Biblische Kriterien für eine Ehe

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
TillSchilling

Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von TillSchilling »

Ralf hat geschrieben:
TillSchilling hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben: (Was aufzeigen will, daß es so einfach nicht ist)
Was ist nicht so einfach? Was ist es?
Nach strikt angewandten Kriterien des Mose ist eine Heirat, bei der die Frau ihre Eltern verläßt und in die Familie des Mannes aufgenommen wird, keine Ehe. Da ich annehme, daß Du diese Ehe aber durchaus als solche anerkennen würdest, stellt sich eben die Frage: welcher Bestandteil dieser mosaischen Kriterien ist kulturell bedingt und welcher unabdingbar? Wer entscheidet das und mit welcher Autorität?

"Es" ist eben die Deutung des Buches Mose.
Zwei Punkte:

1. Ich denke nicht, dass das hebräische Verb, welches im Deutschen mit "verlassen" wiedergegeben wird zuvorderst ein räumliches Verlassen bezeichnet. Vielleicht sogar nicht nur nicht zuvorderst sondern überhaupt nicht. Ich kann kein Hebräisch und kann nur wiedergeben was ich in Kommentaren gelesen habe. Nämlich dass dieses Wort im Zusammenhang mit dem Austreten aus einem Bundesverhältnis genutzt wird. In diesem Sinne würde ich es so verstehen, dass die Bindung an bzw. die Bundesverpflichtung gegenüber dem Ehepartner über der Bindung an die Blutsverwandschaft steht.

2. Der Text in 1. Mose 2 ist normativ. Er stellt uns vor wie sich der Erfinder der Institution Ehe diese Institution gedacht hat. Das heisst nicht im Umkehrschluss, dass alles was dieser Norm nicht entspricht keine Ehe ist. Sonst würden die meisten von uns ungültige Ehen führen.

Zur Frage wann eine Ehe wirklich gültig abgeschlossen ist, will ich heute abend oder morgen noch was schreiben. Es gibt nämlich in der Schrift einige Hinweise, dass es ziemlich wenig braucht, damit eine Ehe in den Augen Gottes abgeschlossen ist und gilt.

TillSchilling

Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von TillSchilling »

Fragesteller hat geschrieben:
TillSchilling hat geschrieben:Gottes Wort gibt uns genügend Hinweise und Kriterien um wissen zu können was eine Ehe ist und was nicht.
Wo und welche?
Hallo Fragesteller,

Deine Frage ist noch nicht vollständig beantwortet. Wir haben gesehen was Gottes Norm ist, eine Norm, die wir meistens nicht erreichen, aber es bleiben die Fragen, wann eine Ehe beginnt und wann sie gültig ist. Oder eben nicht.

Im AT sehen wir verschiedene Bräuche wie eine Verlobung und Hochzeit geschlossen und gefeiert wurde. In den Evangelien wird die Hochzeitsfeier zu Kana erwähnt. Die folgenden Kriterien können wir sehen:

- Heiraten ist öffentlich. Die anderen bekommen es mit und sollen es mitbekommen.
- Heiraten folgt einem gewissen Brauch und hat eine gewisse Verbindlichkeit. Nennen wir sie rechtlich. Oder den Sitten entsprechend.

Das entspricht auch 1. Mose 2,24. Wie erwähnt sind diese Ausdrücke "Verlassen" [von Vater und Mutter] bzw. "Anhangen" [am Partner] Bundessprache, also es geht um eine Beziehung, die mit der Beziehung zwischen Gott und seinem Bundesvolk vergleichbar. D.h. die Beziehung ist verbindlich, auch langfristig und sie hat einen erkennbaren Anfang. Sowie die verschiedenen Bünde zwischen Gott und seinem Volk einen klar erkennbaren Anfang hatten, siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Bund_(Bibel) .

