Liturgie und Gewänder im Protestantismus

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Lieber Sofaklecks,

Kerzen bzw. das Anzünden von Kerzen ist ein Adiaphora bzw. ein Mittelding, das weder geboten noch verboten ist.

Dabei geht es für mich vor allem um Symbolik. Während die Dunkelheit für Trauer, Tod, Hoffnungslosigkeit etc... steht, ist das Licht ein klares Zeichen für Glück, Friede, Hoffnung etc... Unser Licht als Christen ist Jesus Christus, der für uns Sünder am Kreuz starb, auf dass wir Vergebung der Sünden und ewige Leben erlangen, sofern wir uns zu Ihm bekennen bzw. an Ihn und Seine Erlösungstaten glauben. Zündet man also eine Kerze an, so bringt das meiner Ansicht nach – gerade wenn man zum Sohn Gottes betet, sehr schön zum Ausdruck, dass man Ihm vertraut und in Ihm als Unseren Herrn und Heiland all seine Hoffnungen setzt.

Hierzu möchte ich auch aus einer Predigt der ev. Pfarrerin Elke Burkholz zitieren:
Die Kerze war in der alten Kirche das Zeichen für Christus. Das Licht der Kerze erhellt den Raum um sie her. Das warme Licht einer Kerze erfüllt das Herz mit einer tiefen Sehnsucht nach dem Geheimnis dieses Lichts. Und das Geheimnis ist Christus. Das Licht Christi ist eine Liebe, die aus göttlicher Quelle fließt. Und diese Quelle ist ewig. Sie wird niemals versiegen. Und wir sehnen uns so nach ihr, weil sie der Sinn und das Ziel unseres Lebens ist. In uns leuchtet Christus, das Licht der Welt. Das ist die Flamme, die nie mehr erlischt. Unsere Aufgabe ist es, durchscheinend zu werden für dieses Licht. Wir können die Liebe, die wir empfangen, weitergeben an die Menschen, die sie brauchen.
Quelle: http://www.predigten.de/predigt.php3?predigt=7335
Gruß Marcus

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Peregrin
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Beitrag von Peregrin »

Marcus hat geschrieben:Bild

Bischofsweihe in der Schwedischen Missionsprovinz (der konservativ-konfessionelle Flügel innerhalb der Schwedischen Kirche)
Einen Moment hab ich gedacht, das sind Sternsinger. :ikb_shy:
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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cantus planus
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Beitrag von cantus planus »

Peregrin hat geschrieben:Einen Moment hab ich gedacht, das sind Sternsinger. :ikb_shy:
:ikb_lol:
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Peregrin hat geschrieben:
Marcus hat geschrieben:Bild

Bischofsweihe in der Schwedischen Missionsprovinz (der konservativ-konfessionelle Flügel innerhalb der Schwedischen Kirche)
Einen Moment hab ich gedacht, das sind Sternsinger. :ikb_shy:
...wegen des farbigen Bischofs Walter Obare Omwanza von der
Evangelisch-Lutherischen Kirche in Kenia (ELCK)?

Hier das Bild von der Konsekration:

Bild

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Marcus hat geschrieben:Bischofsweihe in der Schwedischen Missionsprovinz (der konservativ-konfessionelle Flügel innerhalb der Schwedischen Kirche)
Nun ja, "außerhalb" würde es wohl eher treffen.
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Marcus hat geschrieben:Bischofsweihe in der Schwedischen Missionsprovinz (der konservativ-konfessionelle Flügel innerhalb der Schwedischen Kirche)
Nun ja, "außerhalb" würde es wohl eher treffen.
Das hängt davon ab, aus welcher Perspektive man das betrachtet. Die Missionsprovinz will nach ihrem Selbstverständnis keine eigene (Frei-)Kirche neben der Schwedischen Kirche sein, sondern eine eigene konservative Diözese innerhalb derselben bilden. Die eigene Kirchenleitung betrachtet sie hingegen als schismatische Gruppierung.

sofaklecks
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Sozusagen

Beitrag von sofaklecks »

So was ähnliches soll es auch in der römisch-katholischen Kirche geben.



sofaklecks

Stephen Dedalus
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Re: Sozusagen

Beitrag von Stephen Dedalus »

sofaklecks hat geschrieben:So was ähnliches soll es auch in der römisch-katholischen Kirche geben.
Diese Pest macht sich leider überall breit...

Bei uns heißt das dann "Anglican Mission in the Americas", aber im Prinzip ist das genau das Gleiche. Was daran interessant ist: Während die westlichen Nationen an der Überwindung der Fehler der Kolonialzeit arbeiten, drehen die Afrikaner den Spieß um und betreiben jetzt kirchlichen Kolonialismus. Jetzt kommen die afrikanischen Bischöfe und erzählen den westlichen Kirchen, was sie wie zu machen haben...
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Marcus
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Re: Sozusagen

Beitrag von Marcus »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
sofaklecks hat geschrieben:So was ähnliches soll es auch in der römisch-katholischen Kirche geben.
Diese Pest macht sich leider überall breit...

Bei uns heißt das dann "Anglican Mission in the Americas", aber im Prinzip ist das genau das Gleiche. Was daran interessant ist: Während die westlichen Nationen an der Überwindung der Fehler der Kolonialzeit arbeiten, drehen die Afrikaner den Spieß um und betreiben jetzt kirchlichen Kolonialismus. Jetzt kommen die afrikanischen Bischöfe und erzählen den westlichen Kirchen, was sie wie zu machen haben...
Mit Recht! Weißt Du überhaupt, welche Zustände innerhalb der Kirche von Schweden herrschen? Nach außen hin mag die Schwedische Kirche einem „modernen Menschen der heutigen Zeit“ als liberale, aufgeschlossene und mit der Zeit gehende Kirche erscheinen, was durchweg als etwas Positives empfunden wird. Dieser Prozess wird allerdings in Schweden und auch in Finnland rigide und kompromisslos durchgesetzt. Der Staat leistet dabei noch Hilfe. So empfinde ich es beispielsweise als Verletzung der Religionsfreiheit, wenn ein Pfarrer zu einem Kurzaufenthalt im Knast verdonnert wird, nur weil er von der Kanzel aus gepredigt hatte, dass praktizierende Homosexualität Sünde sei. Der Glaubensabfall war noch nie so groß wie eben. Viele haben einfach ein Problem damit, die Wahrheit zu hören. Und wo sie noch gepredigt wird, wird versucht, genau das zu unterdrücken. Ich habe auch schon öfters erfahren müssen, dass konservative Landeskirchenpfarrer aus ihrem Pfarramt regelrecht rausgeekelt wurden oder keine Aufstiegschancen mehr geboten bekommen. So viel zum Thema Toleranz.

Die Schwedische Missionsprovinz will nichts anderes als den bibel- und bekenntnistreuen Christen und Christinnen, die sich zum schwedischen Luthertum bekennen, eine geistige Heimat innerhalb der Kirche von Schweden bieten und den Leib Christi somit nicht noch weiter spalten. Genau das macht aber die Schwedische Kirche, indem sie – verblendet wie sie ist – bekennende ev.-luth. Christen als Schismatiker darstellt. Selbst die Kirche von England ist da toleranter. Sie bietet dem konservativen Flügel zumindest die Möglichkeit, sich einem konservativen Bischof zu unterstellen und in ihren Gemeindeordnungen z. B. festzulegen, dass Frauen nicht als Priesterinnen in ihren Gemeinden eine Messe zelebrieren. Was in England geht, sollte auch in Schweden möglich sein. Das Luthertum hat in Schweden eine lange Tradition. Und zumindest früher zeichnete sich die Schwedische Kirche stets durch Rechtgläubigkeit aus. Es ist als Lutheraner daher sehr traurig mit ansehen zu müssen, wie eine ehemals vorbildliche Kirche zugrunde geht.

