Hochkirchliche Bruderschaften

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
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tanatos
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Beitrag von tanatos »

Lutheraner hat geschrieben: Zu meiner Behauptung, dass in der Missouri-Synode nur installiert, aber nicht ordiniert wurde, finde ich in diesem Artikel keinen direkten Anhaltspunkt, außer den Hinweis auf die kongregationalistische Verfassung der Missouri-Synode. Ich kann das in einem Buch nachschlagen. Wenn ich mich richtig entsinne war das Problem damals, dass die Pfarrer der Missouri-Synode nur von den Gemeinden ordiniert wurden (was ich eher als Installation sehen würde, das ist meine persönliche Interpretation). Die Kirche selbst wollte nicht für sie zuständig sein. Die Missouri-Synode hat das angeblich mit den Bekenntnisschriften begründet, die ja keine Aussage darüber machen, wie die Berufung zum Pfarrer erfolgen soll oder woraus sie sich ableitet. Die Missionare um Löhe bezogen sich auf die Bibel und damit eher auf einen hochkirchlichen Sukzessionsgedanken.
Ich habe noch einmal nachgeforscht und bin dabei auf Thesen von Walther, dem Übervater Missouris, gestoßen:
http://pages.prodigy.net/cnehrenz/germchmin.html

Interessant ist hier im Bereich " Von Heiligen Predigtamt oder Pfarramt" die These VI:

Das Predigtamt wird von Gott durch die Gemeinde, als Inhaberin aller Kirchengewalt oder der Schlussel, und durch deren von Gott vorgeschriebenen Beruf ubertragen. Die Ordination der Berufenen mit Handauflegung is nicht gottlicher einsetzung, sonder einer apostolische kirchliche Ordnung, und nur eine offentliche feierliche Bestatigung jenes Berufes.

Hieraus ist -so denke ich- eindeutig folgender Rückschluß möglich:
1. Unabhängig von der theologischen Deutung gab es eine Ordination
2. Diese geschah durch Handauflegung.

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Raphael hat geschrieben:
Marcus hat geschrieben:@ Raphael

Jeder Christ bzw. derjenige, der an Jesus Christus glaubt und getauft ist, ist ein Glied der einen Kirche Christi.
Das ist der minimalistische Ansatz zur Definition der Kirchenzugehörigkeit.
Im übrigen ist die Kirche Christi katholisch, wie Du im Credo nachlesen kannst. Du brauchst also nicht sorgsam dieses Adjektiv vermeiden.


Ich meide nicht sorgsam den Begriff „Katholisch“. Von der einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche zu schreiben ist mir aber etwas zu lang. Wenn von der „einen Kirche Christi“ die Rede ist, kannst Du Dir also gerne die anderen Adjektive dazu denken.

Marcus hat geschrieben:Da diese Kirche gespalten ist und man nicht in das Innere eines Menschen hineinschauen kann, weiß niemand, wer genau zu ihr gehört.
Die Spaltung der Kirche ist eine bisher nicht bewiesene Tatschenbehauptung Deinerseits. Hilfreich wäre da ein detaillierter Nachweis von Deiner Seite. Was in der Tat zu sehen ist, ist die Abspaltung von diversen Gruppen innerhalb der gläubigen Schar der Jünger Jesu. Bei Abspaltungen stellt sich dann naturgemäß die Frage, inwieweit der Glaube bewahrt worden ist ..............


Ob die Kirche gespalten ist, hängt davon ab, was man unter einer Spaltung versteht oder verstehen will. Die Kirche ist insoweit nicht gespalten als sich sämtliche Christen Jesus Christus als Haupt der Kirche unterordnen. Es besteht aber innerhalb der Christenheit keine Lehreinheit, so dass viele Konfessionen mit den verschiedensten Lehrmeinungen existieren und Abendmahlsgemeinschaft innerhalb der christlichen Familie nicht möglich ist. Auch die RKK ist eine Abspaltung der einen heiligen katholischen und apostolischen Kirche. Man darf es nicht leugnen, dass auch in der RKK vielfältige Elemente der wahren Katholizität und Apostolizität der Kirche Jesu Christi vorhanden bzw. erhaltengeblieben sind, dennoch lassen sich nicht zuletzt aus dem Kontext der Überlieferungen aus den ersten Jahrhunderten Lehrdifferenzen zwischen der RKK und der alten katholischen Kirche feststellen. Seien wir mal großzügig: Belege anhand der Tradition bis zum 4. Jahrhundert, dass dem römischen Bischof Unfehlbarkeit und ein allumfassendes Primat in der Gesamtkirche zugesprochen worden ist, Maria nicht nur seelisch, sondern auch leiblich in den Himmel aufgenommen worden ist und das Fegefeuer existiert und dies allgemeiner Glaube in der Kirche Christi, also im Westen wie auch im Osten war. Kannst Du das nicht belegen, wird es schwierig sein, diese römischen Lehren als katholische Lehren anzuerkennen. Ich hätte auch gerne Beweise und keine Indizien.
Marcus hat geschrieben:Sie ist also eine unsichtbare Kirche und die Gemeinde der Heiligen. Gott hat also Sein Volk überall, das in seiner Gesamtheit die unsichtbare Kirche Christi darstellt. Wer nach seiner Taufe vom Glauben abfällt, ist als totes Glied am Leib Christi anzusehen.
Die Kirche ist nicht nur unsichtbar, sondern sichtbar, denn die Jünger Christi glauben, daß das Wort Fleisch geworden ist.
Kaprizierst Du Dich nur auf einen "Teil" der Kirche, entweder sichtbar oder unsichtbar, verfällst Du schon einer "halben Häresie".

Es bestehen keine unsichtbare und sichtbare Kirche nebeneinander. Der sichtbare Teil der Kirche ist jener Teil der allumfassenden Kirche Christi, wo das Evangelium rein gepredigt und die Sakramente nach der Stiftung Jesu Christi verwaltet werden. Nur dort ist der wahre christliche Glauben sichtbar wiederzuerkennen.

Marcus hat geschrieben:Die sichtbare Kirche Christi ist hingegen überall dort vorzufinden, wo das Evangelium rein gepredigt und die Sakramente stiftungsgemäß verwaltet werden.
Geschieht das tatsächlich in den hunderten von Denominationen des Protestantismus?

Mit Sicherheit nicht. Zwei konträr zueinanderstehende Bekenntnisse können nicht beide gleichzeitig wahr sein. Mindestens eins muss zwangsläufig falsch sein, wobei es nicht ausgeschlossen werden kann, dass beide Teile der Wahrheit erhalten. Ja, es gibt viele Denominationen im Protestantentum. Es gibt aber auch die unterschiedlichsten Gruppen in der RKK. Zwar gehören die Mitglieder dieser Gruppen juristisch formal zur RKK, theologisch sind die Unterschiede dennoch immens. Man braucht nur mal einen Aktivisten von „Wir-sind-Kirche“ einem Petrusbruder gegenüberzustellen. Also weniger Pluralismus als bei Protestanten gibt es in der RKK mit Sicherheit nicht.
Marcus hat geschrieben:Auch in der sichtbaren Kirche finden sich natürlich Heuchler wieder.
Was willst Du mir damit sagen?

Nicht jeder, der sich nach außen als Christ gibt, ist das auch in seinem Herzen.
Marcus hat geschrieben:Ziel eines jeden Christen muss es natürlich sein, zur sichtbaren Kirche zu gehören. Darum muss jeder Christ nach seinem besten Wissen und Gewissen für sich die Entscheidung treffen, ob der Weg, den er mit seiner Gemeinde geht, der richtige ist. Gehört ein Christ nur aus Unkenntnis nicht zur sichtbaren Kirche, wird ihm das mit Sicherheit nicht negativ angerechnet. Anders sieht es aber aus, wenn er die Wahrheit erkannt hat und sie leugnet.

Wie sieht es denn aus, wenn er in schuldhafter Weise vermeidet, nach der Wahrheit zu suchen, sondern es sich in seinen Teilwahrheiten bequem macht?