Die Frage stellt sich natürlich wie Eheschliessungen ausserhalb des Gottesvolkes zu bewerten sind. Ich denke, dass uns die neutestamentlichen Briefe klare Hinweise geben, dass die apostolische Kirche auch Ehen zwischen Nichtchristen, die dem jeweiligen Brauchtum entsprechend geschlossen und auch körperlich vollzogen waren, als vor Gott geschlossen, ansahen. Mal wieder 1. Korinther 7:
12 Den andern aber sage ich, nicht der HERR: So ein Bruder ein ungläubiges Weib hat, und sie läßt es sich gefallen, bei ihm zu wohnen, der scheide sich nicht von ihr. 13 Und so ein Weib einen ungläubigen Mann hat, und er läßt es sich gefallen, bei ihr zu wohnen, die scheide sich nicht von ihm. 14 Denn der ungläubige Mann ist geheiligt durchs Weib, und das ungläubige Weib ist geheiligt durch den Mann. Sonst wären eure Kinder unrein; nun aber sind sie heilig.
Paulus spricht hier von Ehen zwischen einem Christen und einem Ungläubigen. Vielleicht mögen manche dieser Ehen durch eine kirchliche Trauung oder jüdische Trauung zustandegekommen sein aber wir können mit hoher Sicherheit davon ausgehen, dass einige dieser Ehen geschlossen wurde bevor ein Partner Christ wurde und auch, dass beide Partner nicht Juden waren. D.h. das waren ursprünglich Ehen zwischen Heiden, die einem nichtjüdischen und nichtchristlichen Brauch und Ritus folgend geschlossen worden waren. Ich kann nicht erkennen, dass Paulus an diesen Ehen einen Mangel sieht und sie für ungültig hält. Kannst du?

Ähnlich in 1. Timotheus 3:
2 Es soll aber ein Bischof unsträflich sein, eines Weibes Mann...12 Die Diener laß einen jeglichen sein eines Weibes Mann
Hier geht es um Eignung für ein Amt. Geeignet sei, so schreibt Paulus, nur wer [maximal] einmal verheiratet ist bzw. war. Timotheus, an den der Brief gerichtet war, war Bischof in der griechischen Stadt Ephesus und selber Sohn eines Heiden. Auch hier können wir davon ausgehen, dass einige dieser früheren Ehen von Gemeindemitgliedern keine kirchlich geschlossene Ehen waren bzw. nicht einmal Ehen zwischen Christen waren. Trotzdem zählen sie! Ein Heide, der Christ wurde, aber vor seiner Bekehrung schon zweimal verheiratet gewesen war, kam für diese Ämter nicht in Frage. Dass er vor seiner Bekehrung zum christlichen Glauben eine ganz andere Vorstellung von Ehe, Scheidung und Wiederheirat hatte, spielt keine Rolle. Siehst du hier irgendeinen Hinweis darauf, dass Paulus frühere Ehen für ungültig hielt und der Meinung war, die Kirche könne diese annullieren? Ich nicht.

Deswegen denke ich, dass - völlig unabhängig von der Religion der Menschen - eine zwischen einem (noch nicht verheirateten) Mann und einer (noch nicht verheirateten) Frau, dem Brauchtum bzw. der rechtlichen Situation ihres Umfelds entsprechend eingegangene und körperlich vollzogene Ehe gilt. Sprich eine unauflösbare Ehe vor Gott ist. Auf unsere europäische Situation hin bezogen also: eine standesamtliche Hochzeit und Vollzug der Ehe reicht um die Ehe zu konstituieren. Dummheit und Naivität - wie im Beispiel einer monegassischen Prinzessin - ändern daran nichts.

