Evangelische "Piusbruderschaft"?

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
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ad-fontes
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von ad-fontes »

Kilianus hat geschrieben:Gebe ich gerne zu. Gleichzeitig sind aber auch viele andere Dinge rezipiert worden. Das dreigliedrige Amt zum Beispiel. Oder die Heiligenverehrung.

Wenn die Schrift für Dich ihre Autorität aus der Rezeption in der frühen Kirche zieht - mit welchem Recht folgt Du ihr in anderen Punkten nicht?
Oder die Reliquienverehrung..

Sola sciptura verkennt, dass es Entfaltung und organisches Wachstum in der Kirche gibt, die natürlich nie im Widerspruch zu den hl. Schriften steht; tut sie es doch, dann stehen jene, die ebendiese Lehre oder Praxis vertreten, außerhalb der Kirche.
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

Johaennschen
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Johaennschen »

Schon richtig.
Mit St. Heinrich Hansen kritisiere auch ich die protestantischen Kirchen:
Stimuli et Clavi hat geschrieben:68. Mißbrauch hebt den rechten Gebrauch nicht auf. Manche Einrichtungen der alten Kirche waren zwar zur zeit der Reformation mit vielen und großen Mängeln behaftet; es ist aber nicht richtig gewesen, daß die Protestanten, besonders die Reformierten, die Mißbräuche nicht allein, sondern die Einrichtungen selbst völlig abgeschafft und verworfen haben.
Es interessiert nur niemanden, außer vielleicht noch Clemens hier im Forum. :breitgrins:
Es gibt keine Dummheit, an die der moderne Mensch nicht imstande wäre zu glauben, sofern er damit nur dem Glauben an Christus ausweicht.
Nicolás Gómez Dávila

Kilianus
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Kilianus »

Naja, wen sollte es auch interessieren? Wer Protestant ist und wiederhaben möchte, was in übertriebenem Eifer abgeschafft wurde, kann doch einfach katholisch werden.

Auf, komm nach Hause! :ikb_scooter:

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Lutheraner
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Lutheraner »

Christ86 hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Christ86 hat geschrieben: Ja, aber zur rechten Ordination gehört die rechte apostolische Sukzession, wie ich ja vorausgesetzt habe.

Aha, wie ist dann das hier zu verstehen?
Nordelbische Ev.-Lutherische Kirche hat geschrieben: e) Die "Porvooer Erklärung"
Die Erklärung von Porvoo hat zum Gegenstand das Verhältnis der skandinavischen lutherischen Kirchen (mit Ausnahme Dänemarks) zur anglikanischen Kirche von England. Hier wurde bereits volle Kirchengemeinschaft mit Interkommunion und Austauschbarkeit der Ämter erreicht. Die Dänen haben, unter anderem auch aus Rücksicht auf die Deutschen, nicht mit unterzeichnet. Für uns Deutsche gibt es keine Möglichkeit, diese Erklärung zu unterzeichnen. Denn die Austauschbarkeit der Ämter hat die Anerkennung der historischen Sukzession im Bischofsamt von Petrus bis heute zur Voraussetzung. Das ist ja der Punkt, der uns am tiefsten auch von der römisch-katholischen Kirche trennt. Wir sagen, dass die Sukzession in der apostolischen Tradition, also die inhaltliche Komponente entscheidend ist. Weil daraufhin für die deutschen Reformationskirchen die historische Kette in der Reformationszeit abgerissen ist, werden wir von den Römern nicht als Kirche anerkannt. (Am Rande angemerkt: die historische Sukzession, auf die sich die Anglikaner berufen, wird von den Römern ebenfalls nicht anerkannt.)
Hier wird die anglikanische Sichtweise dargestellt, nicht die der skandinavischen und baltischen evang.-luth. Kirchen. Porvoo betrifft nur das Verhältnis zu den Anglikanern. Die skandinavischen und baltischen evang.-luth. Kirchen standen bereits durch ihre Mitgliedschaft im LWB miteinander und mit den deutschen evang.-luth. Landeskirchen in voller Kirchengemeinschaft.
Die nordischen lutherischen Kirchen halten fest an der historischen apostolischen Sukzession - also so wie wir Altkatholiken und Anglikaner sie verstehen. Daher konnten sie mit den Anglikanern, welche die Porvooer Erklärung ratifiziert haben, in volle Gemeinschaft treten, ansonsten wäre das unmöglich, da die Anglikaner eine Full Communion mit Kirchen ohne apostolische Sukzession nicht eingehen.