Wenn man etwas überhaupt als „Pest“ bezeichnen kann, dann den Virus namens „moderner Zeitgeist“, der ganze ehemals christliche Länder regelrecht infiziert hat.

Sofaklecks vergleicht die Schwedische Missionsprovinz offenbar mit den Piusbrüdern. Genau dieser Vergleich ist allerdings schon deshalb falsch, weil eine bekenntnistreue lutherische Gemeinde nicht konservative als eine vatikantreue röm.-kath. Pfarrgemeinde ist. Ansichten wie, dass Frauen während der Messe Röcke und Kopftücher tragen müssten, jede nicht der Fortpflanzung dienende Form der Sexualität pauschal Todsünde gebrandmarkt wird etc..., es außerhalb der eigenen „Konfession“ kein Heil gäbe, werden in der Schwedischen Missionsprovinz z. B. nicht vertreten.

Außerdem müsste man unsere „Piusbrüder“ wohl besser als „Paul-Gerhardt-Brüder“ bezeichnen. Das klingt doch gleich viel lutherischer...

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Ach Marcus,

ich kenne diese Geschichten alle - und glaube doch kein Wort davon. Ich lebe selbst in einer Kirche, die viele mit den gleichen Worten charakterisieren, mit denen Du die schwedische Kirche beschreibst.

Die Rhetorik dieser Kreise ist doch überall gleich, auch ihre Art, die Lage zu bewerten. Natürlich müssen diese Gruppen dem Großteil der Kirche "Glaubensabfall" vorwerfen, damit ihre eigenen Akte nicht als "schismatisch" bewertet werden. Wenn man selbst die Wahrheit vertritt und der Rest den Irrtum, wird der eigene verwerfliche Akt des Schismas zu einem ehrenhaften Eintreten für die Wahrheit.

In Wirklichkeit ist das doch alles wesentlich komplexer. Jedenfalls wird ein Bruch des Kirchenrechts nicht durch einen anderen Bruch des Kirchenrechts geheilt. Das alles führt nur zu Verletzungen weiteren Brüchen, die am Schluß nur Scherben zurücklassen.
So empfinde ich es beispielsweise als Verletzung der Religionsfreiheit, wenn ein Pfarrer zu einem Kurzaufenthalt im Knast verdonnert wird, nur weil er von der Kanzel aus gepredigt hatte, dass praktizierende Homosexualität Sünde sei.
In meiner Erinnerung hat sich dieser Fall damals aber anders abgespielt.
Die Schwedische Missionsprovinz will nichts anderes als den bibel- und bekenntnistreuen Christen und Christinnen, die sich zum schwedischen Luthertum bekennen, eine geistige Heimat innerhalb der Kirche von Schweden bieten und den Leib Christi somit nicht noch weiter spalten.
Und dies erreicht man, indem man spaltet, das Kirchenrecht bricht, den Bischöfen ungehorsam ist und eine Parallelstruktur aufbaut?
Wenn man etwas überhaupt als „Pest“ bezeichnen kann, dann den Virus namens „moderner Zeitgeist“, der ganze ehemals christliche Länder regelrecht infiziert hat.
Darin stimme ich Dir zu. Allerdings läßt sich der Zeitgeist nicht kategorisieren in Befürworter oder Gegner der FO oder praktizierter Homosexualität. Der "Zeitgeist" drückt sich vielmehr in einer generellen Radikalisierung und Lagerbildung aus. Der Zeitgeist verkündet das Ende der Toleranz und die Stunde des Handelns. Der Zeitgeist erzählt uns, daß die anderen es jetzt zu weit getrieben haben, und man daher zu konkreten Schritten gezwungen wird, weil sonst die Wahrheit auf dem Spiel steht (und die ist natürlich immer in der eigenen Gruppe zu finden). Dieser Zeitgeist hat die Linken wie die Rechten erfaßt. Der Zeitgeist setzt schon lange nicht mehr auf Gemeinsamkeit, sondern auf Trennung und Abgrenzung vom "anderen". Das einzige was der Zeitgeist nicht mehr erträgt ist Demut, Gespräch, Hören und trotz unterschiedlicher Meinungen zusammenzubleiben, weil es genau das ist, was uns aufgetragen ist.

Das Schreien gegen den vermeintlichen Zeitgeist ist leider ein Erkennungzeichen des tatsächlichen Zeitgeists. Und der ist nicht gut...
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John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Allerdings läßt sich der Zeitgeist nicht kategorisieren in Befürworter oder Gegner der FO oder praktizierter Homosexualität. Der "Zeitgeist" drückt sich vielmehr in einer generellen Radikalisierung und Lagerbildung aus. Der Zeitgeist verkündet das Ende der Toleranz und die Stunde des Handelns. Der Zeitgeist erzählt uns, daß die anderen es jetzt zu weit getrieben haben, und man daher zu konkreten Schritten gezwungen wird, weil sonst die Wahrheit auf dem Spiel steht (und die ist natürlich immer in der eigenen Gruppe zu finden). Dieser Zeitgeist hat die Linken wie die Rechten erfaßt. Der Zeitgeist setzt schon lange nicht mehr auf Gemeinsamkeit, sondern auf Trennung und Abgrenzung vom "anderen". Das einzige was der Zeitgeist nicht mehr erträgt ist Demut, Gespräch, Hören und trotz unterschiedlicher Meinungen zusammenzubleiben, weil es genau das ist, was uns aufgetragen ist.
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Ach Marcus,

ich kenne diese Geschichten alle - und glaube doch kein Wort davon. Ich lebe selbst in einer Kirche, die viele mit den gleichen Worten charakterisieren, mit denen Du die schwedische Kirche beschreibst.

Die Rhetorik dieser Kreise ist doch überall gleich, auch ihre Art, die Lage zu bewerten. Natürlich müssen diese Gruppen dem Großteil der Kirche "Glaubensabfall" vorwerfen, damit ihre eigenen Akte nicht als "schismatisch" bewertet werden. Wenn man selbst die Wahrheit vertritt und der Rest den Irrtum, wird der eigene verwerfliche Akt des Schismas zu einem ehrenhaften Eintreten für die Wahrheit.

In Wirklichkeit ist das doch alles wesentlich komplexer. Jedenfalls wird ein Bruch des Kirchenrechts nicht durch einen anderen Bruch des Kirchenrechts geheilt. Das alles führt nur zu Verletzungen weiteren Brüchen, die am Schluß nur Scherben zurücklassen.

Das bleibt Dir selbst überlassen. Aber denke mal logisch. Was würde passieren, wenn ein Pfarrer in einer Kirche mit FO versucht theologisch zu begründen, dass die FO wider göttlichen Rechts und die von einer Pfarrerin verwalteten Sakramente (ausgenommen die Taufe) eventuell nichtig seien? Das würde für Unruhe innerhalb der Basis sorgen, so dass die Kirchenleitung irgendwann mal eingreifen muss und auch wird. Letztendlich wird der Pfarrer vor die Wahl gestellt werden, entweder den Kurs der Kirche zu akzeptieren und sich entsprechend zu verhalten oder sein Pfarramt aufzugeben. Kochende Unruheherde müssen schließlich abgestellt und zur Not beseitigt werden.

