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Verfasst: Dienstag 18. Juli 2006, 08:03
von Ewald Mrnka
Wie werden in der Anglikanischen Kirche Heilige heiliggesprochen?

Verfasst: Dienstag 18. Juli 2006, 10:44
von Stephen Dedalus
Ewald Mrnka hat geschrieben:Wie werden in der Anglikanischen Kirche Heilige heiliggesprochen?
Guckstu
hier ;)

LG
SD

Verfasst: Dienstag 18. Juli 2006, 10:50
von John Grantham
Hi Ewald,
Ewald Mrnka hat geschrieben:Wie werden in der Anglikanischen Kirche Heilige heiliggesprochen?
Soweit ich es weiß ist das nur einmal geschehen -- King Charles I, der König, der im englischen Bürgerkrieg von den Calvinisten bzw. Parliamentarischen 1649 hingerichtet wurde, und der zum Märtyrer gesprochen wurde.

Ansonsten erkennen Anglikaner die vorreformatorischen Heiligen, neigt aber nicht dazu, neue zu ernennen oder die Heiligen der römischen Kirche anzuerkennen (wobei das auch unterschiedlich ist).

Im Falle Charles war der Prozeß, dass die Versammlungen der beiden Jurisdiktionen Englands (Canterbury und York) sich trafen (1660, als sein Sohn Charles II König wurde und der Bürgerkrieg und Protektorat vorbei waren) und fügten den Namen Charles zum Heiligenkalender im Book of Common Prayer zu. Heute ist das allerdings kein vollwertiger Festtag mehr...

Andererseits fügen wir ab und zu neue Personen zu unserem Heiligenkalender zu, aber das ist nicht exakt das gleiche wie Heiligsprechung. Wenn ich mich richtig erinnere geschieht das in Konferenzen der Bischöfe, etwa Lambeth. SD weiß das wahrscheinlich mehr.

Cheers,

John

Verfasst: Dienstag 18. Juli 2006, 10:57
von Ewald Mrnka
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Ewald Mrnka hat geschrieben:Wie werden in der Anglikanischen Kirche Heilige heiliggesprochen?
Guckstu
hier ;)

LG
SD
Danke Euch allen, ich hatte übersehen, daß Karl I Stuart der letzte und einzige war.

Verfasst: Dienstag 18. Juli 2006, 11:45
von Stephen Dedalus
John Grantham hat geschrieben: Ansonsten erkennen Anglikaner die vorreformatorischen Heiligen, neigt aber nicht dazu, neue zu ernennen oder die Heiligen der römischen Kirche anzuerkennen (wobei das auch unterschiedlich ist).
DerLiturgische Kalender der C of E enthält allerdings auch Gedenktage für rk Heilige, die nach der Reformationszeit kanonisiert wurden. Ebenso findet man darin aber auch Namen wie Dietrich Bonhoeffer.
Heute ist das allerdings kein vollwertiger Festtag mehr...
Er steht im liturgischen Kalender und wird in einigen Kirchen in England begangen, besonders natürlich in den Kirchen, die dem Heiligen Karl geweiht sind (es gibt ein paar ...).
Andererseits fügen wir ab und zu neue Personen zu unserem Heiligenkalender zu, aber das ist nicht exakt das gleiche wie Heiligsprechung. Wenn ich mich richtig erinnere geschieht das in Konferenzen der Bischöfe, etwa Lambeth. SD weiß das wahrscheinlich mehr.
Ja, die Aufnahmen in den liturgischen Kalender hat den Kanonisierungsprozeß ersetzt. Die Aufnahme in den Kalender wird allerdings m. W. von den Kirchenprovinzen selbst beschlossen, weil stark regionale Gesichtspunkte berücksichtigt werden. So finden sich im Kalender der C of E viele englische Heilige, die etwa in Schottland oder Irland nicht drin stehen.

Verfasst: Dienstag 18. Juli 2006, 11:47
von John Grantham
Ewald Mrnka hat geschrieben:Danke Euch allen, ich hatte übersehen, daß Karl I Stuart der letzte und einzige war.
Ist zwar ein wenig OT, aber interessanterweise gibt es bei Wikipedia eine Tabelle von Heiligen, mit Anmerkungen, wer wen für Heilige hält, sortiert nach Anglikanisch/Ostkirchen/Orthodox/Röm.-Katholisch:

http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_saints

Cheers,

John

Verfasst: Dienstag 18. Juli 2006, 11:55
von Stephen Dedalus
Sehr bemerkenswert finde ich in diesem Zusammenhang auch das Märtyrerportal an der Westfront von Westminster Abbey.

