in der kirchlichen Gemeinschaft mit den reformierten Gemeinden in ihrem Bereich. 2 Im Verständnis des von den Reformatoren gemeinsam bezeugten Evangeliums bleibt sie den in ihren Gemeinden geltenden Bekenntnissen verpflichtet. 3 Dies sind in lutherischen Kirchengemeinden die lutherischen Bekenntnisschriften: die Augsburgische Konfession, die Apologie, die Schmalkaldischen Artikel, der Kleine und der Große Katechismus Martin Luthers, die Konkordienformel, wo sie anerkannt ist, und der Traktat über Gewalt und Oberhoheit des Papstes. 4 In den reformierten Kirchengemeinden gilt der Heidelberger Katechismus; Herkommen und Geschichte der reformierten Gemeinden sind bestimmt von der Geltung der Confessio Sigismundi, der Confession de Foi und der Discipline Ecclésiastique. 5 Diese Verpflichtung schließt ein, die Bekenntnisse immer wieder an der Heiligen Schrift zu prüfen und sie in Leben, Lehre und Ordnung der Kirche wirksam werden zu lassen.

Hier findet sich also nichts über die Unierten.

Verwirrt wurde ich nun, als mir ein Pfarrer der Mitteldeutschen Kirche erzählte, sein Superintendent habe sich uniert ordinieren lassen.

Wie ist es also nun: Gibt es in der EKM auch das ominöse unierte Bekenntnis, oder nur Lutheraner und Reformierte? Weiß da jemand mehr?

NurNochKatholisch
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von NurNochKatholisch »

Vielleicht kann mir vorab mal jemand erklären, was denn bitteschön DAS unierte Bekenntnis sein soll.

M.W.n. gibt es lutherische und reformierte Bekenntnisse. Als "uniert" wird eine Kirche oder Gemeinde dann bezeichnet, wenn lutherisches und reformiertes Bekenntnis gleichberechtigt nebeneinander Gültigkeit haben. Dass es diese Konstruktion nicht nur auf "Kirchenebene" sondern auch auf "Gemeindeebene" gibt, sollte für viele Landeskirchen klar sein (z.B. Baden oder eben Westfalen).

Übrigens besteht die EKM doch aus der Lutherischen Landeskirche in Thüringen und der Kirchenprovinz Sachsen (das war die alte unierte, preußische Staats- bzw. Landeskirche, also eine unierte Kirche). Mag sein, dass man dort den Sprachgebrauch hatte, von lutherischen und reformierten Gemeinden in einer unierten Kirche zu sprechen. Aber ein uniertes Bekenntnis?

Sicherlich sollte man die Leuenberger Konkordie als ein solches bezeichnen; wird aber nicht gemacht, weil sonst alle "lutherischen" Landeskirchen ein Problem bekommen, aber das ist eine andere Frage ;-)
Ehemals "KatholischAB" ist nun "NurNochKatholisch" und glücklich in die vollen Gemeinschaft der Kirche aufgenommen zu werden

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tanatos
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von tanatos »

KatholischAB hat geschrieben:Vielleicht kann mir vorab mal jemand erklären, was denn bitteschön DAS unierte Bekenntnis sein soll.
deine anfrage ist vollkommen berechtigt, ein "uniertes bekenntnis" ist nicht fisch, nicht fleisch (und auf die leuenberger diskordie möchte ich hier nicht näher eingehen). ich habe mich wohl auch etwas schwammig ausgedrückt und bin dem allgemeinen sprachgebrauch gefolgt.

in westfalen habe ich gelernt, daß es durchaus GEMEINDEN gibt, die sich selbst als "uniert" verstehen, worunter man ein irgendwie geartete protestantische einheit verstand, die das eigentliche kirchliche bekenntnis mißachtete. am ende aber mußten sich auch unierte gemeinden entscheiden, ob sie (gerade auch in der sakramentenlehre) offiziell dem heidelberger oder dem lutherischem kathechismus folgten. welche auswirkungen das auf die gemeindepraxis hat, ist eine andere frage.

allerdings denke ich, daß die bezeichnung "uniertes bekenntnis" nicht völlig falsch ist, denn als lutheraner im strengen sinne verstehe ich diejenigen, die dem ganzen konkordienbuch folgen und nicht nur einer auswahl von bekenntnissen, wie es in westfalen etwa möglich ist.

beachtlich scheint mir aber das selbstverständnis zu sein, daß sich nicht wenige gemeinden nicht lutherisch oder kalvinistisch, sondern als uniert verstehen.

was mich nun interessiert, ist, ob es in der mitteldeutschen kirche ebenfalls solche gemeinden gibt oder nicht, sowie ob man sich in der mitteldeutschen kirche auch (wie etwa in westfalen) bei der ordination auf eine mischung von reformierten und lutherischen bekenntnisschriften verpflichten lassen kann.

