ev.-luth. Abendmahlslehre

Rund um Anglikanertum, Protestantismus und Freikirchenwesen.
Bischof
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Beitrag von Bischof »

Sehr geehrter Herr Dedalus!
Die Auslegungen haben aber keinen Lehrcharakter. Ich weiß, das ist z.b. in der römischen Kirche anders. Beispielsweise werden ja lutherische Pfarrer nicht auf Martin Luther oder die Auslegungsgeschichte (Orthodoxie, Pietismus, Aufklärung etc.) ordiniert, sondern Pfarrer dieser Konfession werden ordiniert auf die Heilige Schrift und die lutherischen Bekenntnisschriften. Das können Sie jetzt so akzeptieren oder für sich beiseite legen. Jedenfalls wird eine Diskussion schwierig, wenn von unterschiedlichen Maßstäben und Quellen ausgegangen wird.

Herzliche Grüße
Bischof

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Bischof hat geschrieben:Sehr geehrter Herr Dedalus!
Die Auslegungen haben aber keinen Lehrcharakter. Ich weiß, das ist z.b. in der römischen Kirche anders. Beispielsweise werden ja lutherische Pfarrer nicht auf Martin Luther oder die Auslegungsgeschichte (Orthodoxie, Pietismus, Aufklärung etc.) ordiniert, sondern Pfarrer dieser Konfession werden ordiniert auf die Heilige Schrift und die lutherischen Bekenntnisschriften. Das können Sie jetzt so akzeptieren oder für sich beiseite legen. Jedenfalls wird eine Diskussion schwierig, wenn von unterschiedlichen Maßstäben und Quellen ausgegangen wird.

Herzliche Grüße
Bischof
Stimmt, wenn die Voraussetzungen unterschiedlich sind, wird es schwierig.

Warum von Ihnen und "Lutheraner" so vehement betont wird, es handele sich bei der lutherischen Erklärung der Realpräsenz nicht um einen Teil der Bekenntnisschriften, mögen Sie allein wissen. Ich habe jedenfalls bei meinem Rekurs auf das lutherische Modell in keinem Zusammenhang diese Behauptung aufgestellt oder die Bekenntnisschriften überhaupt erwähnt.

Hätte man aber an einer lutherischen Fakultät oder in einem beliebigen anderen theologischen Kontext während der letzten 450 Jahre die Frage gestellt, wie die Lutheraner die Realpräsenz erklären, hätte man eine Antwort bekommen, die dem von mir oben Dargelegten im wesentlichen entspricht. Bekenntnisschriften hin oder her. Wollen Sie das leugnen?

Stattdessen versucht "Lutheraner" hier den Eindruck zu erwecken, die Antwort hätte gelautet: "Lutheraner erklären die Realpräsenz nicht". Das ist nun aber eine klare Verdrehung der Tatsachen.
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

FranzSales hat geschrieben:
Wer wissen möchte, was authentische lutherische (nicht Luther'sche ) Lehre ist muss in das Konkordienbuch schauen.
So? Warum werden dann in Skandinavien (z.B. Schweden) die lutherischen Pfarrer nur auf die 3 altkirchlichen Symbole und die Confessio Augustana verpflichtet?
Die Konkordienformel wurde auch in Deutschland nicht von allen lutherischen Kirchen angenommen und ist es meines Wissens bis heute nicht überall. Selbst die Kirchen, die in der SELK zusammengeschlossen sind, hatten beim Zusammenschluß nicht alle den gleichen Bekenntnisstand. M. W. hatte zum Beispiel die Niederhessische Renitenz das Konkordienbuch auch nie angenommen...
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben: Ich schrieb doch klar wie diese Erklärungen einzuordnen sind. Das Dogma in der lutherischen Kirche ist nur die Realpräsenz
Es gibt in der lutherischen Kirche Dogmen? Seit wann?
Schon immer. Unser Glaube ist nicht variabel (wie z.B. bei den Reformierten oder Anglikanern). Unsere Bekenntnisschriften legen Dogmen fest - von Jesus Christus gelehrte Glaubenswahrheiten. Dazu gehört natürlich die Realpräsenz.
Stephen Dedalus hat geschrieben:
und keine Erklärung hiervon.
Also sind Luthers Erklärung und die der lutherischen Theologie der letzen paar hundert Jahre alle nicht "lutherisch"?
Lutherisch sind die Bekenntnisschriften. Lies sie mal. Die wichtigste (CA) wurde überhaupt nicht von Luther geschrieben.
Stephen Dedalus hat geschrieben:
Luthers theologische Erklärung mit Hilfe der Ubiquität war notwendig, um die Argumentation Karstadts und der Zwinglianer (noch nicht Calvin - das war später) zu widerlegen. Ob die Erklärung gut oder vielleicht für uns heute nicht so gut war, spielt dabei überhaupt keine Rolle - sie ist kein Glaubensinhalt, sie erklärt nur einen Glaubensinhalt.
Nichtsdestoweniger ist die Erklärung trotzdem "lutherisch".
Sie ist Teil der lutherischen theologischen Tradition und der lutherischen Theologie. Ob sie ein Teil der Bekenntnisschriften ist, ist dabei doch herzlich wurscht.
Die lutherische Kirche ist eine Bekenntniskirche. Das musst du doch irgendwann verstehen. Es gibt außerhalb der Bekenntisschriften keine Tradition, die über dem Bekenntnis stehen darf (wie z.B. bei den Anglikanern). Die Tradition muss immer wieder an Bibel und Bekenntnis gemessen werden.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

