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Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Sonntag 28. Februar 2010, 18:10
von Clemens
Ich würde gerne mal eine Zusammenstellung von in der Reformationszeit evangelisch gewordenen katholischen Bischöfen machen. Falls es das schon gibt, spare ich mir natürlich auch gerne die Mühe und lese es dort einfach nach.
Wer kennt welche (hier zähle ich besonders auf dich, care Evagrie!) ?
Ich mache schon mal den Anfang mit dem einen, dessen Namen mir auswendig bewusst ist:
Pietro Paolo Vergerio / Petrus Paulus Vergerius
*1498 Capo d'Istria
+1565 Tübingen
Bischof Capo d'Istria
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Sonntag 28. Februar 2010, 21:22
von Niels
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Sonntag 28. Februar 2010, 22:48
von Bernado
Ich habe den Kölner Kurfürsten und Erzbischof Hermann von Wied (1477 - 1552) beizusteuern - ziemlich schlechte Biografie auf
Wikipedia. Sein Plan, das ganze Bistum mitzunehmen und zu einem Musterland der Reformation zu machen, scheiterte am Widerstand des Kölner Domkapitels, das beim Papst seine Absetzung erbat und erreichte. Von Wied verlor sein Amt und konnte nur noch persönlich evangelisch werden.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Sonntag 28. Februar 2010, 23:22
von Petur
Der ungarische Bischof András (Andreas) Dudith (Bischof von Csanád, dann von Pécs /Fünfkirchen/):
http://de.wikipedia.org/wiki/Andreas_Dudith
Er wurde zuerst reformiert, dann schloss sich den Unitariern (!) an.
Der Artikel schreibt nicht über seine positive Tätigkeit auf dem Konzil von Trient.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Montag 1. März 2010, 08:30
von Stephen Dedalus
Ein weiterer Kölner Fall:
Gebhard Truchseß von Waldburg, seit 1577 Erzbischöf von Köln, ab 1582 evangelisch und im sog. Kölner Bischofskrieg aus seinem Erzbistum vertrieben.
http://de.wikipedia.org/wiki/Gebhard_I._von_Waldburg
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Montag 1. März 2010, 12:03
von Bernado
Die Kölner scheinen recht soliden Boden unter den Füßen zu haben, wenn sie nicht gerade eine U-Bahn bauen.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Montag 1. März 2010, 12:07
von Stephen Dedalus
Bernado hat geschrieben:Die Kölner scheinen recht soliden Boden unter den Füßen zu haben, wenn sie nicht gerade eine U-Bahn bauen.
Es war in Köln wie andernorts: Ohne Intervention von außen und militärische Unterstützung durch bayrisch-kaiserliche Truppen wäre Köln evangelisch geworden.
Dies läßt sich - mit mehr oder weniger großen Abstrichen - wohl für den gesamten deutschen Teil des Reiches, einschließlich Österreichs, sagen.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Montag 1. März 2010, 12:20
von holzi
Stephen Dedalus hat geschrieben:Bernado hat geschrieben:Die Kölner scheinen recht soliden Boden unter den Füßen zu haben, wenn sie nicht gerade eine U-Bahn bauen.
Es war in Köln wie andernorts: Ohne Intervention von außen und militärische Unterstützung durch bayrisch-kaiserliche Truppen wäre Köln evangelisch geworden.
Und ohne die Zuschüsse von König Ludwig I. wäre der Hohe Dom zu Köln noch immer eine Baustelle...

Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Montag 1. März 2010, 12:24
von Stephen Dedalus
holzi hat geschrieben:Stephen Dedalus hat geschrieben:Bernado hat geschrieben:Die Kölner scheinen recht soliden Boden unter den Füßen zu haben, wenn sie nicht gerade eine U-Bahn bauen.
Es war in Köln wie andernorts: Ohne Intervention von außen und militärische Unterstützung durch bayrisch-kaiserliche Truppen wäre Köln evangelisch geworden.
Und ohne die Zuschüsse von König Ludwig I. wäre der Hohe Dom zu Köln noch immer eine Baustelle...