Entscheidend ist für mich das Gewissen. Meine persönliche Meinung wird in 1. Joh 3, 21 ff. eigentlich ganz gut wiedergegeben. Sollte er erkennen, dass dieser Weg der Bequemlichkeit falsch ist, Gewissensbisse bekommen, aber dennoch keine Konsequenzen daraus ziehen will, würde ich ihn zumindest mal fragen, ob er wirklich glaubt, damit durchzukommen, ohne ihn die Antwort dabei vorwegzunehmen. Er soll sich eben mal ernsthafte Gedanken machen.
Marcus hat geschrieben:Die dogmatischen Konstitution „Lumen Gentium“ gewährt letztlich auch die individuelle Freiheit des Wissens und des Gewissens.
Lumen Gentium ist die dogmatische Konstitution der katholischen Kirche, welche auf dem Vaticanum II verfaßt worden ist. Die Frage der subjektiven Gewissensfreiheit steht in diesem Zusammenhang nicht im Vordergrund der Überlegungen.
In dieser Konstitution wird vielmehr deutlich klar gestellt, daß der einzelne Gläubige es sich nicht als sein eigenes Verdienst anrechnen darf, wenn er zur katholischen Kirche gehört; anders gesagt: Vom Herrn aus den Völkern herausgerufen wurde!

Die römische Kirche hat sich auf dem 2. VK ausdrücklich zur Religions- und Gewissensfreiheit bekannt, was auch in Lumen Gentium seinen Niederschlag findet.
Marcus hat geschrieben:
Lumen Gentium hat geschrieben:Darum könnten jene Menschen nicht gerettet werden, die um die katholische Kirche und ihre von Gott durch Christus gestiftete Heilsnotwendigkeit wissen, in sie aber nicht eintreten oder in ihr nicht ausharren wollten. Jene werden der Gemeinschaft der Kirche voll eingegliedert, die, im Besitze des Geistes Christi, ihre ganze Ordnung und alle in ihr eingerichteten Heilsmittel annehmen und in ihrem sichtbaren Verband mit Christus, der sie durch den Papst und die Bischöfe leitet, verbunden sind, und dies durch die Bande des Glaubensbekenntnisses, der Sakramente und der kirchlichen Leitung und Gemeinschaft. Nicht gerettet wird aber, wer, obwohl der Kirche eingegliedert, in der Liebe nicht verharrt und im Schoße der Kirche zwar "dem Leibe", aber nicht "dem Herzen" nach verbleibt.
Nach LG kann also sogar ein Protestant, der von seinem Glauben überzeugt ist und nicht erkannt hat, dass die Kirche Christi nach römisch-katholischer Lehre nur in der RKK + Union voll verwirklicht ist, ebenfalls gerettet werden.
Damit unternimmst Du eine Fehlinterpretation von LG, denn dies steht so nicht darin.
Insbesondere bei Protestanten in der westlichen Zivilisation darf man davon ausgehen, daß sie sich vollumfänglich über den katholischen Glauben informieren könnten. Daher muß man auch meine obige Frage nach deren schuldhaften Versäumnissen stellen!

Protestanten in der westlichen Zivilisation sind also verloren?Überzeugte Christen aus den reformatorischen Konfessionen informieren sich sehr wohl über den katholischen (allgemeinen) christlichen Glauben und stellen dabei ihre Vergleiche an. Auch römische Lehren werden selbstverständlich wie die eigenen Bekenntnisse dabei unter die Lupe genommen. Verstehen sie dabei wirklich etwas falsch, so kann man ihnen zumindest nicht zum Vorwurf machen, dass sie es schuldhaft versäumt hätten, sich über den katholischen Glauben zu informieren.
Marcus hat geschrieben:Hier könnte man als Piusbruder wohl auch in gewisser Weiße dasselbe über die RKK sagen, was Du den Protestanten vorwirfst.
Man kann auf zwei Seiten vom Pferd fallen und kommt in beiden Fällen (sic!) unter die Hufe!
So verquer es sich auch anhört, aber die katholischen Traditionalisten der FSSPX und die diversen Sedisvakantisten pflegen eher einen protestantischen Glauben als den katholischen. Nur: Während die Protestanten links vom Pferd fallen, fallen diese Gruppierungen rechts 'runter .........
Auch wenn ich mich mit den Piusbrüdern nicht identifizieren kann, so muss ich ihnen zugestehen, dass sie letztlich diejenigen römischen Katholiken sind, die den alten überlieferten römisch-katholischen Glauben unverfälscht erhalten haben, auch zukünftig erhalten wollen und dafür viele Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen. Für mich sind deshalb nicht umsonst die wahren römischen Katholiken. Dennoch ist mir die postvatikanische RKK wesentlich sympathischer. Und das 2. VK war durchaus ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung seitens der RKK. So viel Anerkennung muss sein.

Raphael

Beitrag von Raphael »

Lieber Marcus,
Marcus hat geschrieben:Auch wenn ich mich mit den Piusbrüdern nicht identifizieren kann, so muss ich ihnen zugestehen, dass sie letztlich diejenigen römischen Katholiken sind, die den alten überlieferten römisch-katholischen Glauben unverfälscht erhalten haben, auch zukünftig erhalten wollen und dafür viele Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen. Für mich sind deshalb nicht umsonst die wahren römischen Katholiken. Dennoch ist mir die postvatikanische RKK wesentlich sympathischer. Und das 2. VK war durchaus ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung seitens der RKK. So viel Anerkennung muss sein.
offenbar geht Dir ja ein gewisser Respekt vor dem römisch-katholischen Glauben nicht ab ..............
Nur kann man dann nicht einerseits die schismatischen Handlungen der FSSPX-Gründer goutieren und gleichzeitig das Vaticanum II als ein Schritt in die richtige Richtung ansehen. Die FSSPX versteht sich selbst als eine innerkirchliche Widerstandsbewegung gegen das Vaticanum II. Wenn es nach der FSSPX gehen würde, dann würde das Vaticanum II dem Vergessen des Volkes Gottes anheim gegeben.
Dein Lob des Vaticanum II und Dein Lob der Widerstandsbewegung des Vaticanum II widerspricht sich selber ..............

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Lieber Tanatos,
tanatos hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben: Zu meiner Behauptung, dass in der Missouri-Synode nur installiert, aber nicht ordiniert wurde, finde ich in diesem Artikel keinen direkten Anhaltspunkt, außer den Hinweis auf die kongregationalistische Verfassung der Missouri-Synode. Ich kann das in einem Buch nachschlagen. Wenn ich mich richtig entsinne war das Problem damals, dass die Pfarrer der Missouri-Synode nur von den Gemeinden ordiniert wurden (was ich eher als Installation sehen würde, das ist meine persönliche Interpretation). Die Kirche selbst wollte nicht für sie zuständig sein. Die Missouri-Synode hat das angeblich mit den Bekenntnisschriften begründet, die ja keine Aussage darüber machen, wie die Berufung zum Pfarrer erfolgen soll oder woraus sie sich ableitet. Die Missionare um Löhe bezogen sich auf die Bibel und damit eher auf einen hochkirchlichen Sukzessionsgedanken.
Ich habe noch einmal nachgeforscht und bin dabei auf Thesen von Walther, dem Übervater Missouris, gestoßen:
http://pages.prodigy.net/cnehrenz/germchmin.html

Interessant ist hier im Bereich " Von Heiligen Predigtamt oder Pfarramt" die These VI:

Das Predigtamt wird von Gott durch die Gemeinde, als Inhaberin aller Kirchengewalt oder der Schlussel, und durch deren von Gott vorgeschriebenen Beruf ubertragen. Die Ordination der Berufenen mit Handauflegung is nicht gottlicher einsetzung, sonder einer apostolische kirchliche Ordnung, und nur eine offentliche feierliche Bestatigung jenes Berufes.

Hieraus ist -so denke ich- eindeutig folgender Rückschluß möglich:
1. Unabhängig von der theologischen Deutung gab es eine Ordination
2. Diese geschah durch Handauflegung.
Man kann das natürlich als Ordination sehen, wenn man eine einzelne Gemeinde als Kirche anerkennt (wie bei presbyterial oder kongregationalistisch organisierten Gemeinschaften üblich).
Nur sehe ich hier eine Ordinationspraxis, die noch um einiges hinter der des umstrittenen VELKD-Ordinationspapiers zurücksteht.

Weisst du welche Ordinationspraxis die LCMS heute hat?

Bischof
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Beitrag von Bischof »

Hallo Lutheraner!

