Zölibatspflicht

Ostkirchliche Themen.
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Willy
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Zölibatspflicht

Beitrag von Willy »

Hallo allerseits,

wurde hier im Forum schon über die Zölibatspflicht der RKK gesprochen? Da sind ja OK und RKK auch sehr verschiedener Ansicht.

herzlichst René

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Beiläufig, nämlich hier. Ich denke, es ist im Ursprung eher Interpretationssache als "sehr verschiedene Ansicht" gewesen. Der Westen hatte schon immer seine Eigenarten.. :roll:

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Linus
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Beitrag von Linus »

Nietenolaf hat geschrieben:Beiläufig, nämlich hier. Ich denke, es ist im Ursprung eher Interpretationssache als "sehr verschiedene Ansicht" gewesen. Der Westen hatte schon immer seine Eigenarten.. :roll:
Ich dsachte bisher immer, der osten wär der eigenartige Teil der Kirche :D :kiss:
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Udalricus
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Zwiespältiges zum Zölibat

Beitrag von Udalricus »

Ein paar Thesen zum Thema Zölibat:

1.) Dass Priester nicht heiraten dürfen, ist Konsens zwischen Ost- und Westkirche, schon im Neuen Testament wird ja deutlich, dass nach der Bestellung zum Priester keine Ehe mehr erfolgen darf. ("Nur einmal verheiratet"). DAs scheint nicht nur Kirchenrecht, sondern geradezu göttliches, zumindest apostolisches Recht zu sein. Ein "Heiratserlass" für Priester mit Freundin ist daher abzulehnen.

2.) Eine Aufhebung des Zölibates wäre von daher nur denkbar, insofern, dass Priesteramtskandidaten vor der Diakonantsweihe heiraten könnten.

3.) Der Umstand, dass 2 Traditionen gleich berechtigt in der Gesamtkirche vorhanden sind, selbst innerhalb der katholischen (römisch und uniert), hat irgendwie etwas Interessantes und sollte als Vielfalt beibehalten werden.

4.) Es darf offen über Vor- und Nachteile von verheirateten und unverheirateten Priestern gesprochen werden, der Zölibat ist kein Tabu-Thema, aber die aggressive Forderung nach Abschaffung hat schädliche Wirkung auf das kirchliche Klima.
Ich sage immer: Vielleicht schreckt die verbissene Diskussion um den Zölibat mehr Anwärter ab als der Zölibat selbst.

5.) Ich habe den Verdacht, dass bei den Zölibatsgegnern vielfach nicht die Entscheidungsfreiheit als Motiv vorhanden ist, sondern ein Unverständnis gegenüber der "Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen" generell.

6.) Von daher, selbst wenn ich eine Änderung sinnvoll fände, dann nicht jetzt, da das als Signal gegen die "Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen" an sich gewertet werden würde. WEnn, dann wäre eine Zeit sinnvolller, da die "Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen" sich allgemeiner Wertschätzung erfreut.

7.) Grundsätzlich glaube ich, dass die Kirche ihren Dienst mit lauter unverheirateten Priestern besser erfüllen kann, wenn es auch sicherlich weniger sind. Eine Aufhebung des Zöibates würde zwar einige Priester mehr bringen, aber nicht mehr Verfügbarkeit der Priester für die Gläubigen.

8.) Die vielen praktischen und finanziellen Probleme, die Priesterfrauen aufwerfen würden, dürfen auch nicht unterschätzt werden. Die Versetzbarkeit ist schwieriger, manche Pfarrhöfe wären für Familien ja auch zu klein. usw.

9.) In der Priester-Ausbildung müssen die Probleme, aber natürlich auch die Chancen des ehelosen Lebens ein wichtiges Thema sein.

10.) Mir fällt immer wieder der vom evangelischen Bischof Herwig Sturm an Kardinal Vorwurft gerichtete Aussage ein: "Mit dem Zölibat hat ihre Kirche einen gewaltigen Klotz am Bein!"
Ich hätte Bischof Sturm entgegnet: DEr Klotz der Priesterfrauen ist wesentlich schwerer!

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Udalricus
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Beitrag von Udalricus »

ERgänzung: Ich habe den Namen des Kardinals vergessen: Es war Kardinal Christoph Schönborn im Rahmen einer Diskussion im ORF.

