Anglikanische Kirche

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
Raphael

Beitrag von Raphael »

Petur hat geschrieben:Die Traditionalisten der CoE sollten dort bleiben, wo sie sind, oder sie sollten sich der Orthodoxen Kirche anschliessen, doch nicht der römisch-katholischen.
Diese Entscheidung verbleibt - Gottseidank - dem einzelnen Mitglied der anglikanischen Gemeinschaft vorbehalten.
Eigenartig nur, daß Du, der Du Dich der römisch-katholischen Kirche zugehörig fühlst, eine Konversion zu ebendieser Kirche nicht empfehlen willst .............
Petur hat geschrieben:Die Einführung der Bischöfinnenweihe kann an und für sich keine akzeptable Ursache einer Konversion zu Rom sein, wenn sie die einzige Ursache ist.
Es wird wohl in aller Regel auch nicht die einzige Ursache sein. Die streitigen Punkte, die derzeit bei den Anglikanern diskutiert werden, aufzuzählen, dauert schon etwas länger.

Was jedoch nachvollziehbar ist, ist folgendes:
Die Anglican Community soll offenbar zu einer Toyota-Kirche umgestaltet werden; "Nichts ist unmöglich." Damit wird der Glauben der Beliebigkeit preisgegeben. Beliebigkeit ist weder mit der Hl. Schrift noch mit der Tradition vereinbar, sondern erinnert an die Gemeinde in Laodizea. Zu dieser Gemeinde möchte man ungern gehören ...................
Petur hat geschrieben:Wie kann ein solcher Ex-Anglikaner z.B. die päpstliche Unfehlbarkeit plötzlich für wahr halten?
Man kann sich bspw. überzeugen lassen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, seine bisherigen Standpunkte zu überdenken. John Henry Newman konnte das!
Petur hat geschrieben:Aber nehmen wir an, dass er dieses Dogma auch als Mitglied der CoE akzeptiert hat. Warum hat er dann mit dem Übertritt bis jetzt gewartet?
Das solltest Du den jeweiligen Konvertiten fragen.

Benutzeravatar
Petur
Beiträge: 2438
Registriert: Freitag 29. Dezember 2006, 21:57
Wohnort: Ungarn

Beitrag von Petur »

Raphael hat geschrieben:
Petur hat geschrieben:Die Traditionalisten der CoE sollten dort bleiben, wo sie sind, oder sie sollten sich der Orthodoxen Kirche anschliessen, doch nicht der römisch-katholischen.
Diese Entscheidung verbleibt - Gottseidank - dem einzelnen Mitglied der anglikanischen Gemeinschaft vorbehalten.
Eigenartig nur, daß Du, der Du Dich der römisch-katholischen Kirche zugehörig fühlst, eine Konversion zu ebendieser Kirche nicht empfehlen willst .............
Weil es meiner Meinung nach keinen grossen Sinn hat, zur r.k. Kirche zu konvertieren, wenn der Konvertit wichtige Lehren der Kirche nicht akzeptieren kann.

Raphael

Beitrag von Raphael »

Petur hat geschrieben:Weil es meiner Meinung nach keinen grossen Sinn hat, zur r.k. Kirche zu konvertieren, wenn der Konvertit wichtige Lehren der Kirche nicht akzeptieren kann.
Wieso meinst Du zu wissen, daß der Konvertit wichtige Lehren der Kirche nicht akzeptieren kann?

Benutzeravatar
Lutheraner
Beiträge: 3914
Registriert: Donnerstag 9. November 2006, 10:50

Beitrag von Lutheraner »

Petur hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Wer anglikanische Freunde hat, braucht offenbar keine Feinde mehr!
Eine neue Perle des erzrömischen "Humors"...