Hier ein Link auf die Schnelle- Ausführungen zum Thema Ordination in der Lutherischen Kirche Missouri-Synode, aber in Engelisch:

https://www.lcms.org/graphics/assets/me ... necall.pdf

Herzliche Grüße
Bischof

Bischof
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Beitrag von Bischof »

Ordinationsritus der Missouri-Synode von 1856 (weiter unten):

http://www.stjohn-lcms.com/ordinat.htm

Herzliche Grüße
Bischof

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tanatos
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Beitrag von tanatos »

Bischof hat geschrieben:Hallo Lutheraner!

Hier ein Link auf die Schnelle- Ausführungen zum Thema Ordination in der Lutherischen Kirche Missouri-Synode, aber in Engelisch:

https://www.lcms.org/graphics/assets/me ... necall.pdf

Herzliche Grüße
Bischof
..und hieraus ist eindeutig festzustellen, daß die Ordination "durch rechtgläubige Pastoren" (S.16) erfolgte, also nicht allein durch die Gemeinde.

Aehnlich auch in der von "Bischof" dankenswerterweise gefundenen Uebersetzung der damaligen Missouri-ordinationsagende:
"...Then the assistant pastors (Geistlichen) lay on their hands and each one speaks a biblical blessing (Wunsch). Then the Ordinator further says: ..."

Ich denke, es muß hier unterschieden werden zwischen Orthodoxie und Orthopraxis:

Die Ordinationspraxis der LCMS entsprach und entspricht ganz der lutherischen Tradition, ganz wie sie in der Zeit der lutherischen Orthodoxie (dem großen Bezugspunkt von Missouri) praktiziert wurde. Und somit gab und gibt es eine Ordination.

Das, was in Missouri als Orthodoxie verstanden wird, ist auch das, was in Teilen der lutherischen Orthodoxie vertreten wurde.
Das Problem bei der Frage des Amtes ist, daß -und ich folge hier der Argumentatiuon Löhes- die Amtsfrage im Luthertum nicht endgültig entschieden ist. Missouri mit seiner starken (aber - so meine ich - im Gegensatz zum VELKD-Papier nicht einseitigen!) Betonung der Herleitung des Amtes aus der Gemeinde liegt hier auf der Ebene einer der möglichen amtstheologischen Herleitungen des Luthertums (die am Rande bemerkt ich persönlich nicht vertreten würde).

Lieber "Lutheraner", Du vergleichst Missouris Position mit dem unseligen, da unlutherisch-bekenntniswidrigen und antiökumenischen VELKD-Papier und siehst beide nahe beieinander. Könntest Du das etwas näher ausführen?

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Raphael hat geschrieben:Lieber Marcus,
Marcus hat geschrieben:Auch wenn ich mich mit den Piusbrüdern nicht identifizieren kann, so muss ich ihnen zugestehen, dass sie letztlich diejenigen römischen Katholiken sind, die den alten überlieferten römisch-katholischen Glauben unverfälscht erhalten haben, auch zukünftig erhalten wollen und dafür viele Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen. Für mich sind deshalb nicht umsonst die wahren römischen Katholiken. Dennoch ist mir die postvatikanische RKK wesentlich sympathischer. Und das 2. VK war durchaus ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung seitens der RKK. So viel Anerkennung muss sein.
offenbar geht Dir ja ein gewisser Respekt vor dem römisch-katholischen Glauben nicht ab ..............
Nur kann man dann nicht einerseits die schismatischen Handlungen der FSSPX-Gründer goutieren und gleichzeitig das Vaticanum II als ein Schritt in die richtige Richtung ansehen. Die FSSPX versteht sich selbst als eine innerkirchliche Widerstandsbewegung gegen das Vaticanum II. Wenn es nach der FSSPX gehen würde, dann würde das Vaticanum II dem Vergessen des Volkes Gottes anheim gegeben.
Dein Lob des Vaticanum II und Dein Lob der Widerstandsbewegung des Vaticanum II widerspricht sich selber ..............
Hallo Raphael,

zu loben ist in erster Linie das 2. Vatikanische Konzil. Ich lobe nicht die Piusbrüder für ihren Widerstand und ihre Ansichten, die sie vertreten. Dennoch habe ich aber auch vor Piusbrüdern in gewisser Weise Respekt, weil sie bereit sind, für ihre Überzeugung einige Unannehmlichkeiten, vor allem in der eigenen Kirche in Kauf zu nehmen, womit sie in meinen Augen Rückrat und Standfestigkeit zeigen, auch wenn ich die Art und Weise ihres altkonfessionalistischen Beharrens für falsch halte.

Vor dem römisch-katholischen Glauben habe ich den Respekt, den man als Christ einem anderen Christen mit anderem Glauben entgegenzubringen hat. Außerdem hatte ich selbst einige Zeit damit sympathisiert, römisch-katholisch zu werden, bis ich für mich
trotz anfänglicher Vorbehalte festgestellt habe, dass mich die Altlutheraner mehr ansprechen. (siehe ältere Beiträge von mir)
Das war dann eine Gewissensentscheidung. Daher habe ich auch keinen Grund, gegen die RKK eine Hetzkampagne zu veranstalten. Schließlich habe ich sie lange Zeit selbst in evangelikalen Bibelforen vor entsprechenden Attacken in Schutz genommen. Ich bin zudem auch mit römischen Katholiken befreundet.

Gruß

Marcus

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

tanatos hat geschrieben: Lieber "Lutheraner", Du vergleichst Missouris Position mit dem unseligen, da unlutherisch-bekenntniswidrigen und antiökumenischen VELKD-Papier und siehst beide nahe beieinander. Könntest Du das etwas näher ausführen?
Ich habe den Eindruck, dass aufgrund der (zumindest damaligen) kongregationalen Verfassung der MS und dem was ich bisher über ihr Amtsverständnis gelesen habe, die Ordination nur durch die Gemeinde (vertreten durch das Presbyterium) erfolgte. Wie wurde dadurch gewährleistet, dass diese Ordination von der ganzen Kirche anerkannt wurde? Wie wurde mit Pfarrern verfahren, die zu einer anderen Gemeinde innerhalb der MS wechselten? Die MS konnte doch durch diese Ordinationspraxis gar nicht gewährleisten, dass eine Ordination durch eine ihrer Gemeinden von anderen Gemeinden anerkannt wurde.

Bei dem VELKD Ordinations-Papier sehe ich das Problem, dass es für Prädikanten nicht von Ordination sprechen möchte und die kirchliche Berufung von Prädikanten als Abgrenzung zur Ordination von Pfarrern nur als Beauftragung bezeichnet. Hier wird künstlich eine Unterscheidung aufgebaut, die es nicht gibt. Trotzdem werden Prädikanten von höheren Kirchenvertretern ordiniert (auch wenn der Begriff absurdereise nicht verwendet werden soll und Prädikanten einige kirchliche Handlungen wie Taufe, Eheschließung, etc. nicht durchführen dürfen). Das ist - wenn wir die Begrifflichkeiten ausser Acht lassen - trotzdem eine einmalige Ordination durch die Kirche (vertreten durch einen Regionalbischof o.ä.), die zumindest für die jeweilige Landeskirche gültig ist.

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tanatos
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Beitrag von tanatos »

Lieber “Lutheraner”,
Ich habe das Gefuehl, das Du bei der Missourisynode eine Ordinationspraxis und –theologie annimmst, die deren Theologie nicht gerecht wird.
Lutheraner hat geschrieben: Ich habe den Eindruck, dass aufgrund der (zumindest damaligen) kongregationalen Verfassung der MS und dem was ich bisher über ihr Amtsverständnis gelesen habe, die Ordination nur durch die Gemeinde (vertreten durch das Presbyterium) erfolgte.
Die von “Bischof” angefuehrte Ordinationsordnung belegt eindeutig, dass die Ordinationshandlung selbst –Luthers beispiel folgend- nicht durch die Gemeinde, sondern durch bereits ordinierte Pfarrer erfolgte. Ausserdem hatten die Pfarrer in der damaligen Verfassung der Missourisynode eine wichtige Rolle. Im Unterschied zu manch anderen lutherischen Synoden der damaligen Zeit (z.B. Buffalo-Synode) waren allerdings Laien AUCH in der Verfassung vorgesehen. Die Synode verstand sich als Vereinigung von Pfarrern UND Laien.