Dieses wurde 1998 eingeweiht und zeigt Heilige Märtyrer des 20. Jahrhunderts verschiedener christlicher Tradtionen, darunter Maximilian Kolbe, Elisabeth von Rußland und Dietrich Bonhoeffer.

Martyrs at Westminster Abbey

Gruß
SD

Verfasst: Dienstag 18. Juli 2006, 14:52
von Ewald Mrnka
Stephen Dedalus hat geschrieben:Sehr bemerkenswert finde ich in diesem Zusammenhang auch das Märtyrerportal an der Westfront von Westminster Abbey.

Dieses wurde 1998 eingeweiht und zeigt Heilige Märtyrer des 20. Jahrhunderts verschiedener christlicher Tradtionen, darunter Maximilian Kolbe, Elisabeth von Rußland und Dietrich Bonhoeffer.

Martyrs at Westminster Abbey

Gruß
SD
Es ist sympathisch, wenn man Blutzeugen anderer Konfessionen als Märtyrer anerkennt.

Bonhoeffer halte ich zwar nicht für einen Märtyrer - aber das ist meine ganz private Auffassung; man kann das gewiß auch anders sehen.

Verfasst: Mittwoch 26. Juli 2006, 19:20
von Pius
Es gibt Nachrichten von der ECUSA. Da zu finden:

Christianity Today

Verfasst: Donnerstag 27. Juli 2006, 09:16
von Stephen Dedalus
Pius hat geschrieben:Es gibt Nachrichten von der ECUSA. Da zu finden:

Christianity Today
Die ECUSA heißt jetzt übrigens offiziell TEC (The Episcopal Church).

Interessanter Artikel. Zum ersten Mal lese ich darin den Zusammenhang, in dem die neue Primatin von der "Mutter Jesus" gesprochen hat und finde das gar nicht mehr so häretisch, eher ein bißchen gewagt. ;)

Im Augenblick gibt es einen regen Reiseverkehr zwischen USA und GB. Auch ein paar Ultraliberale C of E Priester haben sch auf den Weg nach USA gemacht, um mal zu sondieren, ob man sich nicht irgendwie der liberaleren TEC anschließen könne.

Eine lustige Fußnote ist, daß es die Bischöfe der TEC beim Erzbischof um alternative erzbischöfliche Aufsicht nachgesucht haben, sich also seiner Jurisdiktion unterstellen wollen. Leider gibt es sowas wie eine erzbischöfliche Aufsicht oder Jurisdiktion in der TEC verfassungsmäßig gar nicht. Man fragt sich also, was der Schritt für einen Sinn hat, außer natürlich, daß man hier ein Zeichen setzen will...

Gruß
SD

Verfasst: Donnerstag 27. Juli 2006, 11:57
von Robert Ketelhohn
Stephen Dedalus hat geschrieben:Zum ersten Mal lese ich darin den Zusammenhang, in dem die neue Primatin von der "Mutter Jesus" gesprochen hat und finde das gar nicht mehr so häretisch, eher ein bißchen gewagt.
Ich würde auch nicht von Häresie reden. Eher vorzeitige Demenz diagnostizieren.

Verfasst: Donnerstag 27. Juli 2006, 13:30
von holzi
Stephen Dedalus hat geschrieben:Zum ersten Mal lese ich darin den Zusammenhang, in dem die neue Primatin von der "Mutter Jesus" gesprochen hat.
Es ist ja zur Genüge bekannt, dass die Briten den kulturellen Status ihrer abtrünnigen Kolonien nicht allzu hoch einschätzen, allerdings erscheint es mir doch etwas überzogen, diesen nur den Status von Affen zuzusprechen! ;D

edit: Orthographie

Verfasst: Donnerstag 27. Juli 2006, 13:42
von Stephen Dedalus
holzi hat geschrieben:Es ist ja zur Genüge bekannt, dass die Briten den kulturellen Status ihrer abtrünnigen Kolonin nicht allz hoch einschätzen, allerdings erscheint es mir doch etwas überzogen, diesen nur den Status von Affen zuzusprechen! ;D
Das würde ich nie tun. Damit tut man Affen Unrecht! :D

Aber im Ernst: Was ist die weibliche Form von "Primas" (und ich will nicht Primadonna hören!)? Was ist der dt. Plural von "Primas"? Primasse?

