Gottes Wesenheit und Energie

Ostkirchliche Themen.
ieromonach
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Beitrag von ieromonach »

Hallo Raphaela,
Deine Erklärung ist falsch und hat nichts mit den "Energien" zu tun.
Lese noch einmal meinen Beitrag auf S. 3 . +pth

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holzi
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Beitrag von holzi »

Liebe Freunde,

evtl. ist in dieser Diskussion diese Dissertation hilfreich: http://edoc.ub.uni-muenchen.de/4005/1/K ... ikolai.pdf
mein Bischof ist übrigens einer der Gutachter.

Diskutiert schön weiter, es ist interessant!

Konrad

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overkott
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Beitrag von overkott »

Ich habe die ersten zehn Zeilen gelesen.

Ein flüchtiger Eindruck: zu feuilletonistisch.

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holzi
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Beitrag von holzi »

overkott hat geschrieben:Ich habe die ersten zehn Zeilen gelesen.

Ein flüchtiger Eindruck: zu feuilletonistisch.
Du solltest auch nicht mit der Erwartung, der Doktorand könnte dem Hl. Bonaventura literarisch und theologisch das Wasser reichen, lesen. ;D

ieromonach
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Beitrag von ieromonach »

Habe die "Dissertation" durchgeblättert. Schon das Vorwort ist blamabel. Was für eine Sprache, "ständige Jammern der Orthodoxen", "Osten und Westen". So etwas kann man vielleicht in eine Hauptschule durchgehen lassen. In einer Dissertation darf man das nicht. Die Literaturangaben zeigen folgendes. Nichts wurde im Original von Gregorios P. gelesen. Peinlich! Wie kann so etwas als Dissertation anerkannt werden?

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holzi
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Re: Die Sakristei

Beitrag von holzi »

ieromonach hat geschrieben:Habe die "Dissertation" durchgeblättert. Schon das Vorwort ist blamabel. Was für eine Sprache, "ständige Jammern der Orthodoxen", "Osten und Westen". So etwas kann man vielleicht in eine Hauptschule durchgehen lassen. In einer Dissertation darf man das nicht. Die Literaturangaben zeigen folgendes. Nichts wurde im Original von Gregorios P. gelesen. Peinlich! Wie kann so etwas als Dissertation anerkannt werden?
Lieber Vater Theodor,
ich dachte auch eher daran, dass wir Römer das lesen sollten, um uns mit der etwas anderen Begrifflichkeit vertrauter zu machen, die in den orthodoxen Kirchen benutzt wird. Gibt es eigentlich von Gregor Palamas etwas auf Deutsch?

Grüße
Konrad

Raphaela
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Re: Die Sakristei

Beitrag von Raphaela »

holzi hat geschrieben:
ieromonach hat geschrieben:Habe die "Dissertation" durchgeblättert. Schon das Vorwort ist blamabel. Was für eine Sprache, "ständige Jammern der Orthodoxen", "Osten und Westen". So etwas kann man vielleicht in eine Hauptschule durchgehen lassen. In einer Dissertation darf man das nicht. Die Literaturangaben zeigen folgendes. Nichts wurde im Original von Gregorios P. gelesen. Peinlich! Wie kann so etwas als Dissertation anerkannt werden?
Lieber Vater Theodor,
ich dachte auch eher daran, dass wir Römer das lesen sollten, um uns mit der etwas anderen Begrifflichkeit vertrauter zu machen, die in den orthodoxen Kirchen benutzt wird. Gibt es eigentlich von Gregor Palamas etwas auf Deutsch?

Grüße
Konrad
@ Konrad
Ich habe mir eben zwar nur das Inhaltsverzeichnis durchgelesen, muss aber Pater Theodor rechtgeben. Und wenn schon im Inhaltverzeichnis zu erkennen ist, dass ein Kapitel über die Energien vorkommt, dann sollte wirklich das Original gelesen werden.

ieromonach
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Beitrag von ieromonach »

Liebe Kreuzgänger, da Nietenolaf bis zum Sonntag "Zöllner und Pharisäer" nicht in Deutschland ist sollten wir das Thema ruhen lassen. Nietenolaf hat sich mit dem Thema sehr beschäftigt und wird sich dann wieder äußern. Hoffe auf Euer Einverständnis.

+P. Theodoros

Raphaela
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Re: Sie Sakristei

Beitrag von Raphaela »

ieromonach hat geschrieben:Liebe Kreuzgänger, da Nietenolaf bis zum Sonntag "Zöllner und Pharisäer" nicht in Deutschland ist sollten wir das Thema ruhen lassen. Nietenolaf hat sich mit dem Thema sehr beschäftigt und wird sich dann wieder äußern. Hoffe auf Euer Einverständnis.

+P. Theodoros
Welcher Sonntag ist das?

ieromonach
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Beitrag von ieromonach »

Antwort: 17. Februar nach bürgerl. Kalender.

HeGe
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Beitrag von HeGe »

Ah, "Reminiscere". Warum sagst du das nicht gleich. ;)
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Hieromonach hat geschrieben:Die Synode von 1351 formuliert so: " Die göttliche Wesenheit und die Energie unterscheiden sich voneinander dadurch, daß die göttliche Energie mitteilbar ist und unteilbar geteilt sein kann, in Namen ausdrückbar ist und sich irgendwie, wenn auch unklar, aus ihren Folgen (d.h. ihren Werken) gedanklich erfassen läßt; die Wesenheit aber ist nicht mitteilbar, unteilbar und namenlos, weil jeden Namen und alles Begreifen übersteigend."
Nur »unklar … gedanklich erfassen«: Das scheint mir hier in der Tat das Problem zu sein. Ausgangspunkt ist hier nicht eine falsche Lehre, die dogmatische Klärungen heischt – wie es auf den ersten sieben ökumenischen Konzilien war –, sondern das Ausgangspunkt ist die Infragestellung einer (teil-)kirchlichen Praxis, zu deren Rechtfertigung man eine theologisch-dogmatische Begründung suchte.