Gleichzeitig aber reicht es für diese lutherischen Kirchen aus, wenn man in der "rechten" Lehre steht, um mit Kirchen in voller Gemeinschaft zu stehen.
Apostolizität bedeutet für die skandinavischen und baltischen evang.-luth. Kirchen, dass die apostolische Lehre bewahrt wurde. Das gilt aus ihrer Sicht selbstverständlich für alle evang.-luth. Kirchen, für die meisten von ihnen auch für die reformierten und unierten Kirchen (sie haben auch Leuenberg unterzeichnet) und die Anglikanische Kirche. Dass diese auf eine "dreistufige Weihe" Wert legt, spielt dabei keinerlei Rolle.
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Lutheraner
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Lutheraner »

Lutheraner hat geschrieben:
Kilianus hat geschrieben:
TillSchilling hat geschrieben: Oder ander herum, Clemens, wer sola scriptura fahren lässt und extrabiblischen Quellen eine gleiche Autorität zuweisst, wird solange er das tut keinen sicheren Grund finden und die Sicherheit in allen möglichen Dingen suchen. (*auch frust*)
Ach komm, Till, dieses Argument könnte nur funktionieren, wenn sich die Bibel selbst zusammengestellt hätte. Oder vom Erzengel Gabriel druckfertig überreicht worden wäre. So war's aber nicht. Das heißt: Eine extrabiblische Quelle hat den biblischen Texten ihre Autorität zugewiesen. Wenn Du diese Autorität nicht akzeptierst, kannst Du das Buch in die Tonne geben. Oder als interessante Quelle ausschließlich (!) historisch-kritisch erforschen.
Natürlich wissen wir, dass die Bibel nicht vom Himmel gefallen ist. Was müssten wir tun um - Deiner Meinung nach - diese Autorität heute, im 21. Jahrhundert, zu "akzeptieren"? Dem Papst gehorchen oder doch eher dem Erzbischof von Canterbury oder der Synode der ROK oder AKK-Bischof Joachim Vobbe oder ....?
Ich hätte hierauf gerne noch eine Antwort...
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Lutheraner »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:
Johaennschen hat geschrieben:Wenn ein Mathelehrer sich verrechnet, kann sein Schüler ihn darauf hinweisen? :hmm:
Die Schrift ist ja keine Rechenregel, sondern Teil der Tradition. Und eben das hat der Protestant noch nicht verinnerlicht.

.. und die heutige Auslegung der Tradition ist Deiner Meinung nach, dass das was Paulus über die Frau in der Kirche sagte, Schmarrn war?
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Kilianus
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Kilianus »

Lutheraner hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Kilianus hat geschrieben:
TillSchilling hat geschrieben: Oder ander herum, Clemens, wer sola scriptura fahren lässt und extrabiblischen Quellen eine gleiche Autorität zuweisst, wird solange er das tut keinen sicheren Grund finden und die Sicherheit in allen möglichen Dingen suchen. (*auch frust*)
Ach komm, Till, dieses Argument könnte nur funktionieren, wenn sich die Bibel selbst zusammengestellt hätte. Oder vom Erzengel Gabriel druckfertig überreicht worden wäre. So war's aber nicht. Das heißt: Eine extrabiblische Quelle hat den biblischen Texten ihre Autorität zugewiesen. Wenn Du diese Autorität nicht akzeptierst, kannst Du das Buch in die Tonne geben. Oder als interessante Quelle ausschließlich (!) historisch-kritisch erforschen.
Natürlich wissen wir, dass die Bibel nicht vom Himmel gefallen ist. Was müssten wir tun um - Deiner Meinung nach - diese Autorität heute, im 21. Jahrhundert, zu "akzeptieren"? Dem Papst gehorchen oder doch eher dem Erzbischof von Canterbury oder der Synode der ROK oder AKK-Bischof Joachim Vobbe oder ....?
Ich hätte hierauf gerne noch eine Antwort...
Für den Anfang würde es ja reichen, wenn Du Dir aus dem Erbe der frühen Christenheit nicht nur die Schrift herauspickst. Sondern auch (um auf die bereits genannten Beispiele zurückzugreifen) das dreistufige Amt sowie die Heiligen- und Reliquienverehrung akzeptierst. Und die Tatsache, daß am Sonntag selbstverständlich Eucharistie gefeiert wird und nicht nur ein Predigtgottesdienst. Daß Du Trinitätslehre und Christologie der frühen Konzilien annimmst, setze ich ohnehin voraus. Obwohl diese Dogmen m.E. auch nicht sola scriptura abzuleiten sind. Wenn diese Aussagen so klar in der Bibel stünden, hätte es ja gar nicht zu den ganzen Streitereien damals kommen können.