Damit man mich nicht falsch versteht: natürlich wird der Christ die kirchliche Trauung suchen und mit dem Vollzug der Ehe bis nach der kirchlichen Trauung warten. Aber das ändert nichts daran, dass eine gültige Ehe auch auf dem Standesamt oder vor dem Stammeshäuptling oder was immer Brauch ist, geschlossen wird. Letztendlich ist es der Vollzug der Ehe, der sie besiegelt. Schreibt nicht Paulus (1. Korinther 6) über die Hurerei:
15 Wisset ihr nicht, daß eure Leiber Christi Glieder sind? Sollte ich nun die Glieder Christi nehmen und Hurenglieder daraus machen? Das sei ferne! 16 Oder wisset ihr nicht, daß, wer an der Hure hangt, der ist ein Leib mit ihr? Denn "es werden", spricht er, "die zwei ein Fleisch sein."
Paulus zitiert hier wieder den normativen Text aus 1. Mose 2 um zu erläutern wieso Hurerei - und das ist nicht nur Prostitution sondern einfach jeder aussereheliche Sex! - gemieden werden soll. Das ist beachtlich! Er argumentiert nicht zuvorderst dass Hurerei Sünde sei und Gottes Zorn mit sich bringt, sonder er schreibt, dass Hurerei zu einer - eigentlich Eheleuten vorbehaltenen - Verbindung führt! In diesem Sinne könnte man schlussfolgern, dass zumindest zwei im Konkubinat zusammenlebende Partner die Ehe schon eingegangen sind! Martin Luther hat das so beschrieben:
Wenn ein Bub zu seinem Mädel hinaufsteigt in die Kammer, und die beiden sind sich einig vor Gott, so beginnt in dem Augenblick die Ehe...

Nochmal: man verstehe mich bitte nicht falsch. Ich plädiere nicht dafür, dass Paare im Konkubinat zusammenleben oder dafür die kirchliche Trauung zu meiden. Im Gegenteil. Es geht nur um die Frage wann eine Ehe in den Augen Gottes beginnt.

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Protasius
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Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von Protasius »

"Eines Weibes Mann" kann man auch so interpretieren, daß man als Witwer nicht erneut heiratet (sukzessive Bigamie). Eine Scheidung kann man daraus nicht zwingend ablesen. Das kam auch in Bezug auf die Interpretation des 8. Kanon des Konzils von Nizäa auf (hier der Strang im Scriptorium).
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

TillSchilling

Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von TillSchilling »

Protasius hat geschrieben:"Eines Weibes Mann" kann man auch so interpretieren, daß man als Witwer nicht erneut heiratet (sukzessive Bigamie). Eine Scheidung kann man daraus nicht zwingend ablesen. Das kam auch in Bezug auf die Interpretation des 8. Kanon des Konzils von Nizäa auf (hier der Strang im Scriptorium).
Richtig.

Was ändert das an der Frage der Gültigkeit dieser früheren Ehe? Denn nur darum ging es mir. Um eure Terminologie zu verwenden: es geht um die Unterscheid von Naturehe und sakramentaler Ehe. Eine Unterscheidung, die die Schrift nicht kennt.

Fragesteller
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Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von Fragesteller »

Vielen Dank, Till, für die ausführliche Analyse.
TillSchilling hat geschrieben:Deswegen denke ich, dass - völlig unabhängig von der Religion der Menschen - eine zwischen einem (noch nicht verheirateten) Mann und einer (noch nicht verheirateten) Frau, dem Brauchtum bzw. der rechtlichen Situation ihres Umfelds entsprechend eingegangene und körperlich vollzogene Ehe gilt. Sprich eine unauflösbare Ehe vor Gott ist. Auf unsere europäische Situation hin bezogen also: eine standesamtliche Hochzeit und Vollzug der Ehe reicht um die Ehe zu konstituieren.
Dass die Ehe erst nach Vollzug unauflöslich ist, kennt man ja aus dem römisch-katholischen Bereicht. Aber wenn man nur schriftgebunden argumentiert, ist das dann so klar? Dass der körperliche Aspekt dazugehört, Teil der Vertragsmaterie ist sozusagen, das kann man sagen. Aber solche Detailpunkte wie die Frage, ob die Ehe vor oder erst nach dem praktischen Vollzug dieses Aspekts unauflöslich ist - gibt die Schrift da wirklich Auskunft?
Paulus zitiert hier wieder den normativen Text aus 1. Mose 2 um zu erläutern wieso Hurerei - und das ist nicht nur Prostitution sondern einfach jeder aussereheliche Sex! - gemieden werden soll. Das ist beachtlich! Er argumentiert nicht zuvorderst dass Hurerei Sünde sei und Gottes Zorn mit sich bringt, sonder er schreibt, dass Hurerei zu einer - eigentlich Eheleuten vorbehaltenen - Verbindung führt! In diesem Sinne könnte man schlussfolgern, dass zumindest zwei im Konkubinat zusammenlebende Partner die Ehe schon eingegangen sind!
Auch das ist undeutlich. Dass hier etwas eigentlich eheliches passiert, geht aus Paulus klar hervor. Ob damit die Mindeststandards für eine vollgültige Ehe bereits erfüllt sind: Lässt sich das wirklich klar beantworten?

