Konfessionelles "Luthertum" vs. "Lehre Luthers"

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Konfessionelles "Luthertum" vs. "Lehre Luthers"

Beitrag von Fragesteller »

Hier und andernorts hört man öfters, man müsse das, was Luther hier und da geschrieben habe, von dem unterscheiden, was tatsächlich die bekenntnismäßige Lehre der lutherischen Kirche sei. Wenn man sich nun die Grundkoordinaten ansieht, in denen sich das konfessionelle Luthertum bewegt (Gnadenlehre, Ausrichtung an der Bibel mit geordnetem Predigtamt, Heilswirksamkeit von Taufe, Beichte und Abendmahl, Abschaffung oder Herabstufung der übrigen Sakramente, Realpräsenz, aber keine Transsubstantation), so scheint das doch ziemlich genau dem zu entsprechen, was auch Luthers persönliche Positionen waren. Wo liegen die wesentlichen Unterschiede?

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Naseweiß
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Re: Konfessionelles "Luthertum" vs. "Lehre Luthers"

Beitrag von Naseweiß »

Ich verstehe deine Frage nicht so recht. :hae?:

Möchtest du die wesentlichen Unterschiede zu den lutherischen Landeskirchen wissen? Da gibt es einige...
Denn er hat große Dinge an mir getan,
der da mächtig ist
und des Name heilig ist.
Und seine Barmherzigkeit währet immer
für und für
bei denen, die ihn fürchten.

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Re: Konfessionelles "Luthertum" vs. "Lehre Luthers"

Beitrag von Fragesteller »

Nein, die wesentlichen Unterschiede zwischen Luthers persönlichen Positionen und dem, was das konfessionelle Luthertum (Bekenntnissschriften, Landeskirchen früher mal, SELK) vetritt oder vertreten sollte. Angeblich gibt es solche Unterschiede.

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Protasius
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Re: Konfessionelles "Luthertum" vs. "Lehre Luthers"

Beitrag von Protasius »

Denkst du da an Dinge wie Luthers Schrift "Von den Jüden und ihren Lügen"?
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Re: Konfessionelles "Luthertum" vs. "Lehre Luthers"

Beitrag von Fragesteller »

Es dürfte klar sein, dass weder Luthers Antijudaismus noch dessen Gegenteil zum Kern lutherischer Theologie gehören. Ich denke an Aussagen wie die folgende von Marcus:
Marcus hat geschrieben: Das konfessionelle Luthertum betrachtet ja auch nicht Luthers vielfältige und sich zum Teil im Laufe der Zeit widersprechende Lehren als Fundament, sondern die Bibel als unfehlbares Wort Gottes und die BSLK, wie sie im Konkordienbuch enthalten sind, als einzigst gültige und verbindliche Auslegung der Heiligen Schrift als Grundlage. Und wie FranzSales bereits als Ex-Altlutheraner hier schrieb, sind selbst die Väter der lutherischen Orthodoxie Luther nicht blind in Sachen Rechtfertigungslehre gefolgt. Auch in den BSLK findet man nur jene Schriften von Luther, die mit den Formulierungen der Konkordienformel vereinbar sind bzw. die man als rechte Auslegung der Heiligen Schrift anerkennen kann bzw. konnte.

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Naseweiß
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Re: Konfessionelles "Luthertum" vs. "Lehre Luthers"

Beitrag von Naseweiß »

Fragesteller hat geschrieben:Nein, die wesentlichen Unterschiede zwischen Luthers persönlichen Positionen und dem, was das konfessionelle Luthertum (Bekenntnissschriften, Landeskirchen früher mal, SELK) vetritt oder vertreten sollte. Angeblich gibt es solche Unterschiede.
Beispielsweise befürwortete Luther die Einzelbeichte. Jene wird aber heutzutage sehr selten in der lutherischen Bekenntniskirche ausgeübt. Zumindest ist in meiner Gemeinde die Einzelbeichte eher die Ausnahme als die Regel. Meine Gemeinde bietet immer einen allgemeinen Beichtgottesdienst vor dem Hauptgottesdienst an. In diesem werden durch Handauflegung meine Sünden vergeben.

Bei der Ordination sprach Luther von einem sogenannten "Priestertum aller Gläubigen". Dieses "Priestertum aller Gläubigen" wird in der lutherischen Kirche aber so verstanden, dass es durchaus ein Weihesakrament ist, solange Gottes Wort verkündigt und die Sakramente gespendet werden.

Einige Zeit ging Luther von drei Sakramenten (Taufe, Abendmahl, Beichte) aus. Er relativierte jedoch seine Meinung und ging später nur noch von zwei Sakramenten (Taufe und Abendmahl) aus.