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Willy
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Beitrag von Willy »

Hallo Udalricus,

dazu vielleicht einige Gedanken.
Das Zölibat soll römisches Kirchenrecht sein und kein Dogma.
Es ist meines Wissens allerdings so, dass die Praxis der Pflicht zum Zölibat in der Heiligen Schrift garnicht erwähnt und die Pflicht auch nicht gutgeheißen wird, ebenso in den Apostolischen Kanones.
1 Tim 4.2-5 ist da ganz interessant.
Die angesprochene Freiwilligkeit hingegen [Punkt]

Ich habe gelesen (im Schmalen Pfad), dass die früheste aktenkundliche Erwähnung des Zölibats im Westen der Kanon XXXIII des Konzils von Elvira (ca 360) sei.
Erlasse der Päpste Siricius (384-399) und Innozenz I. (401-417) ordneten das Zölibat für Priester und Leviten an. Während des Mittelalters soll es wiederholte Bemühungen gegeben haben, das Zölibat für Ordensleute zu erzwingen. Kanon VII des Zweiten Lateranischen Konzils von 1139, das von Papst Innozenz II. (1130-1143) zusammengerufen worden war, erklärte die Ehe der Kleriker nicht nur als unrechtmäßig, sondern als ungültig. Diese Rechtslage wurde auch auf dem Konzil von Trient (1545-1563) wiederholt und in den Codex Luris Canonici 1917 aufgenommen. Auch das Zweite Vatikanische Konzil bestätigte erneut die Notwendigkeit des Zölibats.
Beim erssten Ökumenischen Konzil wurde ein Antrag, den Klerus dazu zu nötigen, die eheliche Beiwohnung mit ihren Frauen aufzugeben, abgelehnt. Die Haltung gegenüber dem Zölibat wurde durch Kanon XIII des sechsten Ökumenischen Konzils (Konstantinopel III, Trullos 680) gefestigt.

Selbstverständlich ist die freiwillige Enthaltsamkeit um des Herrn bzw des Himmelsreiches willen eine sehr hohe und würdevolle Entscheidung.

Im Timotheusbrief finden sich da einige interessante Zeilen.

1.Das Wort ist glaubwürdig: Wer das Amt eines Bischofs anstrebt, der strebt nach einer großen Aufgabe. 2 Deshalb soll der Bischof ein Mann ohne Tadel sein, nur einmal verheiratet, nüchtern, besonnen, von würdiger Haltung, gastfreundlich, fähig zu lehren; 3 er sei kein Trinker und kein gewalttätiger Mensch, sondern rücksichtsvoll; er sei nicht streitsüchtig und nicht geldgierig. 4 Er soll ein guter Familienvater sein und seine Kinder zu Gehorsam und allem Anstand erziehen. 5 Wer seinem eigenen Hauswesen nicht vorstehen kann, wie soll der für die Kirche Gottes sorgen? 6 Er darf kein Neubekehrter sein, sonst könnte er hochmütig werden und dem Gericht des Teufels verfallen. 7 Er muss auch bei den Außenstehenden einen guten Ruf haben, damit er nicht in üble Nachrede kommt und in die Falle des Teufels gerät.

Die Diakone
8 Ebenso sollen die Diakone sein: achtbar, nicht doppelzüngig, nicht dem Wein ergeben und nicht gewinnsüchtig; 9 sie sollen mit reinem Gewissen am Geheimnis des Glaubens festhalten. 10 Auch sie soll man vorher prüfen, und nur wenn sie unbescholten sind, sollen sie ihren Dienst ausüben. 11 Ebenso sollen die Frauen ehrbar sein, nicht verleumderisch, sondern nüchtern und in allem zuverlässig. 12 Die Diakone sollen nur einmal verheiratet sein und ihren Kindern und ihrer Familie gut vorstehen. 13 Denn wer seinen Dienst gut versieht, erlangt einen hohen Rang und große Zuversicht im Glauben an Christus Jesus.

1 Der Geist sagt ausdrücklich: In späteren Zeiten werden manche vom Glauben abfallen; sie werden sich betrügerischen Geistern und den Lehren von Dämonen zuwenden, 2 getäuscht von heuchlerischen Lügnern, deren Gewissen gebrandmarkt ist. 3 Sie verbieten die Heirat und fordern den Verzicht auf bestimmte Speisen, die Gott doch dazu geschaffen hat, dass die, die zum Glauben und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangt sind, sie mit Danksagung zu sich nehmen. 4 Denn alles, was Gott geschaffen hat, ist gut und nichts ist verwerflich, wenn es mit Dank genossen wird; 5 es wird geheiligt durch Gottes Wort und durch das Gebet.