Diese Begründung findet nun grundsätzlich auf der via negativa statt, das heißt: die redet zunächst in der Sprache der apophatischen Theologie. Weil ihre Motivation aber apologetisch ist, kann sie denn doch nicht anders, als kataphatische Aussagen zu treffen. So mutet das Ergebnis zwitterhaft an, „unteilbar geteilt“, eben „gedanklich unklar“.

Es ist nachvollziehbar, ja berechtigt und notwendig, daß sich dagegen Widerspruch erhob. Dieser Widerspruch braucht jedoch keineswegs ein verurteilender zu sein. Was solchen Aussagen noch fehlt, ist nicht die Rechtgläubigkeit, sondern die angemessene Übersetzung der Apophase in die kataphatische Sprache der ökumenischen Konzilien, so daß die Rechtgläubigkeit aufgezeigt wird.

Denn so sehr auch der Ansicht zuzustimmen ist, daß die Apophase dem Reden von Gott angemessener ist als die Kataphase, kann eine apologetische und den Irrtum abwehrende dogmatische Theologie nicht auf dem Weg der Negation und der scheinbaren Paradoxien wie „geteilten Ungeteiltseins“ und ähnlicher coincidentiæ oppositorum stehen bleiben, sondern muß in der Lage sein, affirmativ Aussagen zu treffen.

Darum will ich die Synode von 1351 (und mit ihr Gregor Palamas) auch nicht anhand der ökumenischen Konzilien zerpflücken. Dazu gelangte man, mißverstünde man ihre Sprache als kataphatisch. Das ist zu vermeiden, auch wenn sie selbst solches Mißverständnis meines Erachtens tendenziell begünstigen. Ich will das Problem lediglich noch einmal am Beispiel verdeutlichen:
Hieromonach hat geschrieben:Die Begriffe "Sein" und "Wesen" sind, streng genommen, auf Gott nicht anwendbar, da er alles uns bekannte und denkbare Sein überragt.
»Streng genommen« sind überhaupt keine Begriffe, die unsere Vernunft erfassen kann und die wir gebrauchen, »auf Gott .. anwendbar«. Wohl mag auch der Hesychast auf seinem Weg der „Vergöttlichung“ auf Begriffe überhaupt verzichten können. Die Kirche als mater et magistra der Gläubigen, und zwar aller Gläubigen – quasi modo genitorum infantium et lactantium – kann auf Begriff und kann auf die Kataphase nicht verzichten. So gebraucht denn die Theologie der Konzilien und großenteils auch der Väter »Begriffe ‹wie› „Sein“ und „Wesen“« sehr wohl und selbstverständlich in ihrer Rede von Gott.

Das ist keine Paradoxie und nicht alogisch. Es handelt sich um die ganz verschiedenen Sprachen zweier theologischer Wege, die beide ihren Ort und ihre Berechtigung haben, die wir aber nicht verwechseln dürfen und auch am falschen Platz anzuwenden vermeiden sollten. Zur Rechtfertigung der hesychastischen Praxis gegen dogmatische Einwände und zum Aufweis der Orthodoxie am Maßstab der Konzilien scheint mir die apophatische Theologie methodisch ungeeignet. Darin liegt womöglich die Wurzel der Streitigkeiten und Lehrverurteilungen rund um den „Palamismus“.
Hieromonach hat geschrieben:Um auf den Beitrag von Sebastian zu kommen. Der Ansatz von ihm war schon richtig gedacht. Wenn wir im AT die Geschichte vom Mantel des Elias lesen so ist doch deutlich wie die göttlichen Energien auf Elischa wirken. Gott benutzt den Mantel um dem Elischa als "Auffanggefäß" göttlicher Gnade (hier wirkt göttliche Energie) wirken zu lassen. (leider finde ich kein Wort um das was ich meine auszudrücken
Hier befinden wir uns wiederum auf der ursprünglichen Ebene, dem Ausgangspunkt der Diskussion in der mönchischen Praxis und ihrer Erklärung in bildhafter, metaphorischer Sprache. Die Metaphern dürfen wir aber ebensowenig mit kataphatischen, „dogmatisch belastbaren“ Aussagen verwechseln wie die Negationen der Apophase. Anders gerieten wir unversehens in die Gefahr, Gott, göttliche Gnade und göttliches Wirken zu „materialisieren“.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Sebastian hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Mit dem Wirken selbst aber kommen wir der Sache vielleicht näher. Gottes Wirken aber ist sein Handeln, sind seine Taten.
Einverstanden, aber sind denn alle Wirkungen Gottes aktives Handeln? Taten bezeichnet man m. E. als aktives Handeln. Gibt es nicht auch ein "passives" Wirken Gottes z.B. durch Seine bloße Anwesenheit? Ich frage, weil ich gerne etwas lernen möchte.
Nein, es gibt kein »„passives“ Wirken Gottes«. Vielleicht ist dieser Gedanke wirklich der Pferdefuß der Sonnenmetapher. – Wenn du ein „passives Wirken“ Gottes annimmst, dann begehst du den Fehler der Pantheisten, Gnostiker und Esoteriker. Du entkleidest Gott seiner Personhaftigkeit.

Entweder läßt du Gott unpersönlich in allen Dingen weben, oder du verbannst ihn in die absolut unerreichbare Jenseitigkeit eines unpersönlichen Etwas oder Nichts, welches nur durch irgendwelche Emanationen auf niedere Ebenen des Seins wirkt. So ist aber nicht unser Gott. Er wirkt, was er will, und nichts, als was er will, und was er will und wirkt, das ist sein Tun.

Man könnte vielleicht einwenden, von Taten Gottes zu reden sei zu anthropomorph gesprochen. Nun ist aber Gott nicht bloß anthropomorph, er ist anthropos. „Eingefleischt“ und wahrer Mensch geworden. Nicht aus Zufall, sondern weil der Mensch bereits nach Gottes Bild gestaltet ist.