An dieser Stelle ist zu bedenken, dass eine Synode im Amerika des 19. Jahrhunderts an erster Stelle ein Zusammenschluss von Pfarrern war, ein Zusammenschluss von Gemeinden erst hiervon abgeleitet an zweiter Stelle.
Lutheraner hat geschrieben: Wie wurde dadurch gewährleistet, dass diese Ordination von der ganzen Kirche anerkannt wurde?
Hier gab es –zumindest von Seiten lutherischer Kirchen- meines Wissens nie Probleme. Die Missouri-Ordination wurde stets als gueltige Ordination anerkannt.
Lutheraner hat geschrieben: Wie wurde mit Pfarrern verfahren, die zu einer anderen Gemeinde innerhalb der MS wechselten?
Ich gehe davon aus, dass der Pfarrer nur einmal ordiniert wurde.
Ich erinnere aus der Lektuere der “Kirchlichen Mittheilungen aus Nordamerika” (Herausgeber: Loehe), dass die von ihm Entsandten (in Deutschland noch nicht ordinierten) “Nothelfer” sich in den USA ordinieren liessen innerhalb einer “rechtglaubigen” Synode, und das heisst fuer eine bestimmte Zeit der Zusammenarbeit innerhalb der Missouri-Synode. Diese Ordinationen wurden dann innerhalb dieser Schrift ausfuehrlich gewuerdigt. Auch haben die Pfarrer in den USA ihre Pfarrstellen gewechselt. Von einer Mehrfach-Ordination war hier nie etwas zu lessen, und wenn es sowas gegeben haette, haette Loehe sicher laut aufgeschriehen und die Verbindung mit Missouri beendet, was er beknntlich nicht aktiv tat.
Waehrend der Zusammenarbeit Loehe-Missouri wurde auch ein bereits in Deutschland ordinierter Pfarrer in die Missouri-Synode entsandt (seinen namen habe ich jetzt leider nicht zur Hand). Von einer “Re-Ordination” war hier auch nie etwas zu lessen, wohl aber davon, dass er eine neue Pfarrstelle (ich denke es war Frankenhilf???) uebernommen hat.
Lutheraner hat geschrieben: Die MS konnte doch durch diese Ordinationspraxis gar nicht gewährleisten, dass eine Ordination durch eine ihrer Gemeinden von anderen Gemeinden anerkannt wurde.
Wieso nicht, da sie doch, wie das Ordinationsformular zeigt, durch ordinierte Pfarrer vorgenommen wurde?
Lutheraner hat geschrieben: Bei dem VELKD Ordinations-Papier sehe ich das Problem, dass es für Prädikanten nicht von Ordination sprechen möchte und die kirchliche Berufung von Prädikanten als Abgrenzung zur Ordination von Pfarrern nur als Beauftragung bezeichnet. Hier wird künstlich eine Unterscheidung aufgebaut, die es nicht gibt. Trotzdem werden Prädikanten von höheren Kirchenvertretern ordiniert (auch wenn der Begriff absurdereise nicht verwendet werden soll und Prädikanten einige kirchliche Handlungen wie Taufe, Eheschließung, etc. nicht durchführen dürfen). Das ist - wenn wir die Begrifflichkeiten ausser Acht lassen - trotzdem eine einmalige Ordination durch die Kirche (vertreten durch einen Regionalbischof o.ä.), die zumindest für die jeweilige Landeskirche gültig ist.
Hier ist Dir voll zuzustimmen.
Wie setzt Du dies allerdings ins Verhaeltnis zur Missourisynode?

Bischof
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Beitrag von Bischof »

Ich möchte kurz aus der Dissertation von Dr. theol. Christoph Barnbrock: Die Predigten C.F.W. Walters im Kontext deutscher Auswanderergemeinden in den USA. Hintergründe-Analysen-Perspektiven, Hamburg 2003, S. 93 zitieren:

"Das Predigtamt ist für Walter 'ein von Gott selbst gestiftetes Amt', das wesentlich zur Kirche gehört und vom Priestertum aller Gläubigen unterschieden ist, aber die Rechte des Priestertums aller Gläubigen 'von Gemeinschaftswegen' ausübt. Wiewohl sich das kirchliche Amt nach Walter nicht aus dem Priestertum aller Gläubigen ableiten lasse. ..."

S. 94

"Die Besonderheit von Walthers Beitrag zur Debatte besteht darin, dass er mit seinem amtstheologischen Entwurf eine vermittelnde Position einnimmt. (...) Einerseits betrachtet er die göttliche Stiftung des Amtes mit Löhe als eine vom Priestertum aller Gläubigen unterschiedene Größe. Andererseits gestand Walter wie Höfling nicht nur den Amtsträgern, sondern auch den Gemeinden das Recht zur Ausübung des Kirchenregiments zu und betonte gegenüber der Ordination die als göttliches Handeln verstandene Berufung des Amtsträgers durch die Gemeinde."

Also ich denke, man muss hier sorgsam unterscheiden. Einerseits die Ordination, die von Gott kommt und die nicht aus dem Priestertum aller Gläubigen abgeleitet wird und auf der anderen Seite die Installation, also die Berufung durch die Gemeinde.

Das ist aber gänzlich etwas anderes als das unselige, ketzerische Amtspapier der VELKD. Mal sehen, ob ich zum aktuellen Ordinationsritus in der LC-MS im Internet noch etwas finde.

Herzliche Grüße
Bischof

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Mellon
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Beitrag von Mellon »

@ Stephen Dedalus
Ich habe – wie am 7.11. versprochen – mich in meinen Büchern umgesehen.
Es ging um Deine Frage, warum evangelisch-hochkirchlichen Gruppen seinerzeit auf nicht auf beispielsweise schwedische oder finnische lutherische Bischöfe zurückgegriffen haben. Ich antwortete, daß der schwedische Erzbischof Nathan Söderblom es abgelehnt hatte, damals Heiler zum Bischof zu weihen.
Du wolltest nähere Informationen dazu. Hier ist, was ich in der Biographie Heilers „Evangelische Katholizität“, geschrieben von seinem Schwiegersohn Hans Hartog, gefunden habe:

1926 baten einige hochkirchliche Freunde Heilers diesen, seine ökumenischen Kontakte zu nutzen, „um eine die presbyteriale Ordination ergänzende episkopale Weihe denen zu ermöglichen, die das wünschten“. Heiler schrieb diesbezüglichen an seinen „väterlichen Freund“, Erzbischof Söderblom. Erhalten geblieben ist nur dessen Antwortschreiben vom 14. Januar 1927. Darin mahnt dieser zu vorsichtigem Vorgehen:
„ … sagen Sie Ihren Freunden, daß, wie überall in der Kirchengeschichte, die Frage der episkopalen Ordination vorsichtig und gründlich genommen werden muß. In der Kirche darf man nicht Eile haben. Die Sache kommt doch mit Notwendigkeit.“
Außerdem behauptetet Söderblom in diesem Brief, daß die apostolische Sukzession sowieso nicht eine Kette von Handauflegungen bedeutete, „sondern daß ein Bischofsstuhl nicht vakant war“. Sich an einen episcopos vagans zu wenden, bezeichnete Söderblom als „töricht und dilletantisch“ sowie als „betrüblich“.
Weiter schrieb er: „Ich will gerne dabei behilflich sein, aber diese Sache erfordert große Vorsicht, zumal es sich um außerhalb meiner Jurisdiktion stehende Priester handelt. Die einfachste Lösung wäre wohl, daß diejenigen, die so wünschen, sich bei dem von mir geweihten deutsch-baltischen Bischof Dr. Poelchau, Riga, melden, einem weitherzigen und intelligenten Mann, an den Sie sich frei und aufrichtig wenden können. Kein englischer Bischof würde sich einem solchen Akt hergeben ohne die Zusage des Erzbischofs von Canterburry, und der denkt evangelisch.“
Ob Heiler sich an Dr. Poelchau wandte, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.
Was ich über Söderbloms Verständnis der apostolischen Sukzession denken soll, kann ich noch nicht sagen. Ich halte das gelinde gesagt – für ein bißchen „dünne“. Auch wüßte ich gern, wie in diesem Zusammenhang Söderbloms Beurteilung des damaligen Erzbischofs von Canterburry (Randall Thomas Davidson) zu verstehen ist? Was heißt hier, nämlich im Zusammenhang mit der apostolische Sukzession, daß er „evangelisch“ denkt?