Ralf

Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Ralf »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:
Lioba hat geschrieben: Ich bin in keinerlei überkommenem Rollenverständnis aufgewachsen sondern konnte stets meinem Weg wählen völlig gleichberechtigt neben den Jungen in der Familie- vielleicht war es für mich darum unproblematisch schließlich die klassische Frauenrolle zu wählen. (...)
Aber nun möchte ich endgültig nicht mehr über dieses Thema schwadronieren und bitte dich, das zu respektieren .
Müssen wir nicht. Du weisst ja schon, worauf ich als nächstes verweisen würde, weil du es wahrscheinlich schon öferts gehört hast (dass Frauen, die freiwillig eine unterwürfige Rolle einnehmen, nach herrschender medizinischer Lehrmeinung psychische Probleme haben).
Welche Lehrmeinung ist das denn konkret?,

fragt Ralf (Arzt).

(also von wem, welche Quellen etc.)

Kilianus
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Kilianus »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:
Lioba hat geschrieben: Ich bin in keinerlei überkommenem Rollenverständnis aufgewachsen sondern konnte stets meinem Weg wählen völlig gleichberechtigt neben den Jungen in der Familie- vielleicht war es für mich darum unproblematisch schließlich die klassische Frauenrolle zu wählen. (...)
Aber nun möchte ich endgültig nicht mehr über dieses Thema schwadronieren und bitte dich, das zu respektieren .
Müssen wir nicht. Du weisst ja schon, worauf ich als nächstes verweisen würde, weil du es wahrscheinlich schon öferts gehört hast (dass Frauen, die freiwillig eine unterwürfige Rolle einnehmen, nach herrschender medizinischer Lehrmeinung psychische Probleme haben).
Heißt das, Frauen, die zum Bund gehen, haben per se einen an der Klatsche? Wie ist das mit Männern?

Ralf

Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Ralf »

Lutheraner hat geschrieben:Dann wiederlege das mal anhand der Bibel. Die beste Beschreibung des Handelns der Apostel ist die Apostelgeschichte. Also leg los ;-)
Ein Beispiel:

Im NT ist nirgendwo davon die Rede, daß Heidenchristen Bischöfe werden können.

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holzi
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von holzi »

Ralf hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:Dann wiederlege das mal anhand der Bibel. Die beste Beschreibung des Handelns der Apostel ist die Apostelgeschichte. Also leg los ;-)
Ein Beispiel:

Im NT ist nirgendwo davon die Rede, daß Heidenchristen Bischöfe werden können.
Ach? Dann hat dieser komische - wie hieß er noch mal - Paulus, glaub ich ;) - wohl Stuß geschrieben, als er dem Bischof Timotheus nach Kreta geschrieben hatte. :pfeif:

Ralf

Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Ralf »

Da Timotheus Sohn einer Judenchristin war, war er Judenchrist.

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Lutheraner
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Lutheraner »

Ralf hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:Dann wiederlege das mal anhand der Bibel. Die beste Beschreibung des Handelns der Apostel ist die Apostelgeschichte. Also leg los ;-)
Ein Beispiel:

Im NT ist nirgendwo davon die Rede, daß Heidenchristen Bischöfe werden können.
Die Gemeinde in Ephesos wurde aus Heidenchristen gebildet (siehe Epheser-Brief). In Apg. 20 wendet Paulus sich an die Ältesten/Bischöfe der Gemeinde in Ephesos. Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass es sich hierbei nicht um von außen eingesetzte Judenchristen handelte.
Davon abgesehen gibt es nirgends im NT eine Stelle, die man als ein Verbot für Heidenchristen Bischof zu werden verstehen kann.
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Ralf

Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Ralf »

Aha, jetzt wird also die Regel "wenn es nicht in der Bibel verboten ist, ist es biblisch" angeführt.

Das ergibt ja ganz neue Möglichkeiten ....



Und woher weißt Du das:
Lutheraner hat geschrieben: Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass es sich hierbei nicht um von außen eingesetzte Judenchristen handelte.
?

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Lutheraner
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Lutheraner »