Die Traditionalisten der CoE sollten dort bleiben, wo sie sind, oder sie sollten sich der Orthodoxen Kirche anschliessen, doch nicht der römisch-katholischen. Die Einführung der Bischöfinnenweihe kann an und für sich keine akzeptable Ursache einer Konversion zu Rom sein, wenn sie die einzige Ursache ist. Wie kann ein solcher Ex-Anglikaner z.B. die päpstliche Unfehlbarkeit plötzlich für wahr halten? Aber nehmen wir an, dass er dieses Dogma auch als Mitglied der CoE akzeptiert hat. Warum hat er dann mit dem Übertritt bis jetzt gewartet?
Das ist eine sehr gute Frage. Aus meiner Kirche sind mit Einführung der FO auch Pfarrer und Gläubige zur RöKaKi konvertiert. Vielleicht war das für die Betroffenen ein so schwerer Schlag, dass ihr ganzes Vertrauen in die aus der Reformation entstandenen Kirchentümer und damit in die Reformation selbst zusammengebrochen ist.

Time-Artikel von 1974 (der übrigens ein paar Fehler hat)
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

Benutzeravatar
Petur
Beiträge: 2438
Registriert: Freitag 29. Dezember 2006, 21:57
Wohnort: Ungarn

Beitrag von Petur »

Raphael hat geschrieben:
Petur hat geschrieben:Weil es meiner Meinung nach keinen grossen Sinn hat, zur r.k. Kirche zu konvertieren, wenn der Konvertit wichtige Lehren der Kirche nicht akzeptieren kann.
Wieso meinst Du zu wissen, daß der Konvertit wichtige Lehren der Kirche nicht akzeptieren kann?
WENN, lieber Raphael, WENN!

Das Verhalten der CoE-Traditionalisten, die jetzt wirklich römisch-kath. werden wollen, scheint mir allerdings nicht ganz unproblematisch zu sein. Ich will natürlich nicht sagen, dass es unter ihnen keine absolut überzeugten Konvertiten geben wird. Vielleicht wird jeder von ihnen in diese Kategorie gehören, das kann nur Gott wissen. Ein äusserer Beobachter kann hier aber Vorbehalte haben.
Wir wissen übrigens noch gar nicht, wie viele Traditionalisten die römische Kirche wählen werden. Über eine Konversion zu sprechen, ist eine Sache, wirklich zu konvertieren, ist eine andere...

Raphael

Beitrag von Raphael »

Petur hat geschrieben:WENN, lieber Raphael, WENN!
Das habe ich wohl gelesen, lieber Petur, nur macht diese Deine Einschränkung im vorliegenden Fall wenig Sinn.
Die Kandidaten aus der anglikanischen Gemeinschaft sind keine religiösen Neulinge, sondern im christlichen Glauben durchaus bewandert. Sie werden sich nicht erst seit den aktuellen Entwicklungen der letzten Monate ihre Gedanken gemacht haben, wie man reagieren sollte und/oder könnte. Und man darf wohl auch annehmen, daß der in Rede stehende Personenkreis die "Knackpunkte" sehr genau studiert hat und demzufolge auch kennt.

Es ist erfahrungsgemäß ganz häufig der Fall, daß ein kleiner Tropfen das Faß zum Überlaufen bringt. Dies gilt sowohl für die Austrittserklärungen, die in Deutschland vor dem Standesamt abgegeben werden, als auch die Konversionen zur Kirche hin. Die Konversion eines Saulus zum Paulus ist ein eher untypischer Fall der Hinwendung zum katholischen Glauben.

Für die Traditionalisten in der anglikanischen Gemeinschaft könnten die Vorgänge auf dieser Lambeth-Konferenz der berühmte Tropfen werden ..........
Petur hat geschrieben:Das Verhalten der CoE-Traditionalisten, die jetzt wirklich römisch-kath. werden wollen, scheint mir allerdings nicht ganz unproblematisch zu sein. Ich will natürlich nicht sagen, dass es unter ihnen keine absolut überzeugten Konvertiten geben wird. Vielleicht wird jeder von ihnen in diese Kategorie gehören, das kann nur Gott wissen. Ein äusserer Beobachter kann hier aber Vorbehalte haben.
Wir wissen übrigens noch gar nicht, wie viele Traditionalisten die römische Kirche wählen werden. Über eine Konversion zu sprechen, ist eine Sache, wirklich zu konvertieren, ist eine andere...
Ich glaube, daß die Entscheidung über die Aufnahme dieses Personenkreises in die katholische Kirche in gute Hände gelegt ist!