Was denkt Ihr dazu?

L.G. René

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Udalricus
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Priester haben noch nie geheiratet.

Beitrag von Udalricus »

Ich habe nicht behauptet, dass der Zölibat ein Dogma ist.
Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass seit jeher eine Hochzeit nach der WEihe unmöglich war.
Dieser Umstand ist sowohl in der Ost- als auch der Westkirche da, nur ist die Westkirche dann ab der Synode (kein Konzil) von Elvira Schritt für Schritt dazu übergeganen, überhaupt nur ehelose Priester zuzulassen.

Die Warnung im Timotheusbrief vor denen, die die Heirat verbieten, auf die Anhänger des Zölibats zu beziehen, ist nicht redlich, hier waren ehe häretische Gruppen wie die Gnostiker gemeint, schließlich geht es an dieser STelle des Timotheusbriefes nicht mehr um die geweihten PErsonen.

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Athanasius2
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Beitrag von Athanasius2 »

Grosse Lüge ist es den Timotheusbrief zu zitieren. Der spricht von den Gnostikern (denen der Staub das Böse war, also auch die Geschlechtsgemeinschaft). Später fand man diese Verbote auf Ehe noch bei den Katharen zurück. Die Katholische Kirche verbietet keinem zu heiraten, im Gegenteil, die Ehe ist ein Sakrament der heiligmachenden Gnade!

Ins Presbyterium einzutreten heisst aber diesen Schritt freiwillig zu machen und Konsequenzen zu ziehen.

Es wird ja auch keiner sagen, dass die Kirche Leute es verbietet mehr als € 2800,= zu verdienen, nur weil der Gehalt der Priester niedriger gehalten wird.

Alles Unsinn.

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Willy
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Beitrag von Willy »

Schönen guten Abend, lieber Athanasius2,

na, wie erklärst Du Dir dann die oben stehenden Beschlüsse?

... dass die früheste aktenkundliche Erwähnung des Zölibats im Westen der Kanon XXXIII des Konzils von Elvira (ca 360) sei.
Erlasse der Päpste Siricius (384-399) und Innozenz I. (401-417) ordneten das Zölibat für Priester und Leviten an. Während des Mittelalters soll es wiederholte Bemühungen gegeben haben, das Zölibat für Ordensleute zu erzwingen. Kanon VII des Zweiten Lateranischen Konzils von 1139, das von Papst Innozenz II. (1130-1143) zusammengerufen worden war, erklärte die Ehe der Kleriker nicht nur als unrechtmäßig, sondern als ungültig. Diese Rechtslage wurde auch auf dem Konzil von Trient (1545-1563) wiederholt und in den Codex Luris Canonici 1917 aufgenommen. Auch das Zweite Vatikanische Konzil bestätigte erneut die Notwendigkeit des Zölibats.
Beim ersten Ökumenischen Konzil wurde ein Antrag, den Klerus dazu zu nötigen, die eheliche Beiwohnung mit ihren Frauen aufzugeben, abgelehnt. Die Haltung gegenüber dem Zölibat wurde durch Kanon XIII des sechsten Ökumenischen Konzils (Konstantinopel III, Trullos 680) gefestigt.

Schon auf den letzten Absatz bezogen ist doch zu überlegen, warum beim ersten ökumenischen Konzil ein Antrag abgelehnt wurde, der ja nach Deiner Meinung Unsinn ist? Bitte, es kann also nicht alles Unsinn sein, oben stehende Zeilen sagen doch etwas anderes aus.

Den Timotheusbrief zu zitieren ist keineswegs Lüge.
Die angegebenen Zeilen sprechen wohl für sich!

L.G. René

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Udalricus
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Beitrag von Udalricus »

Hallo. Willy!

Weder Athanasius2 noch ich behaupten, dass das Zölibat von Anfang da war. Wir verweisen lediglich darauf, dass der Timotheusbrief nicht als Argument dagegen verwendet werden kann.