Kilianus hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Kilianus hat geschrieben:
TillSchilling hat geschrieben: Oder ander herum, Clemens, wer sola scriptura fahren lässt und extrabiblischen Quellen eine gleiche Autorität zuweisst, wird solange er das tut keinen sicheren Grund finden und die Sicherheit in allen möglichen Dingen suchen. (*auch frust*)
Ach komm, Till, dieses Argument könnte nur funktionieren, wenn sich die Bibel selbst zusammengestellt hätte. Oder vom Erzengel Gabriel druckfertig überreicht worden wäre. So war's aber nicht. Das heißt: Eine extrabiblische Quelle hat den biblischen Texten ihre Autorität zugewiesen. Wenn Du diese Autorität nicht akzeptierst, kannst Du das Buch in die Tonne geben. Oder als interessante Quelle ausschließlich (!) historisch-kritisch erforschen.
Natürlich wissen wir, dass die Bibel nicht vom Himmel gefallen ist. Was müssten wir tun um - Deiner Meinung nach - diese Autorität heute, im 21. Jahrhundert, zu "akzeptieren"? Dem Papst gehorchen oder doch eher dem Erzbischof von Canterbury oder der Synode der ROK oder AKK-Bischof Joachim Vobbe oder ....?
Ich hätte hierauf gerne noch eine Antwort...
Für den Anfang würde es ja reichen, wenn Du Dir aus dem Erbe der frühen Christenheit nicht nur die Schrift herauspickst. Sondern auch (um auf die bereits genannten Beispiele zurückzugreifen) das dreistufige Amt sowie die Heiligen- und Reliquienverehrung akzeptierst. Und die Tatsache, daß am Sonntag selbstverständlich Eucharistie gefeiert wird und nicht nur ein Predigtgottesdienst.
Würde das nicht bedeuten, dass ich mir hiermit (wieder) beliebig etwas aus der "Tradition" "herauspicke"?

Würde es uns einen einzigen Schritt näher zum Heil bringen, wenn wir diese Dinge (mit denen wir bis auf die Reliquienverehrung auch keine Probleme haben sollten) akzeptieren würden?

Die Armenisch-Apostolische Kirche erkennt alles an, was Du hier anführst. Ist sie auf dem rechten Weg?
Kilianus hat geschrieben: Daß Du Trinitätslehre und Christologie der frühen Konzilien annimmst, setze ich ohnehin voraus. Obwohl diese Dogmen m.E. auch nicht sola scriptura abzuleiten sind. Wenn diese Aussagen so klar in der Bibel stünden, hätte es ja gar nicht zu den ganzen Streitereien damals kommen können.
Mein Einwand hierzu: Ist es nicht zu diesen Streitigkeiten gekommen, weil von außen (über die "Tradition") Irrlehren in die Kirche eingedrungen sind? Mir ist keine arianische Gemeinschaft bekannt, die sich allein auf die Bibel beruft.
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Lutheraner
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Lutheraner »

Ralf hat geschrieben:Aha, jetzt wird also die Regel "wenn es nicht in der Bibel verboten ist, ist es biblisch" angeführt.
Das habe ich so nirgends behauptet. Aber das Spielchen, dass ich irgendeine beliebige Behauptung mit der Bibel widerlegen soll, bringt uns nicht weiter. Genau so gut hättest Du behaupten können: "Im NT ist nirgendwo davon die Rede, daß Männer, die keine blonden Haare hatten, Bischöfe werden können."

In 1. Timotheus 3 steht klar, welche Anforderungen Paulus an die Bischöfe und Diakone stellt. Wäre es absolut notwendig gewesen, dass ein Bischof Judenchrist sein muß, hätte er es hier aufgeführt (da er weitaus weniger wichtige Punkte anbrachte).

Ralf hat geschrieben: Und woher weißt Du das:
Lutheraner hat geschrieben: Man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass es sich hierbei nicht um von außen eingesetzte Judenchristen handelte.
?
Das Gegenteil würde m.E. im Zusammenhang mit Apg. 20, 17 ff. keinen Sinn ergeben.
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Miserere Nobis Domine
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Kilianus hat geschrieben:
Miserere Nobis Domine hat geschrieben: Müssen wir nicht. Du weisst ja schon, worauf ich als nächstes verweisen würde, weil du es wahrscheinlich schon öferts gehört hast (dass Frauen, die freiwillig eine unterwürfige Rolle einnehmen, nach herrschender medizinischer Lehrmeinung psychische Probleme haben).
Heißt das, Frauen, die zum Bund gehen, haben per se einen an der Klatsche? Wie ist das mit Männern?
Als Anhänger des christlichen Pazifismus würde ich das für beide Geschlechter bejahen.