Benutzeravatar
Petur
Beiträge: 2438
Registriert: Freitag 29. Dezember 2006, 21:57
Wohnort: Ungarn

Beitrag von Petur »

Es ist übrigens interessant, dass man über die ex-anglikanischen Konvertiten sehr viel lesen und hören kann-nicht nur jetzt-, was aber die umgekehrte Bewegung betrifft, kaum etwas. Ich habe irgendwo gelesen, dass es im Klerus der amerikanischen Episkopalkirche zirka 500 ehemalige r.k. Priester gebe.

Benutzeravatar
Leguan
Altmoderator
Beiträge: 1924
Registriert: Samstag 4. März 2006, 14:30

Beitrag von Leguan »

Petur hat geschrieben:Es ist übrigens interessant, dass man über die ex-anglikanischen Konvertiten sehr viel lesen und hören kann-nicht nur jetzt-, was aber die umgekehrte Bewegung betrifft, kaum etwas. Ich habe irgendwo gelesen, dass es im Klerus der amerikanischen Episkopalkirche zirka 500 ehemalige r.k. Priester gebe.
Genau so interessant ist, daß die Unzufriedenheit mit der Entscheidung für Bischöfinnen als Konversionsgrund in die eine Richtung inakzeptabel ist, Probleme mit dem Zölibat oder dem Papst aber als Konversionsgrund in die andere Richtung vollkommen in Ordnung. ;)

Benutzeravatar
Leguan
Altmoderator
Beiträge: 1924
Registriert: Samstag 4. März 2006, 14:30

Beitrag von Leguan »

Petur hat geschrieben: Die Traditionalisten der CoE sollten dort bleiben, wo sie sind, oder sie sollten sich der Orthodoxen Kirche anschliessen, doch nicht der römisch-katholischen. Die Einführung der Bischöfinnenweihe kann an und für sich keine akzeptable Ursache einer Konversion zu Rom sein, wenn sie die einzige Ursache ist. Wie kann ein solcher Ex-Anglikaner z.B. die päpstliche Unfehlbarkeit plötzlich für wahr halten? Aber nehmen wir an, dass er dieses Dogma auch als Mitglied der CoE akzeptiert hat. Warum hat er dann mit dem Übertritt bis jetzt gewartet?
Vielleicht zum besseren Verstehen der Gründe zwei Zitate:

Ein betroffener Priester:
I have not ever believed myself to be a Protestant, nor a heretic or schismatic, but merely one who was born into a Church which I believed to be destined to be 'on the way', so to speak, towards full, visible unity with Rome. Indeed, I was always taught as such by good Anglo-Catholic priests, and have never believed myself, nor my fellow Anglo-Catholics, to be knowingly 'kidding themselves' about the destiny of Anglicanism, even after the admission of women to the ministerial priesthood in the C of E after 1994. Provision was made and we believed that the Church was in a 'period of discernment' about this matter. Come what may, I told myself, Catholic faith and order could be preserved within a part of the Church of England which tried to keep the traditional and orthodox faith and morality and yearned for them to be fulfilled.