FranzSales hat geschrieben:
Wer wissen möchte, was authentische lutherische (nicht Luther'sche ) Lehre ist muss in das Konkordienbuch schauen.
So? Warum werden dann in Skandinavien (z.B. Schweden) die lutherischen Pfarrer nur auf die 3 altkirchlichen Symbole und die Confessio Augustana verpflichtet?
Das ist richtig, die Konkordienformel gehört mittlerweile zwar zum Bekenntnisstand aller evang.-luth. Landeskirchen in Deutschland (das war nicht immer so) hat aber in Skandinavien und dem Baltikum meines Wissens keinen Bekenntnischarakter. Trotzdem würde dort niemand die Aussagen des Konkordienbuchs leugnen, da die luth. Bekenntnisschriften sich nicht widersprechen. Nicht ohne Grund wurden zahlreiche Passagen der GER vom LWB mit der Konkordienformel belegt und nicht mit der CA (die das gemeinsame Bekenntnis der LWB-Kirchen ist).

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Lutheraner hat geschrieben:Lutherisch sind die Bekenntnisschriften. Lies sie mal. Die wichtigste (CA) wurde überhaupt nicht von Luther geschrieben.
Keine Antwort auf meine Frage.
Die Aussage, daß die Bekenntnisschriften lutherisch sind, schließt ja nicht aus, daß es daneben noch anderes gibt, das lutherisch ist.

Die lutherische Kirche ist eine Bekenntniskirche. Das musst du doch irgendwann verstehen.
Weiß ich schon. Und das schließt aus, daß es trotzdem eine lutherische theologische Tradition gibt?
Es gibt außerhalb der Bekenntisschriften keine Tradition, die über dem Bekenntnis stehen darf (wie z.B. bei den Anglikanern). Die Tradition muss immer wieder an Bibel und Bekenntnis gemessen werden.
Es geht hier doch nicht um die Frage, ob die Tradition über dem Bekenntnis steht. Du kämpfst hier gegen Dinge, die ich nie behauptet habe.

Warum kannst Du nicht einfach die schlichte Tatsache akzeptieren, daß es eine klare lutherische Tradition in der Auslegung der Realpräsenz über Jahrhunderte gegeben hat und gibt. Daß sie auf der Ebene der Bekenntnisschriften steht, habe ich nie behauptet.
Zuletzt geändert von Stephen Dedalus am Donnerstag 4. Oktober 2007, 18:44, insgesamt 2-mal geändert.
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Bischof
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Beitrag von Bischof »

Hallo Herr Dedalus!

Ich habe nicht behauptet, dass die lutherische Deutung der Realpräsenz nicht mit den Bekenntnisschriften übereintimme. Bevor ich das schreibe, will ich das erstmal nachlesen. Haben Sie bitte ein wenig Geduld...

Ihre Widergabe der lutherschen Abendmahlstheologie scheint mir aus Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis von 1528 zu sein, gelle?

Herzliche Grüße
Bischof

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Bischof hat geschrieben:Hallo Herr Dedalus!

Ich habe nicht behauptet, dass die lutherische Deutung der Realpräsenz nicht mit den Bekenntnisschriften übereintimme. Bevor ich das schreibe, will ich das erstmal nachlesen. Haben Sie bitte ein wenig Geduld...

Ihre Widergabe der lutherschen Abendmahlstheologie scheint mir aus Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis von 1528 zu sein, gelle?

Herzliche Grüße
Bischof
Keine Ahnung. Habe ich aus dem Kopf gemacht. Wird auch in der gegenwärtigen theologischen Diskussion so dargestellt.
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Bischof
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Beitrag von Bischof »

Eine Antwort bin ich schuldig, die jetzt nur auf die Schnelle geben kann. Also zunächst und zu allererst basiert die lutherische Abendmahlslehre auf dem biblischen Befund. Das ist mein Leib. Das ist mein Blut. Deshalb nehmen die lutherischen Bekenntnisschriften dies auf: CA, Apologie der CA, Kleiner und Großer Katechismus und Schmalkaldische Artikel. Die Konkordienformel (FC 7) nimmt zunächst auch den biblischen Befund auf, beruft sich dann auf die CA, und den oben genannten Bekenntnisschriften, um dann auch Teile aus Martin Luthers Schrift: Vom Abendmahl Christi. Bekenntnis von 1528 zu zitieren. (Nebenbei: Zahlreiche Zitate von Kirchenvätern aus der Alten Kirche werden beigebracht.) In FC wird dann aber auch bezug genommen auf die Lehrentscheidungen zur Christologie und in die Abendmahlslehre integriert.

Herzliche Grüße
Bischof

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Danke, Bischof, für die Erläuterung.