Kilianus
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Kilianus »

Lutheraner hat geschrieben:
Kilianus hat geschrieben: Für den Anfang würde es ja reichen, wenn Du Dir aus dem Erbe der frühen Christenheit nicht nur die Schrift herauspickst. Sondern auch (um auf die bereits genannten Beispiele zurückzugreifen) das dreistufige Amt sowie die Heiligen- und Reliquienverehrung akzeptierst. Und die Tatsache, daß am Sonntag selbstverständlich Eucharistie gefeiert wird und nicht nur ein Predigtgottesdienst.
Würde das nicht bedeuten, dass ich mir hiermit (wieder) beliebig etwas aus der "Tradition" "herauspicke"?
Natürlich muß man auch dann darum ringen, was nun wirklich zum unverzichtbaren Erbe gehört und was rein zeitbedingt war. Dieses Problem hast Du bei der Bibelauslegung aber auch schon.
Würde es uns einen einzigen Schritt näher zum Heil bringen, wenn wir diese Dinge (mit denen wir bis auf die Reliquienverehrung auch keine Probleme haben sollten) akzeptieren würden?
Toschlagargument. Ebenso gut könnte ich fragen, welche Bibelperikopen unabdingbar fürs Heil sind und welche verzichtbar. Außerdem: Heiligenverehrung und dreistufiges Amt sind für den Gutteil der Protestanten eben durchaus ein Problem.
Die Armenisch-Apostolische Kirche erkennt alles an, was Du hier anführst. Ist sie auf dem rechten Weg?
Meine grundsätzlichen Probleme mit ihr sind jedenfalls überschaubar.
Kilianus hat geschrieben: Daß Du Trinitätslehre und Christologie der frühen Konzilien annimmst, setze ich ohnehin voraus. Obwohl diese Dogmen m.E. auch nicht sola scriptura abzuleiten sind. Wenn diese Aussagen so klar in der Bibel stünden, hätte es ja gar nicht zu den ganzen Streitereien damals kommen können.
Mein Einwand hierzu: Ist es nicht zu diesen Streitigkeiten gekommen, weil von außen (über die "Tradition") Irrlehren in die Kirche eingedrungen sind? Mir ist keine arianische Gemeinschaft bekannt, die sich allein auf die Bibel beruft.
Gegenfrage: Sind die christologischen und trinitätstheologischen Aussagen der frühen Konzilien allein aus der Bibel abgeleitet?

Kilianus
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Kilianus »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:
Kilianus hat geschrieben:
Miserere Nobis Domine hat geschrieben: Müssen wir nicht. Du weisst ja schon, worauf ich als nächstes verweisen würde, weil du es wahrscheinlich schon öferts gehört hast (dass Frauen, die freiwillig eine unterwürfige Rolle einnehmen, nach herrschender medizinischer Lehrmeinung psychische Probleme haben).
Heißt das, Frauen, die zum Bund gehen, haben per se einen an der Klatsche? Wie ist das mit Männern?
Als Anhänger des christlichen Pazifismus würde ich das für beide Geschlechter bejahen.
Es ging bei dem Beispiel aber nicht ums Pazifismus-Thema. Streiche: Bund, setze: Feuerwehr. Oder sonst irgend ein System, das klar hierarchisch strukturiert ist.

Ralf

Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Ralf »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:
Kilianus hat geschrieben:
Miserere Nobis Domine hat geschrieben: Müssen wir nicht. Du weisst ja schon, worauf ich als nächstes verweisen würde, weil du es wahrscheinlich schon öferts gehört hast (dass Frauen, die freiwillig eine unterwürfige Rolle einnehmen, nach herrschender medizinischer Lehrmeinung psychische Probleme haben).
Heißt das, Frauen, die zum Bund gehen, haben per se einen an der Klatsche? Wie ist das mit Männern?
Als Anhänger des christlichen Pazifismus würde ich das für beide Geschlechter bejahen.
Ich warte immer noch auf die medizinischen Quellen bzgl. der Lehrmeinung.

(Und bin ebenfalls Anhänger des christl. Pazifismus)

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Niels
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Niels »

Ralf hat geschrieben: Ich warte immer noch auf die medizinischen Quellen bzgl. der Lehrmeinung.
Ich auch (als Nichtmediziner) . :hmm:
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

TillSchilling

Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von TillSchilling »

Lutheraner hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:Aha, jetzt wird also die Regel "wenn es nicht in der Bibel verboten ist, ist es biblisch" angeführt.
Das habe ich so nirgends behauptet. Aber das Spielchen, dass ich irgendeine beliebige Behauptung mit der Bibel widerlegen soll, bringt uns nicht weiter. Genau so gut hättest Du behaupten können: "Im NT ist nirgendwo davon die Rede, daß Männer, die keine blonden Haare hatten, Bischöfe werden können."

Ralf, was genau mit dem Begriff Sola Scriptura gemeint ist, findet sich so in den lutherischen Bekenntnisschriften:
Von dem summarischen Begriff, Regel und Richtschnur

nach welcher alle Lehre geurteilt und die eingefallenen Irrungen christlich entschieden und erklärt werden sollen.