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Lutheraner
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von Lutheraner »

Hallo Tanatos,

wird da nicht weiterhin unterschieden zwischen der ehem. Kirchenprovinz Sachsen und der Thüringischen Landeskirche? In letzterer heißen alle Gemeinden "evang.-luth", in ersterer nur "evangelisch", was wiederum lutherisch oder uniert bedeuten kann. Insofern könnte es nur in den Propsteien, die zur ehemaligen Kirchenprovinz gehören, unierte Gemeinden geben.

Meiner Meinung nach geht es bei Pfarrern, die sich "uniert" ordinieren lassen oder Gemeinden, die sich als "uniert" bezeichnen, gar nicht um beide Bekenntnisse, sondern um die Relativierung des evang.-luth. Bekenntnisses. Man will halt ein bisschen lutherisch sein, aber auch gerne sein eigenes Ding machen.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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tanatos
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von tanatos »

Lutheraner hat geschrieben:Hallo Tanatos,

wird da nicht weiterhin unterschieden zwischen der ehem. Kirchenprovinz Sachsen und der Thüringischen Landeskirche? In letzterer heißen alle Gemeinden "evang.-luth", in ersterer nur "evangelisch", was wiederum lutherisch oder uniert bedeuten kann. Insofern könnte es nur in den Propsteien, die zur ehemaligen Kirchenprovinz gehören, unierte Gemeinden geben.
ja, so ist es. inzwischen bin ich darauf gestoßen, (selbstdarstellung: http://www.reformiert-info.de/side.php? ... d=&navi=1) daß es für die reformierten gemeinden einen eigenen seperaten reformierten kirchenkreis gibt.
weiter war dort zu lesen, daß dieser kirchenkreis (der sämtliche reformierte gemeinden in der ekm umfaßt) die gewaltige zahl von fünf gemeinden mit unfaßbaren 15 reformierten christen gehören. mehr [Punkt] interessanterweise werden ganz offiziell die anderen angehörigen der landeskirche als lutheraner bezeichnet, von unierten ist hier nicht die rede.
heißt das, daß von der statistisch zu vernachlässigenden zahl von 15 reformierten christen (bei 9 landeskirchlern sind das nur ,16%) die ganze landeskirche zumindest offiziell lutherisch ist und besagter auf ein ominöses uniertes bekenntnis verpflichteter superintendent schlicht und einfach in einer anderen landeskirche ordiniert wurde?
wenn dem so ist, würde mich interessieren, warum die kirchenprovinz sachsen als vorgängerin der ekm historisch einen so anderen weg gegangen ist als die anderen preußischen provinzen, wo die unierte indifferenz auf gemeindeebene so viel erfolgreicher war.

oder gibt es vielleicht doch ganz offiziell unierte gemeinden in der ekm?
Lutheraner hat geschrieben: Meiner Meinung nach geht es bei Pfarrern, die sich "uniert" ordinieren lassen oder Gemeinden, die sich als "uniert" bezeichnen, gar nicht um beide Bekenntnisse, sondern um die Relativierung des evang.-luth. Bekenntnisses. Man will halt ein bisschen lutherisch sein, aber auch gerne sein eigenes Ding machen.
meine volle zustimmung!
ich bin fest davon überzeugt, daß diese unierten theologen gar nicht wissen, was sie überhaupt bekennen.

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Radulf Thoringi
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von Radulf Thoringi »

tanatos hat geschrieben: oder gibt es vielleicht doch ganz offiziell unierte gemeinden in der ekm?
Lutheraner hat geschrieben: Meiner Meinung nach geht es bei Pfarrern, die sich "uniert" ordinieren lassen oder Gemeinden, die sich als "uniert" bezeichnen, gar nicht um beide Bekenntnisse, sondern um die Relativierung des evang.-luth. Bekenntnisses. Man will halt ein bisschen lutherisch sein, aber auch gerne sein eigenes Ding machen.
meine volle zustimmung!
ich bin fest davon überzeugt, daß diese unierten theologen gar nicht wissen, was sie überhaupt bekennen.
Es ist mir völlig unklar, wie eine "unierte Ordination" aussehen soll. Bei der Fusion wurde mit Rücksicht auf die Reformierten auf das Wort Lutherisch im Namen der Kirche verzichtet und dieser "Sonderkirchenkreis" (der auch keine geschlossene Fläche hat sondern am ehesten eine Personalgemeinde darstellt) erfunden.