Ein betroffener Bischof:
Until July 2008 it was possible for members of the Church of England to claim to be part of the One, Holy, Catholic and Apostolic Church. By the vote in General Synod on 7/7/08 that possibility was removed. Now catholic Anglicans are looking to the future without any real chance of remaining members of the Church of England.
Fifteen years ago, we were told we had an honoured place in that church, and that there would be no discrimination against any of us who believed in conscience that women could not be priests. Now, the majority in General Synod have reneged on those promises. They have sought to cover their naked ambition with the fig-leaf of a 'code of practice' but we are not deceived. The code of practice of the House of Bishops which accompanied the Act of Synod in 1993 has been either ignored or positively undermined by those in authority. The even-handedness which was promised us has been replaced by a determined and successful effort to ensure that no-one who believed women's ordination might be against the will of God would gain any sort of senior office in the church.

Benutzeravatar
anneke6
Beiträge: 8493
Registriert: Montag 19. September 2005, 12:27

Beitrag von anneke6 »

Ich kenne einen ursprünglich altkatholischen Priester, der, als damals in seiner Kirche die Frauenweihe eingeführt wurde, zur römisch-katholischen Kirche "übergelaufen" ist.
Das Dogma von der päpstlichen Unfehlbarkeit hat er akzeptiert —obwohl doch gerade daran seine Kirche sich gestoßen hatte. Warum also sollte der Weg für einen anglikanischen Priester schwerer sein?
???

Benutzeravatar
Petur
Beiträge: 2438
Registriert: Freitag 29. Dezember 2006, 21:57
Wohnort: Ungarn

Beitrag von Petur »

Leguan hat geschrieben:
Petur hat geschrieben:Es ist übrigens interessant, dass man über die ex-anglikanischen Konvertiten sehr viel lesen und hören kann-nicht nur jetzt-, was aber die umgekehrte Bewegung betrifft, kaum etwas. Ich habe irgendwo gelesen, dass es im Klerus der amerikanischen Episkopalkirche zirka 500 ehemalige r.k. Priester gebe.
Genau so interessant ist, daß die Unzufriedenheit mit der Entscheidung für Bischöfinnen als Konversionsgrund in die eine Richtung inakzeptabel ist, Probleme mit dem Zölibat oder dem Papst aber als Konversionsgrund in die andere Richtung vollkommen in Ordnung. ;)
Lieber Leguan, in meinem Beitrag habe ich einfach nur eine Tatsache erwähnt, darüber habe ich nichts geschrieben, ob ich die Beweggründe der "umgekehrten Bewegung" für akzeptabel halte oder nicht.
Du hast aber recht: für mich sind diese Beweggründe viel akzeptabler als die eines Anglikaners, der nur wegen der Bischöfinnenweihe römisch-katholisch wird. Im Falle eines überzeugten Katholiken, der theologische Probleme mit dem Papstamt hat (sehen wir jetzt bitte davon ab, dass er aus Eurer erzrömischen Sicht kein überzeugter Katholik sein kann) ist die Konversion zur ang. Kirche (oder zur alt-kath. bzw. orth. Kirche) m.M.n. ein logischer Schritt, die sind ja katholische Kirchen ohne Rom. Die Frage des Zölibats als Beweggrund ist sicher auf einer niedrigeren Ebene, für mich ist sie aber noch akzeptabel. Die theologischen Ansichten der r.k. Priester, die deswegen oder auch deswegen anglikanisch oder alt-kath. werden, sind ja gar nicht erzrömisch, ihre Ansichten sind grösstenteils von vornherein in Einklang mit denen ihrer neuen Gemeinschaft.

Im Jahre 1994, als die Priesterinnenweihe in der CoE eingeführt wurde, war ich - damals übrigens noch Erzrömer-dafür, dass wir alle ang. Geistlichen, die römisch werden wollten, ohne Weiteres aufnehmen und gültig zum Priester weihen sollten. Das sagte ich einmal einem sehr konservativen Ordenspriester. Er war damit nicht einverstanden und hatte das Gegenargument, die Ablehnung der Priesterinnen sei an und für sich noch kein genügender Grund, römisch zu werden. Das bezieht sich m.M.n. auch auf die jetzige Situation.