Und noch ein Punkt: Das Scheidungsverbot Christi lässt sich ja unterschiedlich auslegen - im römischen Sinne, dass eine Scheidung nicht geschehen könne, eine "Zweitehe" folglich permanente Unzucht und ihre Auflösung ein Ablassen von der Sünde sei, im landläufigen Sinne, dass eine Scheidung nicht geschehen solle, aber faktisch könne, sodass eine Zweitehe dann eine echte Ehe und ihre Auflösung im Normalfall erneute Sünde sei. Welche Auslegung scheint Dir plausibler und worauf lässt sich das stützen? Gibt die Schrift da Auskunft?

TillSchilling

Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von TillSchilling »

Fragesteller hat geschrieben: Dass die Ehe erst nach Vollzug unauflöslich ist, kennt man ja aus dem römisch-katholischen Bereicht. Aber wenn man nur schriftgebunden argumentiert, ist das dann so klar? Dass der körperliche Aspekt dazugehört, Teil der Vertragsmaterie ist sozusagen, das kann man sagen. Aber solche Detailpunkte wie die Frage, ob die Ehe vor oder erst nach dem praktischen Vollzug dieses Aspekts unauflöslich ist - gibt die Schrift da wirklich Auskunft?
Nicht wirklich. Obwohl es da ganze Abhandlungen dazu gibt; ich kann dir auch was aus einem Buch kopieren wenn du möchtest. 1. Mose 12 bzw. 20 geben uns einen Hinweis, dass der Vollzug zur Ehe gehört, aber "so klar" wie du es gerne hättest ist es nicht. Die Frage stellt sich aber doch nur wenn zwischen Eheschliessung und Vollzug ein längerer Zeitraum vergeht - wie früher in arrangierten Ehen zwischen Adligen - oder wenn der Vollzug aus physischen oder psychologischen Gründen nicht möglich ist. Ich behaupte mal ganz steil, dass das für den bei weitem grössten Teil der heutigen Beziehungen keine Rolle spielt. An Sex mangelt es normalerweise nicht ...
Fragesteller hat geschrieben: Auch das ist undeutlich. Dass hier etwas eigentlich eheliches passiert, geht aus Paulus klar hervor. Ob damit die Mindeststandards für eine vollgültige Ehe bereits erfüllt sind: Lässt sich das wirklich klar beantworten?
Nein. Aber man könnte doch trotzdem mal Paaren - und von denen gibt es sogar in evangelikalen Freikirchen immer mehr - die unverheiratet miteinander leben wollen, erklären, dass - sollten sie sich trennen - man sie nicht mehr mit einem anderen Partner vermählen würde. Wäre doch mal interessant ...