Eine Gemeinde kann somit (in der EKM) nicht uniert sein.

Die EKM ist auch Mitglied der VELKD. Trotzdem hat diese neue Kirche einen dezidiert weniger lutherischen Charakter als die alte Thüringer Kirche. Es ist immer wieder erstaunlich, welch großen Einfluß Reformierte bezogen auf ihre Anzahl gewonnen hatten und haben.
"Der erste Schluck aus dem Becher der Wissenschaft führt zum Atheismus, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott."
Werner Heisenberg

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Lutheraner
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von Lutheraner »

Radulf Thoringi hat geschrieben:Die EKM ist auch Mitglied der VELKD. Trotzdem hat diese neue Kirche einen dezidiert weniger lutherischen Charakter als die alte Thüringer Kirche. Es ist immer wieder erstaunlich, welch großen Einfluß Reformierte bezogen auf ihre Anzahl gewonnen hatten und haben.
Ich glaube dafür kann man nicht die 1.500 Reformierten in der EKM (siehe Tanatos' Beitrag) verantwortlich machen, sondern die preußisch geprägten Protestanten der ehemaligen Kirchenprovinz wollen nicht so richtig lutherisch sein. Man hätte die reformierten Gemeinden ja in die Reformierte Landeskirche ausgliedern können.

In der geplanten "Nordkirche" hat das übrigens geklappt. Die unierte Pommersche Kirche hatte schon nach dem zweiten Weltkrieg alle reformierten Gemeinden ausgegliedert und konnte sich jetzt der evang.-luth. Nordkirche anschließen, auch wenn es hier einige protestantische Vorbehalte gab.
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tanatos
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von tanatos »

Radulf Thoringi hat geschrieben: Bei der Fusion wurde mit Rücksicht auf die Reformierten auf das Wort Lutherisch im Namen der Kirche verzichtet und dieser "Sonderkirchenkreis" (der auch keine geschlossene Fläche hat sondern am ehesten eine Personalgemeinde darstellt) erfunden.

Eine Gemeinde kann somit (in der EKM) nicht uniert sein.
und wie sah das in den zeiten vor der fusion aus? gab es da diesen "sonderkirchenkreis" noch nicht, waren die unierten gemeinden somit in die allgemeinen kirchenkreise integriert?
versteh ich das richtig: die ekm ist irgendwie ein lutherisches gegenstück zur lippischen landeskirche, nur mit dem unterschied, daß es in lippe die "lutherische klasse" in der reformierten mehrheitskirche gibt, während die mehrheitskirche der ekm lutherisch ist und es als kleine minderheit nur die fünf gemeinden des reformierten kirchenkreises gibt
Radulf Thoringi hat geschrieben: Eine Gemeinde kann somit (in der EKM) nicht uniert sein.
wie du auf diese schlußfolgerung kommst, verstehe ich nicht. könntest du das noch etwas genauer ausführen? warum können einzelne gemeinden nicht in preußischen zeiten die union angenommen haben?

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tanatos
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von tanatos »

Lutheraner hat geschrieben: Ich glaube dafür kann man nicht die 1.500 Reformierten in der EKM (siehe Tanatos' Beitrag) verantwortlich machen, sondern die preußisch geprägten Protestanten der ehemaligen Kirchenprovinz wollen nicht so richtig lutherisch sein. Man hätte die reformierten Gemeinden ja in die Reformierte Landeskirche ausgliedern können.

In der geplanten "Nordkirche" hat das übrigens geklappt. Die unierte Pommersche Kirche hatte schon nach dem zweiten Weltkrieg alle reformierten Gemeinden ausgegliedert und konnte sich jetzt der evang.-luth. Nordkirche anschließen, auch wenn es hier einige protestantische Vorbehalte gab.
den vergleich mit pommern finde ich interessant. du hast recht: auch hier gibt es (bei allem preußisch-protestantisch-unierten traditionalismus) keine "unierten" gemeinden. und das ist eine parallele zur kirchenprovinz.
wie kommt es, daß diese landeskirchen so anders sich darstellen als etwa westfalen, wo es so viele unierte gemeinden gibt, so daß die lutherische bekenntnisgrundlagein vielen gegenden (etwa bielefeld) nur noch eine minderheitenposition hat? - ich stelle langsam wirklich fest, daß ich als lutheraner mich mit der union und ihrer geschichte (von den anfängen und dem entstehen der altlutheraner einmal abgesehen) viel zu wenig beschäftigt habe!