Was ist, magst du noch fragen, mit jener blutflüssigen Frau, welche den Saum des Gewands des Herrn berührte und geheilt ward? War das nicht solch ein „passives Wirken“ Gottes? – Ja, so meintest du das. Ich weiß. Das mag in einem gewissen Sinne auch berechtigt sein. Dennoch hat Gott hier gehandelt, und zwar aktiv: Das beginnt bereits bei der „Gnade“, die zuvor die Frau berührt hat und ohne deren Berührung sie sich nicht heilsuchend nach dem Kleid Jesu gestreckt hätte. Vor allem aber war die Heilung der Frau natürlich ein Werk des Willens Gottes. Gott wollte, daß die Frau geheilt würde, und er heilte sie. Ja, genau von solchen Taten Gottes redete ich oben. Und ich meine, es ist berechtigt, sie Taten zu nennen. Tat, Handeln, Wirken.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Hieromonach hat geschrieben:Hallo Sebastian, doch, die Fragen bringen dich weiter. Ein Beispiel wie die "Energien" wirken können. Du kennst folgendes Gebet: "Himmlischer König, ........... - jetzt kommts: Schatzkammer des Guten (oder: der Güter). Du denkst also nach was "Schatzkammer...usw." bedeutet. Weiter: Komm und schlage dein Zelt (Wohnung ist falsch und richtig) in uns auf. Was für ein Zelt? Hier ist ein Hinweis auf das Bundeszelt welches die alten Israeliten beim Zug durch die Wüste aufstellten um dort die Bundeslade hineinstellten. Jetzt als Christ bittest Du den Hl. Geist er möge Sein Zelt in uns aufstellen. Durch diese Meditation hast Du also Erkenntnis erlangt und hier ist zu sehen wie die göttliche Energie dich mit Erkenntnis begnadete. Verstehst Du was ich meine?
Und erneut sind wir beim Ausgangspunkt der Diskussion, der monastischen Praxis, und ihrer allegorischen Erklärung und Illustration … :) Ja, ich verstehe, daß das dein eigentliches Anliegen bei der Eröffnung des Themas war, und das ist auch nur zu berechtigt. Dein Beispiel ist aus der Typologie der Schrift genommen, wie sie den Vätern selbstverständlich war (und auch in der lateinischen Kirche erst in reformatorischer und gegenreformatorischer Zeit an Kraft verloren hat). Hier ist die typologische Beziehung von Altem und Neuem Bund um den anagogischen Aspekt erweitert, auf den Heilsweg der Seele. Aber auch das stammt ja aus der Mitte der Vätertheologie, wie wir aus zahlreichen Hoheliedkommentaren und Traktaten de anima lernen.

Im bitte um Nachsicht, wenn ich durch meine Fragen und Deutungsversuche das Thema ein wenig auf die kataphatisch-affirmative Ebene der Dogmatik und der philosophischen Begriffsklärung gezogen habe. Ich gebe zu, das bringt weder dich noch mich näher zu Gott. Nötig ist es aber dennoch, meine ich: Denn die Klärung der Begriffe kann hier – wie in andern Fällen – helfen, einen Spaltpunkt in der Kirche zu überwinden (und nicht etwa wegzureden: denn die vertiefte Betrachtung der Sache hat in mir die anfängliche Vermutung zur ziemlich festen Überzeugung werden lassen, daß an den historischen Verurteilungen rund um den Palamismus in erster Linie tatsächlich gegenseitiges Nichtverstehen wegen der Verschiedenheit der je angewandten Redeweise schuld ist; abgesehen davon, daß die Frage nach dem Abflauen des Streits zu seiner Zeit jahrhundertelang kaum eine Rolle spielte, bis sie mit dem Wiederaufleben des Hesychasmus im neunzehnten Jht. in den Ostkirchen erneut virulent wurde).
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Holzi hat geschrieben: Liebe Freunde, evtl. ist in dieser Diskussion diese Dissertation hilfreich: http://edoc.ub.uni-muenchen.de/45/1/K ... ikolai.pdf
Danke!
Overkott hat geschrieben:Ich habe die ersten zehn Zeilen gelesen. Ein flüchtiger Eindruck: zu feuilletonistisch.
Der Eindruck bestätigt sich bei weiterer Lektüre nicht.
Hieromonach hat geschrieben:Habe die "Dissertation" durchgeblättert. Schon das Vorwort ist blamabel. Was für eine Sprache, "ständige Jammern der Orthodoxen"
Am selben Satz bin ich auch einen Augenblick hängen geblieben. Er ist vielleicht etwas flapsig. Aber das ist auch schon mal erlaubt, zumal im Vorwort. Ferner muß man schon weiterlesen, um das eigentliche Anliegen zu begreifen. Die Motivation des Verfassers ist letztlich ein Weckruf an die westliche Adresse. Ich fragte mich bald: Wieso verschärft er sprachlich denn auf Deibel komm raus den Gegensatz? – Aber genau darum geht es ihm offenbar: den Westen (a) vor falschem Irenismus zu warnen, welcher sich einbildet, eigentlich sei doch alles fast ganz übereinstimmend, und dabei die so unterschiedliche Weise übersieht, Theologie zu treiben; und (b) genau die östliche Theologie, repräsentiert durch den (im Westen nach Ansicht des Autors nicht wirklich zu Recht so genannten) „Palamismus“ als mit der Vätertheologie übereinstimmend zu erweisen. Zumindest ist dies mein Eindruck nach dem Überfliegen des Anfangs und der Lektüre der Seiten 29 bis 33.
Hieromonach hat geschrieben:Die Literaturangaben zeigen folgendes. Nichts wurde im Original von Gregorios P. gelesen. Peinlich! Wie kann so etwas als Dissertation anerkannt werden?
Das trifft nicht zu. Er hat Gregor Palamas ausweislich des Quellenverzeichnisses in der griechisch-französischen Ausgabe von Meyendorff benutzt, wobei der französische Text wohl eine sekundäre Übertragung von Meyendorffs eigentlicher Übersetzung ist. – Es fällt zwar auf, daß Krokosch als Quellenwerke fast ausschließlich zweisprachige Ausgabe mit moderner Übersetzung angibt. Das dürfte aber an den Zeiten und den Erfordernissen einer Veröffentlichung durch einen kommerziellen Verlag liegen. Er zitiert die Quellen immerhin zwar sparsam, aber doch im griechischen oder lateinischen Original.
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Hieromonach hat geschrieben:Liebe Kreuzgänger, da Nietenolaf bis zum Sonntag "Zöllner und Pharisäer" nicht in Deutschland ist sollten wir das Thema ruhen lassen. Nietenolaf hat sich mit dem Thema sehr beschäftigt und wird sich dann wieder äußern. Hoffe auf Euer Einverständnis.
Na, nicht ganz. ;) Meine obigen Beiträge habe ich schon geschrieben – und möchte sie dem Roman auch gleich mit zu denken geben. Allerdings bin auch ich auf seine weiteren Beiträge sehr gespannt.
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Sebastian
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Re: Die Sakristei