1] 1. Wir glauben, lehren und bekennen, daß die einige Regel und Richtschnur, nach welcher zugleich alle Lehren und Lehrer gerichtet und geurteilt werden sollen, sind allein die prophetischen und apostolischen Schriften Alten und Neün Testaments; wie geschrieben steht: "Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege", Ps. 119. Und St. Paulus: "Wenn ein Engel vom Himmel käme und predigte anders, der soll verflucht sein", Gal. 1.

2] Andere Schriften aber der alten oder neün Lehrer, wie sie Namen haben, sollen der Heiligen Schrift nicht gleichgehalten, sondern alle zumal miteinander derselben unterworfen und anders oder weiter nicht angenommen werden denn als Zeugen, welcher Gestalt nach der Apostel Zeit und an welchen Orten solche Lehre der Propheten und Apostel erhalten worden.

Es geht doch nicht darum jede Tradition der Kirche abzulehnen wenn sich keine Beispiele für diese Tradition in der Schrift finden. Sondern nur solche die der Schrift widersprechen.

Wie man jedoch ohne das Prinzip von der Schrift als Richtschnur überhaupt Theologie betreiben kann, ist mir schleierhaft. Lutheraner hat eine sehr gute, bisher nicht beantwortete Frage gestellt: welche Tradition soll es denn sein. Ich kann die Einheit unter den Kirchen, die sich auf die Traiditon berufen nicht sehen.

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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

TillSchilling hat geschrieben: Es geht doch nicht darum jede Tradition der Kirche abzulehnen wenn sich keine Beispiele für diese Tradition in der Schrift finden. Sondern nur solche die der Schrift widersprechen.

Wie man jedoch ohne das Prinzip von der Schrift als Richtschnur überhaupt Theologie betreiben kann, ist mir schleierhaft. Lutheraner hat eine sehr gute, bisher nicht beantwortete Frage gestellt: welche Tradition soll es denn sein. Ich kann die Einheit unter den Kirchen, die sich auf die Traiditon berufen nicht sehen.
Ich kann die Einheit unter den Kirchen, die sich auf die Schirft berufen nicht sehen. :blinker:

Mal im Ernst, die Tradition ist im Einklang mit der Schrift. Wer das anders sieht, hat die Schrift willkürlich nach eigenem Ermessen interpretiert.

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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Lutheraner »

Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Mal im Ernst, die Tradition ist im Einklang mit der Schrift. Wer das anders sieht, hat die Schrift willkürlich nach eigenem Ermessen interpretiert.
Warum glaubst Du dann nicht an das Jurisdiktionsprimat des Papstes, seine Unfehlbarkeit und die unbefleckte Empfängnis, wenn das alles im Einklang mit der Schrift ist?
Weil Du letzteres nicht glaubst, ziehst Du Dir angeblich übrigens den Zorn Gottes und der Apostel Petrus und Paulus auf Dich (das steht so im Text der dogmatischen Bulle). Mit anderen Worten: Du wirst sehr wahrscheinlich verdammt.
Wie ist das jetzt mit der Tradition?
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Lutheraner »

Kilianus hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Kilianus hat geschrieben: Für den Anfang würde es ja reichen, wenn Du Dir aus dem Erbe der frühen Christenheit nicht nur die Schrift herauspickst. Sondern auch (um auf die bereits genannten Beispiele zurückzugreifen) das dreistufige Amt sowie die Heiligen- und Reliquienverehrung akzeptierst. Und die Tatsache, daß am Sonntag selbstverständlich Eucharistie gefeiert wird und nicht nur ein Predigtgottesdienst.
Würde das nicht bedeuten, dass ich mir hiermit (wieder) beliebig etwas aus der "Tradition" "herauspicke"?
Natürlich muß man auch dann darum ringen, was nun wirklich zum unverzichtbaren Erbe gehört und was rein zeitbedingt war. Dieses Problem hast Du bei der Bibelauslegung aber auch schon.
Wir behaupten, dass die Bibel hierauf eine klare Antwort gibt. Unverzichtbar heißt ja heilsnotwendig.
Kilianus hat geschrieben:
Würde es uns einen einzigen Schritt näher zum Heil bringen, wenn wir diese Dinge (mit denen wir bis auf die Reliquienverehrung auch keine Probleme haben sollten) akzeptieren würden?
Toschlagargument. Ebenso gut könnte ich fragen, welche Bibelperikopen unabdingbar fürs Heil sind und welche verzichtbar. Außerdem: Heiligenverehrung und dreistufiges Amt sind für den Gutteil der Protestanten eben durchaus ein Problem.
Für die Lutheraner sind sie kein Problem. Das ist in den Bekenntnisschriften festgehalten und wird auch heute noch z.B. im "Evangelischen Erwachsenenkatechismus" der VELKD bezeugt. Übrigens ist selbst die Reliquienverehrung in gewisser Weise biblisch (Apg. 19,12).