Verfasst: Donnerstag 27. Juli 2006, 14:22
von Linus
Stephen Dedalus hat geschrieben: Aber im Ernst: Was ist die weibliche Form von "Primas" (und ich will nicht Primadonna hören!)? Was ist der dt. Plural von "Primas"? Primasse?
Primeln. (bitte das "r" deutlich vokalisieren) :D

Primas (weiblich)

Verfasst: Donnerstag 27. Juli 2006, 14:30
von sofaklecks
Primanerin, bei Beförderung Oberprimanerin


sofaklecks

Verfasst: Mittwoch 2. August 2006, 12:06
von Knecht Ruprecht
Gay UK Anglican priests 'marry'
http://www.smh.com.au/news/World/Gay-UK ... 66448.html

:D

Ich denke mir mal, es ist ein guter Tag für die römisch-katholische Kirche im britischen Gebiet. 8)

Verfasst: Mittwoch 2. August 2006, 16:57
von FranzSales
Das Zitat der Woche lautet:

“We take no position on Scripture or theology or morals. We are just Episcopalians.” —Donna Bott, Episcopal Voices of Central Florida.

:jump: :jump: :jump:

Verfasst: Mittwoch 2. August 2006, 20:02
von Stephen Dedalus
FranzSales hat geschrieben:Das Zitat der Woche lautet:

“We take no position on Scripture or theology or morals. We are just Episcopalians.” —Donna Bott, Episcopal Voices of Central Florida.
:D :D :D

Hat die das echt gesagt? It deserves to be true!

Herrlich! :freude:

Und je länger ich drüber nachdenke, um so besser gefällt er mir...

Gruß
SD

Verfasst: Dienstag 29. August 2006, 18:28
von Stephen Dedalus
Hier mal etwas zur Erheiterung.

Ein Artikel auf kreuz.net und im Vergleich dazu das, was der Erzbischof tatsächlich gesagt hat.

Entweder sind die bei kreuz.net schlicht unfähig, oder ihnen ist mittlerweile jede Lüge recht.

:D :D :D :D

Verfasst: Dienstag 29. August 2006, 20:16
von Pius
Ein interessanter Kommentar ist da zu finden:

Drinking at the White Horse Inn

Verfasst: Dienstag 29. August 2006, 21:15
von Stephen Dedalus
Pius hat geschrieben:Ein interessanter Kommentar ist da zu finden:

Drinking at the White Horse Inn
Hallo Pius, :huhu:

erschütternd, daß man auch beim Telegraph nicht mehr in der Lage ist, einen Text vernünftig zu lesen. Und bei denen kann es ja an der Sprachbarriere nicht gelegen haben ... :doh:

Liebe Grüße aus der Hauptstadt
SD

Verfasst: Donnerstag 2. November 2006, 07:09
von ChrisMari
Hallo lieber Stephen,

die anglikanische Kirche ist nicht katholisch (ganz, allgemeingültig), sondern anglikanisch (englisch). Das macht sie zu einer Nationalkirche, die den Anspruch einer Weltkirche daher niemals erfüllen kann.
Dass sie apostolisch ist wage ich nicht zu behaupten. Immerhin war es ein weltlicher König, der aufgrund von Ungehorsam (Scheidung), sich eine Kirche nach seinen Wünschen bildete.

Wikipedia behauptet dreist: Papst Clemens VII. jedoch verweigerte dem König die Scheidung unter dem Druck von Katharinas Neffen Karl V.

Das ist Unsinn, einer Scheidung hat die RKK noch nie zugestimmt. Eine Scheidung ist einfach gegen ihre Glaubensaussagen.