Beitrag von Sebastian »

Hallo P. Theodor !
ieromonach hat geschrieben:Habe die "Dissertation" durchgeblättert. Schon das Vorwort ist blamabel. Was für eine Sprache, "ständige Jammern der Orthodoxen", "Osten und Westen". So etwas kann man vielleicht in eine Hauptschule durchgehen lassen. In einer Dissertation darf man das nicht. Die Literaturangaben zeigen folgendes. Nichts wurde im Original von Gregorios P. gelesen. Peinlich! Wie kann so etwas als Dissertation anerkannt werden?
Deine Kritik zu dieser Dissertation kann ich ebenfalls nicht bestätigen. Abgesehen von einigen altbekannten römisch kath., ich sage mal "Halbwahrheiten", war ich von der Offenheit doch überrascht. Vor allem in der ersten Hälfte geht man nicht gerade sanft mit zum Thema gehörenden r.kath Vorurteilen um. Sicher, diese Dissertation sollte nicht unkritisch gesehen werden - Punkte die Gesprächsbedarf hervorrufen gibt es darüberhinaus genügend (es sollte ja, wenn ich es recht erfasste auch nicht primär um Lösungen im "Energiedissens" gehen, sondern um eine Gegenüberstellung mit Abwägungen zu den jeweiligen Argumentationen).

Um Dir ein Beispiel zu geben, was ich für für gut verdeutlicht halte:

Die drei Hypostasen gehören zum unveränderlichen Wesen Gottes. Also schließt die Vergöttlichung eine Hypostasenvermehrung aus. Deshalb musste hier von Palamas ein anderer theologischer Weg beschritten werden, wenn er an der Realität der Vergöttlichung festhalten wollte.
Palamas war sich dessen bewusst, dass seine Energienlehre keine Neuerung in der orthodoxen Theologie darstellte und war fest davon überzeugt, lediglich die traditionelle Gotteslehre der Kirche zu verteidigen. Die gesamte Dynamik des Hesychastenstreites zeigte, dass es gerade die Antipalamiten waren, welche versuchten, der altbewährten spirituellen Erfahrung der Ostkirche ihren theologischen Boden zu entziehen
.[/i]

Was mir jedenfalls sympatisch von Anfang an war ist, dass eben nicht wie so oft von röm. Katholischer Seite versucht wurde, Orthodoxen ihre eigene Theologie zu erklären. Dies haben wir doch allzu oft in diversen r.k. Überlegungen schon erfahren dürfen - auch wenn ich das Humorpotential, das solche Ausarbeitungen birgt nicht abstreite :mrgreen: .

Allerdings kam es bei mir anfänglich etwas unterschwellig so rüber, als wolle man zu sehnlichst die Uniaten als ein Bindeglied zw. Orthodoxie und röm. Katholizismus darstellen. Bei diesem Eindruck kann ich mich aber auch irren.

Dir einen vielen Dank für Deine Ermunterung ! :-)

@Robert: Vielen Dank für Deine Mühe zur Begriffserläuterung. Es hat mir sehr geholfen und Konrad danke für die interessante Lektüre.
"Selig sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben" (Joh. 20,31)

ieromonach
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Gottes Wesenheit und Energie

Beitrag von ieromonach »

Lieber Robert K,
vielen Dank für Deine Beiträge.Habe eine Menge gelernt. Es ist wahrscheinlich wirklich so wie Du schreibst. Es sind unterschiedliche Denkstrukturen die Orth. und röm.kath. trennen. Die Basis aller Einheit ist natürlich die "Vätertheologie" und doch entwickelt sich die theologische Erkenntnis weiter. Wir Orthodoxen betrachten den Begriff "Kirchenväter" nicht mit dem 8.Jhdt. als beendet. Auch später gab es "Kirchenväter". Da sich aber im röm. Patriarchat eine betimmte Schule (Scholastik) in der Theologie durchsetzte haben wir alle ein Verständnisproblem. Gerade das Thema "Gottes Wesenheit ...." zeigt es sehr deutlich.

Zur o. g. Dissertation bin ich vielleicht zu hart. Es ist ja auch nur meine Meinung.