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Radulf Thoringi
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von Radulf Thoringi »

tanatos hat geschrieben:und wie sah das in den zeiten vor der fusion aus? gab es da diesen "sonderkirchenkreis" noch nicht, waren die unierten gemeinden somit in die allgemeinen kirchenkreise integriert?
Wie lange es diese Konstruktion schon gibt ist mir leider nicht bekannt. Auf jeden Fall ist es keine Erfindung der aktuellen Fusion. Mitte der 90er Jahre gab es in der Kirchenprovinz Bestrebungen einer stärkeren Einbindung der reformierten Gemeinden in die Flächenstruktur. Das hatte aber wohl eher etwas mit der Pfarrstellenquote zu tun.
tanatos hat geschrieben:versteh ich das richtig: die ekm ist irgendwie ein lutherisches gegenstück zur lippischen landeskirche, nur mit dem unterschied, daß es in lippe die "lutherische klasse" in der reformierten mehrheitskirche gibt, während die mehrheitskirche der ekm lutherisch ist und es als kleine minderheit nur die fünf gemeinden des reformierten kirchenkreises gibt
Lippe ist mir gänzlich unbekannt. In der EKM gibt es zwar einen "diffusen kryptoreformierten" Einfluß, klar bekennende reformierte Gemeinden haben aber Exotenstatus. Es gibt sie, jeder hat davon gehört und keiner (naja fast) hatte je damit zu tun.
tanatos hat geschrieben:
Radulf Thoringi hat geschrieben:Eine Gemeinde kann somit (in der EKM) nicht uniert sein.
wie du auf diese schlußfolgerung kommst, verstehe ich nicht. könntest du das noch etwas genauer ausführen? warum können einzelne gemeinden nicht in preußischen zeiten die union angenommen haben?
Aus der Vergangenheit existieren solche Gemeinden nicht und heute muß ein Gemeindeglied das reformiert werden will die Zuordnung zu einer solchen Personalgemeinde schriftlich beantragen sonst bleibt er bei seiner lutherischen Ortsgemeinde. Mir ist nicht bekannt, daß es einen Modus gibt bei dem eine ganze Gemeinde ihren konfessionellen Stand ändern könnte. Ergo komme ich um obige Folgerung nicht herum. Andere Informationen würden mich aber auch sehr interessieren. In Thüringen war das bisher alles kein Thema.
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Lutheraner
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von Lutheraner »

tanatos hat geschrieben:wie kommt es, daß diese landeskirchen so anders sich darstellen als etwa westfalen, wo es so viele unierte gemeinden gibt, so daß die lutherische bekenntnisgrundlagein vielen gegenden (etwa bielefeld) nur noch eine minderheitenposition hat?
Ist das so? In Bielefeld gibt es nur eine Kirchengemeinde, die sich reformiert nennt. Alle anderen bezeichnen sich als lutherisch. Eine Tante von mir ist in der Gegend konfirmiert worden und für sie ist evangelisch auch ein Synonym für lutherisch. "Reformiert" ist für sie ein Begriff, mit dem sie nichts anfangen kann.
tanatos hat geschrieben: ich stelle langsam wirklich fest, daß ich als lutheraner mich mit der union und ihrer geschichte (von den anfängen und dem entstehen der altlutheraner einmal abgesehen) viel zu wenig beschäftigt habe!
Ich glaube, dass eine sehr starke Rolle spielt, welcher Bekenntnisstand vor der Union galt. Traditionell waren doch Berlin, Hessen, das Rheinland, Lippe und Ostfriesland reformiert geprägt. Wo das Lutherische in den Hintergrund gedrängt wurde, war das eher eine Folge von Aufklärung und Rationalismus, die beide in Preußen in gewissem Maße gefördert wurden. Die preußische Kirchenprovinz Sachsen hatte vielleicht noch die Besonderheit, dass in ihr fast alle Lutherstätten liegen. Da wird man auch aus lokaler Verbundenheit stärker am lutherischen Bekenntnis festgehalten haben.
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tanatos
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von tanatos »