Hartog urteilt in seinem Buch: „Für Heiler und seine Freunde war diese Antwort insofern enttäuschend, weil das Zuwarten, das Söderblom empfahl, in ihren Augen bedeutete, das ihnen so wichtige Anliegen auf den Sankt Nimmerleinstag zu vertagen. Daß bei ihren Landeskirchen in absehbarer Zeit im erhofften Sinn etwas in Gang kommen könnte, daran hegten sie in Anbetracht ihrer bisherigen Erfahrungen berechtigte Zweifel. Auf den von Söderblom vorgeschlagenen Ausweg einzugehen. Hieße, daß Weihebegehren zu einem privaten Anliegen weniger verkümmern zu lassen. Das aber stand dem hochkirchlichen Ziel, das (altkirchliche) Bischofsamt den deutschen evangelischen Kirchen zurückzugewinnen, nicht mehr im Einklang. Sollte man deshalb nicht gleich die Weihe eines Bruders aus den eigenen Reihen zum Bischof ins Auge fassen?“

So weit wollte Heiler aber nicht gehen. Er schrieb am 10. August 1928 einen längeren Brief an die altkatholische Bischofskonferenz mit der Bitte, daß „evangelische Geistliche und Theologen … auf Ansuchen … die Priesterweihe durch einen altkatholischen Bischof erhalten“. Heiler begründet in seinem Brief, warum man nicht einfach zur altkatholischen Kirche konvertiere: „Weil wir uns berufen fühlen, in den evangelischen Kirchen den wahrhaft katholischen Geist zu erwecken. … In dem Augenblick, wo wir einen formellen Übertritt zur altkatholischen Kirche vollzögen, würden wir unser ganzes bisheriges Werk zerstören und uns jede Möglichkeit einer Beeinflussung protestantischer Kreise abschneiden. Dazu kommt, daß wir bestimmte, uns wesentliche reformatorische Erkenntnisse festhalten und uns liebgewordene evangelische Traditionen weiterpflegen wollen.“ Im weiteren Verlauf ging dann Heiler auf die Frage der Jursdiktion ein und die Stellung einer selbständigen „hochkirchlichen“ Organisation im Gefüge der deutschen Landeskirchen.
Die Antwort der altkatholischen Bischofkonferenz ist nicht erhalten. Vielleicht hat Heiler auch gar keine erhalten?
Auch Hartog kann nur Vermutungen anstellen. Er schreibt: „Trotz seines großen Entgegenkommens in der Frage der Jurisdiktion muß Heiler einen abschlägigen Bescheid erhalten haben. Auch von altkatholischen Bischöfen konnten nur solche Priester geweiht werden, die den Übertritt zur altkatholischen Kirche nicht scheuten. So war in dieser schwierigen Sache nur dadurch weiterzukommen, daß man die Bischofsweihe für einen oder zwei Brüder ins Auge faßte und auf das Angebot eines der im gerade zitierten Schreiben genannten, zum Entgegenkommen bereiten Bischöfe einging. Diese hatten allerdings nur kleine kirchliche Gemeinschaften hinter sich. Aber Zweifel an der Gültigkeit ihrer Weihen waren nicht möglich. Und das war entscheidend.

1930 fand dann die Bischofsweihe von Heiler statt. Irgendwo hatte ich mal gelesen, daß dies eine Entfremdung von Heiler und Söderblom zur Folge gehabt hätte. Dazu kann ich keine Belegt liefern. Das sei also dahingestellt. Söderblom starb allerdings schon 1931.

Wenn ich es also richtig verstanden habe, ging es Heiler und seinen Freunden zunächst einmal gar nicht darum, daß einer aus ihren Reihen eine Bischofsweihe bekommen sollte, sondern es ging ihnen anfangs um eine „Priesterweihe“ durch einen Bischof, der in der apostolischen Sukzession steht.
Erst als sie mit diesem Anliegen überall „abblitzten“, kam es später zur Konsekration Heilers zum „Bruderschaftsbischof“.
Er kennet seine Scharen / am Glauben, der nicht schaut / und doch dem Unsichtbaren, als säh er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeuget / und durch das Wort sich nährt / und vor dem Wort sich beuget / und mit dem Wort sich wehrt.

Stephen Dedalus
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Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Beitrag von Stephen Dedalus »

Hallo Mellon,

ich habe gerade von einer Tagung den Briefwechsel zwischen Heiler und Söderblom mitgebracht. War teuer, aber ich konnte nicht widerstehen. Hatte noch keine Zeit, das zu lesen, aber ich melde mich baldmöglichst.

Herzliche Grüße
SD
If only closed minds came with closed mouths.

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Beitrag von Stephen Dedalus »

Hallo Mellon,

ich habe gestern den kompletten Briefwechsel zwischen Söderblom und Heiler gelesen, soweit er in dem von Dietz Lange edierten Band mit Söderbloms Briefen enthalten ist (Vandenhoeck & Ruprecht 2005). Es war eine höchst interessante Lektüre. Die Frage der apostolischen Sukzession spielt darin ja nur ganz am Ende eine Rolle, aber durch den Briefwechsel läßt sich schön Heilers Entwicklung verfolgen, der zu Beginn im Jahre 1918 ja noch katholisch ist, dann aber 1920 zur Evangelischen Kirche übertritt. Sein Bemühen um eine "Evangelische Katholizität" trifft sich mit dem Söderbloms, wenn auch die jeweiligen Wege, dies erreichen zu wollen, nicht immer eins sind. Heiler leidet sehr unter der protestantischen Enge des dt. Protestantismus und beneidet die schwedischen Lutheraner um ihre katholische Weite. Beide schauen auch nach England, das sie beide durch Besuche kennen. In der anglikanischen Kirche sehen sie ein gewisses Ideal, wobei sie sich nicht darin einig sind, welche Gruppen innerhalb der Kirche von England dieses Ideal am besten verkörpern. Für Heiler scheinen dies die echten Traktarianer gewesen zu sein (Keble, Pusey, Froude), während Söderblom die "gemäßigten Anglokatholiken" am sympathischsten findet. Beide sind sich darin einig, daß die extrem hochkirchliche Partei in der Church of England einen sektenhaften Geist atmet.

Nun aber zu dem Briefwechsel, der sich direkt mit der Weihefrage befaßt. Interessant ist der Grund, warum Heiler es wagt, sich an Söderblom zu wenden: Dieser hat nämlich offensichtlich bereits zuvor "evangelischen Bischöfen nachträglich die bischöfliche Handauflegung gespendet". Über die Hintergründe dieser Weihen wird nichts weiter gesagt. Es zeigt aber, daß Söderblom ein Bewußtsein für dieses äußere Zeichen der ap. Sukzession gehabt haben muß, sich lediglich im Falle der dt. Evangelischen nicht in der Lage sah, diese Weihen zu spenden.

Söderbloms Antwort übersetzt Dietz Lange übrigens leicht abweichend:

In der Kirche darf man es nicht eilig haben. Die Sache wird schon kommen, wenn es notwendig ist.

In seiner Aussage, die Sukzession bedeute, "daß ein Bischofsstuhl nicht vakant gewesen ist", bezieht sich Söderblom wörtlich auf ein Buch von Arthur Headlem, zitiert diesen jedoch falsch oder verkürzt. Headlem meint in seinem Buch, daß die Successio Apostolica nicht in der endlosen Wiederholung des Ritus der Handauflegung bestehe, sondern in der Ernennung eines Bischofs durch die Kirche zur Erfüllung apostolischer Aufgaben. (M. a. W. also die Fortführung der apostolischen Sendung). Ob Söderblom sich hier also nur etwas ungeschickt ausgedrückt hat oder tatsächlich dieser Meinung ist, ist unklar.

Was sein Hinweis bedeutet, der Erzbischof von Canterbury denke in dieser Frage "evangelisch", ist ebenfalls unklar. In einem früheren Brief preist Söderblom Randall Thomas Davidson als Vertreter eines "freien evangelischen Katholizismus", wie er ihm als Ideal vorschwebe. (S. 431) Ebenfalls nimmt Heiler in einem früheren Brief darauf Bezug, die Anglikaner forderten von den Evangelischen immer, sie müssten zuerst "gültige Weihen" erlangen.