Stephen Dedalus
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Re: Die Sakristei

Beitrag von Stephen Dedalus »

ieromonach hat geschrieben:Habe die "Dissertation" durchgeblättert. Schon das Vorwort ist blamabel. Was für eine Sprache, "ständige Jammern der Orthodoxen", "Osten und Westen". So etwas kann man vielleicht in eine Hauptschule durchgehen lassen. In einer Dissertation darf man das nicht. Die Literaturangaben zeigen folgendes. Nichts wurde im Original von Gregorios P. gelesen. Peinlich! Wie kann so etwas als Dissertation anerkannt werden?
Ich wollte das Werk gerade ausdrucken, aber unser Drucker hat mal wieder schlapp gemacht. Wieso können Briten keine Technik?? :roll:

Mich interessiert das Ding schon. Allerdings bin auch ich beim Blick ins Literaturverzeichnis etwas erschrocken. Dort ist - soweit ich sehen konnte - kein einziger Titel in einer Fremdsprache verzeichnet. Weder Englisch noch Französisch noch Griechisch. Wenn man über die Orthodoxen schreibt und meint, zentrale Themen in ihrer Ekklesiologie identifizieren zu können, kann man nicht nur ein Buch von Staniloae lesen oder Leute wie Zizioulas komplett ignorieren. Da scheint mir im ersten Eindruck doch ein wenig auf dünner Basis gearbeitet worden zu sein. Aber wie gesagt - wir drucken noch. ;)
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FranzSales
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Beitrag von FranzSales »

Ich habe jetzt mal diese "Dissertation" vollständig gelesen. Das Thema ist grundsätzlich interessant. Für mich ist das qualitativ allerdings höchstens eine Diplomarbeit. Zwar hat der Verfasser im Vorwort eine Begründung dafür geliefert, warum er nur Sekundärquellen und keine Originalquellen (Bibel, Patristik) benutzt. Das entschuldigt aber die Oberflächlichkeit in fast allen Punkten nicht. Erstaunlicherweise kommt auch die Darstellung des "Palamismus" absolut zu kurz.
Er ergeht sich meist in Allgemeinplätzen über die ach so bescheidene römisch-katholische Ekkelsiologie, Sakramente etc.
Alles ist falsch, wenn man es nicht durch die (natürlich einzig richtige!) Brille des "Palamismus" betrachtet. Eine auch nur ansatzweise kritische Reflextion des "Palamismus" fehlt vollständig.

Der Tenor dieser "Disseration" ist im wesentlichen, dass bei den Römern alles schei.. ist und der "Palamismus" unverzichtbar.

Mir ist schleierhaft, wie so eine Arbeit durchgehen konnte. Ist das Niveau an deutschen theologischen Instituten echt so mies?
"Herr Jesus Christus, wir beten Dich an und benedeien Dich. In Deinem Heiligen Kreuz hast Du die Welt erlöst."

Raphael

Beitrag von Raphael »

Zum Thema paßt noch folgender Link:
DIE TATEN DES EINFACHEN GOTTES

Es handelt sich hier um eine Dissertation aus den 60-er-Jahren.
Der Author ist AFAIK - wer es besser weiß, der mag mich korrigieren - um einen mittlerweile laisierten katholischen Priester.

Raphaela
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Beitrag von Raphaela »

Raphael hat geschrieben: Der Author ist AFAIK - wer es besser weiß, der mag mich korrigieren - um einen mittlerweile laisierten katholischen Priester.
Ich nehme an, du hast Recht. - Wenn ich den Namen bei Google eingebe, und weiter auf eine Seite komme, die einen Lebenslauf über Jürgen Kuhlmann gibt, dann heißt es dort:
1965 Dr. theol. und dann 7 Jahre Kaplan
1972 Heirat

Zu dem Zeitpunkt kann er zwar noch nicht laiisiert gewesen sein, aber ich denke, dass ist dann noch gekommen.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Hieromonach hat geschrieben:Liebe Kreuzgänger, da Nietenolaf bis zum Sonntag "Zöllner und Pharisäer" nicht in Deutschland ist sollten wir das Thema ruhen lassen. Nietenolaf hat sich mit dem Thema sehr beschäftigt und wird sich dann wieder äußern. Hoffe auf Euer Einverständnis.
Na, nicht ganz. ;) Meine obigen Beiträge habe ich schon geschrieben – und möchte sie dem Roman auch gleich mit zu denken geben. Allerdings bin auch ich auf seine weiteren Beiträge sehr gespannt.
 …
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Sebastian
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Beitrag von Sebastian »

Ich wollte nur kurz fragen, wann es hier wieder weitergeht. Lese gern ! :-)
"Selig sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben" (Joh. 20,31)

Raphael

Beitrag von Raphael »

Sebastian hat geschrieben:
Ich wollte nur kurz fragen, wann es hier wieder weitergeht. Lese gern ! :-)
Das Thema wird wohl erst weitergehen, wenn entschieden ist, welchem Weg bei der Erkenntnis des einen Gottes der Vorzug zu geben ist: der via positiva oder der via negativa!

In der theologischen Auseinandersetzung zwischen den unter "Orthodoxie" firmierenden Gemeinschaften und der lateinischen Kirche kann man - ins Grobe gesprochen - diesen Entscheidungsprozeß zunächst an zwei Personen festmachen: Thomas von Aquin einerseits und Gregor Palamas andererseits.

Gregor Palamas hat sich - nach meiner unmaßgeblichen Meinung - eindeutig für die via negativa entschieden.
Thomas von Aquin hat sich für die via positiva entschieden, ohne die via negativa in ihrer Eigenheit zu verwerfen. In seiner - und damit eigentlich in der gesamten scholastischen - Theologie steht Gott so sehr über den Worten, daß ein menschliches Wort IHN nicht tangieren kann, geschweige denn zerstören könnte.

Was also die Theologie im Kern zu leisten hat ist, den Menschen das fleischgewordene Wort, unseren Herrn Jesus Christus, nahezubringen.
Dies geht aber - bei Anerkennung aller sprachlichen Schwierigkeiten und Imponderabilien - nun 'mal einfach besser auf dem Weg einen positiven Erklärung und Ausdeutung, sprich auf der Art und Weise der via positiva.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich denke nicht, daß man auf einen der beiden Wege verzichten kann. Oder wo man es tut, verarmt man. Wobei die via negativa auch nach der westlichen Meinung der erhabenere und höherführende Weg ist. (Wobei wir das Bild der Wege nicht mit den beiden Wegen gemäß Psalm 1 vermischen dürfen. Das ist ein anderes Bivium.)