Benutzeravatar
Petur
Beiträge: 2438
Registriert: Freitag 29. Dezember 2006, 21:57
Wohnort: Ungarn

Beitrag von Petur »


Benutzeravatar
Leguan
Altmoderator
Beiträge: 1924
Registriert: Samstag 4. März 2006, 14:30

Beitrag von Leguan »

Petur hat geschrieben:Und wir "Römer" sind in einem sehr erfreulichen Zustand, nicht wahr? :hmm:
Nein, aber man will uns ja ständig weismachen, wenn wir es nur so machen würden, wie die Anglikaner, dann wären alle Probleme gelöst.

Benutzeravatar
Knecht Ruprecht
Beiträge: 4553
Registriert: Sonntag 5. Oktober 2003, 21:08
Wohnort: Zurück in OWL

Beitrag von Knecht Ruprecht »

Ich sehe die Katholische Kirche in einem hervorragendem Zustand. Egal wo man sich umdreht zerfällt alles um die Katholische Kirche, obwohl alles neuer ist als diese. Parallel dazu wird die Katholische Kirche immer potenter, ohne sich neu zu erfinden. Im Grunde muss es den immer weniger & älter werdenden Kritikern der Katholischen Kirche von Jahrzehnt zu Jahrzehnt schlechter gehen.

Benutzeravatar
Petur
Beiträge: 2438
Registriert: Freitag 29. Dezember 2006, 21:57
Wohnort: Ungarn

Beitrag von Petur »

Knecht Ruprecht hat geschrieben:Ich sehe die Katholische Kirche in einem hervorragendem Zustand. Egal wo man sich umdreht zerfällt alles um die Katholische Kirche, obwohl alles neuer ist als diese. Parallel dazu wird die Katholische Kirche immer potenter, ohne sich neu zu erfinden. Im Grunde muss es den immer weniger & älter werdenden Kritikern der Katholischen Kirche von Jahrzehnt zu Jahrzehnt schlechter gehen.
Dann leben wir nicht in derselben Welt. Die römische Kirche befindet sich-wie auch die anderen traditionellen christlichen Gemeinschaften-in einer grossen Krise. Das ist vielleicht noch nicht so spektakulär wie im Falle unserer anglikanischen Schwesterkirche, aber doch Tatsache!

Paul Heliosch
Beiträge: 1615
Registriert: Samstag 15. Dezember 2007, 11:52

Beitrag von Paul Heliosch »

Petur hat geschrieben:...Die römische Kirche befindet sich-wie auch die anderen traditionellen christlichen Gemeinschaften-in einer grossen Krise.
Keine Krise, ganz im Gegenteil! Davon zeugt u.a. auch deine von dir - wenigstens in dem obigen Satz - terminologisch fehlerfrei wiedergegebene | Erkenntnis zur Kirche im Allgemeinen und im Besonderen |

Benutzeravatar
Irenaeus
Beiträge: 1395
Registriert: Donnerstag 7. Dezember 2006, 09:59

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Irenaeus »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Linus hat geschrieben: Lieber Stephen, kannst du mir mal "irgendwie ein bißchen" erklären, was die Unterschiede (en gros nicht en detail) zwischen high, low, und anglokatholizismus ist? und was ist allen "anglikanischen (frei-)stilrichtungen gemeinsam? Irgenswo hast du ja durchblicken lassen, dass manche high church gruppen ja liturgisch "römischer al der Papst" sind aber theologisch auch ziemlich liberal.

Wie hat man sich das Anglikanische Koordinatensystem vorzustellen?