Bemerkenswert ist noch ein anderer Briefwechsel, der sich auch in diesem Band findet. Im Jahr 1927 wurde in der preußischen Landeskirche diskutiert, den Amtstitel "Bischof" für die Generalsuperintendenten zu einzuführen. Dies führte zu allerlei Unruhe. Zum einen wurde das Gerücht gestreut, Erzbischof Söderblom habe im privaten Gespräch geäußert, er freue sich schon darauf, nach Berlin zu reisen, um die "preußischen Bischöfe zu weihen". Söderblom stritt dies vehement ab. Niemals sei ihm dies in den Sinn gekommen. Eine solche Behauptung offenbare seiner Meinung nach eine verworrene, unevangelische, d.h. ketzerische Auffassung von "Weihe" und "Bischof". (S 463)

Zum anderen wurde in diesem Zusammenhang bekannt, daß Söderblom bereits 1917 einen Brief an Kaiser Wilhelm II. geschrieben hatte, in dem er ihm nahelegte, über die Wiedereinführung des Bischofsamtes in der preußischen Kirche nachzudenken. Hintergrund waren wohl damals Gerüchte, Wilhelm wolle diesen Titel als "Ehrentitel" an Amtsträger in der Kirche verleihen. Söderblom war besorgt, seiner Meinung nach sollte der Bischofstitel als Zeichen der Einheit und Tradition verwendet werden. Auch fragt er, ob von einer wirklichen Parität zwischen den beiden großen Konfessionen gesprochen werden könne, solange die Ev. Kirche kein Bischofsamt besitze. Kaiser Wilhelm wies Söderbloms Ansinnen jedoch mit dem Hinweis darauf zurück, das Bischofsamt komme in Preußen dem Landesherrn zu, der Summepiskopat sei seit Jahrhunderten bewährte Tradition und daran wolle man auch nicht rühren.

Durch die neuerlichen Diskussionen Ende der 20er Jahre wurde Generalsuperintenden Otto Dibelius auf diesen Briefwechsel aufmerksam und bat Söderblom um eine Briefkopie. Söderblom reagierte etwas unwillig. Er wollte die Sache nicht wieder aufgewärmt sehen, zumal er in der schlichten Umbenennenung der Generalsuperintendenten in "Bischöfe" eine ähnliche Fassadenkosmetik sah wie in der Verleihung dieses Titels an kirchliche Würdenträger durch Wilhelm. Auch hier scheint Söderblom wieder auf einen natürlichen historischen Prozeß zu hoffen, denn er schließt mit den Worten:

Wäre es nicht das klügste, diese ganze Angelegenheit der Geschichte zu überlassen, bis die jetzt tatsächlich das bischöfliche Amt verwaltendenden Generalsuperintendenten auch mit dem biblischen und griekischen (sic) Namen genannt werden? (S. 489).

Mir scheint aus all dem klar, daß für Söderblom das Bischofsamt ein wichtiges Zeichen der katholischen und apostolischen Tradition der Kirche war, das es zurückzugewinnen galt. Jedoch lehte er jeden Bruch mit der Tradition in diesem Prozeß ab. Besonders weigerte er sich, die Entwicklung zu beschleunigen, in dem er selbst aktiv wurde und in kirchliche Handlungen eingriff, die außerhalb seiner eigenen Jurisdiktion lagen. Ebenso lehnte er es ab, auf Bischöfe anderer Traditionen zurückzugreifen. Man fragt sich unweigerlich, wie sich der in seinen Augen "notwendige"Prozeß denn dann eigentlich vollziehen sollte...

Mit bestem Gruß
SD
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Bischof hat geschrieben:Das ist aber gänzlich etwas anderes als das unselige, ketzerische Amtspapier der VELKD.
Fragen wir mal anders herum: Weshalb hälst du das Ordinationspapier der VELKD für "unselig" und "ketzerisch"?

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Noch eine Frage an Mellon, da Du ja die Hartog'sche Biographie Heilers kennst:

In den Briefen an Söderblom nimmt Heiler mehrfach auf Gottesdienste Bezug, die er gehalten hat, einmal hat er sogar für und mit schwedischen Studenten in Marburg eine "Högmässa" gefeiert. Dies alles war weit vor 1930. Hatte Heiler denn eine Ordination zum evangelischen Pastor erhalten, nachdem er 1920 zur ev. Kirche konvertiert war? Oder war die Ordination mit seiner Berufung als Ordinarius an die evangelisch-theologische Fakultät in Marburg direkt verbunden (in manchen Landeskirchen gelten ja solche Regelungen)?

Mit bestem Gruß
SD
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Bischof
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Beitrag von Bischof »

Hallo Lutheraner!

Ich werde mich hierzu noch ausführlich melden. Momentan habe ich leider nicht sehr viel Zeit. Hinweisen möchte ich aber schon einmal auf zwei Punkte:

1. Die Lutherischen Kirchen kennen als verbindliche Lehrgrundlage die Heilige Schrift, Alten und Neuen Testaments, und als deren gültige Auslegung die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche (incl. der drei altkirchlichen Bekenntnisse), weil sie in ihrer Wahnehmung mit der Bibel übereinstimmen. Die VELKD führt nun als dritte verbindliche Auslegungsäule Martin Luther mit seinen Ausführungen zum Allgemeinen Priestertum ein.

2. Durch diese Brille hindurch lesen sie nun das Augsburger Bekenntnis (CA 5, CA 14 - CA 28 wird nur sehr unzureichend bearbeitet. ApolCA 13 kommt gar nicht vor, etc.). So interpretieren sie von Luthers Schriften aus die CA und beginnen das geistliche Amt vom Priestertum aller Glaubenden abzuleiten. Natürlich müssen sie so argumentieren, weil ihnen sonst der Boden für die Begründung der Frauenordination entzogen wird.

Ich möchte aber auch an Hand des Textes meine Kritik untermauern, bitte aber hier ein wenig um Geduld.

Herzliche Grüße
Bischof

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tanatos
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Beitrag von tanatos »

Bischof hat geschrieben:Hallo Lutheraner!

Ich werde mich hierzu noch ausführlich melden. Momentan habe ich leider nicht sehr viel Zeit. Hinweisen möchte ich aber schon einmal auf zwei Punkte:

1. Die Lutherischen Kirchen kennen als verbindliche Lehrgrundlage die Heilige Schrift, Alten und Neuen Testaments, und als deren gültige Auslegung die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche (incl. der drei altkirchlichen Bekenntnisse), weil sie in ihrer Wahnehmung mit der Bibel übereinstimmen. Die VELKD führt nun als dritte verbindliche Auslegungsäule Martin Luther mit seinen Ausführungen zum Allgemeinen Priestertum ein.

2. Durch diese Brille hindurch lesen sie nun das Augsburger Bekenntnis (CA 5, CA 14 - CA 28 wird nur sehr unzureichend bearbeitet. ApolCA 13 kommt gar nicht vor, etc.). So interpretieren sie von Luthers Schriften aus die CA und beginnen das geistliche Amt vom Priestertum aller Glaubenden abzuleiten. Natürlich müssen sie so argumentieren, weil ihnen sonst der Boden für die Begründung der Frauenordination entzogen wird.

Ich möchte aber auch an Hand des Textes meine Kritik untermauern, bitte aber hier ein wenig um Geduld.

Herzliche Grüße
Bischof
Lieber Bischof:
Ausgangspunkt Deiner Argumentation ist die Behauptung, daß Luther das kirchliche Amt ALLEINE aus dem allgemeinen Priestertum ableiten würde. Ich frage mich: Wie kommst Du zu dieser Behauptung?
Sagst Du das, weil die theologischen Dünnbrettbohrer, die diese unselige VELKD-Schrift verzapft haben, dies behaupten? Oder beziehst Du Dich auch auf zuverlässige Literatur?

Bischof
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Beitrag von Bischof »

Lieber Tanatos!

Das Luther das Amt ausschließlich aus dem Priestertum aller Getauften ableitet, habe ich doch gar nicht geschrieben. Ich habe geschrieben, dass dies die VELKD macht. Zudem muss man immer schauen, wer Luthers Kontrahenten waren. In seinen frühen Schriften wendet er sich gegen das mittelalterliche römisch-katholische Priesterverständnis. Später wendet er sich gegen die "Schwärmer", und betont die große Bedeutung des geistlichen Amtes. Hier z.B. liegt ein weiterer Fehler des VELKD-Papiers vor und man merkt, dass sie interessegeleitet sind. Um zu einer sachgemäßen Amtstheologie Luthers zu kommen, ist es nötig sowohl die einzelnen Schriften Luthers historisch zu verorten (Frühschriften, Spätschriften etc.) als auch sein jeweiliges Gegenüber mitzubedenken. Diese Differenzierung wird nicht vorgenommen.