In der FC steht es aber doch alles drin!

FC 7, 11-13 (Negativa)

FC 8 11-13 (Affirmativa)

Da hat man alles, was ich oben dargelegt habe. :D
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Lutheraner hat geschrieben: Schon immer. Unser Glaube ist nicht variabel (wie z.B. bei den Reformierten oder Anglikanern). Unsere Bekenntnisschriften legen Dogmen fest - von Jesus Christus gelehrte Glaubenswahrheiten. Dazu gehört natürlich die Realpräsenz.
Und die Erklärung der Realpräsenz durch die Ubiquitätslehre. :D

(Und ausgerechnet Du empfiehlst mir oben, ich solle mal die lutherischen Bekenntnisschriften lesen...)
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Bischof
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Beitrag von Bischof »

Hallo Herr Dedalus!

Habe ICH denn irgendwo geschrieben, dass Sie irgendetwas bezüglich der lutherischen Abendmahlslehre falsch dargestellt haben :hmm:

Herzliche Grüße
Bischof

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Bischof hat geschrieben:Hallo Herr Dedalus!

Habe ICH denn irgendwo geschrieben, dass Sie irgendetwas bezüglich der lutherischen Abendmahlslehre falsch dargestellt haben :hmm:

Herzliche Grüße
Bischof
Nein nein, aber "Lutheraner" hat mir vorgeworfen, ich würde über die "lutherischen Bekenntnisschriften" hinausgehen, in denen es solcherlei Erklärungen nicht gebe...

Gruß
SD
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Petur
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Beitrag von Petur »

Hallo!

Jetzt habe ich das Forum der SELK entdeckt:

http://www.selk.de/forum1/

Alles Gute!

Petur

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Danke, Bischof, für die Erläuterung.

In der FC steht es aber doch alles drin!

FC 7, 11-13 (Negativa)

FC 8 11-13 (Affirmativa)

Da hat man alles, was ich oben dargelegt habe. :D
In FC 8 11+12 geht es aber nicht wirklich um die Ubiquität (oder das, was du darunter verstehst). In FC 7, 11-13 geht es um die Widerlegung der calvinistischen Vorstellung, dass es Realpräsenz nicht geben kann, weil Christus zur rechten Gottes sitzt.

Vielleicht verstehe ich dein Problem besser, wenn du mir erklärst, wie die Anglikanische Kirche begründet, dass es Realpräsenz geben kann. Dann wird mir vielleicht klarer, wo du genau die Unterschiede zur Auffassung der Konkordienformel siehst.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Lutheraner hat geschrieben: In FC 8 11+12 geht es aber nicht wirklich um die Ubiquität (oder das, was du darunter verstehst). In FC 7, 11-13 geht es um die Widerlegung der calvinistischen Vorstellung, dass es Realpräsenz nicht geben kann, weil Christus zur rechten Gottes sitzt.
Das aber ist doch genau die Ubiquitätsfrage!

Ubiquität = Allgegenwart. Es geht um die Frage, ob Christus (der im Himmel ist) zugleich an mehrern Orten sein kann (nämlich leiblich im Abendmahl).

Die FC benennt das Ubiquitätsproblem in den Negativa zu VII:
11. Daß der Leib Christi also im Himmel bschloßen, daß er auf keinerlei Weise zumal und zu einer Zeit an vielen oder allen Orten gegenwärtig sein könne auf Erden, da sein heiliges Abendmahl gehalten wird.

12. Daß Christus die wesentliche Gegenwärtigkeit seines Leibs und Bluts im heiligen Abendmahl nicht habe verheißen, noch leisten können, weil die Natur und Eigenschaft seiner angenommenen menschlichen Natur solches nicht leiden noch zugeben könne.

13. Das Gott nach aller seiner Allmächtigkeit (welches erschrecklich zu hören) nicht vermöge zu verschaffen, daß sein Leib auf eine Zeit mehr dann an einem Ort wesentlich gegenwärtig sei.
Und in den Affirmativa zu VIII wird mittels der communicatio idiomatum die Lösung dazu angeboten:
11. Welche Majestät er nach der persönlichen Vereinigung allwegen gehabt, und sich doch derselben im Stande seiner Erniedrigung geäußert, und der Ursach wahrhaftig an aller Weisheit und Gnade bei Gott und den Menschen zugenommen; darum er solche Majestät nicht allezeit, sondern, wann es ihm gefallen, erzeiget, bis er die Knechtsgestalt, und nicht die Natur, nach seiner Auferstehung ganz und gar hingeleget, und in den völligen Gebrauch, Offenbarung und Erweisung der göttlichen Majestät gesetzet und also in sein Herrlichkeit eingegangen, daß er itzt nicht allein als Gott, sondern auch als Mensch alles weiß, alles vermag, allen Kreaturen gegenwärtig ist, und alles, was im Himmel, auf Erden und unter der Erden ist, unter seinen Füßen und in seinen Händen hat, wie er selbst zeuget: Mir ist gegeben aller Gewalt im Himmel und auf Erden. Und S. Paulus: Er ist über alle Himmel gefahren, auf daß er alles erfüllete; welchen seinen Gewalt er allenthalben gegenwärtig üben kann, und ihm alles müglich und alles wißend ist.