LG

Verfasst: Donnerstag 2. November 2006, 09:49
von Stephen Dedalus
ChrisMari hat geschrieben:Hallo lieber Stephen,

die anglikanische Kirche ist nicht katholisch (ganz, allgemeingültig), sondern anglikanisch (englisch). Das macht sie zu einer Nationalkirche, die den Anspruch einer Weltkirche daher niemals erfüllen kann.
Dass sie apostolisch ist wage ich nicht zu behaupten. Immerhin war es ein weltlicher König, der aufgrund von Ungehorsam (Scheidung), sich eine Kirche nach seinen Wünschen bildete.

Wikipedia behauptet dreist: Papst Clemens VII. jedoch verweigerte dem König die Scheidung unter dem Druck von Katharinas Neffen Karl V.

Das ist Unsinn, einer Scheidung hat die RKK noch nie zugestimmt. Eine Scheidung ist einfach gegen ihre Glaubensaussagen.

LG
Liebe ChrisMari,

die Kirche von England ist in der Tat als nationale Kirche verfaßt, allerdings ist die Anglikanische Kirchengemeinschaft mittlerweile weltweit vertreten. Jedoch würden wir nie behaupten, DIE katholische Kirche zu sein, wir sehen uns als Teil der allumfassenden, katholischen Kirche, und sind dies gemeinsam mit den Christen aus der römisch-katholischen Kirche, den Ostkrichen und einigen lutherischen Kirchen (in Skandinavien). Wir bekennen diese eine heilige katholische und apostolische Kirche gemeinsam mit den anderen Teilen, die zu ihr gehören.

Zu Heinrich nur soviel, weil es ein Thema unendlicher Streitigkeiten hier ist: Nach unserem Verständnis hat Heinrich keine Kirche gegründet. Er hat lediglich die englische Kirche von Rom getrennt, indem er seinen Bischöfen den Gehorsam dem Papst gegenüber verbot. Heinrich wollte übrigens keine Scheidung seiner Ehe von Karharina von Aragon, sondern eine Annulierung dieser Ehe, die ihm vom Papst verweigert wurde. Eheannulierungsverfahren waren und sind ja nicht ungewöhnlich. Inwieweit Karl V. darauf Einfluß genommen hat, weiß ich nicht. Das wäre jedoch nicht überraschend, da es solche Fälle häufiger gegeben hat.

Heinrich hat zwar die Klöster aufgelöst, um an deren Geld zu kommen, hat aber ansonsten überraschend wenig Einfluß auf die Kirche genommen, zu deren Oberhaupt er sich in seiner Hybris erklärte. Die kirchliche Hierarchie blieb unangetastet, die Weihen wurden weiterhin gespendet, die Liturgie wurde nicht verändert etc.

Die Trennung von Rom machte später unter Heinrichs Nachfolgern Reformen möglich (Liturgie in der Volkssprache, Book of Common Prayer, Priesterehe etc). Auch in diesen Reformen blieb jedoch die Ämterstruktur erhalten (Bischöfe, Priester, Diakone), die Sakramente wurden weiterhin gespendet. Jedoch hat Heinrich diese Reformen nicht durchgeführt. Insofern ist es aus unserer Sicht nicht zutreffend, davon zu sprechen, daß Heinrich eine neue Kirche gegründet habe.

Mit bestem Gruß
Stephen

Verfasst: Donnerstag 2. November 2006, 10:32
von Inabikari
@ChrisMari:

Daß die RKK noch nie der Scheidung einer Ehe zugestimmt hätte, ist so nicht richtig. Ein berühmtes Beispiel: Die Ehe zwischen Ludwig VII. und Eleonore von Aquitanien wurde nach fünfzehnjähriger Dauer und Geburt einer Tochter aufgelöst; zwei Monate später heiratete Eleonore in der Kathedrale von Poitiers den zukünftigen König Heinrich II. von England.

Der Trick, mit dem adelige Ehen in früheren Zeiten aufgelöst wurden, hieß "Annulierung wegen zu enger Verwandtschaft". Natürlich ist das unglaubwürdig, denn bei den großen adeligen Familien war schon zum Zeitpunkt der Eheschließung der Verwandtschaftsgrad der Brautleute wohlbekannt. Daß sie erst nach fünfzehn Jahren erkannt haben sollten, wie eng ihre Verwandtschaft war, ist lächerlich.

Ein Beispiel einer Scheidung per "Annulierung" ist die von Johannes Paul II. aufgelöste erste Ehe der Caroline von Monaco...