Ohne die Preußenkönige auch...

Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 12:32
von Allons
"Jedoch macht die starke Umweltbelastung auch heute immer neue Reparaturarbeiten erforderlich, so daß der Kölner Dom wohl eine "ewige Baustelle" bleiben wird."
Quelle:
http://www.koeln-reisefuehrer.com/koelner_dom.html
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 12:45
von Clemens
Vielmals Danke für die Beiträge zur Sache! (die Off-topics zum Kölner Dom sind hiervon ausdrücklich ausgenommen!)
Gibt es noch mehr solche Bischöfe, auf die die Evangelischen - so sie denn gewollt hätten - zur Etablierung eines Episkopats hätten zurückgreifen können?
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 13:48
von Allons
okok hab schon verstanden. Wie wärs mit
http://de.wikipedia.org/wiki/Georg_von_Polenz 1525 Bischof von Pomesanien
Erhard von Queis Bischof von Samland
Matthias von Jagow (1544) Bischof von Brandenburg
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 13:57
von Niels
Was ist mit Petrus Magni? Die
TRE schreibt, dass "1528 Bischof Petrus Magni, der in der apostolischen Sukzession stand, drei neue Bischöfe weihte".
Nachtrag: Ob er allerdings wirklich 1524 in Rom zum Bischof geweiht wurde, ist mehr als fraglich. Vgl.
Historisch-Politische Blätter für das Katholische Deutschland - dort S. 356.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 14:08
von Florianklaus
Clemens hat geschrieben:Vielmals Danke für die Beiträge zur Sache! (die Off-topics zum Kölner Dom sind hiervon ausdrücklich ausgenommen!)
Gibt es noch mehr solche Bischöfe, auf die die Evangelischen - so sie denn gewollt hätten - zur Etablierung eines Episkopats hätten zurückgreifen können?
Mit den Genannten dürfte sich doch die hochkirchliche Hypothese einer "Notordination" mangels gültig geweihter Bischöfe erledigt haben, oder?
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 14:33
von Bischof
Vielleicht gehören meine Fragen nicht ganz hierher...
Gab es vor der lutherischen Reformation (1517) eine ausgereifte Ämtertheologie? Sicher finden sich im Kanonischen Recht viele Hinweise... Aber hat nicht erst das Trienter Konzil dogmatisch verbindlich die Ämterlehre Roms festgelegt? Andere Konzilien haben diese dann weitergeführt, wie die Unfehlbarkeit etc.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 14:33
von Linus
Stephen Dedalus hat geschrieben:Bernado hat geschrieben:Die Kölner scheinen recht soliden Boden unter den Füßen zu haben, wenn sie nicht gerade eine U-Bahn bauen.
Es war in Köln wie andernorts: Ohne Intervention von außen und militärische Unterstützung durch bayrisch-kaiserliche Truppen wäre Köln evangelisch geworden.
Dies läßt sich - mit mehr oder weniger großen Abstrichen - wohl für den gesamten deutschen Teil des Reiches, einschließlich Österreichs, sagen.
Österreich war eine zeitlang zu gut 90 (manche sagen auch 95%) protestantisch. Habsburg sei dank sind die Ketzer aber alle nur mehr im unzugänglichen Bergteil Kärntens, südsteiermark und Buergenland (naja in der transleithanischen Reichshälfte konnte man ja die Protestanten (Landler, et al) ansiedeln.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 15:23
von Clemens
Florianklaus hat geschrieben:Clemens hat geschrieben:Vielmals Danke für die Beiträge zur Sache! (die Off-topics zum Kölner Dom sind hiervon ausdrücklich ausgenommen!)
Gibt es noch mehr solche Bischöfe, auf die die Evangelischen - so sie denn gewollt hätten - zur Etablierung eines Episkopats hätten zurückgreifen können?
Mit den Genannten dürfte sich doch die hochkirchliche Hypothese einer "Notordination" mangels gültig geweihter Bischöfe erledigt haben, oder?