Fragesteller hat geschrieben: Und noch ein Punkt: Das Scheidungsverbot Christi lässt sich ja unterschiedlich auslegen - im römischen Sinne, dass eine Scheidung nicht geschehen könne, eine "Zweitehe" folglich permanente Unzucht und ihre Auflösung ein Ablassen von der Sünde sei, im landläufigen Sinne, dass eine Scheidung nicht geschehen solle, aber faktisch könne, sodass eine Zweitehe dann eine echte Ehe und ihre Auflösung im Normalfall erneute Sünde sei. Welche Auslegung scheint Dir plausibler und worauf lässt sich das stützen? Gibt die Schrift da Auskunft?
Autsch. Jetzt wird es gefährlich. Ich stimme der katholischen Morallehre zu, dass entsprechend Jesu Aussagen Ehe mit dem Tod endet und dass Wiederheirat nach einer Trennung die Ehe bricht.

Ob es notwendig und sinnvoll ist die Auflösung einer zweiten Ehe zu fordern wenn sie dann schon geschlossen wurde, habe ich Zweifel. Vor allem wenn aus der zweiten Ehe Kinder hervorgegangen sind. Einen einfachen biblischen Schlüssel gibt es aber für diese Frage nicht.

Lacrimosa
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Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von Lacrimosa »

TillSchilling hat geschrieben:Ich stimme der katholischen Morallehre zu, dass entsprechend Jesu Aussagen Ehe mit dem Tod endet und dass Wiederheirat nach einer Trennung die Ehe bricht.
Einmal aus der Perspektive der Liebe gedacht, die ja bei Jesus so unwesentlich nicht ist: Heißt das, dass erst eine Wiederheirat die eigentliche Ehe bricht, auch wenn die Partner bereits seit längerem getrennt sein könnten? Getrennt im Sinne von: ohne Liebe nebeneinanderher lebend und sich nichts mehr zu sagen habend?

Mithin könnten die Partner die Ehe schon lange „innerlich aufgekündigt“ haben, aber vor Gott dennoch eine gültige Ehe führen? Das halte ich für inkonsequent, da Gott die Liebe ist und Jesus das Doppelgebot zum Maßstab gemacht hat. Folglich ist zu bezweifeln, dass eine Ehe zum Schein im Sinne von Jesus ist.

Die Ehe könnte „tot“ sein, obwohl die Partner körperlich am Leben sind. (Gerade angesichts der Lebenskomplexität und der gestiegenen Lebenserwartungen, gibt es das ja am laufenden Band.) Wie ist eine lieblose Ehe vor Gott zu rechtfertigen, zumal die Chance bestünde, mit einem geeigneteren Partner eine liebevolle Ehe zu führen?
Lasst in eurem Miteinander Platz, dass der Hauch des Himmels zwischen euch spielen kann. (Khalil Gibran)

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taddeo
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Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von taddeo »

Lacrimosa hat geschrieben:Wie ist eine lieblose Ehe vor Gott zu rechtfertigen, zumal die Chance bestünde, mit einem geeigneteren Partner eine liebevolle Ehe zu führen?
Die "Liebe" als Kriterium für eine Ehe ist eigentlich "nur" ein theologisches Desiderat, aber keine zwingende Voraussetzung für die Gültigkeit einer Ehe, solange man es aus der Sicht der katholischen Theologie betrachtet. Man kann jederzeit eine (gültige und sogar gute) "lieblose Ehe" führen, aber solange diese besteht, mit einem "geeigneteren Partner" bestenfalls eine liebevolle Beziehung haben, niemals eine "liebevolle Ehe". Natürlich soll die Ehe unter Christen von Liebe getragen sein, schließlich spiegelt sie als Sakrament ja die Liebe Christi zur Kirche wider. Aber als Einrichtung des Naturrechts braucht eine Ehe keine Liebe. Da reicht der Wille zur Gemeinsamkeit.

Ich weiß, das ist nicht befriedigend. Aber das ist seit jeher theologischer Konsens. Und auch das II. Vatikanum hat da zwar versucht, die Akzente hin in Richtung "mehr Liebe" zu verschieben, hat aber außer (bös gesagt) pastoralem Geschwurbel letztlich nichts Greifbares gebracht.