12. Daher er auch vermag und ihm ganz leicht ist, sein wahrhaftigen Leib und Blut im heiligen Abendmahl gegenwärtig mitzutheilen, nicht nach Art oder Eigenschaft der menschlichen Natur, sondern nach Art und Eigenschaft göttlicher Rechte, saket Doctor Luther aus unserm christlichen Kinderglauben; welche Gegenwärtigkeit nicht irdisch, noch kapernaitanisch, gleichwol wahrhaftig und wesentlich ist, wie die Wort seines Testaments lauten: Das ist; ist; ist mein Leib etc.

Durch diese unser Lehre, Glauben und Bekenntnis wird die Person Christi nicht getrennet, wie Nestorius gethan (welcher die communicationem idiomatum, das ist die wahrhaftige Gemeinschaft der Eigenschaften beider Naturen in Christo geläugnet und also die Person getrennet, wie solches Lutherus im Buch von den Conciliis erkläret); noch die Naturen samt ihren Eigenschaftem mit einander in ein Wesen vermischet (wie Eutychus geirret); noch die menschliche Natur in der Person Christi verläugnet oder abgetilget wird; auch keine Natur in die ander verwandelt; sondern Christus ist und bleibet in alle Ewigkeit Gott und Mensch in einer unzertrennten Person, welches nach der heiligen Dreifaltigkeit das höchste Geheimnis ist, wie der Apostel zeuget, in welchem unser einiger Trost, Leben und Seligkeit stehet.
Hier werden also in den lutherischen Bekenntisschriften genau die Aussagen gemacht, die ich oben so zusammengefaßt und kritisch beleuchtet hatte:
Stephen Dedalus hat geschrieben:Luther wählt einen anderen Weg und bezieht sich auf die communicatio idiomatum, also die lebendige Beziehung der menschlichen und göttlichen Natur Christi. Die Formel von Chalcedon hatte festgelegt, daß diese Naturen beide in Christus existieren, allerdings unvermischt und ungetrennt etc. Luther nun erweitert die Chalcedonische Formel durch den Gedanken, es komme zu einem Austausch zwischen der menschlichen und göttlichen Natur Christi: Obwohl Christus seiner menschlichen Natur nach nicht omnipräsent sein kann, kann er es seiner göttlichen Natur nach. Nach Luther wird die Fähigkeit der Omnipräsenz im Falle der eucharistischen Präsenz von der göttlichen an die menschliche (leibliche) Natur Christi vermittelt. Daher ist eine wirkliche leibliche Gegenwart Christi sowohl im Himmel wie auch unter den Gestalten von Brot und Wein möglich.

Theologisch und philosophisch ist diese Erklärung - wie gesagt - fragwürdig. Erstens ist zu fragen, ob damit nicht die orthodoxe Formel von Chalcedon überschritten ist. Wenn es zu einem Austausch der Naturen kommt, existieren diese dann noch "ungetrennt und unvermischt", wie von Chalcedon festgestellt? Zweitens ist zu fragen, warum nur die Eigenschaft oder Fähigkeit der Omnipräsenz an die menschliche (leibliche) Natur übertragen wird, nicht aber auch andere Eigenschaften? Schließlich gilt: Wenn Christus seiner göttlichen Natur nach omnipräsent ist, ist er es immer! Er kann diese Eigenschaft nicht ablegen, sie ist Teil seiner Natur. Vermittelt er diese Eigenschaft an seine menschliche Natur, gilt das gleiche. Philosophisch muß daraus eigentlich folgen, daß Christus immer und überall leiblich gegenwärtig ist. Wie will nun die lutherische Theologie begründen, daß diese leibliche Präsenz nur auf die Eucharistie beschränkt bleibt?
Vielleicht verstehe ich dein Problem besser, wenn du mir erklärst, wie die Anglikanische Kirche begründet, dass es Realpräsenz geben kann. Dann wird mir vielleicht klarer, wo du genau die Unterschiede zur Auffassung der Konkordienformel siehst.
Die Anglikanische Kirche macht dazu keine Aussage. Mein Problem hatte ich auch schon klar benannt: Die Lösung, die die lutherische Kirche hier anbietet, halte ich für theologisch wie philosophisch zweifelhaft.

Die Anglikaner haben sich nie auf ein Modell zur Realpräsenz festgelegt. Wir sind keine Konfessionskirche. Die einzige Aussage, die zu dem Thema in den 39 Artikeln gemacht wurde, ist die Ablehnung der Transsubstantiationslehre.
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Zur Dauer der Gegenwart Christi im Altarsakrament hätte ich jetzt mal eine Frage:


Auf der Seite der St. Mariengemeinde in Berlin (SELK) steht folgendes:
Diese Realpräsenz fängt im übrigen auch nicht erst in dem Augenblick an, in dem der Kommunikant die gesegnete Hostie mit seinem Mund empfängt und aus dem Kelch trinkt; sie hängt wirklich einzig und allein an den Worten Christi selbst, die über den Elementen gesprochen werden. Entsprechend ist es angemessen, den Leib und das Blut Christi, die auf dem Altar gegenwärtig sind, auch schon vor dem Empfang anzubeten und am Ende der Sakramentsfeier darauf zu achten, daß die gesegneten Elemente, Leib und Blut Christi, sorgsam verzehrt werden und nicht etwa nach der Sakramentsfeier wieder mit ungesegneten Elementen vermischt oder gar weggeschüttet werden. Nicht vergessen werden darf dabei allerdings, daß die Einsetzung des Sakraments darauf zielt, daß Leib und Blut Christi auch wirklich von uns Christen gegessen und getrunken werden, wie Martin Luther dies in seiner Erklärung betont. Die Elemente werden nicht zur Anbetung, sondern zum Verzehr konsekriert. Martin Luther kritisierte von daher scharf die Praxis der römisch-katholischen Kirche seiner Zeit, in der die Christen nur selten zur Kommunion gingen und sich statt dessen mit der Anbetung der gesegneten Hostie begnügten. Auch die Fronleichnamsprozession, bei der der Leib Christi in der Gestalt einer großen gesegneten Hostie durch die Straßen getragen wird, wurde von daher in der lutherischen Kirche abgeschafft, weil der Bezug auf das „Essen und Trinken“ darin nur noch schwer zu erkennen war. Umgekehrt kennt aber auch die lutherische Kirche kein „Verfalldatum“ bei der Konsekration: Es ist auch in der lutherischen Kirche möglich, die im Gottesdienst gesegneten Elemente, Leib und Blut Christi, den Gemeindegliedern vom Altar der Kirche aus ins Haus zu bringen. Üblicher ist es jedoch, bei Gemeindegliedern, die nicht mehr zum Gottesdienst kommen können, einen eigenen Sakramentsgottesdienst inklusive der Einsetzungsworte Christi zu feiern.
Wenn die SELK als lutherische Bekenntniskirche so eine Aussage macht, dann kann sie nicht im Widerspruch zu den lutherischen Bekenntnisschriften stehen. Dazu findet man darin auch nichts (habe ich etwas überlesen?). Ich meine mal gelesen zu haben, dass man mindestens davon ausginge, dass Leib und Blut Christi im Sakrament während der Messe gegenwärtig seien, was ja nicht ausschließt, dass Seine Gegenwart auch auf unbestimmte Dauer sein kann. Bei der Zahl der Sakramente sieht man das ja auch ähnlich. Man geht von mindestens 2 (Taufe und Abendmahl) aus.

Wenn jemand Konkreteres weiß, würde ich mich über eine Auskunft freuen.

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Zur Dauer der Gegenwart Christi im Heiligen Abendmahl habe ich auf Mellons Website einen sehr interessanten Beitrag von Pfarrer i. R. Jürgen Diestelmann gefunden: Kennen Sie den Pfarrer Wolferinus?

Wer meint ein „guter Lutheraner“ zu sein, müsste demnach eigentlich davon ausgehen, dass die Gegenwart Christi im Sakrament die Abendmahlsfeier überdauert.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Marcus hat geschrieben:Zur Dauer der Gegenwart Christi im Heiligen Abendmahl habe ich auf Mellons Website einen sehr interessanten Beitrag von Pfarrer i. R. Jürgen Diestelmann gefunden: Kennen Sie den Pfarrer Wolferinus?

Wer meint ein „guter Lutheraner“ zu sein, müsste demnach eigentlich davon ausgehen, dass die Gegenwart Christi im Sakrament die Abendmahlsfeier überdauert.
Lieber Marcus,

dies ist nicht die traditionelle lutherische Position. Die klassische lutherische Theologie hat die Präsenz des Herrn in den Elementen auf die gottesdienstliche Nutzung von Brot und Wein beschränkt (sogenannte in usu Präsenz).

Die Website der EKD schreibt dazu:
Die Lehre der lutherischen Kirchen geht hingegen davon aus, daß die besondere Verbindung zwischen dem lebendigen Jesus Christus und den Elementen Brot und Wein nur zum Zweck und daher während des Gebrauchs im Gottesdienst besteht (in usu).
Daher gab und gibt es bis heute in lutherischen Kirche keine Tabernakel, auch keine Sakramentsverehrung oder Sakramentsprozessionen.

Es ist richtig, daß einige hochkirchliche Lutheraner (teilweise SELK oder hochkirchliche Bewegung) diese vorherrschende Sicht infrage stellen. Sie können sich m. W. darauf berufen, daß die lutherischen Bekenntnisschriften zur dauerhaften Präsenz keine klare Aussage machen.

Obwohl sie sich also damit nicht expressis verbis gegen die lutherischen Bekenntnisse stellen, stehen sie im Gegensatz zum breiten Konsens der klassischen lutherischen Theologie.

Mit freundlichem Gruß
SD
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo Marcus,

zur Dauerhaftigkeit der Präsenz Christi in den Abendmahlselementen trifft die Bibel keine Aussage. Für die lutherische Theologie ist klar, dass wir über Gott auch in den Abendmahlselementen nicht verfügen können. Die Katholische Kirche sieht das anders. Deshalb wurden früher Menschen mit dem Vorwurf, sie hätten "gewandelte" Hostien geschändet, zum Tode verurteilt.