Wenn man davon ausgeht, dass die Bibel das vom Heiligen Geist inspirierte Wort Gottes ist und man die biblische Autorität zumindest in Glaubensfragen und Fragen der christlichen Lebensführung anerkennt, ist es nur folgerichtig, Kirchen, die gleichgeschlechtliche Paare segnen, Glaubensabfall zu unterstellen. Was in der Bibel steht, zählt aber heute sowieso nicht mehr überall. Heute gilt zumeist das, was die hkM hergibt.
Und dies erreicht man, indem man spaltet, das Kirchenrecht bricht, den Bischöfen ungehorsam ist und eine Parallelstruktur aufbaut?
Du wirfst der Missionsprovinz Kirchenrechtsbruch vor? Das kann man der Church of England aus röm. Sicht ebenfalls vorwerfen. Kirchenrecht, das im Widerspruch zum Wort Gottes steht, darf kein Gehorsam geschuldet werden.

Ein Bischof kann genauso wie jeder Pfarrer nur insoweit Gehorsam verlangen, soweit er nicht gegen das Wort Gottes predigt und lehrt bzw. das Evangelium rein und unverfälscht verkündet. Wo das nicht der Fall ist, besteht keine Gehorsampflicht.
Marcus hat geschrieben:Wenn man etwas überhaupt als „Pest“ bezeichnen kann, dann den Virus namens „moderner Zeitgeist“, der ganze ehemals christliche Länder regelrecht infiziert hat.
Darin stimme ich Dir zu. Allerdings läßt sich der Zeitgeist nicht kategorisieren in Befürworter oder Gegner der FO oder praktizierter Homosexualität. Der "Zeitgeist" drückt sich vielmehr in einer generellen Radikalisierung und Lagerbildung aus. Der Zeitgeist verkündet das Ende der Toleranz und die Stunde des Handelns. Der Zeitgeist erzählt uns, daß die anderen es jetzt zu weit getrieben haben, und man daher zu konkreten Schritten gezwungen wird, weil sonst die Wahrheit auf dem Spiel steht (und die ist natürlich immer in der eigenen Gruppe zu finden). Dieser Zeitgeist hat die Linken wie die Rechten erfaßt. Der Zeitgeist setzt schon lange nicht mehr auf Gemeinsamkeit, sondern auf Trennung und Abgrenzung vom "anderen". Das einzige was der Zeitgeist nicht mehr erträgt ist Demut, Gespräch, Hören und trotz unterschiedlicher Meinungen zusammenzubleiben, weil es genau das ist, was uns aufgetragen ist.

Das Schreien gegen den vermeintlichen Zeitgeist ist leider ein Erkennungzeichen des tatsächlichen Zeitgeists. Und der ist nicht gut...

Du unterstellst also u.a. den konservativen Christen, die den christlichen Glauben bewahren, reinhalten und an die künftigen Generationen so weitergeben wollen, vom modernen Zeitgeist eingenommen zu sein? Schon in der alten Kirche wurde der Kirchenbann gegen uneinsichtige Häretiker verhängt und es kam wegen Lehrdifferenzen zu Spaltungen.

Spaltung tut weh und sollte auch vermieden werden. Wenn Spaltung allerdings der einzigste Ausweg ist, um in der Wahrheit zu bleiben, muss sie sein. Es gibt nur eine Wahrheit, so dass entgegenstehende Lehren nicht zugleich rechtgläubig sein können.

In der Tat verträgt der moderne Zeitgeist keine Demut mehr, und zwar Demut vor dem Wort Gottes.

Nur, dass wir beide uns nicht falsch verstehen. Meine Kritik richtet sich gegen bestimmte Kirchen und deren Führungen und nicht gegen das jeweilige Kirchenvolk. Ich gehe davon aus, dass Jesus Christus in jeder Kirche eine Herde hat. Daher erkenne ich auch grundsätzlich jeden Getauften, der Jesus Christus als Seinen Herrn und Heiland anerkennt, und mit dem ich das Nizänische Glaubensbekenntnis zusammen beten kann, auch als Mitbruder oder Mitschwester in Christo an.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo SD,

Papst Benedikt und viele konservative Protestanten warnen zu Recht vor der Diktatur des Relativismus. Die Praxis einiger Kirchen keine Pfarrer mehr zu ordinieren, die die FO offen ablehnen, ist ein Beispiel für die auch in den Kirchen bereits herrschende Diktatur des Relativismus.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Marcus hat geschrieben: Du unterstellst also u.a. den konservativen Christen, die den christlichen Glauben bewahren, reinhalten und an die künftigen Generationen so weitergeben wollen, vom modernen Zeitgeist eingenommen zu sein? Schon in der alten Kirche wurde der Kirchenbann gegen uneinsichtige Häretiker verhängt und es kam wegen Lehrdifferenzen zu Spaltungen.

Spaltung tut weh und sollte auch vermieden werden. Wenn Spaltung allerdings der einzigste Ausweg ist, um in der Wahrheit zu bleiben, muss sie sein. Es gibt nur eine Wahrheit, so dass entgegenstehende Lehren nicht zugleich rechtgläubig sein können.

In der Tat verträgt der moderne Zeitgeist keine Demut mehr, und zwar Demut vor dem Wort Gottes.

Nur, dass wir beide uns nicht falsch verstehen. Meine Kritik richtet sich gegen bestimmte Kirchen und deren Führungen und nicht gegen das jeweilige Kirchenvolk. Ich gehe davon aus, dass Jesus Christus in jeder Kirche eine Herde hat. Daher erkenne ich auch grundsätzlich jeden Getauften, der Jesus Christus als Seinen Herrn und Heiland anerkennt, und mit dem ich das Nizänische Glaubensbekenntnis zusammen beten kann, auch als Mitbruder oder Mitschwester in Christo an.
Hallo Marcus,

ich will darauf mal im Zusammenhang antworten. Mir würden zu vielen einzelnen Aussagen Deines Postings Entgegnungen einfallen, aber das führt nur zu Grabenkämpfen. Daher will ich lieber einmal versuchen, meine Haltung in dieser Frage zu skizzieren.

Wenn ich den von Dir hier genannten Gruppen vorwerfe, dem Zeitgeist verfallen zu sein, dann bezieht sich das nicht nur auf diese Gruppen allein. Ich bin der Ansicht, daß andere Gruppen innerhalb der Kirche diesem "Ungeist" ebenso verfallen sind, und zwar genau die, die die entgegengesetzten Positionen vertreten. Pressure Groups wie WSK oder IKVU sind nicht besser als die Piusbrüder, und die Weihen von irgendwelchen Donaunixen sind ebenso schisamtisch und nichtig wie die Weihen von Lefebrve oder der schwedischen Missionsprovinz. Wie bereits oben angedeutet fängt das Problem für mich schon bei der Rhetorik an, die diese Gruppen verwenden. Natürlich verstehen sich die Konservativen als die Bewahrer des alten Glaubens, den sie unverfälscht an die zukünftigen Generationen weitergeben wollen. Das ist ihr Selbstbild. Aber stimmt es auch?

