Fragesteller hat geschrieben:TillSchilling hat geschrieben:Gottes Wort gibt uns genügend Hinweise und Kriterien um wissen zu können was eine Ehe ist und was nicht.
Wo und welche?
Hallo Fragesteller,
Deine Frage ist noch nicht vollständig beantwortet. Wir haben gesehen was Gottes Norm ist, eine Norm, die wir meistens nicht erreichen, aber es bleiben die Fragen, wann eine Ehe beginnt und wann sie gültig ist. Oder eben nicht.
Im AT sehen wir verschiedene Bräuche wie eine Verlobung und Hochzeit geschlossen und gefeiert wurde. In den Evangelien wird die Hochzeitsfeier zu Kana erwähnt. Die folgenden Kriterien können wir sehen:
- Heiraten ist öffentlich. Die anderen bekommen es mit und sollen es mitbekommen.
- Heiraten folgt einem gewissen Brauch und hat eine gewisse Verbindlichkeit. Nennen wir sie rechtlich. Oder den Sitten entsprechend.
Das entspricht auch 1. Mose 2,24. Wie erwähnt sind diese Ausdrücke "Verlassen" [von Vater und Mutter] bzw. "Anhangen" [am Partner] Bundessprache, also es geht um eine Beziehung, die mit der Beziehung zwischen Gott und seinem Bundesvolk vergleichbar. D.h. die Beziehung ist verbindlich, auch langfristig und sie hat einen erkennbaren Anfang. Sowie die verschiedenen Bünde zwischen Gott und seinem Volk einen klar erkennbaren Anfang hatten, siehe auch
http://de.wikipedia.org/wiki/Bund_(Bibel) .
Die Frage stellt sich natürlich wie Eheschliessungen ausserhalb des Gottesvolkes zu bewerten sind. Ich denke, dass uns die neutestamentlichen Briefe klare Hinweise geben, dass die apostolische Kirche auch Ehen zwischen Nichtchristen, die dem jeweiligen Brauchtum entsprechend geschlossen und auch körperlich vollzogen waren, als vor Gott geschlossen, ansahen. Mal wieder 1. Korinther 7:
12 Den andern aber sage ich, nicht der HERR: So ein Bruder ein ungläubiges Weib hat, und sie läßt es sich gefallen, bei ihm zu wohnen, der scheide sich nicht von ihr. 13 Und so ein Weib einen ungläubigen Mann hat, und er läßt es sich gefallen, bei ihr zu wohnen, die scheide sich nicht von ihm. 14 Denn der ungläubige Mann ist geheiligt durchs Weib, und das ungläubige Weib ist geheiligt durch den Mann. Sonst wären eure Kinder unrein; nun aber sind sie heilig.
Paulus spricht hier von Ehen zwischen einem Christen und einem Ungläubigen. Vielleicht mögen manche dieser Ehen durch eine kirchliche Trauung oder jüdische Trauung zustandegekommen sein aber wir können mit hoher Sicherheit davon ausgehen, dass einige dieser Ehen geschlossen wurde
bevor ein Partner Christ wurde und auch, dass beide Partner nicht Juden waren. D.h. das waren ursprünglich Ehen zwischen Heiden, die einem nichtjüdischen und nichtchristlichen Brauch und Ritus folgend geschlossen worden waren. Ich kann nicht erkennen, dass Paulus an diesen Ehen einen Mangel sieht und sie für ungültig hält. Kannst du?
Ähnlich in 1. Timotheus 3:
2 Es soll aber ein Bischof unsträflich sein, eines Weibes Mann...12 Die Diener laß einen jeglichen sein eines Weibes Mann
Hier geht es um Eignung für ein Amt. Geeignet sei, so schreibt Paulus, nur wer [maximal] einmal verheiratet ist bzw. war. Timotheus, an den der Brief gerichtet war, war Bischof in der griechischen Stadt Ephesus und selber Sohn eines Heiden. Auch hier können wir davon ausgehen, dass einige dieser früheren Ehen von Gemeindemitgliedern keine kirchlich geschlossene Ehen waren bzw. nicht einmal Ehen zwischen Christen waren. Trotzdem zählen sie! Ein Heide, der Christ wurde, aber vor seiner Bekehrung schon zweimal verheiratet gewesen war, kam für diese Ämter nicht in Frage. Dass er vor seiner Bekehrung zum christlichen Glauben eine ganz andere Vorstellung von Ehe, Scheidung und Wiederheirat hatte, spielt keine Rolle. Siehst du hier irgendeinen Hinweis darauf, dass Paulus frühere Ehen für ungültig hielt und der Meinung war, die Kirche könne diese annullieren? Ich nicht.
Deswegen denke ich, dass - völlig unabhängig von der Religion der Menschen - eine zwischen einem (noch nicht verheirateten) Mann und einer (noch nicht verheirateten) Frau, dem Brauchtum bzw. der rechtlichen Situation ihres Umfelds entsprechend eingegangene und körperlich vollzogene Ehe gilt. Sprich eine unauflösbare Ehe vor Gott ist. Auf unsere europäische Situation hin bezogen also: eine standesamtliche Hochzeit und Vollzug der Ehe reicht um die Ehe zu konstituieren. Dummheit und Naivität - wie im Beispiel einer monegassischen Prinzessin - ändern daran nichts.
Damit man mich nicht falsch versteht: natürlich wird der Christ die kirchliche Trauung suchen und mit dem Vollzug der Ehe bis nach der kirchlichen Trauung warten. Aber das ändert nichts daran, dass eine gültige Ehe auch auf dem Standesamt oder vor dem Stammeshäuptling oder was immer Brauch ist, geschlossen wird. Letztendlich ist es der Vollzug der Ehe, der sie besiegelt. Schreibt nicht Paulus (1. Korinther 6) über die Hurerei:
15 Wisset ihr nicht, daß eure Leiber Christi Glieder sind? Sollte ich nun die Glieder Christi nehmen und Hurenglieder daraus machen? Das sei ferne! 16 Oder wisset ihr nicht, daß, wer an der Hure hangt, der ist ein Leib mit ihr? Denn "es werden", spricht er, "die zwei ein Fleisch sein."
Paulus zitiert hier wieder den normativen Text aus 1. Mose 2 um zu erläutern wieso Hurerei - und das ist nicht nur Prostitution sondern einfach jeder aussereheliche Sex! - gemieden werden soll. Das ist beachtlich! Er argumentiert nicht zuvorderst dass Hurerei Sünde sei und Gottes Zorn mit sich bringt, sonder er schreibt, dass Hurerei zu einer - eigentlich Eheleuten vorbehaltenen - Verbindung führt! In diesem Sinne könnte man schlussfolgern, dass zumindest zwei im Konkubinat zusammenlebende Partner die Ehe schon eingegangen sind! Martin Luther hat das so beschrieben:
Wenn ein Bub zu seinem Mädel hinaufsteigt in die Kammer, und die beiden sind sich einig vor Gott, so beginnt in dem Augenblick die Ehe...
Nochmal: man verstehe mich bitte nicht falsch. Ich plädiere nicht dafür, dass Paare im Konkubinat zusammenleben oder dafür die kirchliche Trauung zu meiden. Im Gegenteil. Es geht nur um die Frage wann eine Ehe in den Augen Gottes beginnt.