Luther selbst hat es abgelehnt festzulegen, wann die Realpräsenz beginnt und endet. Er hat auch die Festelgung auf eine Wandlung abgelehnt. Ihm ging es immer darum, das Hl. Abendmahl als das zu bewahren, als was es eingesetzt wurde: Als Sakrament.
Es geht beim Abendmahl nicht darum, "gewandelte" Hostien zu erzeugen, die man anschließend anbeten kann (im Mittelalter war das - neben dem Opfercharakter und der Vorstellung durch die Messe das Opfer Christi zu erneuern) Hauptzweck der Katholischen Messe. Sie wurde zwar jeden sonntag gefeiert, es ging aber in der Regel fast niemand zu Kommunion.

In der lutherischen Kirche ist es manchmal üblich, nach der Abendmahlsfeier restliche Gaben zu Kranken ans Krankenbett zu bringen. Allgemein gehört zum Abendmahl aber auch die gemeinsame Feier. Es sollte also eher die Ausnhame sein, dass man Brot und Wein kommuniziert, ohne an der Abendmahlsfeier, bei der diese konsekriert wurden, teilgenommen zu haben. Deshalb gibt es ja auch das Krankenabendmahl.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Stephen Dedalus hat geschrieben: Die Anglikanische Kirche macht dazu keine Aussage. Mein Problem hatte ich auch schon klar benannt: Die Lösung, die die lutherische Kirche hier anbietet, halte ich für theologisch wie philosophisch zweifelhaft.
ich bin der Meinung, dass ohne dem, was die Konkordienformel festlegt, Realpräsenz nicht möglich ist. Einerseits muß der Leib Christi dazu an mehreren Orten präsent sein, andererseits ist das Abendmahl kein Kannibalismus.
Man kann die Deutung natürlich offen lassen (eine Deutung ist nur nötig um Irrlehren, wie sie Calvin, Zwingli, Bucer verbreiteten zurückzuweisen), aber was wäre denn eine bessere Erklärung?

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Lutheraner hat geschrieben: ich bin der Meinung, dass ohne dem, was die Konkordienformel festlegt, Realpräsenz nicht möglich ist. Einerseits muß der Leib Christi dazu an mehreren Orten präsent sein, andererseits ist das Abendmahl kein Kannibalismus.
Nun, man muß nicht weit laufen, um zu sehen, daß es natürlich andere Traditionen gibt, die sehr wohl eine Realpräsenz glauben, ohne sich die lutherische Deutung zueigen zu machen: Die Katholiken vertreten die Transsubstantiationslehre, die Orthodoxen und Anglikaner das Mysterium der Präsenz, ohne eine Erklärung zu favorisieren.

Man kann die Deutung natürlich offen lassen (eine Deutung ist nur nötig um Irrlehren, wie sie Calvin, Zwingli, Bucer verbreiteten zurückzuweisen), aber was wäre denn eine bessere Erklärung?
Ich weiß nicht, was eine bessere Erklärung ist. Für mich gilt nach wie vor der Satz von Königin Elisabeth I. von England:
The Word it was that spake it;
he took the bread and brake it;
and what his word does make it,
that I believe and take it.
Ich kann Stärken und Schwächen bestimmter Erklärungsmodelle sehen. Die TSL löst einige Probleme und wirft andere auf, ebenso das lutherische Modell. Warum die Lutheraner (und Katholiken) so eilig damit sind, Calvin als Irrlehrer hinzustellen, ist mir nicht klar. Mein Verdacht ist, daß Calvin in seinem Eucharistieverständnis katholischer ist, als ihm unterstellt wird. Aber darüber habe ich noch keine endgültige Klarheit.

Meine Vermutung ist, daß es bei der Rede um die Realpräsenz vor allem um eine Personalpräsenz geht. Niemand hat etwas davon, auf Christi Fleisch herumzukauen oder sein Blut zu trinken. Die Lehre von der Realpräsenz läuft nicht auf Capernaismus hinaus, sondern auf die Gegenwart des lebendigen und personal gegenwärtigen Herrn. Die traditionelle katholische Theologie kann dies nicht ohne den Aspekt der Leiblichkeit denken, daher wird in der Scholastik ein philosophisches Modell bemüht (von Aristoteles entlehnt), um die personale Präsenz Christi in der Eucharistie zu gewährleisten.

Luther trennt sich nicht von dem Aspekt der Leiblichkeit, lehnt aber das scholastische Modell ab. Konsequent ist bei Luther, daß er das Realpräsenzproblem christologisch lösen will. Somit verfällt er auf die communicatio idiomatum und die Ubiquität, um die Personalpräsenz durch die Gegenwart des natürlichen Leibes zu erklären.

Für Calvin ist der leibliche Aspekt sekundär. Da für ihn sakramentale Gnade nicht durch die menschliche Natur Christi vermittelt wird (auch ein Punkt!), sondern durch die divinitas, die Göttlichkeit, kann er die Präsenz des menschlichen Leibes Christi vernachlässigen. Die divinitas Christi braucht aber für ihre Präsenz in (sic!) Brot und Wein keine weiteren Erklärungsmodelle als ein pneumatisches. Der lebendige Geist kann diese personale Präsenz der göttlichen Natur Christi wirken.