Kilianus hat geschrieben:
Die Armenisch-Apostolische Kirche erkennt alles an, was Du hier anführst. Ist sie auf dem rechten Weg?
Meine grundsätzlichen Probleme mit ihr sind jedenfalls überschaubar.
Kilianus hat geschrieben: Daß Du Trinitätslehre und Christologie der frühen Konzilien annimmst, setze ich ohnehin voraus. Obwohl diese Dogmen m.E. auch nicht sola scriptura abzuleiten sind. Wenn diese Aussagen so klar in der Bibel stünden, hätte es ja gar nicht zu den ganzen Streitereien damals kommen können.
Mein Einwand hierzu: Ist es nicht zu diesen Streitigkeiten gekommen, weil von außen (über die "Tradition") Irrlehren in die Kirche eingedrungen sind? Mir ist keine arianische Gemeinschaft bekannt, die sich allein auf die Bibel beruft.
Gegenfrage: Sind die christologischen und trinitätstheologischen Aussagen der frühen Konzilien allein aus der Bibel abgeleitet?
Sie widersprechen nicht der Bibel und das ist was für uns "sola scriptura" bedeutet. Alle Konzilsentscheidungen der Alten Kirche, die nicht der Schrift widersprachen oder Glaubensinhalte einführten, die über das Zeugnis der Bibel hinausgehen, sind für uns bindend.
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Miserere Nobis Domine »

Lutheraner hat geschrieben:
Miserere Nobis Domine hat geschrieben:Mal im Ernst, die Tradition ist im Einklang mit der Schrift. Wer das anders sieht, hat die Schrift willkürlich nach eigenem Ermessen interpretiert.
Warum glaubst Du dann nicht an das Jurisdiktionsprimat des Papstes, seine Unfehlbarkeit und die unbefleckte Empfängnis, wenn das alles im Einklang mit der Schrift ist?
Weil Du letzteres nicht glaubst, ziehst Du Dir angeblich übrigens den Zorn Gottes und der Apostel Petrus und Paulus auf Dich (das steht so im Text der dogmatischen Bulle). Mit anderen Worten: Du wirst sehr wahrscheinlich verdammt.
Wie ist das jetzt mit der Tradition?
Das war aber 1054 noch nicht teil der Tradition, da hat man in Rom etwas hinzugefügt.

Ralf

Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Ralf »

Lutheraner hat geschrieben:Sie widersprechen nicht der Bibel und das ist was für uns "sola scriptura" bedeutet. Alle Konzilsentscheidungen der Alten Kirche, die nicht der Schrift widersprachen oder Glaubensinhalte einführten, die über das Zeugnis der Bibel hinausgehen, sind für uns bindend.
Sorry, aber das ist nicht "sola scriptura", sondern "sola was ich will plus scriptura"

TillSchilling

Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von TillSchilling »

Ralf hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:Sie widersprechen nicht der Bibel und das ist was für uns "sola scriptura" bedeutet. Alle Konzilsentscheidungen der Alten Kirche, die nicht der Schrift widersprachen oder Glaubensinhalte einführten, die über das Zeugnis der Bibel hinausgehen, sind für uns bindend.
Sorry, aber das ist nicht "sola scriptura", sondern "sola was ich will plus scriptura"
Ralf, unter dem Begriff "sola scriptura" wird verschiedenes verstanden. Daher ist dieser Begriff alleine misverständlich. Aus diesem Grund habe ich oben aufgeführt was in den lutherischen Bekenntnisschriften zu diesem Thema geschrieben wurde. Betrachtet man die Argumentationsweise der frühen Lutheraner und auch der Bekenntnisschriften, so wird klar das deren Ansatz mehr ein "prima scriptura" denn ein "sola scriptura" ist. Diesem, die Tradition beachtenden, Ansatz wollen wir folgen. Wenn das kein "sola scriptura" ist, dann ist das eben so.
Ich persönlich hänge überhaupt nicht an diesem Schlagwort, da ich es zu oft misbraucht gesehen habe.

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Leguan
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Leguan »

Lutheraner hat geschrieben:Sie widersprechen nicht der Bibel und das ist was für uns "sola scriptura" bedeutet. Alle Konzilsentscheidungen der Alten Kirche, die nicht der Schrift widersprachen oder Glaubensinhalte einführten, die über das Zeugnis der Bibel hinausgehen, sind für uns bindend.
Aber wer entscheidet, was der Schrift widerspricht? Jeder für sich?
Und wieso hat der, der das heute entscheidet, eine größere Entscheidungskompetenz, als die Konzilsväter?
If any stupid priest or bishop in Nigeria feels he wants to copy the American model, then there is something wrong with his head. --Olubunmi Anthony Kardinal Okogie

TillSchilling

Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von TillSchilling »

Leguan hat geschrieben: Aber wer entscheidet, was der Schrift widerspricht? Jeder für sich?
Nicht jeder für sich, nein.