Die Rhetorik dieser Gruppen läßt sich herrlich nachvollziehen, wenn man auf ihre Terminologie eingeht: Es gibt nur eine Wahrheit, und wer die Wahrheit nicht vertritt, ist Häretiker, von dem man sich zu trennen hat. Das klingt einleuchtend und läßt sich historisch belegen. Schließlich hat es die alte Kirche auch so gemacht.

Sobald man aber anfängt, das ganze in personale Kategorien zu transferieren, funktioniert das Spiel schon nicht mehr: Die Wahrheit ist für uns Christen in erster Linie eine Person: Christus selbst. Wenn nun der Bruder oder die Schwester ebenso an Christus hängt wie wir und wir trennen uns von ihnen, dann muß dies zwangsläufig von einer Trennung vom Herrn selbst führen. Wir hängen nur dann an Christus, wenn wir zusammenbleiben. Sobald wir uns trennen, treibt einer unweigerlich vom Zentrum ab...

Ich gebe gerne zu, daß ich mit Eurer evangelischen Lehr- und Bekenntnisvergottung sowieso nichts anfangen kann. Sowohl der Akt des Glaubens wie das Sein der Kirche sind in meinen Augen von anderen Dingen bestimmt. Die Kirche ist da, wo der Herr sich selbst in seinen heiligen Sakramenten der Gemeinschaft der Heiligen mitteilt. "Lehre" ist zwar wichtig, aber doch nicht zentral. Die Kirche ist immer ein bereits gegebenes, sie muß nicht durch die rechte Lehre hergestellt werden. Kirche entsteht auch nicht einfach dort, wo diese Lehre gepflegt wird. Das genau ist das katholische Verständnis von Sukzession: Die Lehre kann nicht ohne Anbindung an eine Person gedacht werden, daher stehen die Bischöfe für die Weitergabe der Lehre. Aber das führt natürlich ab vom Thema.

Ich habe einfach viel zu viele Fragen, auf die die Schwarz/Weiß-Sicht der Konservativen keine Antwort gibt:

Ich erkenne in anderen Christen ein echtes Streben nach Heiligkeit, einen genuinen Glauben und einen klaren Willen, dem Wort des Herrn zu folgen. Bei vielen von ihnen ist all dies viel stärker und erkennbarer als bei mir selbst. Trotzdem haben sie in manchen Dingen eine andere Überzeugung als ich und können das auch hinreichend begründen. Ich kann zwar ihre Haltung ablehnen. Aber ich kann ihnen weder den Glauben, noch das ernsthafte Bemühen um Erkenntnis absprechen, noch kann ich ihnen vorwerfen, nicht ehrlich zu sein. Auf welcher Grundlage kann ich also gegen sie vorgehen?

Ich frage mich ferner, warum erst die Fragen der Sexualethik und der Rolle der Frau in der Kirche zu diesen extremen Spannungen führen. Theologisch und dogmatisch haben wir eine Entwicklung hinter uns, die in den letzten Jahrhunderten wesentlich brisantere Themen aufgebracht hat. Sowohl Sexualethik wie FO berühren beide nicht das christliche Dogma in seinem Kern. Trotzdem sind diese Themen die kontroversesten Themen seit langem. Warum? Ich glaube, daß es sich hier um Konflikte handelt, die für etwas ganz anderes stehen. Diese wirklichen Ursachen gilt es erst einmal freizulegen und zu benennen. Mein Wunsch wäre daher, diese Themen in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren auch nicht mehr zu diskutieren. Bis dahin ist vielleicht klarer, welche Konflikte da tatsächlich in verdeckter Form an die Oberfläche kommen und wir können die Sache von der Wurzel her angehen.

Historische Ehrlichkeit: Dieser Punkt ist oben bereits angeklungen. Die gegenwärtig kontrovers diskutierten Themen stehen eben nicht auf der gleichen Ebene wie die Christologie oder Trinitätslehre. Es ist daher unredlich, die Konservativen von heute mit den Anti-Arianern des vierten Jahrhunderts zu vergleichen. Oder kann sich jemand eine Ergänzung zum Nicänum vorstellen mit den Worten "Und ich glaube an das Priestertum des Mannes". Man sollte bei allem Dissens in diesen Fragen nicht außer acht lassen, daß wir hier zunächst einmal auf der Ebene der Ethik und der kirchlichen Disziplin diskutieren, also ähnlich der Frage, ob Zinsnehmen erlaubt ist oder nicht.

Du hast noch angesprochen, daß es keine Demut vor dem Wort Gottes mehr gibt. Da würde ich auch zurückfragen wollen: Was ist denn das Wort Gottes? (Diese Frage ist nicht blöd gemeint oder so simpel, wie sie vielleicht klingt.) Wenn wir Demut vor dem Wort Gottes einfordern, müssen wir klar wissen, wovon wir sprechen. Wie verorten wir die Bibel und ihre Aussagen in unserem Sein als Kirche? Das Wort gilt mir und den anderen. Wie spricht Gott durch sein Wort? Wie höre ich dieses Wort? Welche Macht hat das Wort? Wenn ich Demut vor dem Wort Gottes einfordere, kann ich nur fragen, warum ich meine, das mächtig wirkende Wort Gottes selbst verstärken zu müssen, oder sogar, ob ich das Recht habe, Gott und seinem Wort selbst ins Handwerk zu pfuschen. Wenn mein Mitchrist das Wort nicht so versteht wie ich, kann ich dann ihn verklagen? Oder muß ich wie Bonhoeffer sagen, daß das Wort Gottes vor allem dann zum göttlichen Wort wird, wenn ich es nicht gegen den anderen, sondern gegen mich lese? Demut vor dem Wort Gottes kann ich eigentlich nicht von anderen einfordern, sondern nur von mir selbst. Das "Wort Gottes" wird in dem Moment zu einem stumpfen Schwert, in dem ich es als meinen Besitz betrachte und als Waffe gegen jemand anderen gebrauchen will!

Soviel mal für den Moment...

Tschüß
SD
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Beitrag von Lutheraner »

@SD: Der eigentliche Auseinandersetzungsgrund zwischen Konservativen und Liberalen heute und zwischen Lutheranern und Reformierten/Unierten in früheren Jahrzehnten und Jahrhunderten ist und war immer der Rationalismus. Bei der inner-evangelischen Diskussion um die Bekenntnisse ging es nicht darum, ob der Heidelberger Katechismus oder das Augsburger Bekenntnis "richtig" ist - darum ist der von Dir verwendete Begriff "Bekenntnisvergottung" stark überzogen - sondern wieviel Vernunft und Rationalismus der Glaube verträgt oder braucht. Ausgetragen wurde dieser Streit in erster Linie in den Abendmahlsverständnissen, die (wie die Bekenntnisschriften) die unterschiedlichen Sichtweisen zum Ausdruck bringen.
Bei den heutigen Auseinandersetzungen um das Verhältnis der Kirche zur Homosexualität und die Frauenordination ist es nicht anders. Auch das ist ein "Stellvertreterkrieg" bei dem es wieder um den Rationalismus geht. Die eine Seite hält ihn für wichtig, um das Christentum auch in unserer Zeit für glaubwürdig zu halten, die andere Seite hält ihn für glaubenszerstörend. Beiden Seiten muß man zugestehen, dass Ihnen die Zukunft des Christentums in unserer Gesellschaft am Herzen liegt. Das ist ihr gemeinsames Ziel und darüber lassen sich vielleicht Brücken bauen.
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Noch ein Nachtrag: ich kann mit den "Bibeltreuen" auch deswegen nicht diskutieren, weil deren "Bibeltreue" immer sofort mit einer bestimmten Interpretation der Bibel verbunden ist. Sie sagen "bibeltreu" und meinen ihre eigene Auslegung und theologische Position. Daß dabei die andere Partei ebenso an der Bibel hängt, akzeptieren sie nicht. Daher sind die Diskussionen in der Regel aussichtslos. Ich habe das in Diskussionen zwischen Katholiken und Evangelikalen zahllose Male erlebt. Beide berufen sich auf die Bibel, aber die Evangelikalen verstehen selbstredend nur die eigene Position als "bibeltreu", während sie den Katholiken vorwerfen, die Bibel zu ignorieren.
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John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Vielleicht meinen sie eigentlich, der Graphic-Novel-Bibel treu zu sein.