Was in Calvins Modell (soweit ich es bisher verstehe) kaum möglich ist, ist eine solide Meßopfertheologie. Aber da muß ich noch ein bißchen drüber nachdenken...
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Mellon
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Beitrag von Mellon »

Stephen Dedalus hat geschrieben:Ich weiß nicht, was eine bessere Erklärung ist. Für mich gilt nach wie vor der Satz von Königin Elisabeth I. von England:
The Word it was that spake it;
he took the bread and brake it;
and what his word does make it,
that I believe and take it.
Das klingt irgendwie wie eine Formulierung, die man - und ich meine das durchaus nicht böse - wie einen Joker beim Kartenspielen verwenden kann: Man kann sie für jede Meinung zum Thema benutzen ...
Er kennet seine Scharen / am Glauben, der nicht schaut / und doch dem Unsichtbaren, als säh er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeuget / und durch das Wort sich nährt / und vor dem Wort sich beuget / und mit dem Wort sich wehrt.

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Mellon hat geschrieben: Das klingt irgendwie wie eine Formulierung, die man - und ich meine das durchaus nicht böse - wie einen Joker beim Kartenspielen verwenden kann: Man kann sie für jede Meinung zum Thema benutzen ...
Naja, ja und nein.

Ein Joker ist allerdings gar nicht so schlecht. Denn wer sich schlicht an die Worte des Herrn "Dies ist mein Leib/Blut" hält (und das ist ja, was Elisabeth hier meint) und mit gläubigem Herzen hinzutritt und empfängt, hat sicher den größeren Gewinn von der Hl. Kommunion als der, der sich in ewigen theologischen Debatten über die "technische" Seite der Präsenz verliert.

Der bekannte lutherische Theologe Robert Jenson sagte neulich auf einer Tagung, daß er den Unterschied zwischen der reformierten und der lutherischen Abendmahlsauffassung natürlich kenne, aber der Meinung sei, dieser Unterschied hätte niemals zu einer Kirchentrennung oder Trennung am Altar führen dürfen. Eines seiner unerfüllten theologischen theologischen Projekte sei es gewesen, die Frage zu untersuchen, ob der pneumatologische Ansatz Calvins und der christologische Ansatz Luthers wirklich so unvereinbar seien, wie es scheine.
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Mellon
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Jemand sagte mal ganz: Die lutherische Abendmahlslehre lautet kurzgefaßt:
1. Jesus meint, was Er (mit den Einsetzungworten) sagt. Daraus folgt:
2. Das Brot ist der Leib.

Ich denke, daß Streitigkeiten über die Realpräsenz nicht aus dem Lust am Streiten oder am Spekulieren heraus entstanden und entstehen, sondern weil eben dem widersprochen wurde, daß "dies" wirklich nach Seinem Wort "Sein Leib" "ist". Das muß man dann schon etwas ausführlicher werden und kommt schnell sozusagen "in gefährliche Regionen" des Disputes.

Besser ist es natürlich allemal, sich schlicht an die Worte des Herrn "Dies ist mein Leib/Blut" zu halten und mit gläubigem Herzen hinzuzutreten und das zu empfangen, was der Herr Seinem Wort nach gibt. Da stimme ich dir voll und ganz zu.

Gnade und Frieden!
Er kennet seine Scharen / am Glauben, der nicht schaut / und doch dem Unsichtbaren, als säh er ihn, vertraut;
der aus dem Wort gezeuget / und durch das Wort sich nährt / und vor dem Wort sich beuget / und mit dem Wort sich wehrt.

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Vielen Dank für Eure Auskünfte!

Da bin ich ja auf die richtigen Experten gestoßen... :)

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben: ich bin der Meinung, dass ohne dem, was die Konkordienformel festlegt, Realpräsenz nicht möglich ist. Einerseits muß der Leib Christi dazu an mehreren Orten präsent sein, andererseits ist das Abendmahl kein Kannibalismus.
Nun, man muß nicht weit laufen, um zu sehen, daß es natürlich andere Traditionen gibt, die sehr wohl eine Realpräsenz glauben, ohne sich die lutherische Deutung zueigen zu machen: Die Katholiken vertreten die Transsubstantiationslehre, die Orthodoxen und Anglikaner das Mysterium der Präsenz, ohne eine Erklärung zu favorisieren.
Aber um das Wie geht es bei Luthers Ubiquitätslehre nicht, sondern um das Warum. Er wollte erklären warum Christi Leib und Blut in Brot und Wein präsent sein können - als Widerlegung der Reformierten Behauptung, dass dies nicht möglich wäre, weil Christus zur Rechten Gottes sitzt.
Darauf gibt die Transsubstantiationstheorie bspw. keine Antwort. Sie legt nur die Art der Präsenz ("wie") fest.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Marcus hat geschrieben:Zur Dauer der Gegenwart Christi im Heiligen Abendmahl habe ich auf Mellons Website einen sehr interessanten Beitrag von Pfarrer i. R. Jürgen Diestelmann gefunden: Kennen Sie den Pfarrer Wolferinus?

