Moin SD,
Stephen Dedalus hat geschrieben:Hi John,
ich muß hier noch einmal nachhaken.
Die Anglican Communion ist ein ecclesiologisch hochinteressantes Gebilde. Es ist richtig, daß sie eine Gemeinschaft von eigenständigen Provinzen oder Nationalkirchen ist. Aber als solche ist sie mehr als etwa der LWB oder vergleichbare andere konfessionelle Bünde. In ihrer Struktur steht sie zwischen zentralistischen Kirchen wie den Romkatholiken und konfessionellen Bünden wie LWB oder World Methodist Council. Das sieht man u. a. daran, daß es jeweils nur eine anglikanische Ortskirche geben kann (während zum Beispiel im LWB oder anderen Bünden durchaus mehrere Kirchen eines Landes vertreten sein können) und daß die AC andere "Instruments of Unity" ausgebildet hat, als dies die konfessionellen Bünde tun. Der Erzbischof von Canterbury ist ein Fokus der Einheit, wie ihn andere Konfessionsfamilien nicht kennen (ausgenommen die Orthodoxen). Dazu gehören auch die Primates Meetings und natürlich die Lambeth Conference als internationale anglikanische Bischofskonferenz.
Daß die Qualität der Beziehungen (ekklesiologisch betrachtet) in der Anglican Communion größer ist als in anderen konfessionellen Bünden, sieht man u.a. an den gegenwärtigen Schwierigkeiten, wo die Weihe von Gene Robinson in den USA als ein Bruch der Gemeinschaft mit massiven Konsequenzen betrachtet wird. Ein solches Szenario ist imho in anderen konfessionellen Bünden schwerlich vorstellbar. Sicher könnte es dort auch zu einem Ausschluß einzelner Mitgliedskirchen kommen, aber die ekklesiologische Tragweite scheint mir wesentlich geringer zu sein als in der Anglican Communion.
Ich empfehle zu diesem Thema sehr die Lektüre von Paul Avis' neuem Buch "The Identity of Anglicanism". Paul Avis ist sowas wie der anglikanische Chefekklesiologe, und er hat dazu einige interessante Dinge zu sagen.
Alles richtig, aber von einer "anglikanischen Kirche" zu sprechen ist letztendlich qualitativ falsch. (ECUSA ist eine anglikanische Kirche, die Church of England ist eine anglikanische Kirche, aber "die anglikanische Kirche" gibt es nicht.)
Die Anglican Communion ist zwar mehr als nur ein Bund, aber wir erheben erstens keinen Anspruch, "die" Kirche zu sein, und zweitens haben die Mitgliedskirchen deutlich mehr Freiheit und Spielraum als z.B. die Ortskirchen in der R K K. Wie gesagt, wir haben keine zentralen, übergreifenden rechtlichen Instanzen.
Der Vergleich mit der Orthodoxie kommt zwar eher hin -- eine Communio unter verschiedenen Nationalkirchen, die in ihren eigenen Angelenheiten autonomisch handeln, und die ihre institutionelle Einheit hauptsächlich über die Communio mit einem bestimmen primus inter pares definiert. Aber unsere institutionelle Einheit hat wiederum eine andere, mildere Qualität als die der Orthodoxie.
Cheers,
John
Der Beweis, dass Gott einen Sinn für Humor hat: Er hat die Menschheit geschaffen.
[ Alt-Katholisch/Anglikanisch in Hannover ]