Bild

Oder wie wärs mit der Manga-Bibel:

Bild

;D

Cheers,

John
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Beitrag von Marcus »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Marcus hat geschrieben: Du unterstellst also u.a. den konservativen Christen, die den christlichen Glauben bewahren, reinhalten und an die künftigen Generationen so weitergeben wollen, vom modernen Zeitgeist eingenommen zu sein? Schon in der alten Kirche wurde der Kirchenbann gegen uneinsichtige Häretiker verhängt und es kam wegen Lehrdifferenzen zu Spaltungen.

Spaltung tut weh und sollte auch vermieden werden. Wenn Spaltung allerdings der einzigste Ausweg ist, um in der Wahrheit zu bleiben, muss sie sein. Es gibt nur eine Wahrheit, so dass entgegenstehende Lehren nicht zugleich rechtgläubig sein können.

In der Tat verträgt der moderne Zeitgeist keine Demut mehr, und zwar Demut vor dem Wort Gottes.

Nur, dass wir beide uns nicht falsch verstehen. Meine Kritik richtet sich gegen bestimmte Kirchen und deren Führungen und nicht gegen das jeweilige Kirchenvolk. Ich gehe davon aus, dass Jesus Christus in jeder Kirche eine Herde hat. Daher erkenne ich auch grundsätzlich jeden Getauften, der Jesus Christus als Seinen Herrn und Heiland anerkennt, und mit dem ich das Nizänische Glaubensbekenntnis zusammen beten kann, auch als Mitbruder oder Mitschwester in Christo an.
Hallo Marcus,

ich will darauf mal im Zusammenhang antworten. Mir würden zu vielen einzelnen Aussagen Deines Postings Entgegnungen einfallen, aber das führt nur zu Grabenkämpfen. Daher will ich lieber einmal versuchen, meine Haltung in dieser Frage zu skizzieren.

Wenn ich den von Dir hier genannten Gruppen vorwerfe, dem Zeitgeist verfallen zu sein, dann bezieht sich das nicht nur auf diese Gruppen allein. Ich bin der Ansicht, daß andere Gruppen innerhalb der Kirche diesem "Ungeist" ebenso verfallen sind, und zwar genau die, die die entgegengesetzten Positionen vertreten. Pressure Groups wie WSK oder IKVU sind nicht besser als die Piusbrüder, und die Weihen von irgendwelchen Donaunixen sind ebenso schisamtisch und nichtig wie die Weihen von Lefebrve oder der schwedischen Missionsprovinz. Wie bereits oben angedeutet fängt das Problem für mich schon bei der Rhetorik an, die diese Gruppen verwenden. Natürlich verstehen sich die Konservativen als die Bewahrer des alten Glaubens, den sie unverfälscht an die zukünftigen Generationen weitergeben wollen. Das ist ihr Selbstbild. Aber stimmt es auch?

Die Rhetorik dieser Gruppen läßt sich herrlich nachvollziehen, wenn man auf ihre Terminologie eingeht: Es gibt nur eine Wahrheit, und wer die Wahrheit nicht vertritt, ist Häretiker, von dem man sich zu trennen hat. Das klingt einleuchtend und läßt sich historisch belegen. Schließlich hat es die alte Kirche auch so gemacht.

Sobald man aber anfängt, das ganze in personale Kategorien zu transferieren, funktioniert das Spiel schon nicht mehr: Die Wahrheit ist für uns Christen in erster Linie eine Person: Christus selbst. Wenn nun der Bruder oder die Schwester ebenso an Christus hängt wie wir und wir trennen uns von ihnen, dann muß dies zwangsläufig von einer Trennung vom Herrn selbst führen. Wir hängen nur dann an Christus, wenn wir zusammenbleiben. Sobald wir uns trennen, treibt einer unweigerlich vom Zentrum ab...

Ich gebe gerne zu, daß ich mit Eurer evangelischen Lehr- und Bekenntnisvergottung sowieso nichts anfangen kann. Sowohl der Akt des Glaubens wie das Sein der Kirche sind in meinen Augen von anderen Dingen bestimmt. Die Kirche ist da, wo der Herr sich selbst in seinen heiligen Sakramenten der Gemeinschaft der Heiligen mitteilt. "Lehre" ist zwar wichtig, aber doch nicht zentral. Die Kirche ist immer ein bereits gegebenes, sie muß nicht durch die rechte Lehre hergestellt werden. Kirche entsteht auch nicht einfach dort, wo diese Lehre gepflegt wird. Das genau ist das katholische Verständnis von Sukzession: Die Lehre kann nicht ohne Anbindung an eine Person gedacht werden, daher stehen die Bischöfe für die Weitergabe der Lehre. Aber das führt natürlich ab vom Thema.

Ich habe einfach viel zu viele Fragen, auf die die Schwarz/Weiß-Sicht der Konservativen keine Antwort gibt:

Ich erkenne in anderen Christen ein echtes Streben nach Heiligkeit, einen genuinen Glauben und einen klaren Willen, dem Wort des Herrn zu folgen. Bei vielen von ihnen ist all dies viel stärker und erkennbarer als bei mir selbst. Trotzdem haben sie in manchen Dingen eine andere Überzeugung als ich und können das auch hinreichend begründen. Ich kann zwar ihre Haltung ablehnen. Aber ich kann ihnen weder den Glauben, noch das ernsthafte Bemühen um Erkenntnis absprechen, noch kann ich ihnen vorwerfen, nicht ehrlich zu sein. Auf welcher Grundlage kann ich also gegen sie vorgehen?

Ich frage mich ferner, warum erst die Fragen der Sexualethik und der Rolle der Frau in der Kirche zu diesen extremen Spannungen führen. Theologisch und dogmatisch haben wir eine Entwicklung hinter uns, die in den letzten Jahrhunderten wesentlich brisantere Themen aufgebracht hat. Sowohl Sexualethik wie FO berühren beide nicht das christliche Dogma in seinem Kern. Trotzdem sind diese Themen die kontroversesten Themen seit langem. Warum? Ich glaube, daß es sich hier um Konflikte handelt, die für etwas ganz anderes stehen. Diese wirklichen Ursachen gilt es erst einmal freizulegen und zu benennen. Mein Wunsch wäre daher, diese Themen in den nächsten zehn bis fünfzehn Jahren auch nicht mehr zu diskutieren. Bis dahin ist vielleicht klarer, welche Konflikte da tatsächlich in verdeckter Form an die Oberfläche kommen und wir können die Sache von der Wurzel her angehen.