Verfasst: Donnerstag 2. November 2006, 12:16
von ChrisMari
Hallo Inabikari, hallo Stephanus Dedalus :) :) :) :)

Ungültigkeitserklärungen und Annulierung sind einfach keine Scheidungen. Ich weiß das, weil ich geschieden bin.

Für mich ist und bleibt dennoch problematisch, dass die Gründung der Anglikanischen Kirche auf dem sittlichen und geistlichen Ungehorsam Heinrichs VIII bezüglich des christlichen Glaubens zurückzuführen ist. Das ist historisch unbestreitbar.

Damit sage ich aber nicht, dass die AK nicht christlich sei (das steht mir überhaupt nicht [Punkt]). Dennoch halte ich sie für eine nicht apostlische Abspaltung, ihre Existenzgrundlage war der Eigennutz einens gewöhnlichen, sterblichen Menschens.

Liebe Grüße

Verfasst: Donnerstag 2. November 2006, 12:45
von Stephen Dedalus
ChrisMari hat geschrieben: Für mich ist und bleibt dennoch problematisch, dass die Gründung der Anglikanischen Kirche auf dem sittlichen und geistlichen Ungehorsam Heinrichs VIII bezüglich des christlichen Glaubens zurückzuführen ist. Das ist historisch unbestreitbar.

Damit sage ich aber nicht, dass die AK nicht christlich sei (das steht mir überhaupt nicht [Punkt]). Dennoch halte ich sie für eine nicht apostlische Abspaltung, ihre Existenzgrundlage war der Eigennutz einens gewöhnlichen, sterblichen Menschens.

Liebe Grüße
Hallo ChrisMari,

es ist richtig, daß der Eigennutz und die Verfehlungen Heinrichs VIII. eine Kette von historischen Ereignissen in Gang gesetzt haben, die nach einer langen Zeit zur besonderen Gestalt der Kirche von England geführt haben. Abgeschlossen wurde dieser Prozeß genaugenommen erst mit dem Jahr 1662, dabei gab es viele verschiedene Strömungen und Einflüsse. Viel bedeutender als etwa Heinrich war in diesem Prozeß Erzbischof Thomas Cranmer, der die ersten Ausgaben des Book of Common Prayer verfaßt hat. Zudem gab es ab 1830 eine starke Bewegung der Rekatholisierung, die das Gesicht der Kirche von England wiederum stark veränderte. Das alles ist historisch ganz gewiß unbestreitbar.

Historisch durchaus bestreitbar ist allerdings die Aussage, daß es sich dabei um die Gründung einer neuen Kirche gehandelt hat. Dies ist, wie ich kurz ober darzulegen versucht habe, aus der Regierungszeit Heinrichs nicht zu belegen.

Auch bitte ich sehr darum, historische Einflüsse und "Existenzgrundlagen" nicht zu vermischen. Die Existenzgrundlage der Anglikanischen Kirche ist natürlich Tod und Auferstehung Jesu Christi. Das ist es, was uns jeden Sonntag um den Altar versammelt, nicht eine Entscheidung eines Königs. Die römisch-katholische Kirche wurde ja auch nicht durch Kaiser Konstantin oder Kaiser Theodosius gegründet (auch wenn dies durch einige Evangelikale immer wieder behauptet wird). Die Kirche ist und bleibt Gründung Jesu Christi, auch wenn viele historische Einflüsse auf sie eingewirkt haben.

Wir Anglikaner sehen uns in keiner anderen Tradition als der der Apostel und der Heiligen Väter der Kirche. Wir haben dies so empfangen und können es nur so weitergeben. Wie die ersten irisch-keltischen Missionare und der Heilige Augustinus von Canterbury das Christentum nach England gebracht haben, so wird es von uns in der Heiligen Schrift, im Wort und Sakrament weitergegeben. Dabei haben wir keine anderen Weihen und Sakramente als die, die wir von diesen Vätern empfangen haben (auch wenn Rom offiziell diese nicht anerkennt).