Material zu sammeln, um diese Hypothese (ist sie wirklich hochkirchlich??) bei Gelegenheit publikumswirksam zu erledigen, war der Zweck dieses Threads.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 15:28
von Florianklaus
Clemens hat geschrieben:Florianklaus hat geschrieben:Clemens hat geschrieben:Vielmals Danke für die Beiträge zur Sache! (die Off-topics zum Kölner Dom sind hiervon ausdrücklich ausgenommen!)
Gibt es noch mehr solche Bischöfe, auf die die Evangelischen - so sie denn gewollt hätten - zur Etablierung eines Episkopats hätten zurückgreifen können?
Mit den Genannten dürfte sich doch die hochkirchliche Hypothese einer "Notordination" mangels gültig geweihter Bischöfe erledigt haben, oder?
Material zu sammeln, um diese Hypothese (ist sie wirklich hochkirchlich??) bei Gelegenheit publikumswirksam zu erledigen, war der Zweck dieses Threads.
Ich habe diese Hypothese jedenfalls vom Schwanberg........
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 16:19
von Stephen Dedalus
Mir scheint klar: Luther hätte die Möglichkeit gehabt, Bischöfe für die junge evangelische Bewegung in ap. Sukzession zu weihen. Dafür hätten einzelne Bischöfe nach ihrem Übertritt zur Reformation zur Verfügung gestanden. Es war ihm offenbar nicht wichtig, wenngleich er gegen Ende seiner Wirksamkeit ein paar Versuche in dieser Richtung (wir haben das diskutiert) unternommen hat.
Für ihn bestand offenbar kein fundamentaler Unterschied zwischen Priester- und Bischofsamt. Mehr noch: das Bischofsamt in seiner spätmittelalterlichen Ausprägung als "weltliches Amt", verbunden mit Territorialherrschaft, war in seinen Augen eine Gefahr für das Evangelium und widersprach der angestrebten Trennung der zwei Gewalten.
Ebenso klar ist: Es wäre für die EKD ein Leichtes, dieses ökumenische Hindernis wenigstens zum Teil aus dem Weg zu räumen. Die EKD könnte der Gemeinschaft von Porvoo beitreten. Dies wäre ohne größere theologische Akrobatik möglich, da die Erklärung von Porvoo von der ap. Sukzession als von einem äußeren Zeichen der Treue zur apostolischen Lehre spricht. Ein Beitritt zu Porvoo bedeutet also für die EKD nicht, ihre bisherigen Ämter als "ungültig" zu bezeichnen. Bei allen zukünftigen Bischofseinführungen könnten skandinavische und anglikanische Bischöfe mitwirken und dann auch offiziell diese Konsekrationen als Weitergabe der Sukzession verstehen. Zwar nehmen bislang auch skandinavische Bischöfe teil und legen die Hände auf, jedoch ist dabei die Intention unklar, sodaß man nicht von einer Weitergabe der Sukzession sprechen kann.
Es gibt im Raum der EKD einzelne Bischöfe, die über das Thema nachdenken. Ein Zacken bräche den dt. Protestanten nicht aus der Krone, aber gewonnen wäre viel.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 16:31
von maliems
Stephen Dedalus hat geschrieben:Bernado hat geschrieben:Die Kölner scheinen recht soliden Boden unter den Füßen zu haben, wenn sie nicht gerade eine U-Bahn bauen.
Es war in Köln wie andernorts: Ohne Intervention von außen und militärische Unterstützung durch bayrisch-kaiserliche Truppen wäre Köln evangelisch geworden.
Dies läßt sich - mit mehr oder weniger großen Abstrichen - wohl für den gesamten deutschen Teil des Reiches, einschließlich Österreichs, sagen.
Ja, und dehalb die ganzen Wittelsbacher auf dem Kölner Bischofsstuhl.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 16:46
von Clemens
Ja, SD, bloß - was hätten wir armen Pfarrer davon, wenn nur unsere Bischöfe ordentlich geweiht würden?
Die allerwenigsten Pfarrer werden doch von einem "Bischof" ordiniert. Die meisten von den Superintendenten.
Aber die Richtung halte ich dennoch für die richtige.