Historische Ehrlichkeit: Dieser Punkt ist oben bereits angeklungen. Die gegenwärtig kontrovers diskutierten Themen stehen eben nicht auf der gleichen Ebene wie die Christologie oder Trinitätslehre. Es ist daher unredlich, die Konservativen von heute mit den Anti-Arianern des vierten Jahrhunderts zu vergleichen. Oder kann sich jemand eine Ergänzung zum Nicänum vorstellen mit den Worten "Und ich glaube an das Priestertum des Mannes". Man sollte bei allem Dissens in diesen Fragen nicht außer acht lassen, daß wir hier zunächst einmal auf der Ebene der Ethik und der kirchlichen Disziplin diskutieren, also ähnlich der Frage, ob Zinsnehmen erlaubt ist oder nicht.

Du hast noch angesprochen, daß es keine Demut vor dem Wort Gottes mehr gibt. Da würde ich auch zurückfragen wollen: Was ist denn das Wort Gottes? (Diese Frage ist nicht blöd gemeint oder so simpel, wie sie vielleicht klingt.) Wenn wir Demut vor dem Wort Gottes einfordern, müssen wir klar wissen, wovon wir sprechen. Wie verorten wir die Bibel und ihre Aussagen in unserem Sein als Kirche? Das Wort gilt mir und den anderen. Wie spricht Gott durch sein Wort? Wie höre ich dieses Wort? Welche Macht hat das Wort? Wenn ich Demut vor dem Wort Gottes einfordere, kann ich nur fragen, warum ich meine, das mächtig wirkende Wort Gottes selbst verstärken zu müssen, oder sogar, ob ich das Recht habe, Gott und seinem Wort selbst ins Handwerk zu pfuschen. Wenn mein Mitchrist das Wort nicht so versteht wie ich, kann ich dann ihn verklagen? Oder muß ich wie Bonhoeffer sagen, daß das Wort Gottes vor allem dann zum göttlichen Wort wird, wenn ich es nicht gegen den anderen, sondern gegen mich lese? Demut vor dem Wort Gottes kann ich eigentlich nicht von anderen einfordern, sondern nur von mir selbst. Das "Wort Gottes" wird in dem Moment zu einem stumpfen Schwert, in dem ich es als meinen Besitz betrachte und als Waffe gegen jemand anderen gebrauchen will!

Soviel mal für den Moment...

Tschüß
SD
Hallo SD!

Für Dich sind die Christen in der Missionsprovinz Schismatiker. Das ist Deine Meinung. Du solltest aber auch nicht vergessen, dass die Gründung der Schwedischen Missionsprovinz die Folge der intoleranten Haltung der Schwedischen Kirche gegenüber konservativen Theologen und Gemeindemitglieder war. Als 1958 (?) die Frauenordination in der Schwedischen Kirche eingeführt wurde, hatten die damaligen Pfarrer noch die Gewissensfreiheit zugesprochen bekommen, diese Entscheidung abzulehnen. Auch wurden sie nicht sanktioniert, wenn sie sich weigerten, mit einer Pfarrerin zusammen eine Messe zu zelebrieren. Doch das ist mittlerweile anders, da die Gewissensklausel entfallen ist. Wer sich heute gegen die Frauenordination ausspricht, wird erst gar nicht mehr zum Priester geweiht. Somit drängt die Schwedische Kirche konservative Theologen aus der eigenen Kirche hinaus. Ebenso aber auch konservative Gemeinden und Gemeindemitglieder, die nicht mehr mit konservativen Pfarrern versorgt werden und sich in liberalen Pfarrgemeinden nicht heimisch fühlen. Die Missionsprovinz und ihre Anhänger wollen aber nichts anderes als weiterhin Glieder der Schwedischen Kirche sein zu können und die Möglichkeit haben, innerhalb der Schwedischen Kirche eine konservative Diözese errichten zu können, so dass die Schwedische Kirche auch weiterhin eine Heimat für konservative Christen darstellen kann. Und in genau dieser Intuition erfolgten auch die dortigen Bischofsweihen. Die Ordinator war übrigens kein Vagantenbischof, sondern der Bischof der ev.-luth. Kirche in Kenia. Es geht der Missionsprovinz also nicht um Spaltung, sondern um Einheit. Wenn sie sich spalten wollten, dann könnten sie auch eine eigene „(Frei-)kirche errichten.

Außerdem kann ich es nicht nachvollziehen, dass Du ständig mit Deinen Schismavorwürfen kommst. Wenn Dir an Einheit so viel gelegen ist, dass kannst Du Dich auch der röm.-kath. Kirche als universellen Weltkirche anschließen. Das wirst Du aber aus Gewissensgründen nicht können, nicht zuletzt wegen der drei letzten Dogmen. Respektiere es also, wenn andere Christen ebenfalls ihrem christlichen Gewissen folgen. Außerdem hat Deine Kirche auch erst durch eine kirchenrechtliche Trennung von Rom ihre Unabhängigkeit erlangt, so dass Du genau so wie ich bereits aus der Sicht eines halbwegs konservativen Katholiken, ein Schismatiker bist.

Du sagst die Bischöfe stünden für die Weitergabe der Lehre. Tatsache ist, dass Du für die Frauenordination und auch für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare überhaupt keine Grundlage vorfindest, weder im außerbiblischen noch im biblischen Teil der Kirchentradition. Genau das Gegenteil ist hier der Fall. Bischöfe, welche die Frauenordination oder die Homo-Segnung verteidigen, geben daher auch keine apostolischen Lehren mehr weiter, so dass sie auch nicht in der apostolischen Sukzession stehen können. Es mag zwar recht einfach sein auf die „besonders Bibeltreuen“ herumzuschimpfen und sich darüber zu beklagen, dass man mit ihnen nicht diskutieren könnte. Bei manchen von ihnen mag auch das subjektive Bibelverständnis zu sehr im Vordergrund stehen. Doch darf nicht verkannt werden, dass auch dem eigenen Verständnis nach rechtgläubige Katholiken und Orthodoxe niemals die Autorität der Heiligen Schrift in Glaubens- und Sittenfragen in Frage stellen würden. Und für die Ansicht, dass die Frauenordination gegen die göttliche Ordnung und praktizierende Homosexualität eine Sünde ist, finden sich in der Bibel sowie in den Kirchenväterschriften, die selbst von Lutheranern zumindest als Zeugenschriften akzeptiert werden, so eindeutige Statements, dass es absolut falsch ist, den Gegnern beider Missbräuche Bibelfanatismus oder sonst wie eine willkürliche und subjektive Bibelauslegung zu unterstellen. Wer beides ablehnt (FO und Homo-Segnung), steht in diesen beiden Dingen zumindest in der langjährigen Tradition der gesamten Christenheit. Mach also den Konservativen nicht den Vorwurf, dem modernen Zeitgeist anzuhängen. Das trifft eher auf die andere Seite zu.

Für mich ist die Diskussion über dieses Thema, dass schon so viel Leid, Schmerz und Spaltung verursacht hat, damit beendet.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Marcus hat geschrieben:Für Dich sind die Christen in der Missionsprovinz Schismatiker. Das ist Deine Meinung.
Nein, mit Verlaub, das ist ein Faktum. Wer gegen das Kirchenrecht und die diözesane Ordnung verstößt und an den eigenen Bischöfen vorbei Bischofsweihen durch einen zugereisten Bischof vornehmen läßt, ist ein Schismatiker. Da gibt es nichts zu diskutieren oder zu deuteln. Alles andere ist Begriffskosmetik. Ich verstehe nicht, warum die Schismatiker (das gilt ja für die FSSPX ebenso, auch für unsere anglikanischen AMIA-Gemeinden und Bischöfe) sich so eifrig darum sorgen, das Schisma wegzureden. Wenn sie von ihrer Sache überzeugt sind, müßten sie eigentlich dazu stehen und sagen: "Ja, wir haben einen schismatischen Akt vollzogen, weil er unumgänglich war!" Denn ich Stimme Dir völlig zu, daß es Situationen gibt, in denen solche Akte gerechtfertigt sein können, sogar notwendig sind.