Einer meiner ersten Kritikpunkte am VELKD-Papier ist, dass sie neben Schrift und Lutherischen Bekenntnisschriften als dritte Säule undifferenziert Schriften Luthers heranziehen und hieraus eine "Amtstheologie" entwickeln, die diesen Namen nicht verdient.
Ich kann das nur theologische Schlamperei nennen. Dass Martin Luther als Ganzes Lehrautorität zukommt ist jedenfalls eine neue Entwicklung. Bisher galt jedenfalls für lutherische Kirchen, dass allein Schrift Lehrgrundlage ist und die Bekenntnisschriften deren gültige Auslegung, weil sie mit der Bibel übereinstimmen. Zum Korpus der Bekenntnisschriften zählen von Luther ausschließlich sein Kleiner und Großer Katechismus und die Schmalkaldischen Artikel. Zitiert wird Luther manchmal noch in der Konkordienformel. Und nur die Teile aus Luthers Schriften, die in die Konkordienformel aufgenommen wurden, gehören zum Bestand des Bekenntnisses der lutherischen Kirchen. Schriften wie, Von der Freiheit eines Christenmenschen, Vom unfreien Willen oder was auch sonst, sind schöne Schriften zu lesen, gehören aber nicht zum Lehrbestand der lutherischen Kirchen. Die VELKD erhebt singulär jetzt Schriften Luthers als Quelle für Lehraussagen. Und das ist neu. Denn auch bei einer Ordination muss sich, wenn ich das recht sehe, sich der Pfarrer auf Schrift und Bekenntnis verpflichten und nicht auf Luther.

Herzliche Grüße
Bischof

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Stephen Dedalus hat geschrieben: Söderbloms Antwort übersetzt Dietz Lange übrigens leicht abweichend:

In der Kirche darf man es nicht eilig haben. Die Sache wird schon kommen, wenn es notwendig ist.
Wegen der Übersetzung dieser Passage habe ich noch einmal mit einer schwedischen Kollegin gesprochen. Sie hält die Übersetzung von Dietz Lange für zutreffend. Der schwedische Wortlaut drücke keine Unausweichlichkeit aus, wie sie sich in der Hartog'schen Übersetzung findet. der übersetzt hatte: "Die Sache kommt doch mit Notwendigkeit".

MfG
SD
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Mellon
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Beitrag von Mellon »

Hallo Stephen,

vielen Dank! Das ist alles sehr interessant. Welche Mühe Du Dir gegeben hast! Und dann noch das teure Buch!
Respekt!

Hartog zitiert den Brief aus dem von Paul Misner herausgegebenen Buch „Friedrich von Hügel. Nathan Söderblom. Friedrich Heiler. Briefwechsel 1909-1931“ (Konfessionskundliche Schriften des Johann-Adam-Möhler-Instituts Nr. 14, Paderborn 1981)

Über die Konversion und das anschließende Leiden Heilers am „realexistierenden“ deutschen Protestantismus, der so ganz anders war, als die evangelische Kirche in Schweden etwa, schreibt Hartog:

„Im Frühsommer 1919 erhielt Heiler eine Einladung Söderbloms zu Vorträgen in Schweden. Ende Juli folgte er ihr. In Uppsala war er Gast der bischöflichen Familie. Nicht lange, dann durfte er den Erzbischof auf einer Visitationsreise begleiten und erfuhr so, was dieser als Seelsorger und Liturg bedeutete. In Vadstena geschah es dann. Hier hatte Heiler am 7. August vor einer Priestersynode seinen ersten Vortrag gehalten. Beim Gottesdienst in der St. Brigitta-Kirche war er mit unter den Kommunikanten und empfing das Abendmahl in beiderlei Gestalt. Vermutlich waren eingehende Gespräche vorangegangen In Schweden gilt dies als ein bekenntnishafter Akt und verbindlicher Ausdruck des Übertritts. Was Heiler in Deutschland nie über sich gebracht hätte, empfand er in Schweden in vollem Bewußtsein der Konsequenz als Gebot der Stunde. Es war für ihn ein Schritt in die evangelische Freiheit. Hier durfte er ihn tun, ohne sich ausdrücklich und in juridischer Form von seiner Mutterkirche zu trennen. Nun war Söderblom für ihn auch zum geistlichen Vater geworden.“ (Hartog, Seite 16)

Als Rudolf Otto, der Marburger Professor für Systematische Theologie und Religionsgeschichte von dem Übertritt Heilers in Schweden hörte, bewog er die Marburger Theologische Fakultät, für Heiler einen Lehrstuhl für vergleichende Religionsgeschichte und Religionsphilosophie zu schaffen. Im April 1920 kam Heiler nach Marburg.

Hartog schreibt weiter:
“Kaum hatte er dort seine Arbeit aufgenommen, überkam ihn angesichts der evangelischen Gottesdienste, auf die er sich nun angewiesen fühlte, schmerzliche Ernüchterung."

Söderblom tröstete ihn mit Worten, die ich um der Kürze der Darstellung willen hier übergehe. Nur so viel, daß Söderblom u. a. schrieb: „Ich selbst pflegte zu sagen, wenn ich von beiden Seiten heftig angegriffen wurde und werde, daß der, welcher von rechts und links gepufft wird, dahin kommen muß, den Weg geradeaus zu gehen.“ (Hartog, Seite 19)

“Es sollte aber bis Ende 1925 dauern, bis Heiler und die Hochkirchliche Vereinigung endgültig zusammenfanden“ (Hartog, Seite 25) Heiler wurde bald ein führender Mann der bereits am 9. Oktober 1918 in Berlin gegründeten Hochkirchlichen Vereinigung.

Nun zur Ordination Heilers! Bei Hartog fand ich folgendes:
Schon seit 1920 hielt Heiler als Professor Wort-Gottesdienste mit Studenten in einer Kapelle gegenüber der Elisabethkirche in Marburg.
Den Sakramentsgottesdiensten vorzustehen war Heiler zunächst verwehrt. Als Theologieprofessor hatte er zwar die venia legendi, konnte Predigt und Predigtgottesdienste halten, aber zu Sakramentsgottesdiensten bedurfte er einer landeskirchlichen Ordination. Sie zu erbitten, hatte Heiler wohl deswegen nicht gewagt, weil seine gottesdienstlichen Vorstellungen mit denen der Behörde so gar nicht übereinstimmten. Als die Freunde der Hochkirchlichen Vereinigung von diesem Dilemma Heilers hörten, fand sich bald ein Ausweg. Eine von ihnen, der evangelisch-reformierte Pfarrer Gustav Adolf Glinz, hatte als Vorsteher des „Schweizer Diakonievereins“ die Befugnis und Vollmacht, zu ordinieren. Zu Beginn des Jahres 1927 empfing Heiler im Kirchlein zu Rüschlikon durch Glinz in hochkirchlicher Form die Priesterweihe“ (Hartog, Seite 29)

Als er danach in Marburg in der kleinen Kapelle, in der sonst die Wort-Gottesdienste stattfanden, in Alba und weißer Stola eine „Evangelische Messe“ feierte, löste das, „obwohl die Feier ganz schlicht gehalten war … zumindest bei den Mitgliedern des ‚Evangelischen Bundes’ Empörung aus und hatte eine Protestveranstaltung im evangelischen Gemeindehaus zur Folge. Und die Folge davon: die Elisabethkirchgemeinde wagte nicht mehr, Heiler die Kapelle zu überlassen; sie meldete Eigenbedarf an.“ (Hartog, Seite 30.)

Bei weitem nicht alles, was Heiler gesagt oder geschrieben hat, würde ich unterschreiben wollen. Doch dies hier ganz gewiß:
"Wenn das Evangelium Jesu Christi verdunkelt und verfälscht wird, wenn die aus der Gottesliebe geborene Bruderliebe geschwächt und ertötet wird, dann ist auch das schönste Hochkirchentum mit Bischofsamt und reicher Liturgie nur tönendes Erz und klingende Schelle. Wir brauchen martyres, die mit der Offenheit und der Unerbittlichkeit der Apostel ... für ... das ganze, unverkürzte, unverdorbene Evangelium vor jedermann einstehen. Zu diesem Zeugnis gehört auch, daß sie laut ihre Stimme erheben gegen jede Verletzung des christlichen Sittengesetzes.“ (Hartog, Seite 31)

Gnade und Frieden!
Er kennet seine Scharen / am Glauben, der nicht schaut / und doch dem Unsichtbaren, als säh er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeuget / und durch das Wort sich nährt / und vor dem Wort sich beuget / und mit dem Wort sich wehrt.