Die Problematik um Gregor Palamas liegt meines Erachtens aber gerade nicht in der Entscheidung dieser oder jener Seite für den einen oder andern Weg, sondern in der unreflektierten Vermischung beider Wege. Ich hatte das oben bereits anzudeuten versucht.
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Raphael

Beitrag von Raphael »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Ich denke nicht, daß man auf einen der beiden Wege verzichten kann. Oder wo man es tut, verarmt man.
So ist es!

Auf die selbe Weise wie die geschaffene Natur existentiell auf die Gnade angewiesen ist, ist die ungeschaffene Natur Quelle dieser Gnade.
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wobei die via negativa auch nach der westlichen Meinung der erhabenere und höherführende Weg ist. (Wobei wir das Bild der Wege nicht mit den beiden Wegen gemäß Psalm 1 vermischen dürfen. Das ist ein anderes Bivium.)
IMHO stellt die via negativa sehr hohe Ansprüche an ihre Jünger und insofern sind die verschiedentlich auftretenden Abstürze schwerwiegender!

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Das Problem der übereifrigen Thomisten: sie philosophieren.

Und im Zuge dieses Sinnierens reduzieren sie Gott auf Sein Wesen.

Ich las eine Andeutung, man könne den „apophatischen Palamismus“ anhand der Kataphatik der Oekumenischen Konzilien „zerpflücken“. Da wäre ich aber gespannt zu erfahren, was es denn da an weitreichenden positiven dogmatischen Statements gibt. Gott ist Einer und doch Drei. Kataphase? Schon, aber sobald man fragt, wie das funktioniert, kommt ihr in des Teufels Küche, wenn ihr dazu etwas positives sagen wollt. Der Vater ist ungeboren. Der Sohn ist geboren, der Geist ausgehend. Letztere beide Definitionen sind auch apophatisch, denn sie verweisen nur auf das Faktum eines Unterschieds, sagen aber nicht, was denn nun ihre Spezifik (des Geborenwerdens bzw. des Ausgehens) ist: was ist denn der Unterschied zwischen beiden? Wollte man positiv daran herumrühren, käme man auf Irrwege wie beispielshalber den Modalismus oder die Filioque-Häresie, welche u.a. die allegorischen Psychologismen des Augustinus für bare Münze nimmt. Gleiches gilt für die Stimme der Konzilien zur Menschwerdung Gottes in Christus Jesus: ungetrennt, ungeteilt, unvermischt, unverwandelt (Horos des Oek. Konzils zu Chalcedon). Versuche, das kataphatisch aufzubereiten, heißen Monophysitismus, Nestorianismus usw. usf. Soviel zum tiefen Fall, von dem Raphael redet.

Im Grunde ist das hier aber, und das muß man immer wieder herausstellen, kein Streit zwischen „Palamiten“ und „Thomisten“ (auf den sich Raphael scheinbar eingeschossen hat), auch keiner zwischen Apophatik und Kataphatik. Palamas ist kein Apophat, wenn er von den Energien Gottes spricht. Die Ostkirche hat nicht nur den hl. Augustin angemessen „verdaut“, bis hin zu seiner Verteidigung durch den hl. Photios gegen die Mißbräuche des „De Trinitate“ und der Gnadenlehre, die im Westen schon zu seiner Zeit überhand nahmen. Auch der Aquinat, man möchte es kaum glauben, fand seine orthodoxen Anhänger, und damit meine ich nicht den verurteilten Akindynos (welcher die „Summa“ ins Griechische übersetzte) und die Humanisten, sondern Persönlichkeiten wie den hl. Nikolaos Kabasilas, oder dessen Onkel, Erzbischof Neilos von Thessalonike, oder Patriarch Gennadios Scholarios. Das waren thomistische Palamiten! Oder palamitische Thomisten. Wie ihr wollt. Man denke auch an den großen Kaiser Johannes VI. Kantakouzenos, der später Mönch wurde, und der, theologisch gesehen, Scholastiker war. Bitteschön, wir haben auch Verwendung für Augustin und den Aquinaten, und man muß dabei die Dinge durchaus nicht verzerren und kann orthodox bleiben.

Dieser Streit ist vielmehr ein Streit zwischen der Kirche und den Philosophen, den Humanisten. Nach Losskij (aus einer Fußnote in seiner „Mystischen Theologie“) gibt es nichts hoffnungsloseres, als eine falsch (d.h. philosophisch) verstandene Einfachheit Gottes als philospohisches Postulat. Und nota bene: die Einfachheit Gottes ist in der Form primär ein philosophisches Erfordernis denn zentrales Faktum der Offenbarung. Niemand bestreitet diese Einfachheit, aber man sollte schon wissen, worauf man zurückgreift, wenn man von den „Taten des einfachen Gottes“ redet.

mmmmmmmmmKurzer Einschub zu den Begriffen: Hier gibt es tatsächlich, wie Robert schreibt,
mmmmmmmmmdie Gefahr von Fehlübersetzungen. Ein Beispiel dafür ist das von mir hier eher
mmmmmmmmmgebrachte und von Sebastian aufgegriffene Wort „Wirkung“ als Vorschlag einer
mmmmmmmmmAlternative für „Energie“. Dieser Begriff beinhaltet aber eine vorangehende Ur-
mmmmmmmmmsache und ist deshalb verfehlt. Vielleicht ist „Wirken“ besser. „Energien“ ist eine
mmmmmmmmmdirekte Übertragung des griechischen theologischen Begriffs, im aktuellen
mmmmmmmmmSprachgebrauch mannigfaltig anders konnotiert, von der Physik bis hin zur Esote-
mmmmmmmmmrik. Dionysos gebraucht dafür den Begriff „δυναμεις“ (Kräfte), Johannes von Da-
mmmmmmmmmmaskus sagt „κινησις“ (Bewegungen) oder „εξαλμα Θεου“ (wörtl. „Ausbrüche“
mmmmmmmmmGottes; alles zitiert nach Losskij). Palamas selbst schreibt „Gnade“, oder, zum Är-
mmmmmmmmmgernis seiner Gegner, gar „υφειμενη θεότης“ (niedere Göttlichkeit) im Unter-
mmmmmmmmmschied zur ὑπερειμενη, dem unfaßbaren Wesen an Sich.