Welche deutschen Bischöfe meinst du eigentlich, die "darüber nachdenken"?
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 17:10
von Stephen Dedalus
Clemens hat geschrieben:Ja, SD, bloß - was hätten wir armen Pfarrer davon, wenn nur unsere Bischöfe ordentlich geweiht würden?
Die allerwenigsten Pfarrer werden doch von einem "Bischof" ordiniert. Die meisten von den Superintendenten.
Wirklich?
Ich dachte, die Ordination durch den Landesbischof sei der Normalfall...
Das müßte natürlich sichergestellt werden - aber auch das wäre ja ohne größere Probleme machbar.
Ich kann keine Namen nennen weil ich keine gehört habe. Nur den Fakt, daß...
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 18:01
von Evagrios Pontikos
Auch der große Theologe Edmund Schlink hat sich nachdrücklich für die Wiedergewinnung der apostolisch-bischöflichen Sukzession ausgesprochen. Schlink war vielleicht der größte Kenner der Ökumene auf deutscher evangelischer Seite im 20. Jahrhundert.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Dienstag 2. März 2010, 18:53
von Petur
Florianklaus hat geschrieben:Clemens hat geschrieben:Vielmals Danke für die Beiträge zur Sache! (die Off-topics zum Kölner Dom sind hiervon ausdrücklich ausgenommen!)
Gibt es noch mehr solche Bischöfe, auf die die Evangelischen - so sie denn gewollt hätten - zur Etablierung eines Episkopats hätten zurückgreifen können?
Mit den Genannten dürfte sich doch die hochkirchliche Hypothese einer "Notordination" mangels gültig geweihter Bischöfe erledigt haben, oder?
Nicht unbedingt:
http://kreuzgang.org/viewtopic.php?f=22 ... er#p27876
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Mittwoch 3. März 2010, 08:26
von Allons
Stephen Dedalus hat geschrieben:Clemens hat geschrieben:Ja, SD, bloß - was hätten wir armen Pfarrer davon, wenn nur unsere Bischöfe ordentlich geweiht würden?
Die allerwenigsten Pfarrer werden doch von einem "Bischof" ordiniert. Die meisten von den Superintendenten.
Ich dachte, die Ordination durch den Landesbischof sei der Normalfall... Das müßte natürlich sichergestellt werden - aber auch das wäre ja ohne größere Probleme machbar.
Ihr seid auch ein paar Spezialisten.. wo soll denn da der Unterschied sein? Superintendent, GenSup, Propst, Landesbischof (mit -in wo es beliebt) ?
Demnächst führen wir hier einen Zitronenfalter- Smiley ein. Für diejenigen die glauben nur wo Bischof draufsteht ist auch Bischof drin.
Morgentliche Grüße, Allons!
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Mittwoch 3. März 2010, 10:45
von SpaceRat
Stephen Dedalus hat geschrieben:Es war in Köln wie andernorts: Ohne Intervention von außen und militärische Unterstützung durch bayrisch-kaiserliche Truppen wäre Köln evangelisch geworden.
Dies läßt sich - mit mehr oder weniger großen Abstrichen - wohl für den gesamten deutschen Teil des Reiches, einschließlich Österreichs, sagen.
Richtig, das Christentum ließ sich nur mit Gewalt aufhalten, bzw. durch den Verzicht auf selbige zurückdrängen.
Von Wied hatte ja die Unterstützung des Volkes, hat aber davon abgesehen, die Reformation gewaltsam durchzusetzen (Man muß somit schon ein sehr verqueres Bild haben, um seine Biographie als "schlecht" zu bezeichnen).
So war auch Aachen überwiegend christlich, durch Reichsacht und Mord konnten die Papisten Aachen aber wieder an sich reißen.
Ich möchte fast wetten, daß einige der größten Sprücheklopfer hier im Forum von genau den Fähnchen im Wind abstammen, die nur deshalb römisch wurden, weil es gerade politisch opportun erschien, demgegenüber ja immer wieder einige den Mut hatten, Christen zu bleiben und sich notfalls verfolgen oder zumindest benachteiligen zu lassen.