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Lutheraner hat geschrieben:
Bischof hat geschrieben:Das ist aber gänzlich etwas anderes als das unselige, ketzerische Amtspapier der VELKD.
Fragen wir mal anders herum: Weshalb hälst du das Ordinationspapier der VELKD für "unselig" und "ketzerisch"?
Dazu habe ich hier etwas gefunden:

Eine Stellungnahme zum Schreiben "Ordnungsgemäß berufen" der lutherischen Bischöfe der VELKD

In dieser Stellungnahme äußern einige bekannte ev.-luth. Theologen sehr kritische Worte zu diesem Schreiben.

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Theologische Beiträge zum Thema „Amt in der Kirche“ nach dem Verständnis der alten Missouri Synode bzw. deren namhaften Theologen in deutscher Sprache:

Die Stimme unserer Kirche in der Frage von Kirche und Amt

Das Predigtamt

Das Lehramt

Wie groß und verderblich der Irrthum derjenigen sei, welche den Predigern des Evangeliums die Macht absprechen, auf Erden Sünden zu vergeben.

Die Lehre von der Absolution
Die Stimme unserer Kirche... hat geschrieben:1. These: Das heilige Predigtamt oder Pfarramt ist eine von dem Priesteramt, welches alle Gläubigen haben, verschiedenes Amt.

2. These: Das Predigtamt oder Pfarramt ist keine menschliche Ordnung, sondern ein von Gott selbst gestiftetes Amt.

3. These: Das Predigtamt ist kein willkürliches Amt, sondern ein solches Amt, dessen Aufrichtung der Kirche geboten und an das die Kirche bis an das Ende der Tage ordentlicher Weise gebunden ist.

4. These: Das Predigtamt ist kein besonderer, dem gemeinen Christenstand gegenüberstehender heiligerer Stand, wie das levitische Priesterthum, sondern ein Amt des Dienstes.

5. These: Das Predigtamt hat die Gewalt das Evangelium zu predigen und die heiligen Sacramente zu verwalten und die Gewalt eines geistlichen Gerichts.

6. These: Das Predigtamt wird von Gott durch die Gemeinde, als Inhaberin aller Kirchengewalt oder der Schlüssel, und durch deren von Gott vorgeschriebenen Beruf übertragen. Die Ordination der Berufenen mit Handauflegung ist nicht göttlicher Einsetzung, sondern eine apostolische kirchliche Ordnung, und nur eine öffentliche feierliche Bestätigung jenes Berufes.

7. These: Das heilige Predigtamt ist die von Gott durch die Gemeinde als Inhaberin des Priesterthums und aller Kirchengewalt übertragene Gewalt, die Recht des geistlichen Priesterthums in öffentlichem Amte von Gemeinschaftswegen auszuüben.

8. These: Das Predigtamt ist das höchste Amt in der Kirche, aus welchem alle anderen Kirchenämter fließen.

9. These: Dem Predigtamt gebührt Ehrfurcht und unbedingter Gehorsam, wenn der Prediger Gottes Wort führt, doch hat der Prediger keine Herrschaft in der Kirche; er hat daher kein Recht, neue Gesetze zu machen, die Mitteldinge und Ceremonien in der Kirche willkürlich einzurichten und den Bann allein ohne vorhergehendes Erkenntniß der ganzen Gemeinde zu verhängen und auszuüben.

10. These: Zu dem Predigtamt gehört zwar nach göttlichem Rechte auch das Amt, Lehre zu urtheilen, doch haben das Recht hierzu auch die Laien; daher dieselben auch in den Kirchengerichten und Concilien mit den Predigern Sitz und Stimme haben.

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tanatos
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Beitrag von tanatos »

Vielen Dank für diese Texte.
Leider hab ich jetzt keine Zeit, sie durchzuarbeiten.

Kurz feststellen möchte ich aber, daß der Link "das Lehramt" sich nicht auf die Theologie der Missouri-, sondern der Wisconsin-Synode bezieht. Und deren Theologie ist enger als die Missouris,

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Marcus hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Bischof hat geschrieben:Das ist aber gänzlich etwas anderes als das unselige, ketzerische Amtspapier der VELKD.
Fragen wir mal anders herum: Weshalb hälst du das Ordinationspapier der VELKD für "unselig" und "ketzerisch"?
Dazu habe ich hier etwas gefunden:

Eine Stellungnahme zum Schreiben "Ordnungsgemäß berufen" der lutherischen Bischöfe der VELKD

In dieser Stellungnahme äußern einige bekannte ev.-luth. Theologen sehr kritische Worte zu diesem Schreiben.
Es gibt natürlich auch Prädikanten, die sich - zu recht - gegen dieses Papier aussprechen. Es gibt keine biblische Grundlage für eine temporäre oder nur auf bestimmte Handlungen beschränkte Ordination.

Leider spalten sich auch immer wieder evangelistische und pietistische Gruppierungen und Gemeinden von den Landeskirchen ab, weil diese sich weigern deren Prediger zu ordinieren und zu berechtigen alle kirchliche Handlungen (wie Taufe und Abendmahl) durchzuführen.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Bischof hat geschrieben: So interpretieren sie von Luthers Schriften aus die CA und beginnen das geistliche Amt vom Priestertum aller Glaubenden abzuleiten. Natürlich müssen sie so argumentieren, weil ihnen sonst der Boden für die Begründung der Frauenordination entzogen wird.
Nicht unbedingt, die Anglilkaner und hochkirchlichen Lutheraner leiten das geistliche Amt vermutlich nicht vom Priestertum aller Getauften ab. Interessant wäre zu erfahren, wie sie die FO begründen.
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Lutheraner hat geschrieben: Nicht unbedingt, die Anglilkaner und hochkirchlichen Lutheraner leiten das geistliche Amt vermutlich nicht vom Priestertum aller Getauften ab. Interessant wäre zu erfahren, wie sie die FO begründen.
Warum sollten Frauen vom apostolischen Amt ausgeschlossen sein? Man muß nicht vom Priestertum aller Getauften ausgehen, um die Weihe von Frauen zu Priesterinnen zu befürworten.
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Beitrag von Lutheraner »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben: Nicht unbedingt, die Anglilkaner und hochkirchlichen Lutheraner leiten das geistliche Amt vermutlich nicht vom Priestertum aller Getauften ab. Interessant wäre zu erfahren, wie sie die FO begründen.
Warum sollten Frauen vom apostolischen Amt ausgeschlossen sein? Man muß nicht vom Priestertum aller Getauften ausgehen, um die Weihe von Frauen zu Priesterinnen zu befürworten.
Auf Jesus, Paulus, der kirchlichen Tradition oder der biblischen Beschreibung der Urkirche kann man sich für die FO nicht berufen. Worauf dann?
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Lutheraner hat geschrieben:Auf Jesus, Paulus, der kirchlichen Tradition oder der biblischen Beschreibung der Urkirche kann man sich für die FO nicht berufen. Worauf dann?
Lies einfach mal die einschlägigen Stränge zum Thema "Priesterinnenweihe" hier im Forum durch. Da wurde das schon ad nauseam diskutiert.
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Wisst Ihr eigentlich, welche einzelnen Messriten bei hochkirchlichen Bruderschaften in Gebrauch sind? Mir sind bislang die Evangelische Messe, die St. Ansgar-Messe sowie die Heilermesse namentlich bekannt.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Marcus hat geschrieben:Wisst Ihr eigentlich, welche einzelnen Messriten bei hochkirchlichen Bruderschaften in Gebrauch sind? Mir sind bislang die Evangelische Messe, die St. Ansgar-Messe sowie die Heilermesse namentlich bekannt.
Ich habe nur die Liturgie der "Evangelischen Eucharistiefeier" der Michaelsbruderschaft und des Berneuchener Dienstes. Dieses Jahr hat das Kloster Kirchberg ein neues Liturgieblatt herausgegeben, das ich jedoch noch nicht habe.
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Clemens
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Beitrag von Clemens »

Die Ansgar-Messe steht bei mir im Regal (falls Du etwas wissen willst).

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