Liebe Grüße
Stephen

Verfasst: Donnerstag 2. November 2006, 14:38
von John Grantham
Stephen Dedalus hat geschrieben:es ist richtig, daß der Eigennutz und die Verfehlungen Heinrichs VIII. eine Kette von historischen Ereignissen in Gang gesetzt haben, die nach einer langen Zeit zur besonderen Gestalt der Kirche von England geführt haben.
Zudem muss man nochmal betonen, die Abspaltung der englischen Kirche von Rom war keine Neugründung, sondern eben eine Abspaltung. Zwar geschah diese Abspaltung u.a. wegen machtpolitische Fragen Heinrichs, aber letztendlich ist die anglikanische Kirche in der Nachfolge der Kirche der Kelten und vom hl. Augustinus und reicht somit zurück bis in das 7.-8. Jahrhundert.

Es gab auch andere Kontroversen früher in der englischen Geschichte, wo die englische Kirche die Unabhängigkeit von Rom anstrebte (ich denke an z.B. der Zeit von Simon de Montfort). Diese Impulse waren schon da -- daher war z.B. Cranmer so gut für den Tag vorbereitet. Spannungen mit Rom hat es schon fast vom Anfang an gegeben (siehe z.B. Synode von Whitby). Es war eigentlich nur eine Frage der Zeit.

Des Weiteren haben Heinrich und Cranmer stets versucht, die englische Kirche -- also der Vorläufer der heutigen Church of England -- von "protestantischen Innovationen" freizuhalten. Schaue mal die Heiligenlitanei aus 1544 an (ab Seite 15 in der PDF-Datei) -- die ist durch und durch katholisch, allerdings mit einer Fürbitte gegen den Papst gerichtet hinzugefügt. Sogar die hl. Maria wird angerufen.

Es war nicht umsonst, dass der damalige Papst (vor der Trennung mit Rom) dem Heinrich den Titel "Defensor Fidei" verliehen hat. Er war ganz bewußter Katholik. Auch aus der Geschichte mit seinen vielen Frauen kann man durchaus einen theologischen Hintergrund finden -- und machtpolitische Gründe finden, wieso der Papst (der unter der Kontrolle des deutschen Kaisers Karl V. war, der wiederum Bruder von Heinrichs erster Frau war) eine Annullierung der Ehe nicht erlauben wollte, obwohl sie eigentlich nach Kirchenrecht nie hätte erlaubt werden sollen (weil die Frau schon mit Heinrichs verstorbenem Bruder Arthur verheiratet war).

Es war erst der Sohn Heinrichs -- Edward VI. -- der solche katholische Traditionen möglichst entfernen wollte; dafür haben Mary und Elizabeth (und später die Ritualists im 19. Jahrhundert) einige -- und mit der Zeit recht viele -- katholische Traditionen wieder eingeführt.

Cheers,

John

Verfasst: Freitag 3. November 2006, 05:50
von Ewald Mrnka
http://www.kreuz.net/article.4140.html

Sicher ein ganz hervorragender Mann. Solche Männer(und Frauen?) vermißt man (bislang) in den höheren Chargen in der RKK.

Verfasst: Montag 1. Januar 2007, 17:38
von Petur
Hallo!

Ich möchte unsere Anglikaner fragen, ob sie irgendeine autonome anglikanische Priestergemeinschaft kennen, deren Mitglieder keine Gelübde haben? (Ausser dem Oratory of the Good Shephard.)

Alles Gute!

Petur

Verfasst: Dienstag 2. Januar 2007, 09:15
von Stephen Dedalus
Spontan fallen mir ein:

Society of the Holy Cross
Society of Catholic Priests
Confraternity of the Blessed Sacrament

Dann gibt es noch eine Society der mit dem Schrein von Walsingham assoziierten Priester. Aber über deren Struktur weiß ich nichts.

Es gibt aber unzählig viel mehr.

Gruß
SD

Verfasst: Dienstag 2. Januar 2007, 11:20
von Petur
Danke, Stephen.
Haben diese Gemeinschaften einen eigenen Ordinarius? (Sind die Mitglieder also weder Diözesan- noch Ordenspriester?)

Alles Gute!
Petur

Verfasst: Dienstag 2. Januar 2007, 12:07
von Stephen Dedalus
Das weiß ich leider nicht. Meines Wissens sind alle anglikanischen Priester einer Diözese zugeordnet und damit einem Diözesanbischof unterstellt.

Gruß
SD