Hi Linus,

das ist alles nicht so einfach.
Zunächst mal muß man sich historisch vor Augen halten, daß die Anglikanische Kirche niemals eine Konfessionskirche gewesen ist. Sie hat sich immer als der autonome Teil der katholischen Kirche in England verstanden, der einfach seit 1534 von der Jurisdiktionsgewalt des Bischofs von Rom unabhängig war. Weil aber die C of E somit einfach nur "Die Kirche" war, mußte man sich auch nicht konfessionell gegen andere theologische Positionen im Inland im gleichen Maße abgrenzen, wie das in anderen europäischen Nationen und besonders in Deutschland der Fall war. Das hat zur Folge gehabt, daß sich im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Strömungen innerhalb der Kirche herausbilden konnten, die aber durch einige gemeinsame oder verbindende Merkmale zusammengehalten wurden.

Die gemeinsamem Merkmale waren:
1. Das Bischofsamt
2. Die Liturgie des 'Book of Common Prayer'

Natürlich kam es in der Folge der liturgischen Reform zu Konflikten, in denen sich die Mittelposition der via media zwischen der evangelisch-puritanischen Versuchung und dem "Papismus" andererseits immer wieder behauptete. Beide Parteien wurden konsequent aus der Kirche von England ausgeschlossen, wobei die ersteren sog. "Dissenterkirchen" bildeten, die ab 1660 eine gewissen Freiheit genossen, die röm. Katholiken erst im 19. Jhdt. eine gewisse Gleichstellung erreichten.

Innerhalb der äußeren Grenzen, die durch das 'Prayer Book' und die Unterordnung durch den Bischof vorgegeben waren, war eine recht große Bandbreite möglich. Es entwickelten sich liturgisch unterschiedliche Stile, die man als "high" und "low" bezeichnet.

Generell muß man aber im Koordinatensystem zwischen der Achse der liturgischen Stile entscheiden (high und low) und der Achse der theologischen Ausrichtung (evangelical-catholic). Die beiden gehen zwar häufig zusammen, aber nicht in jedem Fall.

Low Church: Wenig elaborierte Liturgie, Priester tragen eher Cassock, Surplice, Scarf and Hood statt eucharistischer Gewänder, Meßdiener eher unüblich, starke Betonung von Bibel und Predigt, aber auch der traditionellen Prayer Book Liturgie.

High Church: Priester mit eucharistischen Gewändern, Weihrauch, Wandlungsglocken, Tabernakel, eucharistische Anbetung, Wallfahrten, Weihwasser, Prozessionen etc. Diese Gemeinden benutzen eher Common Worship (das neue Meßbuch von 2000), manche auch die alte English Use Liturgie, die auf den ma. Sarum Rite zurückgeht. Einige benutzen auch das römische Meßbuch oder die tridentinische Messe.

Die Daily Offices of Morning Prayer und Evening Prayer (Evensong) werden aber fast generell nach dem Book of Common Prayer gehalten.

Die Grenzen sind aber fließend. Natürlich wird auch eine Low Church Gemeinde auf jeden Fall eine Palmsonntagsprozession machen und Allerheiligen feiern. Oder es kann sein, daß auch dort der Priester mittlerweile Albe und Stola trägt.

Daneben gibt es noch die theologische Skala, die sich von eher evangelisch orientierten Theologen bis hin zu Anglokatholiken erstreckt. Die Anglokatholiken sind nochmal in die Gruppe der Konservativen unterteilt (geht hin bis zu angl. "Papalismus") und der eher liberalen Anglokatholiken, die auch die Frauenpriesterweihe befürworten, aber generell ein sehr katholisches Verständnis von Amt, Sakramenten und Liturgie haben.

Soweit ein kleiner Überblick. Fragen?

SD
entschuldige meine Zwischenschaltung....

"Sarum" ist um Salisbury entstanden und regional noch gebräuchlich?

HerrKeuner
Beiträge: 1
Registriert: Dienstag 22. Juli 2008, 20:36

Beitrag von HerrKeuner »

Petur hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Wer anglikanische Freunde hat, braucht offenbar keine Feinde mehr!
Eine neue Perle des erzrömischen "Humors"...