Wie wurden Lehrfragen in der frühen Kirche behandelt? Durch Disputation und theologischen "Streit". Streit vorwiegend unter Theologen, Bischöfen oder Priestern. Wobei - wie schon im NT bezeugt aber auch in frühchristlichen Schriften - zur Argumentationsunterstützung immer wieder auf die heilige Schrift selber verwiesen wurde. Zu Behaupten, dass das Prinzip von der Schrift als Richtschnur erst im 16. Jahrhundert entstanden ist, ist einfach Unsinn. Die Reformation selber war zuerst einmal ein Protest universitärer Theologen gegen Praktiken innerhalb der Kirche. Die ihr Recht zum Protest in ihrem Amt als Doktor der Kirche gegeben sahen. Dr. Luthers 95 Thesen waren ja zuerst einmal nur eine Aufforderung zur theologischen Sachdisputation. Was ihm in seiner politischen Naivität wohl überhaupt nicht bewusst war, war in was für ein Wespennest aus Geld- und Geschäftsinteressen er mit seinem Angriff gegen das Ablassunwesen stach.

Behandelt und dann geklärt wurden Lehrfragen in der frühen Kirche also durch "Streit" und Konzilsentscheide. Nicht durch einen Papst. Und klassische Protestanten (Lutheraner, Anglikaner, Reformierte) haben ja auch keine Probleme die Entschlüsse der oekumenischen Konzile des 1. Jahrtausends der Kirchengeschichte zu akzeptieren. Wobei auch diese Konzilsentschlüsse kritisiert werden können.
Leguan hat geschrieben: Und wieso hat der, der das heute entscheidet, eine größere Entscheidungskompetenz, als die Konzilsväter?
Hat er nicht. Aber die Aussagen der Konzilsväters sind eben auch nicht einfach deswegen autoritativ weil sie von Konzilsvätern getan wurden. Schon gar nicht die Ausagen der späteren, rein westlichen Konzile. Und vor allem sind viele Lehraussagen der westlichen Kirches des 2. Jahrtausends einfach in einem spekulativen Vakuum getroffen worden ohne irgendeine, erkennbare Rückbeziehung auf die Schrift.

Das Konzept er Schrift als Leitschnur ist wichtig, um die Lehre der Kirche vor spekulativem Wildwuchs zu bewahren aber letztendlich muss man wohl feststellen, dass es nicht wenige Fragen der christlichen Lehre gibt, die nicht "mit Sicherheit" geklärt werden können. Die Idee des unfehlbaren Lehramtes scheint hier einen Ausweg zu bieten, aber es ist kein wirklicher.




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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Lutheraner »

TillSchilling hat geschrieben:Und vor allem sind viele Lehraussagen der westlichen Kirches des 2. Jahrtausends einfach in einem spekulativen Vakuum getroffen worden ohne irgendeine, erkennbare Rückbeziehung auf die Schrift.
und teilweise auch ohne Beachtung der eigenen Überlieferung, auf die doch sonst angeblich so viel Wert gelegt wird. Bestes Beispiel: Die unbefleckte Empfängnis. Jahrhundertelang wurde über das Thema gestritten und selbst Thomas v. Aquin hatte diese Theorie in seinen Schriften entschieden abgelehnt. Es kann sich dabei also gar nicht um eine apostolische Überlieferung handeln, sondern es wurde ein neuer Glaubenssatz geschaffen, dem auch noch Heilsbedeutung zugesprochen wurde.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Clemens
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Re: Evangelische "Piusbruderschaft"?

Beitrag von Clemens »

TillSchilling hat geschrieben: Zu Behaupten, dass das Prinzip von der Schrift als Richtschnur erst im 16. Jahrhundert entstanden ist, ist einfach Unsinn.
Die Idee von der Richtschnur ist - meine ich - nicht das Problem.
Das Problem ist die im Mittelalter entstandene Idee, dass was nicht mit der Schrift begründet werden kann, falsch, oder zumindest unwichtig ist.
Die Irrlehre von der Bibel als alleiniger Maßstab, was von den Aposteln geboten sei und was nicht, ist - soweit ich weiß - zuerst bei Waldensern und ähnlichen Gruppierungen aufgekommen.

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