Moser hat geschrieben:Marcus hat geschrieben:. Wer hingegen aber die Sodomie nicht mehr als Sünde bezeichnet und die Sünder dazu ermuntert, weiterhin zu sündigen, trägt hingegen dazu bei, dass die Sünder später gnadenlos nach dem Gesetz gerichtet und ewiglich verdammt werden und macht sich daran mitschuldig.
Denn das Gesetz wurde hier tatbestandlich nicht aufgehoben. Nur die Rechtsfolge wurde dahingehend geändert, dass anstelle der Bestrafung mit dem leiblichen Tod die ewige Verdammnis treten wird. Und wer nicht unter der Gnade des Evangeliums steht und unbußfertig in dieser Sünde sterben wird, wird nach dem Gesetz am Jüngsten Tag entsprechend gerichtet werden.
Dies Irae.
"Gnadenlos" - was hast Du denn bitte für ein Gottesbild?
Warum sollten wir Menschen uns anmaßen, zu wissen zu glauben, wer nach seinem Tod unter welchen Bedingungen wie beurteilt werden wird? Das können wir nicht wissen und wir sollten auch nicht versuchen, uns da irgendwelche menschengemachten Kriterien zurechtzulegen, wer denn nun was tun muss damit er in den Himmel kommt oder auch nicht.
"Gott ist Liebe" - schon vergessen? Und ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass dieser Gott, der gnädiger ist als wir es uns jemals vorstellen können, es mit ewiger Verdamnis bestrafen wird, wenn sich zwei Menschen in Liebe und gegenseitiger Fürsorge verbunden sind - unabhängig vom Geschlecht.
Die angesprochene Problematik ist schon nicht einfach: Wie ist die Aklage und Verurteilung durch Gott mit dem Gott der Liebe und Gnade zusammenzubringen?
In der gegenwärtigen (gerade ethischen) Diskussion beobachte ich immer wieder wenn der (meist eher konservativ oder pietistisch ausgerichtete) Diskutant A mit der Macht der Sünde und dem geforderten Gehorsam gegen Gottes Willen argumentiert, der Diskutant B darauf die liebende Annahme des Sünders durch Gott anführt und die göttliche Gnade betont.
Das Schwierige an dieser Diskussionslage ist, daß beide Seiten eigentlich Recht haben. Gott begegnet dem Menschen anklagend und sogar vernichtend, gleicheitig aber auch voll Erbarmen annehmend und rettend.
Ich habe bislang nur eine mich überzeugende Möglichkeit gefunden, diese beiden Aspekte zusammenbringen, ohne die Wirklichkeit einer dieser beiden Aspekte zu negieren. Und das die lutherische Unterscheidung von Gesetz und Evangelium:
Im Gesetz klagt Gott uns in jeder Zelle unseres Seins an, wir sind in einem stetigen Widerspruch zu ihm, ob wir das nun wollen oder nicht. Ein Beispiel hierfür (neben vielen anderen, die oft vergessen werden), ist praktizierte Homosexualität. Das Gesetz klagt uns wegen dieser vielen kleinen und großen Sünden an. Wir alle können hier letztendlich im göttlichen Gericht ncht bestehen, wir werden angeklagt und verurteilt. An dieser Stelle praktizierte Homosexualität nicht mehr als Sünde bezeichnen zu wollen, hieße, der Anklage durch Gott entfliehen zu wollen, was nicht möglich ist, denn unserer aller Verurteilung können wir gewiß sein.
Es ist Inhalt des Evangeliums, daß der liebende Gott uns trotz unsere Sünde gnädig annimmt. Wir haben einen liebenden Gott, der diejenigen, die an ihn glauben, annimmt, obwohl er weiß, was für gewaltige Sünder wir doch alle sind. An dieser Stelle hat praktizierte Homosexualität keine Bedeutung mehr, denn Gott diese Sünder wie alle anderen Mensch auch an.
Nach lutherischem Verständnis besteht eine Dialektik zwischen Gesetz und Evangelium. Beides existiert weiter, das Gesetz klagt auch uns heute bis in die letzte Konsequenz an, und gleichzeitig werden wir von unserem liebenden Gott auch freigesprochen. Wer etwas anderes als diese Dialektik von Gesetz und Evangelium lehrt, verläßt das, was die lutherische Kirche ausmacht. Wer etwas anderes lehrt, mag sich vielleicht als Christ verstehen, ein Lutheraner ist er keineswegs. Und außerdem lehrt er aus lutherischer Sicht etwas Falsches, da hier die grundlegende Struktur des Wortes Gottes nicht erkannt ist. Höchst problematisch ist es, wenn wie gegenwärtig beim Nachdenken über Homosexualität im Pfarramt (aber auch in vielen anderen ethischen Fragen) die Grundlegung dieser Frage in der Dialektik von Gesetz und Evangelium gar nicht erst bedacht wird, sodaß dann Gesetz und Evangelium auf eine seltsame Weise vermischt werden, was mit dem genuin lutherischen Verständnis nicht zu vereinbaren ist und (wie eingangs gesagt) auch dem göttlichen Wort nicht gerecht wird.