Die Traditionalisten der CoE sollten dort bleiben, wo sie sind, oder sie sollten sich der Orthodoxen Kirche anschliessen, doch nicht der römisch-katholischen. Die Einführung der Bischöfinnenweihe kann an und für sich keine akzeptable Ursache einer Konversion zu Rom sein, wenn sie die einzige Ursache ist. Wie kann ein solcher Ex-Anglikaner z.B. die päpstliche Unfehlbarkeit plötzlich für wahr halten? Aber nehmen wir an, dass er dieses Dogma auch als Mitglied der CoE akzeptiert hat. Warum hat er dann mit dem Übertritt bis jetzt gewartet?
Sind mit den "Orthodoxen" diese hier gemeint?

http://orthodoxanglican.net/html/europe.html

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Stephen Dedalus »

Ich hänge es mal hier an, weil Linus in einem anderen Strang fragt, in dem eine Diskussion nicht erwünscht ist:

Nein, in London gibt es nicht für jeden Borough eine Diözese. Es gibt nur zwei: London und Southwark.

London umfaßt die Stadtteile nördlich der Themse. Der Sitz des Bischofs von London ist St. Paul's Cathedral.

Southwark ist eine junge Diözese. Sie umfaßt die Stadtteile südlich des Flusses. Historisch gehörte dieses Gebiet zur Diözese Winchester.

Als die Diözese gegründet wurde, erhob man die Collgiate Church of our Saviour and St. Mary Overie bei London Bridge zur Kathedrale.

http://cathedral.southwark.anglican.org/

In beiden Diözesen gibt es Suffraganbischöfe, die als Titel die Namen von Stadtteilen führen.
If only closed minds came with closed mouths.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Stephen Dedalus hat geschrieben:In beiden Diözesen gibt es Suffraganbischöfe, die als Titel die Namen von Stadtteilen führen.
Sind das dann nicht eher so was wie Chorbischöfe denn Suffragane
(die Weihefrage hier friedenshalber mal ausgeklammert)?
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Petur
Beiträge: 2438
Registriert: Freitag 29. Dezember 2006, 21:57
Wohnort: Ungarn

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Petur »

Sie sind Auxiliarbischöfe, die für bestimmte Regionen der Diözese verantwortlich sind.

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Stephen Dedalus »

Hier Wikipedia:

http://en.wikipedia.org/wiki/Suffragan_bishop

In der römisch-katholischen Kirche würde man wohl eher von Weihbischöfen sprechen.
If only closed minds came with closed mouths.

Amandus2
Beiträge: 894
Registriert: Dienstag 25. August 2009, 19:24
Wohnort: Berlin

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Amandus2 »

http://www.huffingtonpost.com/29/12/ ... 81712.html


Die Anglikaner in Los Angeles haben am Wochenende eine offen lesbische Frau zur Bischöfin gewählt.

Herzlichen Glückwunsch für den Mut!

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Bild
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Stephen Dedalus »

Amandus2 hat geschrieben:http://www.huffingtonpost.com/2009/12/0 ... 81712.html


Die Anglikaner in Los Angeles haben am Wochenende eine offen lesbische Frau zur Bischöfin gewählt.

Herzlichen Glückwunsch für den Mut!
Ich bin nicht so begeistert...

Diese Wahl ist ein Bruch des Moratoriums im Hinblick auf die Segnungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaften und die Wahl von Bischöfen, die nach den derzeit geltenden Regeln der Anglican Communion nicht wählbar sind.

Die Wahl dieser Bischöfin muß zunächst von der Mehrheit der anderen Diözesen der Episkopalkirche bestätigt werden, dann ebenso vom Standing Committee. Erst wenn diese beiden Hürden genommen sind, kann die Bischofsweihe erfolgen. Sollte es soweit kommen, würde die Episkopalkirche unweigerlich aus der Anglican Communion ausscheiden.