Von den Aachenern, die nach der römischen Annexion der Stadt nach Stolberg ausgewandert sind, hatten nur die Calvinisten alle Rechte (Denn die haben soviel Geld und Kenntnisse in der Kupferverarbeitung mitgebracht, daß man dort schlecht auf sie verzichten konnte). Die Lutheraner wurden nur "geduldet", d.h. sie durften eine Kirche ohne Glocke basteln, die auch von außen nicht nach Kirche aussehen durfte. Leicht war das mit Sicherheit nicht, echte Glaubensfreiheit gab es nämlich erst unter napoleonischer Besatzung und gewisse Spannungen zwischen den Konfessionen haben sich bis in die jüngere Vergangenheit gehalten. Selbst meine Generation (Ü30) wurde hier oft noch von den Großeltern gefragt, "ob das Mädchen denn katholisch sei". Also lieber 'ne katholische Crackhure, als eine evangelische Krankenschwester, so sah es hier wirklich bis vor kurzem aus.
Man muß sich vielleicht erst selbst einmal in eine der sog. "Hofkirchen"¹ setzen, um katholischerseits zu begreifen, daß sich hier wirklich Menschen für ihren Glauben und die Nachfolge Christi haben verlachen, verspotten, ausgrenzen und unterdrücken lassen.
Dieses Vermächtnis mit Füßen zu treten und von der Kirche abzufallen um der römischen Gemeinschaft beizutreten ist ja schon schlimm genug, aber wenn dann auch noch höhnisch applaudiert wird, tut es mir immer leid.
¹Hofkirche als Begriff ist doppeldeutig, einerseits meint es eine Kirche bei Hofe. Andererseits, und so ist es hier zu begreifen, ist es eine Bezeichnung für Kirchen im Verborgenen, die meistens als (Bauern)-Hof errichtet werden mußten, wie z.B. dieses "Prachtstück":

(Glocken"turm" nachgerüstet)
Und irgendwas müssen sich die Leute gedacht haben, die lieber hier im Hinterhof Gottesdienste gefeiert haben

als hier

Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Mittwoch 3. März 2010, 11:33
von Clemens
Ich fasse dann mal (vorläufig ?) zusammen:
Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Johann Pettendorfer, Dr. theol.,
Tit-Bf.Nicopolis 1512, Weihbischof Würzburg, wurde 1525 lutherisch.
Laurentius Petri, Schweden, Bischofsweihe 1531 (obwohl schon lutherisch???),
weihte noch 1534 und 1536 zwei neue Bischöfe
*1499 Örebro +Uppsala 26.10.1573
Wer war sein Konsekrator? Etwa dieser?
Petrus Magni, Bf.Västeras/Schweden, ließ sich anscheinend nicht vor den Karren der Reformation spannen. +1534
Hermann von Wied
*14.1.1477 +Altwied 15.8.1552, gew.Ebf. Köln 1515-47 und Fbf.Paderborn 1532-47, Bischofsweihe 1518?
Trat 1540 zur Reformation über, verzichtete 1547 auf sein Bischofsamt, um Krieg zu vermeiden.
Pier Paolo Vergerio / Petrus Paulus Vergerius
*1498 Capo d'Istria +1565 Tübingen
1536-49 Bischof Capo d'Istria, wird 1548 lutherisch
András (Andreas) Dudith
*5.2.1533 Ofen +2.2.1589 Breslau
1560 Bf.Tina, 1562-63 Bischof von Csanád, 1563-67 Pécs /Fünfkirchen
1567 Calvinist, später Unitarier
Georg von Polenz, 1519-25 Bischof von Samland
*1478 +1550 Balga
oo I 1525 und oo II 1527
Johann v.Münchhausen, 1540-60 Bf.Kurland und 1542-60 Bf.Ösel, wurde lutherisch und kehrte 1559 nach Deutschland zurück +1572 (War er wirklich geweiht?)
Im Sinne der Fragestellung unbrauchbare Fälle:
Erhard von Queis, 1523 gewählter Bischof von Marienwerder/Pomesanien, vom Papst nicht bestätigt. Empfing er die Bischofsweihe??
