Nassos hat geschrieben:Es sollte ja nicht um Streit gehen. Dat war doch gerade mein Punkt. Es sollte richtig einseitig sein. Deshalb bat ich die Orthodoxen, sich hier zurückzuhalten.
Du hast mich misverstanden, Nassos. Es ging mir nicht um den Streit an sich sondern um das Thema des Streits. Das Thema, das du vielleicht erwartest, wirst du hier nicht finden. Aus protestantischer Sicht gibt es keine Institution, die mit der Kirche Jesu Christi identisch ist. Die Kirche Christi, die Gemeinschaft der Heiligen, ist in unserer Sicht unsichtbar obwohl sie immer wieder und an vielen Orten sichtbar wird. Seine Gemeinde, seine Erwählten, sammelt Christus durch sein Wort und seine Sakramente. Daher beurteilen wir Konfession und Denomination nicht daraufhin ob sie "ketzerisch" - was immer das bedeutet - sind oder nicht, sondern in welchem Masse wir in Lehre und Sakramentspraxis einer Konfession Treue zu Gottes Wort sehen oder nicht. Wobei reformatorische Christen in der Lehre von der Rechtfertigung den Hauptartikel christlichen Glaubens sehen und diese Lehre daher - wie Lioba schon geschrieben hat - für uns das wichtigste Kriterium ist, um eine Lehre zu beurteilen.
Lioba hat geschrieben:
Ein Evangelischer gebraucht den Begriff Ketzer nicht so schnell .Was sind für uns wirklich wichtige Kriterien.
Für Evangelische steht die Rechtfertigungslehre stark im Vordergrund, mit ihr verbunden die Frage nach den Folgen des Sündenfalls.
Hier ergibt sich das Problem der verschiedenen Herangehensweise von Ost und West an die Sache. Ausnahmsweise fand ich einen recht nützlichen Gedanken bei Wikipedia:
Die Ostkirche sieht den Sündenfall und die Erlösung mit den Augen eines Arztes, die Westkirche mit den Augen eines Juristen.
Für mich allerdings schliesst sich das nicht aus, sondern ergänzt sich.
Auch in der Heiligen Schrift werden Bilder aus beiden Bereichen gebracht. Da bin ich persönlich noch nicht zu einem abschliessenden Urteil gekommen.
Genau so ist es. Übrigens finden sich auch bei den Kirchenvätern und bei orthodoxen Theologen beides. Es scheint mir eh in der orthodoxen Theologie eine Vielfalt an Meinungen zu geben.
Die Idee der forensischen Rechtfertigung ist natürlich nicht die Fülle der biblischen Aussagen über die Erlösung und die Früchte des Werkes Christi. Aber es ist der Kern. Wenn das weggelassen wird haben wir ruck-zuck ein anderes Evangelium. Nämlich gar keines mehr sondern eine Selbsterlösungsphilosophie.