Bloß glaube ich eben nicht, daß eine solche Situation im Augenblick vorliegt (bei der schwedischen Kirche kenne ich mich zuwenig aus, daher kann ich das zunächst mal nur auf die Anglikaner beziehen). Und wenn das Abweichen von der Tradition ein schlimmer Akt ist, so ist auch das Herumwurschteln eines Bischofs außerhalb seiner Diözese und im Bereich einer anderen Diözese ein Akt, der von allen Konzilien wiederholt als Anathema verurteilt wurde.
Doch darf nicht verkannt werden, dass auch dem eigenen Verständnis nach rechtgläubige Katholiken und Orthodoxe niemals die Autorität der Heiligen Schrift in Glaubens- und Sittenfragen in Frage stellen würden.
Allerdings ist hier interessant, daß anders argumentiert wird als bei den sog. "Bibeltreuen". In der Enzyklika von JPII sucht man vergeblich einen Hinweis auf paulinische Briefe... Auch die Orthodoxen argumentieren rein aus der Tradition, nicht biblizistisch.
Mach also den Konservativen nicht den Vorwurf, dem modernen Zeitgeist anzuhängen. Das trifft eher auf die andere Seite zu.
Wenn Du mein Posting richtig liest, wirst Du feststellen, daß ich den Vorwurf explizit beiden Seiten gemacht habe. Das Problem des Zeitgeistes liegt für mich nicht in den Positionen, die vertreten werden (pro oder contra FO oder Homosexualität), sondern in erster Linie in der Art, wie man mit den Konflikten umgeht. In früheren Jahrhunderten hätte man sich in eine einigermaßen sichere Gemeinde oder Landeskirche zurückgezogen - oder man wäre konvertiert oder ausgewandert. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele. Neu ist, daß man sofort bereit ist, eigene Clubs aufzumachen, möglichst innerhalb der eigenen Denomination, aber an der offziellen Hierarchie vorbei. Ruck-zuck hat man eigene Bischöfe, die tun, was man selber für gut hält. Da lassen sich irgendwelche Tanten zu "Priesterinnen" und sogar "Bischöfinnen" weihen - ohne Sinn und Verstand - und fordern von der ganzen Kirche, ihnen zu folgen. Andere gründen radikal inklusive Gemeinden mit allem möglichen Schnickschnack und wollen, daß man das anerkennt. Das geht so nicht. Aber genau das - das nicht auf den anderen warten wollen oder die fehlende Rücksichtnahme auf den Schwächeren - das ist der Zeitgeist. Und der weht links wie rechts. Dabei herrscht in der Mitte der Durchzug und die radikalisierten Randgruppen merken gar nicht, wie sehr sie durch den Wind, den sie machen, die gesunde Mitte verkühlen.
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Neu ist, daß man sofort bereit ist, eigene Clubs aufzumachen, möglichst innerhalb der eigenen Denomination, aber an der offziellen Hierarchie vorbei. Ruck-zuck hat man eigene Bischöfe, die tun, was man selber für gut hält. Da lassen sich irgendwelche Tanten zu "Priesterinnen" und sogar "Bischöfinnen" weihen - ohne Sinn und Verstand - und fordern von der ganzen Kirche, ihnen zu folgen.
Das war doch schon immer so. Ich finde nur erstaunlich, dass Du hier primär konservative Gruppen kritisierst, aber ausdrücklich Frauen in kirchlichen Ämtern als Beispiele bringst.
Stephen Dedalus hat geschrieben: Andere gründen radikal inklusive Gemeinden mit allem möglichen Schnickschnack und wollen, daß man das anerkennt. Das geht so nicht. Aber genau das - das nicht auf den anderen warten wollen oder die fehlende Rücksichtnahme auf den Schwächeren - das ist der Zeitgeist. Und der weht links wie rechts. Dabei herrscht in der Mitte der Durchzug und die radikalisierten Randgruppen merken gar nicht, wie sehr sie durch den Wind, den sie machen, die gesunde Mitte verkühlen.
Mir ist nicht bekannt, dass jemand aufgrund konservativer oder gar radikaler Kleingruppen aus liberalen Kirchen austritt.
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Lutheraner hat geschrieben:Das war doch schon immer so. Ich finde nur erstaunlich, dass Du hier primär konservative Gruppen kritisierst, aber ausdrücklich Frauen in kirchlichen Ämtern als Beispiele bringst.
Lieber Lutheraner,

Du hast scheinbar noch nicht richtig verstanden, was ich sagen wollte. Vielleicht sind Dir die Beispiele auch einfach nicht geläufig, auf die ich hier anspiele. Ich habe nun schon mehrfach gesagt, daß die Verhaltensmuster bei den extremen Konservativen wie bei den extremen Liberalen oder Progressiven gleich sind. Daher meine Beispiele auch von beiden Seiten.

Ebenso wie ich es falsch finde, was die "Schwedische Missionsprovinz" oder die "AMIA" treiben, kritisiere ich die modernistischen Pressuregroups, die es ja ebenso gibt. Daß etwa römisch-katholische Frauen sich gegen das Kirchenrecht und unter Hinzuziehung irgendwelcher Vagentenbischöfe zu "Priesterinnen" und "Bischöfinnen" weihen lassen und weiterhin behaupten, in der R K K zu sein, ist im gleichen Sinne skandalös.

Ebenso haben sich einzelne Gemeinden aus der Kirche von England der Jurisdiktion der amerikanischen Episkopalkirche unterstellt, weil ihnen die Haltung der englischen Bischöfe in Fragen der Sexualethik und der Weihe von Frauen zu Bischöfinnen zu konservativ ist. (Hier ist also das Beispiel, das Du suchst!)

In gewisser Weise hat die amerikanische Episkopalkirche als Ganze einen Bruch des Kirchenrechts begangen, als sie Gene Robinson gegen bestehendes Recht und gegen die dringende Bitte des Erzbischofs von Canterbury zum Bischof von New Hampshire geweiht hat.
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John Grantham
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Beitrag von John Grantham »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Ebenso haben sich einzelne Gemeinden aus der Kirche von England der Jurisdiktion der amerikanischen Episkopalkirche unterstellt, weil ihnen die Haltung der englischen Bischöfe in Fragen der Sexualethik und der Weihe von Frauen zu Bischöfinnen zu konservativ ist.
Bitte was? Das ist mir SEHR neu.

Daß manche davon sprechen, als Möglichkeit, sollte ECUSA aus der Anglican Communion rausfliegen, wußte ich -- aber daß es tatsächlich geschehen ist, habe ich nicht mitbekommen.

Hast Du Beispiele?