Lutheraner hat geschrieben:
tanatos hat geschrieben:wie kommt es, daß diese landeskirchen so anders sich darstellen als etwa westfalen, wo es so viele unierte gemeinden gibt, so daß die lutherische bekenntnisgrundlagein vielen gegenden (etwa bielefeld) nur noch eine minderheitenposition hat?
Ist das so? In Bielefeld gibt es nur eine Kirchengemeinde, die sich reformiert nennt. Alle anderen bezeichnen sich als lutherisch. Eine Tante von mir ist in der Gegend konfirmiert worden und für sie ist evangelisch auch ein Synonym für lutherisch. "Reformiert" ist für sie ein Begriff, mit dem sie nichts anfangen kann.
In Bielefeld gibt es durchaus unierte Kirchengemeinden.

Unierte Gemeinden in Bielefeld

Dietrich-Bonhoeffer-Kirchengemeinde
Kirchengemeinde Schröttinghausen
Anstaltskirchengemeinde Zion
Altstädter Nicolaikirchengemeinde
Markus-Kirchengemeinde
Petrikirchengemeinde
Kirchengemeinde Stieghorst
Kirchengemeinde Ubbedissen

Oft stehen hinter diesen unierten Gemeinden jeweils mehrere unierte Kirchen (finanziell bedingte Gemeindefusionen der jüngsten Zeit!).

Auf Bielefeld bezogen hast Du aber recht, dem Namen nach ist die Mehrheit der Gemeinden noch lutherisch (was allerdings so unwichtig zu sein scheint, daß dies auf den Schaukästen der Gemeinden oft nicht einmal mehr verzeichnet ist...)

Auf die Kirchenangehörigen bezogen habe ich ganz andere Erfahrungen gemacht als Du: In der Regel bezeichnen sie sich hier als "evangelisch", nicht aber als "lutherisch" bzw. "uniert" bzw. "reformiert".

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Lutheraner
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von Lutheraner »

tanatos hat geschrieben:Auf die Kirchenangehörigen bezogen habe ich ganz andere Erfahrungen gemacht als Du: In der Regel bezeichnen sie sich hier als "evangelisch", nicht aber als "lutherisch" bzw. "uniert" bzw. "reformiert".
Sie bezeichnet sich auch als "evangelisch", aber wenn man sie fragt, was sie darunter versteht, dann bezieht sie sich auf die lutherische Reformation. Mit Zwingli und Calvin kann sie nichts anfangen. Das wird aber auch bei den meisten Unierten so sein.
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tanatos
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von tanatos »

Lutheraner hat geschrieben:
tanatos hat geschrieben:Auf die Kirchenangehörigen bezogen habe ich ganz andere Erfahrungen gemacht als Du: In der Regel bezeichnen sie sich hier als "evangelisch", nicht aber als "lutherisch" bzw. "uniert" bzw. "reformiert".
Sie bezeichnet sich auch als "evangelisch", aber wenn man sie fragt, was sie darunter versteht, dann bezieht sie sich auf die lutherische Reformation. Mit Zwingli und Calvin kann sie nichts anfangen. Das wird aber auch bei den meisten Unierten so sein.
Ja, den Deutschen Luther kennt man in Deutschland eher als die Schweizer Calvin und Zwingli.
Wenn man hingegen nach dem fragt, was "lutherisch", "uniert" oder "reformiert" bedeutet, bekommt man zumeist nur einen verständnislosen Blick als Antwort. Denn man ist ja schließlich evangelisch -weil man halt nicht katholisch ist.

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Lioba
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Re: Bekenntnisstand Evangelische Kirche in Mitteldeutschland

Beitrag von Lioba »

Ja, den Deutschen Luther kennt man in Deutschland eher als die Schweizer Calvin und Zwingli.
Wenn man hingegen nach dem fragt, was "lutherisch", "uniert" oder "reformiert" bedeutet, bekommt man zumeist nur einen verständnislosen Blick als Antwort. Denn man ist ja schließlich evangelisch -weil man halt nicht katholisch ist.[/quote]

Genau da liegt aber der Hund begraben- evangelisch= nichtkatholisch. Dadurch geht das Bewusstsein für echt lutherische Tradition verloren, Praxis und Lehre nähern sich immer mehr dem Reformierten an, weil die reformierte Tradition nun mehr wesentlich nichtkatholischer ist als die lutherische.
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

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