Euer Naseweiß
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Naseweiß
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Re: Konfessionelles "Luthertum" vs. "Lehre Luthers"

Beitrag von Naseweiß »

Soweit alles klar? :)
Denn er hat große Dinge an mir getan,
der da mächtig ist
und des Name heilig ist.
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bei denen, die ihn fürchten.

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Re: Konfessionelles "Luthertum" vs. "Lehre Luthers"

Beitrag von Fragesteller »

Ja, doch. Marcus' Beitrag klang nach substantielleren Unterschieden, aber was Du geschrieben hast, entspricht eher meinem Eindruck.

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berneuchen
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Re: Konfessionelles "Luthertum" vs. "Lehre Luthers"

Beitrag von berneuchen »

Fragesteller hat geschrieben:Ja, doch. Marcus' Beitrag klang nach substantielleren Unterschieden, aber was Du geschrieben hast, entspricht eher meinem Eindruck.
Für einen substanziellen Unterschied halte ich die Auffassung L.'s vom " allgemeinen Priestertum aller Getauften" , das in der Confessio Augustana und den übrigen Bekenntnisschriften ( soweit ich sehe) nirgends eine Rolle spielt. Das gerade dieser Punkt oft in der kontroverstheologischen Debatte so herausgestrichen und zum ökumenischen Schibboleth gemacht wird, ist bedauerlich.

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Re: Konfessionelles "Luthertum" vs. "Lehre Luthers"

Beitrag von Fragesteller »

berneuchen hat geschrieben:
Fragesteller hat geschrieben:Ja, doch. Marcus' Beitrag klang nach substantielleren Unterschieden, aber was Du geschrieben hast, entspricht eher meinem Eindruck.
Für einen substanziellen Unterschied halte ich die Auffassung L.'s vom " allgemeinen Priestertum aller Getauften" , das in der Confessio Augustana und den übrigen Bekenntnisschriften ( soweit ich sehe) nirgends eine Rolle spielt. Das gerade dieser Punkt oft in der kontroverstheologischen Debatte so herausgestrichen und zum ökumenischen Schibboleth gemacht wird, ist bedauerlich.
Ah, ok, dann ist das doch ein wichtiger Unterschied. Luther selbst hat aber ja andererseits sehr wohl ein besonderes Amt gekannt und für nötig befunden. Hat er das "Priestertum alle Gläubigen" zu diesem besonderen geistlichen Amt irgendwie in ein Verhältnis gesetzt, oder sind das Denkfiguren, die zeitlich getrennt voneinander auftreten und die einander möglicherweise widersprechen, mindestens aber von Luther selbst nicht explizit harmonisiert wurden?

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berneuchen
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Re: Konfessionelles "Luthertum" vs. "Lehre Luthers"

Beitrag von berneuchen »

Fragesteller hat geschrieben:
berneuchen hat geschrieben:
Fragesteller hat geschrieben:Ja, doch. Marcus' Beitrag klang nach substantielleren Unterschieden, aber was Du geschrieben hast, entspricht eher meinem Eindruck.
Für einen substanziellen Unterschied halte ich die Auffassung L.'s vom " allgemeinen Priestertum aller Getauften" , das in der Confessio Augustana und den übrigen Bekenntnisschriften ( soweit ich sehe) nirgends eine Rolle spielt. Das gerade dieser Punkt oft in der kontroverstheologischen Debatte so herausgestrichen und zum ökumenischen Schibboleth gemacht wird, ist bedauerlich.
Ah, ok, dann ist das doch ein wichtiger Unterschied. Luther selbst hat aber ja andererseits sehr wohl ein besonderes Amt gekannt und für nötig befunden. Hat er das "Priestertum alle Gläubigen" zu diesem besonderen geistlichen Amt irgendwie in ein Verhältnis gesetzt, oder sind das Denkfiguren, die zeitlich getrennt voneinander auftreten und die einander möglicherweise widersprechen, mindestens aber von Luther selbst nicht explizit harmonisiert wurden?
So wie ich Luther verstehe beschreibt er mit dem "allgem. Priestertum" den Status des Getauften vor Gott. Die Frage nach dem Amt gehört aber in die Ekklesiologie. Erst durch die Brille der Aufklärung, die ja konsequent vom Individuum her denkt, wird das "Priestertum alle Gläubigen" zu einem ekklesiologischen Begriff, der die Amtstheologie auf den Kopf stellt. Ähnlich wie die Ordensgelübde hat die Ordination für Luther keinen Einfluß auf das Heil des Menschen, was sie aber weder relativiert noch überflüssig macht.

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