Cheers,

John
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo SD,

danke für die Klarstellung. Ich kann Deine Kritik an der schwedischen Missionprovinz auch nachvollziehen. Da die Weihe/Ordination durch einen Kenianischen Bischof erfolgte, kann man behaupten, dass sie außerhalb der Schwedischen Kirche steht: Ihre Geistlichen wurden nicht durch die Schwedische Kirche berufen.
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Hallo SD,

objektiv gesehen mag es ein Schisma sein, wenn sich ein pensionierter Bischof von einem Bischof aus einer anderen Diözese zum Bischof weihen lässt. Subjektiv gesehen ging bzw. geht es der Missionsprovinz aber nicht darum, die Kirche zu spalten, sondern innerhalb der Schwedischen Kirche zu bleiben und konservative Gemeinden innerhalb einer konservativen Diözese zu errichten, in denen auch die konservativen Christen, welche von der Kirche vernachlässigt bzw. unterdrückt werden, eine geistige Heimat finden.

Mich hat an dieser Diskussion allerdings gestört, dass nicht mehr um die Unterdrückung konservativer Theologen in der Kirche von Schweden als eigentliche Ursache für die Gründung der Missionsprovinz ging, sondern nach meinem Empfinden der „Schwarze Peter“ allein der Schwedischen Missionsprovinz untergejubelt wurde. Die Schwedische Kirche trägt ihrerseits nämlich eine Mitschuld an der Gründung der Missionsprovinz. Sie hätte z. B. die Gewissensklausel beibehalten können und wenigstens einen konservativen, aber meinetwegen diplomatischen Theologen mit der Leitung einer konservativen Diözesen beauftragen und ihn zum Bischof weihen können. In Deiner Kirche gibt es doch auch die Möglichkeit, sich einem konservativen Bischof zu unterstellen, wenn man z. B. die Frauenordination ablehnt...

Wir beide verstehen offenbar unter dem „modernen Zeitgeist“ etwas anderes. Für mich sind das Auftreten der Frauenordination, Homo-Segnung, Bibelkritik, die Kern der christlichen Glaubens angreift, aber letztlich auch Systeme und Weltanschauungen wie der Kommunismus, Nationalsozialismus, Nihilismus, Atheismus, Deismus, übertriebener Rationalismus, Relativismus, Feminismus, Anthropozentrismus, moderne Humanismus etc. Kinder dieser Zeit. Für Dich eher die Formen, wie man mit solchen streitigen Themen umgeht. Aber die Streitfrage geht doch letztlich darauf zurück. Daher kann man beides nicht isoliert voneinander betrachten.

Vielleicht kannst Du Dich aber auch daran erinnern, dass ich mich in dem Thread „Schwedische Missionsprovinz“ für die Gründung einer konservativen lutherischen Bekenntniskirche in alt-schwedischer Tradition ausgesprochen habe, da auch ich der Meinung bin, dass derzeitige Situation kein Dauerzustand bleiben kann und die Schwedische Kirche ihre Reformen ohnehin nicht zurücknehmen wird.

Ich weiß jetzt nicht, welche Gruppierungen, Du der Rubrik „extrem Konservative“ zuordnest. Die Schwedische Missionsprovinz ist zwar ohne Zweifel eine konservative Bewegung, die Meinung der „Extrem-Konservativen“, von denen auch ich mich distanzieren, über die Missionsprovinz ist allerdings eine andere:
Gewiss wäre es eine Illusion zu glauben, mit der schwedischen Missionsprovinz wachse eine neue Gruppe heran, die in jeder Hinsicht treu zu Bibel und Bekenntnis steht. Dennoch bleibt es bemerkenswert, dass konservative Kreise einer Landeskirche sich Strukturen geben, um dem Strom des Zeitgeistes wenigstens einigermaßen zu widerstehen.

http://www.immanuel-gemeinde-steeden.de/lb-1.pdf

Gruß Marcus

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Beitrag von Lutheraner »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Die Kirche ist da, wo der Herr sich selbst in seinen heiligen Sakramenten der Gemeinschaft der Heiligen mitteilt. "Lehre" ist zwar wichtig, aber doch nicht zentral. Die Kirche ist immer ein bereits gegebenes, sie muß nicht durch die rechte Lehre hergestellt werden. Kirche entsteht auch nicht einfach dort, wo diese Lehre gepflegt wird.
Natürlich definiert sich Kirche durch die rechte Lehre:

"und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt."
(Matthäus 28,20)


und erkennbar sind die Gläubigen an den Zeichen und Wundern, die sie mit der Kraft Gottes vollbringen:

"Und durch die, die zum Glauben gekommen sind, werden folgende Zeichen geschehen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen reden; 18 wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden; und die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden."

(Markus 16,17 ff.)
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Lutheraner hat geschrieben:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Die Kirche ist da, wo der Herr sich selbst in seinen heiligen Sakramenten der Gemeinschaft der Heiligen mitteilt. "Lehre" ist zwar wichtig, aber doch nicht zentral. Die Kirche ist immer ein bereits gegebenes, sie muß nicht durch die rechte Lehre hergestellt werden. Kirche entsteht auch nicht einfach dort, wo diese Lehre gepflegt wird.
Natürlich definiert sich Kirche durch die rechte Lehre:

"und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe. Seid gewiss: Ich bin bei euch alle Tage bis zum Ende der Welt."
(Matthäus 28,20)


und erkennbar sind die Gläubigen an den Zeichen und Wundern, die sie mit der Kraft Gottes vollbringen:

"Und durch die, die zum Glauben gekommen sind, werden folgende Zeichen geschehen: In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen reden; 18 wenn sie Schlangen anfassen oder tödliches Gift trinken, wird es ihnen nicht schaden; und die Kranken, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden."

(Markus 16,17 ff.)
Das sehen die orthodoxen Christen auch nichts anders. Wer nicht in der orthodoxen Lehre steht, gehört ihrer Meinung auch nicht zur katholischen und apostolischen Kirche. Und dogmatische röm. Katholiken werden einem ebenfalls bescheinigen, dass man, sobald man "Glaubenswahrheiten" leugnet, mit der Exkommunikation als Tatstrafe belegt wird.

In den 39 Artikeln, die nur in der ref. Episkopalkirche Bekenntnisrang haben, dennoch auch in der Low-Church geschätzt werden, steht ebenso:

„Die sichtbare Kirche Christi ist eine Versammlung gläubiger Menschen, in welcher das Wort Gottes rein gepredigt wird und die Sakramente nach Christi Einsetzung, in allem, was von ihnen notwendig gefordert wird, recht verwaltet werden.“

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Beitrag von John Grantham »

Marcus hat geschrieben:In den 39 Artikeln, die nur in der ref. Episkopalkirche Bekenntnisrang haben, dennoch auch in der Low-Church geschätzt werden...
Moment mal. Die Tatsache, daß die Articles bei uns keinen Bekenntnisrang haben, heißt doch nicht, daß wir sie nicht schätzen... ;)

Cheers,

John
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Marcus
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Bischof Dr. Hanns Lilje +, Landesbischof der ev.-luth. Landeskirche von Hannover (1947-1971).

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Linus
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Beitrag von Linus »

Seltsame Kostümierung..... :hmm:
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Dann doch lieber die "klassische Kleidung"... :mrgreen:

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Auf dem Bild ist Bischof Dr. Hugo Hahn + zu sehen.

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Linus
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Beitrag von Linus »

Jetzt sieht er aus wie Eure Bundesgerichtshofleute. Nur in schwarz :D . Ihr habt echt ein Imageproblem.Bild
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

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Landesbischof Dr. Johannes Friedrich im Lutherrock (die Soutanelle der Lutheraner)

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