*1490 Storkow +10.9.1529 Pr.Holland
Gebhard Truchseß von Waldburg, seit 1577 Erzbischöf von Köln, ab 1582 evangelisch und im sog. Kölner Bischofskrieg aus seinem Erzbistum vertrieben. Er empfing lediglich 1578 die Priesterweihe!
*Heiligenberg 10.11.1547 +Straßburg 31.5.1601
Matthias von Jagow 1525-44 Bischof von Brandenburg, aber ebenso wie sein Nachfolger
Joachim v.Münsterberg (1545-60 Bischof von Brandenburg) offenbar nicht geweiht.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Mittwoch 3. März 2010, 11:36
von Lioba
@Spacerat- sosehr ich deinen Eifer für die lutherische Sache schätze- das Christsein haben wir nicht für uns alleine gepachtet.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Mittwoch 3. März 2010, 12:12
von SpaceRat
Lioba hat geschrieben:@Spacerat- sosehr ich deinen Eifer für die lutherische Sache schätze- das Christsein haben wir nicht für uns alleine gepachtet.
Du solltest mich hinreichend kennen, um zu wissen, daß ich das nicht ganz so meine, wie ich es in Worte fasse.
Ich passe mich lediglich der Wortwahl gewisser Suprakatholiken an, deren Lebensinhalt es zu sein scheint, Gänsepaddels um Titel zu setzen und anderen Menschen den rechten Glauben absprechen zu wollen.
Lustig finde ich z.B. die akademisch angehauchten Diskussionen darüber, ob ein Realsymbol vielleicht der Transsubstantiation so nahekommt, daß man die calvinistische Abendmahlslehre als katholischer bezeichnen sollte als die lutherische, oder ob umgekehrt die Realpräsenz katholischer ist.
Faktisch dürfte diese "Feinheit" den meisten Gläubigen am Allerwertesten vorbeigehen, auch die meisten Katholiken wissen bestenfalls noch, daß eine "Wandlung" in irgendeiner Form stattfinden "soll", ohne die Transsubstantiation begriffen zu haben oder erklären zu können. Wenn sie nicht gar selbst nur an eine Art Symbol glauben.
Meiner Meinung nach kann man sich mit nichts besser vom Christentum entfernen, als mit solchen scheinakademischen Streitereien. Es war mit Sicherheit nicht die Absicht Christi, daß sich irgendwann einmal mehr Theologen - vorgeblich - um seiner Willen mit Wortklaubereien beschäftigen als Juristen mit dem Verkauf der Mobilfunksparte von Siemens an BenQ.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Mittwoch 3. März 2010, 12:23
von Lioba
Schön wär´s, wenn wir mehr Mut hätten, das Geheimnis stehen zu lassen
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Mittwoch 3. März 2010, 22:55
von Niels
Clemens hat geschrieben:Laurentius Petri, Schweden, Bischofsweihe 1531 (obwohl schon lutherisch???),
weihte noch 1534 und 1536 zwei neue Bischöfe
*1499 Örebro +Uppsala 26.10.1573
Wer war sein Konsekrator? Etwa dieser?
Petrus Magni, Bf.Västeras/Schweden, ließ sich anscheinend nicht vor den Karren der Reformation spannen. +1534
Petrus Magni hat - wenn überhaupt, siehe mein Posting - als "Lutheraner" in Rom die Bischofsweihe empfangen, und schon damit ist seine Intention bei den von ihm vorgenommenen "Weihen" mehr als fraglich.
Re: Evangelisch gewordene katholische Bischöfe:
Verfasst: Donnerstag 4. März 2010, 10:05
von Allons
Hier ist eine Quelle zu Ostpreussen:
Encyklopädie der katholischen Theologie und ihrer Hilfswissenschaften
Von Heinrich Joseph Wetzer
http://books.google.de/books?id=NQktAAA ... of&f=false
Mit einigen Details zum Vorgehen der Reformation - ganz hilfreich
Grüße, Allons!