Lioba hat geschrieben:Vorschlag- da die von Niels gesetzten Links sehr weit greifen, teilweise auch mehr die Frage Hand- oder Mundkommunion betreffen- sagt kurz und verständlich, seit wann und warum es in der RKK den Laienkelch nicht obligatorisch gibt.
In dieser Form kann ich die Frage nicht beantworten - zumindest nicht ohne längere Sucherei. Obligatorisch im Sinne einer gestzlichen Vorgabe war die Kommunion unter beiden Gestalten m.W. nie. In der ganz alten Kirche war sie wohl entsprechend der Betonung des Charakters als "Agape" zunächst selbstverständlich, bis zunehmende Erkenntnis des Wesens der Eucharistie (und die bereits von den Aposteln kritisierten Missbräuche!) dazu führten, im Umgang mit den hl. Gestalten immer strengere Maßstäbe anzulegen. Schon in den frühen Ordines ist dann zwar viel von dem Herbeitragen der Brote die Rede, auch deren Zahl und Anordnung wird seit dem 5. Jh. mehrfach deutlich gemacht, aber vom Wein heißt es immer nur "der Kelch".
Daraus kann man schließen, daß das Allerheiligste in der Gestalt des Weines schon in dieser Zeit regulär nur vom Zelebranten, vielleicht gemeinsam mit den Altardienern konsumiert wurde - was nicht ausschloss, daß zu besonderen Gelegenheiten auch andere den Kelch empfingen.
Seit dem großen Schisma wurden dann die Einzelheiten der Regelung um den Empfang der hl. Gestalten ideologisch aufgeladen und zur Abgrenzung missbraucht: Gesäuertes oder ungesäuertes Brot, reiner oder mit Wasser gemischter Wein wurden zu Streitfragen, zunächst im Wesentlichen zwischen Ost und West. Im Zuge solcher Auseinandersetzungen kam dann wohl auch bei dissidierenden Gruppen im Westen die Vorstellung auf, daß den Laien, die die Kommunion nur in der Gestalt des Brotes empfingen, etwas vorenthalten wurde. Man forderte die Kelchkommunion und entwickelte theologische Konstrukte zu deren Untermauerung.
Erst in der Reaktion darauf verbot das Konzil von Konstanz 1415 den Laienkelch - nicht, um den Laien etwas vorzuenthalten, sondern um sich auf diese nachdrückliche Weise von jeder Lehre abzugrenzen, nach der in nur einer der beiden Gestalten nicht der ganze ungeteilte und wahrhaftige eucharistische Leib Christi enthalten sei ("Kelchdiebstahl").
Nachdem diese Polemik sich im Lauf der Jahrhunderte erschöpft hatte, war Mitte des 20. Jh. im Prinzip der Grund für das alte Verbot des Laienkelchs entfallen. Allerdings hatte seine Aufhebung die unerwünschte Nebenwirkung, daß mit der nun möglichen Angleichung der äußeren Form der Kommunionausteilung bei Katholiken und Protestanten gleichzeitig auch den Kräften in der katholischen Kirche in die Hände gespielt wurde, die keine inneren Unterschiede mehr im Eucharistieverständnis zwischen Katholiken und Protestanten anerkennen wollten. Anhänger eine Ökumene des kleinsten gemeinsamen Nenners begrüßen das natürlich, Bewahrer der traditionellen Lehre müssen das ablehnen.
So ist eine bemerkenswerte Umkehrung der Frontstellungen zu verzeichnen: Die Hussiten des 14. Jh. forderten den Laienkelch, weil sie irrtümlich annahmen, nur so in den vollen Genuss des Leibes und Blutes Christi und der damit gewährten Gnadengaben kommen zu können. Viele (nicht alle) Katholiken, die heute die Kommunion unter beiderlei Gestalten propagieren, tun dies, weil sie kaum noch oder gar nicht mehr an die reale Gegenwart Christi in den gewandelten Gestalten glauben, sondern den Charakter der Eucharistiefeier als eines Gemeinschaftsmahles unterstreichen und in diese Gemeinschaft dann auch möglichst viele Christen anderer Bekenntnisse und womöglich auch Nichtchristen mit hereinnehmen wollen.