Lacrimosa
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Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von Lacrimosa »

taddeo hat geschrieben:
Lacrimosa hat geschrieben:Wie ist eine lieblose Ehe vor Gott zu rechtfertigen, zumal die Chance bestünde, mit einem geeigneteren Partner eine liebevolle Ehe zu führen?
Die "Liebe" als Kriterium für eine Ehe ist eigentlich "nur" ein theologisches Desiderat, aber keine zwingende Voraussetzung für die Gültigkeit einer Ehe, solange man es aus der Sicht der katholischen Theologie betrachtet. Man kann jederzeit eine (gültige und sogar gute) "lieblose Ehe" führen, aber solange diese besteht, mit einem "geeigneteren Partner" bestenfalls eine liebevolle Beziehung haben, niemals eine "liebevolle Ehe". Natürlich soll die Ehe unter Christen von Liebe getragen sein, schließlich spiegelt sie als Sakrament ja die Liebe Christi zur Kirche wider. Aber als Einrichtung des Naturrechts braucht eine Ehe keine Liebe. Da reicht der Wille zur Gemeinsamkeit.

Ich weiß, das ist nicht befriedigend. Aber das ist seit jeher theologischer Konsens. Und auch das II. Vatikanum hat da zwar versucht, die Akzente hin in Richtung "mehr Liebe" zu verschieben, hat aber außer (bös gesagt) pastoralem Geschwurbel letztlich nichts Greifbares gebracht.
Das ist in der Tat unbefriedigend. Und ich empfinde diesen Konsens als widersprüchlich zu Jesus Christus und meinen persönlichen Erkenntnissen. Das klingt nach einer theologischen Kapitulation vor der Liebe. Wo „lieblose Ehen oder Beziehungen“ hinführen, darüber geben die von Gott abgefallene Gesellschaft, die gespaltene Kirche und eine kriegerische, disparate Welt ein überdeutliches Zeugnis. Wo sonst, wenn nicht in den persönlichen Beziehungen, kann sich die Liebe entfalten? Nach meiner Meinung ist hier ein neuralgischer Punkt, denn wenn die Ehe als Sakrament die Liebe Christi zur Kirche widerspiegelt, kann der bloße Wille zur Gemeinsamkeit als Grund für eine Ehe nicht wirklich ausreichen.
Lasst in eurem Miteinander Platz, dass der Hauch des Himmels zwischen euch spielen kann. (Khalil Gibran)

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Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von taddeo »

Lacrimosa hat geschrieben:... wenn die Ehe als Sakrament die Liebe Christi zur Kirche widerspiegelt, kann der bloße Wille zur Gemeinsamkeit als Grund für eine Ehe nicht wirklich ausreichen.
Der Wille zur Gemeinsamkeit reicht als grundlegender Ehekonsens aus, um eine gültige Ehe einzugehen und zu gründen. Um eine christliche Ehe aus dem Glauben zu leben, reicht er freilich nicht aus; da ist die Liebe unabdingbar, wie auch immer sie konkret gelebt wird. Aber das ganze kanonische Eherecht befaßt sich letztlich nur damit, wie und wann eine Ehe zustandekommt; wie sie geführt wird, ist nicht mehr sein Zuständigkeitsbereich. Und genau da liegt das Problem für die Praxis. Die Kanonistik darf sich mit der Eheführung nicht befassen, die Pastoral nicht mit den Eheschließungskriterien, ohne jeweils die eigenen Kompetenzen zu überschreiten.