Erzbischof Rowan Williams hat bereits davor gewarnt, diese Wahl zu bestätigen. Die Frage ist, ob die Diözesanbischöfe die Weihe blockieren und die Wahl für nichtig erklären. Dies ist in den letzten 77 Jahren nur ein einziges Mal geschehen, als ein Bischof electus von den anderen Bischöfen aufgrund seiner zu liberalen Theologie nicht bestätigt wurde.
Zuletzt geändert von Stephen Dedalus am Montag 7. Dezember 2009, 13:16, insgesamt 1-mal geändert.
If only closed minds came with closed mouths.

Amandus2
Beiträge: 894
Registriert: Dienstag 25. August 2009, 19:24
Wohnort: Berlin

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Amandus2 »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Bild


versteh ich jetzt nicht.....

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Stephen Dedalus »

Amandus2 hat geschrieben: versteh ich jetzt nicht.....
Robert ist langweilig, das ist alles.
If only closed minds came with closed mouths.

Benutzeravatar
Robert Ketelhohn
Beiträge: 26021
Registriert: Donnerstag 2. Oktober 2003, 09:26
Wohnort: Velten in der Mark
Kontaktdaten:

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Amandus2 hat geschrieben:versteh ich jetzt nicht.....
Muttu draufklicken.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Benutzeravatar
Christ86
Beiträge: 2860
Registriert: Montag 26. Januar 2009, 01:47

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Christ86 »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Amandus2 hat geschrieben:versteh ich jetzt nicht.....
Muttu draufklicken.
Dieser "Bischof", der als "Konsekrator" ausgewählt wurde, kommt nicht aus der altkatholischen Kirche. Das ist ein Vagant.
Wie bewundernswert sind deine Werke, o Herr, alles hast du mit Weisheit gemacht! Ps 104

User hat sich vom KG verabschiedet

Benutzeravatar
Bernado
Beiträge: 3961
Registriert: Sonntag 28. Juni 2009, 17:02
Wohnort: Berlin

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Bernado »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Die Wahl dieser Bischöfin muß zunächst von der Mehrheit der anderen Diözesen der Episkopalkirche bestätigt werden, dann ebenso vom Standing Committee. Erst wenn diese beiden Hürden genommen sind, kann die Bischofsweihe erfolgen.
Das würde ich nicht so eng sehen: sie kann in keinem Fall erfolgen. Eine Frau ist keine Priestern ist keine Bischöfin; eine Weihe kommt nicht zu stande. Trotz Mummenschanz. Die Frage der "sexuellen Orientierung und Praxis" spielt demgegenüber nur eine untergeordnete Rolle auf der Ebene der politischen Demonstration.

Es gibt übrigens Anzeichen dafür, daß die ECUSA ganz genau weiß, was sie tut und warum sie es tut, und daß ihr dabei der Cantuar oder die "Einheit der Christenheit" völlig schnuppe ist. Marktforschungen sollen ergeben haben, daß das soziale Milieu, in dem sich ECUSA mit ihrem betonten "Antidsikriminierungskurs" vorrangig verortet, ausreichend Expansionspotential bietet, um den Verein auf absehbare Zeit am Leben und bei guter Gesundheit zu halten. Die Marke arbeitet an einem Zielgruppenaustausch oder besser gesagt einer "Zielgruppenkonsolidierung".
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Re: Anglikanische Kirche

Beitrag von Stephen Dedalus »

Bernado hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Die Wahl dieser Bischöfin muß zunächst von der Mehrheit der anderen Diözesen der Episkopalkirche bestätigt werden, dann ebenso vom Standing Committee. Erst wenn diese beiden Hürden genommen sind, kann die Bischofsweihe erfolgen.
Das würde ich nicht so eng sehen: sie kann in keinem Fall erfolgen. Eine Frau ist keine Priestern ist keine Bischöfin; eine Weihe kommt nicht zu stande. Trotz Mummenschanz.
Dies trifft auf die Anglikanische Kirche nicht zu.
If only closed minds came with closed mouths.

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema