Ref. PfarrerInnen erinnern sich: Christen und Hitler

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Christ86
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Registriert: Montag 26. Januar 2009, 01:47

Ref. PfarrerInnen erinnern sich: Christen und Hitler

Beitrag von Christ86 »

Habe eine interessante Webdokumentation von reformierten PfarrerInnen gefunden, die sich an ihre Kindheit während des Zweiten Weltkriegs erinnern.

Relativ schonungslos erzählen sie von ihren Erfahrungen, von jüdischen Flüchtlingen, die an der Türe klingelten, von fröntlerischen Verwandten, von der Angst vor den eigenen Nachbarn, von KZ-Überlebenden im Spital oder von der tiefen Abneigung gegen alles Deutsche, die Mitglieder dieser Generation noch lange prägte.

Sehr interessant gemacht.

Hier zur Dokumentation:

Ich während des Zweiten Weltkriegs – Pfarrer erinnern sich

Daraus:
ref.ch hat geschrieben:Viele von uns haben von Eltern oder Grosseltern nicht mehr über den Zweiten Weltkrieg gehört als Geschichten über Verdunkelungsvorhänge oder Buttermärkli. Es gibt aber neben der aus Akten aufgearbeiteten offiziellen Kriegsgeschichte noch eine andere, lebendige, von Ängsten und Dramatik geprägte persönliche Erzählung.

50 Pfarrerinnen und Pfarrer älter als Jahrgang 1933 haben ihre Erinnerungen durchforscht und für die Wochenzeitung «Reformierte Presse» und für diese Webdokumentation ihre Erlebnisse und Gefühle aufgezeichnet, die sie als Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene hatten.

50 Pfarrpersonen, der jüngste 76, der älteste 100 Jahre alt, steuerten Augenzeugenberichte bei. Die wenigsten Texte kamen per E-Mail. Einige waren mit dem PC geschrieben, andere mit der Schreibmaschine, viele zittrig von Hand; diverse Pfarrpersonen liessen sich interviewen, weil die Augen oder die Finger nicht mehr mitmachen wollten. Speziell sind die Berichte, weil viele Erzählende selber als Kinder von Pfarrern oder sonst in der Öffentlichkeit engagierten Vätern aufgewachsen sind.

«Nachts klopften klatschnasse jüdische Flüchtlinge an unsere Pfarrhaustür», erinnert sich ein Pfarrer, der in St. Margrethen aufwuchs. Ein anderer berichtet von seiner Kindheit auf dem Gelände von Mission 21; eine Pfarrerin, in der Jugend Labor-Stift, betreute im Kantonsspital St. Gallen KZ-Überlebende. Andere erzählen, wie die Eltern sich vehement gegen den Ungeist aus Deutschland auflehnten oder wie Nachbarn und Verwandte zu den Fröntlern gehörten.

Was an den Zeitzeugenberichten verblüfft, ist die Detailgenauigkeit. Die meisten Erzählenden waren damals Kinder oder Jugendliche. Sie berichten also eins zu eins persönliche Erfahrungen, die sich tief in ihrer Erinnerung eingebrannt und die das Denken und Handeln ihres Lebens geprägt haben. Am meisten aber erstaunen die Offenheit und Gradlinigkeit. Vielleicht, weil ihr Leben längst in der Spur ist, weil sie sich weder um political correctness noch um eine Arbeitsstelle oder Karriere kümmern müssen, erzählen sie ohne Hemmungen und machen auch vor dem Persönlichsten nicht Halt.
Wie bewundernswert sind deine Werke, o Herr, alles hast du mit Weisheit gemacht! Ps 104

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