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Edi
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Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von Edi »

Tritonus hat geschrieben: Nachtrag: Und mir scheint (und ich bitte ausdrücklich um Korrektur, falls ich das komplett missverstehe und groben Unsinn erzähle), dass sogar Paulus unter bestimmten Umständen eine Wiederheirat nach einer Scheidung zulässt. Es geht um den Fall, dass sich ein Ungläubiger von einem Gläubigen scheiden lassen will:
Wenn aber der Ungläubige sich trennen will, soll er es tun. Der Bruder oder die Schwester ist in solchen Fällen nicht wie ein Sklave gebunden; zu einem Leben in Frieden hat Gott euch berufen. ( 1 Kor 7, 15 nach Einheitsübersetzung)

Wenn aber der Ungläubige sich scheidet, so scheide er sich. Der Bruder oder die Schwester ist in solchen Fällen nicht gebunden; zum Frieden hat uns Gott doch berufen. (Nach rev. Elberfelder.)
Das nennen die Theologen: Das paulinische Privileg.
Es lebt der Mensch im alten Wahn.
Wenn tausend Gründe auch dagegen sprechen,
der Irrtum findet immer freie Bahn,
die Wahrheit aber muss die Bahn sich brechen.

Die meisten Leute werden immer schmutziger je älter sie werden, weil sie sich nie waschen.

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Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von gc-148 »

Wie alt ist die "Liebesheirat"?
Wie viele Ehe wurden "arrangiert" bzw werden es immer noch?
Die Liebesheirat scheint auch keine Garantie für Dauer zu sein.....

"Willst du deine Frau / deinen Mann lieben und achten .....?"

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taddeo
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Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von taddeo »

gc-148 hat geschrieben:"Willst du deine Frau / deinen Mann lieben und achten .....?"
"... deinen Mann lieben und ..." - "ach ... den?"

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Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von Fragesteller »

taddeo hat geschrieben:da ist die Liebe unabdingbar, wie auch immer sie konkret gelebt wird.
gc-148 hat geschrieben:Wie alt ist die "Liebesheirat"?
Wie viele Ehe wurden "arrangiert" bzw werden es immer noch?
Die Liebesheirat scheint auch keine Garantie für Dauer zu sein.....

"Willst du deine Frau / deinen Mann lieben und achten .....?"
Richtig, das ist ein wichtiger Hinweis. Dass "Liebe" dazugehört, war zwar mindestens theoretisch schon immer klar, aber dass Luther, das Konzil von Trient oder Paulus selbst mit dem Wort das gleiche meinten wie Hans und Grete heute (wenn sie romantisch veranlagt sind) ist doch zumindest fraglich.

TillSchilling

Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von TillSchilling »

gc-148 hat geschrieben:Wie alt ist die "Liebesheirat"?
Wie viele Ehe wurden "arrangiert" bzw werden es immer noch?
Die Liebesheirat scheint auch keine Garantie für Dauer zu sein.....

"Willst du deine Frau / deinen Mann lieben und achten .....?"
Guckst du "Monsoon Wedding". Guter Film. Ist zwar für westliche Sehgewohnheiten gemacht, aber trotzdem realistisch. Meine indischen Bekannten haben eigentlich alle arrangierte Ehen. Sicher sind die oft nicht verliebt aber ich empfinde sie nicht als unglücklich oder unzufrieden.

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mensch
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Re: Biblische Kriterien für eine Ehe

Beitrag von mensch »

Für mich leitet sich die monogame Ehe aus der Bibel ab. Sie ist für mich ein Abbild des Bundes zwischen dem einen Gott und dem Menschen. Sie stellt sich gegen die polytheistische Umgebung und auch gegen polygame Beziehungen.
Mann und Frau wurden nicht für sich nebeneinander gestellt, die Frau nicht erschaffen, damit der Mann nicht einsam sei. Daraus ließe sich sonst eine Konstellation ein Mann und mehrere Frauen ableiten. Die Bibel beschreibt die Schöpfung von der Einsamkeit zur Zweisamkeit. Gott schuf den Menschen und damit der Mensch (Adam) nicht einsam sei, erschuf Gott die Frau. Erst durch die Erschaffung der Frau zur Überwindung der Einsamkeit wurde aus dem Menschen der Mann. Die Differenzierung der Geschlechter ergibt sich aus ihrer Bestimmung zur Zweisamkeit.

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