Aber laßt uns mal eine kleine Zusammenstellung machen, vor allem für jene, denen die ganze Thematik eher unbekannt ist: wir sind, z.B. lt. dem hl. Petrus, dazu berufen, an der göttlichen Natur (sic) teilhaftig zu werden (2 Petr. 1:4). Oder (im Original) besser formuliert: θειας κοινωνοι φυσεως, divinae consortes naturae zu werden. Das ist eine Antinomie, denn die göttliche Natur ist unfaßbar, man kann daran keinen „Teil haben“. So stellen die Philosophen die Frage, wie das denn gehen soll: haben wir Teil am göttlichen Wesen? Dann würden wir zu Göttern unserem Wesen nach, die Dreifaltigkeit würde zu einer myriohypostatischen, d.h. tausendfaltigen Gottheit. Haben wir Teil an einer der drei Hypostasen? Das wäre eine hypostatische Vereinigung, wie es sie nur im Sohn gibt, Der vollkommener Gott ist und vollkommener Mensch wurde. Aber trotz Dessen Inkarnation, trotz dessen, daß Er unsere Natur auf Sich nimmt, werden wir Menschen mit unserer Natur nicht zur göttlichen Hypostase des Sohnes. Wir sind immer noch dazu berufen, die consortes Gottes Selbst zu werden!

Folglich müssen wir in Gott etwas unterscheiden, das nicht gleich dem Unterschied zwischen Seinem Wesen und den Hypostasen ist. Etwas, das Ihn unfaßbar bleiben läßt, aber doch in dieser Hinsicht faß- und mitteilbar. Und genau diese Unterscheidung wird mit den „Energien“ gemacht: die Natur bleibt unzugänglich, unfaßbar, nicht (mit)teilbar, aber die Energien, oder das Wirken, in welchen Gott außerhalb Seiner Selbst wirkt, sind mitteilend und offenbarend: darin sehen wir Gott genau so, wie wenn wir unser eigenes Spiegelbild sehen, während unser Gesicht an sich für uns selbst nie und nimmer sichtbar werden kann. Wir sehen (erfahren, erleben) Gott, ohne Ihn zu sehen, ohne Ihn zu erfassen.
In Sich ist Gott unerkennbar, nicht mitteilbar. Die Energien sind das Wirken Gottes außer Sich, außerhalb Seines Wesens. Die sind nicht Teil des Wesens, sie haben auch kein eigenes Wesen. Sie sind Gott Selbst, aber nicht Gott in Seinem Wesen. Darin erkennen wir Gott real, nicht nur als „göttliche Wirkung“ (wie im Gnadenkonzept der Westkirche), das heißt, die Energien sind nicht die Folgen oder Effekte einer göttlichen Ursache: das ist die Schöpfung. Sie sind nicht „ex nihilo“ geschaffen, sondern urewig in dem Einen göttlichen Wesen präsent, das Sich nicht auf Sich Selbst beschränkt: Gott existiert auch außerhalb Seiner Selbst, im Gegensatz zum Gott der Philosophen und Humanisten! (Und diese Existenz braucht nicht einmal eine Schöpfung, welche dieses „Außerhalb“ ausmachte. Die Sonne scheint, auch wenn sie keiner sieht, die Nachtigall singt, auch wenn sie niemand hört, um mal Altvater Porphyrios von Kavsokalyvia hier das Wort zu geben.)

Und diese Existenz Außerhalb ist das wesentliche Problem der Philosophen. Sie sagen: die Energien sind entweder das Wesen Gottes, oder sie sind das Resultat äußerer Handlungen des Wesens, ergo sind sie geschöpfliche Folgen mit dem Wesen als Ursache. Es gibt bei den Antipalamiten keinen Begriff von göttlichen Handlungen oder Energien. Beziehungsweise sagt man, hier wieder gäbe es zwei Möglichkeiten: a) es ist ein Unterschied zwischen dem Wesen Gottes und Dessen Handlungen. Folglich sind Dinge wie das Thaborlicht geschaffen, nicht ungeschaffen. Oder aber b) es gibt diesen Unterschied nicht: dann würde das Unerfahrbare gleich dem Erfahrbaren gemacht, das nicht mitteilbare mitteilbar, Wesen wird gleich Gnade. In beiden Fällen ist eine Theosis, vulgo das, wozu wir nach 2 Petr. 1:4 berufen sind, nicht möglich! Aber das hat man davon, wenn man versucht, das philosophische Konzept von der Einfachheit Gottes philosophisch zu verteidigen.

Die Lateiner sind natürlich nicht dumm und lavieren um das Problem herum. Man führt eine Art Mesoderm zwischen Gott und der Schöpfung ein: die „ungeschaffene“ (?) Gnade („donum supernaturale“, „gratia habitualis“, „gratia actualis“ etc.). Sie existiert im lateinischen Konzept als Zwischending zwischen Ungeschaffenem und Schöpfung; sie ist Gottes Gnade, also theoretisch irgendwie nicht geschaffen, hat aber eine Ursache in Gott und ist damit von Gott verschieden:

Raphael hat geschrieben:Auf die selbe Weise wie die geschaffene Natur existentiell auf die Gnade angewiesen ist, ist die ungeschaffene Natur Quelle dieser Gnade.
Man nennt sie auch „übernatürlich“, wenn ich recht informiert bin, entsprechend reflektiert in der Ur-Gnade der ersten Menschen in Eden, welche sie mit dem Sündenfall automatisch verloren. Nach unserem Verständnis ist das aber nur ein Euphemismus für Schöpfung; die Ostkirche kennt keine Zwischenstufe zwischen Geschöpf und Schöpfung.
  1. Es gibt keinerlei echte mystische Erfahrung ohne die dogmatische Realität der Energien Gottes, die von Seinem Wesen verschieden sind. In Seinem Wesen vollkommen unerkennbar, wird Gott in Seinen Energien vollkommen erkennbar, weil Er Sich darin offenbart: die Energien zerteilen nicht das Wesen, sondern sind Ausdruck für einen anderen Handlungsmodus Gottes, nämlich für das Handeln außer Sich, Seines Wesens.
  2. Die Lehre von den Energien läßt erkennen, wie die Ihrem Wesen nach nicht mitteilbare allerheiligste Dreifaltigkeit gleichzeitig, der Verheißung Christi entsprechend, in uns „Wohnung machen“ (Joh. 14:23, Luther) kann. Das ist keine Anwesenheit als Folge irgendeiner Ursache, wie es meinetwegen die Allgegenwart Gottes in der Schöpfung ist. Nein, das ist etwas mehr. Es ist ein Handlungsmodus Gottes Selbst, der uns zugänglich ist, es sind Seine Energien, Seine Gnade.
  3. Die Vereinigung mit Gott, die Theosis bzw. Vergottung, wird erst möglich, wenn man Energien vom Wesen Gottes unterscheidet; diese Theosis ist keine Teilhabe am Göttlichen Wesen oder an einer der drei Hypostasen, sondern an Seinen Energien, so daß wir, nach dem großen Theologen der Theosis, nämlich dem hl. Maximos Confessor, alles das der Gnade nach besitzen, was Gott Seinem Wesen nach hat. Genau das ist der Unterschied, und in der Klärung dieser Frage besteht der Verdienst des hl. Gregorios Palamas. Die Bedeutung der palamitischen Konzilien ist für uns ähnlich groß wie die der trinitarischen im 4. Jahrhundert; letztlich sehe ich darin den Schlüssel für die Erklärung vieler Dinge, die der Ostkirche eigen sind und die in ihr den Geist des genuinen antiken Christentums leben lassen, was auch für Außenstehende ganz jenseits vieler Worte immer wieder erfahrbar ist.
Soviel in aller Kürze (ähm, in aller relativen Kürze) dazu. Offen gesagt finde ich es nicht gut, das Thema hier breitzutragen. Das ganze Wissen und theoretisieren ist nicht notwendig für das Heil. Wir können aber irgendwem zum Anstoß werden. Ich habe es mal erlebt, daß mich irgendwelche Protestanten anguckten wie einen Knallkopp, als ich von einer Vergöttlichung des Menschen redete. Ich hielt das damals für allgemein bekannt. Ist es aber nicht.[/color]

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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

Nietenolaf hat geschrieben:Die Lateiner sind natürlich nicht dumm und lavieren um das Problem herum. Man führt eine Art Mesoderm zwischen Gott und der Schöpfung ein: die „ungeschaffene“ (?) Gnade („donum supernaturale“, „gratia habitualis“, „gratia actualis“ etc.). Sie existiert im lateinischen Konzept als Zwischending zwischen Ungeschaffenem und Schöpfung; sie ist Gottes Gnade, also theoretisch irgendwie nicht geschaffen, hat aber eine Ursache in Gott und ist damit von Gott verschieden:
Die Beispiele, die du nennst, werden von Thomisten alle der geschaffenen Gnade zugerechnet. Schau mal hier, ganz oben auf der Seite gibt es ein Schaubild.

Mit ungeschaffener Gnade ist die Liebe Gottes in sich selbst gemeint, ungeachtet ihrer Beziehung zur Schöpfung.

ieromonach
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Beitrag von ieromonach »

Es war ja schon schön die vielen beiräge zu lesen und von diesen hab ich doch einiges gelernt. Doch ist letztlich doch alles theorie.Die praxis im geistlichen leben und das denken über "theologisches" sind voller spannung. Wundere mich warum "erkenntnis" nicht zur "praxis" wird. Hab n ur ich damit ein problem? :hmm:

+P.Theodoros

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Pelikan hat geschrieben:Die Beispiele, die du nennst, werden von Thomisten alle der geschaffenen Gnade zugerechnet. Schau mal hier, ganz oben auf der Seite gibt es ein Schaubild.
Danke. Man nennt sie aber doch "übernatürlich"? So oder so ist's ein Gnadenkonzept, bei welchem keine Theosis möglich ist.
ieromonach hat geschrieben:Es war ja schon schön die vielen beiräge zu lesen und von diesen hab ich doch einiges gelernt. Doch ist letztlich doch alles theorie.
Das liest sich ein bißchen wie Pierre. Wozu wurde dieses Thema hier aufgeworfen? Theorie ist der Thomismus (siehe die beeindruckenden Schaubilder, die Pelikan oben verlinkt); Palamas ist nun gerade keine Theorie, sondern Ausdruck für eine Erfahrung.

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Sebastian
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Beitrag von Sebastian »

Lieber Nietenolaf,

herzlichen Dank für Deine Mühe. Deine Texte waren sehr aufschlußgebend.
Nietenolaf hat geschrieben:
ieromonach hat geschrieben:Es war ja schon schön die vielen beiräge zu lesen und von diesen hab ich doch einiges gelernt. Doch ist letztlich doch alles theorie.
Das liest sich ein bißchen wie Pierre. Wozu wurde dieses Thema hier aufgeworfen? Theorie ist der Thomismus (siehe die beeindruckenden Schaubilder, die Pelikan oben verlinkt); Palamas ist nun gerade keine Theorie, sondern Ausdruck für eine Erfahrung.
:jump: Das bringt es sehr gut auf den Punkt.
"Selig sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben" (Joh. 20,31)

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