Wer meint ein „guter Lutheraner“ zu sein, müsste demnach eigentlich davon ausgehen, dass die Gegenwart Christi im Sakrament die Abendmahlsfeier überdauert.
Hallo Marcus,

in der Ausgabe 1/2007 der SELK-Zeitschrift "Lutherische Beiträge" gab es auch einen guten Beitrag von Diestelmann hierzu:

http://www.lutherischebeitraege.de/Dies ... aesenz.pdf

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Lutheraner hat geschrieben:
Aber um das Wie geht es bei Luthers Ubiquitätslehre nicht, sondern um das Warum. Er wollte erklären warum Christi Leib und Blut in Brot und Wein präsent sein können - als Widerlegung der Reformierten Behauptung, dass dies nicht möglich wäre, weil Christus zur Rechten Gottes sitzt.
Darauf gibt die Transsubstantiationstheorie bspw. keine Antwort. Sie legt nur die Art der Präsenz ("wie") fest.
Nun, diese Unterscheidung halte ich für ein wenig gewagt. Die hier thematisierten Modelle der (Real)Präsenz Christi im Sakrament sind alle Teil des gleichen Diskurses der Reformationszeit. Das lutherische Modell ist ja eine direkte Antwort sowohl auf die TSL (die abgelehnt wurde) wie auch auf das Calvin'sche Modell der "Spiritualpräsenz". Das "wie" und das "warum" hier trennen zu wollen, ist meines Erachtens nicht möglich, da es in allen drei Modellen um die Beantwortung des "wodurch" ist Christus im Sakrament gegenwärtig geht.

Kurzgefaßt lauten die Antworten: durch Wesensverwandlung (rk), durch Ubiquität (luth.), durch Spiritualpräsenz (ref).
If only closed minds came with closed mouths.

ieromonach
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Besuch einer SELK-Gemeinde ratsam

Beitrag von ieromonach »

Nur ganz kurz betr.: Heilige Eucharistie.
" Fragst du aber, wie es geschieht, so genügt dir zu hören, daß es durch den Hl. Geist geschieht. So bildete auch der Herr aus der heiligen Gottesgebärrin durch den Hl.Geist für sich und in sich Fleisch. Und mehr wissen wir nicht, als daß das Wort Gottes wahr und wirksam und. allmächtig ist, das Wie aber ist unerforschlich". (Johannes Damskinos. (Der orthodoxe Glauben).

Also können wir von einer Real-, und Aktualpräsenz reden in den Hl. Gaben. Dieses ist aber nicht nur eine "Augenblicksangelegenheit" sondern dauernd, so wie auh die Gottesgebärerin nicht nur im Augeblick der Geburt des HErrn Gottesgebärerin ist, sondern immer und ewig. +Archimandrit Theodoros

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Stephen Dedalus hat geschrieben: Kurzgefaßt lauten die Antworten: durch Wesensverwandlung (rk), durch Ubiquität (luth.), durch Spiritualpräsenz (ref).
Voraussetzung für die Kath. Wandlung ist auch die Ubiquität. Wie sollte das sonst möglich sein?

Ich habe den Eindruck, dass du die Ubiquität in der luth. Theologie völlig überbewertest (oder an mir ist vorbeigegangen, dass das so eine wichtige Rolle spielt - ich bin kein Theologe).

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Lutheraner hat geschrieben:Voraussetzung für die Kath. Wandlung ist auch die Ubiquität. Wie sollte das sonst möglich sein?
Ich denke, die katholische Theologie argumentiert hier anders. Laut katholischer Lehre bleibt der Leib Christi im Himmel. Er ist "unbewegt". Der Leib Christi ist ja nach katholischer Lehre "nur" der Substanz nach anwesend, nicht dem natürlichen Leib nach. Daher ist für die katholische Theologie keine Ubiquitätslehre notwendig. Der natürliche Leib Christi ist sozusagen nicht von Interesse. Das ist bei Luther etwas anders.
Ich habe den Eindruck, dass du die Ubiquität in der luth. Theologie völlig überbewertest (oder an mir ist vorbeigegangen, dass das so eine wichtige Rolle spielt - ich bin kein Theologe).
Ich denke nicht, daß ich das überbewerte, denn das ist nun einmal die lutherische Erklärung. Wie wir gesehen haben, hat sie sich ja sogar in den Bekenntnisschriften niedergeschlagen. Aber es ist natürlich auch bloß die theologische Erklärung, die für die Gläubigen in der Kirchenbank weniger von Belang ist. Für die gilt eben die Realpräsenz "in, mit und unter" Brot und Wein. Das ist das, was man im Katechismus und Konfirmandenunterricht lernt, und das ist ja auch ausreichend. Man kann und soll nicht von Otto-Normal-Lutheraner erwarten, daß er das kennt.

Normale Katholiken könnten Dir übrigens auch nicht die Transsubstantiationslehre erklären. ;)
If only closed minds came with closed mouths.

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