Und ich beteuere zum dritten Mal, dass schon von Beginn an eine Hochzeit für Priester nach der Priesterweihe unmöglich war.

Ob die Beschlüsse ab Elvira richtig und sinnvoll waren, darüber kann man offen diskutieren, da gibt es Pro und Contra.

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Willy
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Beitrag von Willy »

Hallo Udalricus,

danke für Deine Antwort.

Entschuldige bitte, aber das ist mir nicht klar, warum der Timotheusbrief nicht als Argument verwendet werden sollte....

M.E. sind die Worte sehr eindeutig...

Vielleicht kann mir das ja jemand auseinanderklabüstern :hmm:
Hoffentlich ist Alex bald wieder zugegen, von ihm habe ich auch schon sehr gute Erklärungen gelesen.

Das ein Priester nach seiner Weihe nicht mehr heiraten darf steht für mich ja nicht zur Debatte. Dies ist auch in der OK so.

Mir geht es einzig um die Zölibatspflicht!

Diese wird m.E. in der Heiligen Schrift garnicht erwähnt und auch nicht gutgeheißen!

L.G. René

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lieber René, selbstverständlich enthält I Tim wichtige Weisungen für
die Auswahl und das Leben der Kleriker. Wenn man ihn jedoch gegen
den Zölibat der Weltkleriker in der lateinischen Kirche ins Feld führt,
muß man ihn notwendig auch als wider den in der ganzen Kirche
(also in allen Ortskirchen, die in der apostolischen Sukzession stehen)
geltenden Zölibat der Bischöfe gerichtet verstehen.

Manche Protestanten interpretieren das ja tatsächlich so. Dagegen
steht die Tradition der Kirche. Allerdings wohl keine Tradition, die
sich ohne weiteres auf die Apostel zurückführen ließe, obgleich viel
dafür spricht, daß die Apostel tatsächlich zölibatär lebten, auch Peter,
von dem wir immerhin wissen, daß er verheiratet war. Aber er scheint
in seinem apostolischen Amt doch nicht ehelich gelebt zu haben – sei
es, daß er verwitwet war, sei es, daß er auf das eheliche Leben verzich-
tet hatte, seit Christi Ruf an ihn ergangen war.

Dies bestätigt sich auch später vielfach. Noch im merowingischen
Frankenreich kennen wir diverse Bischöfe, die verheiratet waren und
Kinder hatten (und deren Söhne teils auch Bischöfe wurden), doch
lebten sie als Bischöfe nicht ehelich. Entweder waren sie verwitwet,
oder sie hatten das eheliche Leben, nachdem ihre Kinder erwachsen
waren, aufgegeben.

Wir wissen aber auch – vielleicht in Einzelfällen von Bischöfen, jeden-
falls vielfach vom priesterlichen Weltklerus –, daß das durchaus nicht
immer so gehalten wurde, sondern daß Priester oft auch weiterhin
ehelich lebten oder gar erst als Geweihte legitime oder illegitime Ver-
dungen eingingen. Auch ein entschiedener Verfechter des Kleriker-
zölibats im Osten wie Epiphanius von Salamis bezeugt uns das.

Es gab darum in der Kirche immer wieder Streit. Manche Aspekte
davon haben wir hier in einem andern Strang bereits ausführtlich
erörtert; unter dem Stichwort „Paphnutius“ müßte sich, wenn ich
mich recht erinnere, einiges finden lassen. Es kristallisierten sich dabei
letztlich zwei Wege heraus: Beide setzen voraus, daß der geweihte
Kleriker keine Ehe mehr eingehen kann. Der östliche Weg nimmt
sodann den Episkopat ausschließlich aus Ehelosen, der westliche be-
reits die Weltpriester.

Möglich ist beides nur, weil Paulus im Brief an Timotheus keineswegs
vorschreibt, ein Kleriker müsse verheiratet sein, sondern nur, daß er
kein zweites Mal verheiratet sein darf. I Tim 4,3 hat mit 3,2.12 nichts
zu tun. I Tim 4 geht gegen die Gnosis, gegen die generelle Verwerfung
der Ehe. Folgt man einem protestantischen Sola-scriptura-Verständnis,
kann man zu der Auffassung kommen, der Klerikerzölibat sei von je-
ner Stelle betroffen und verworfen. In der Kirche kennen wir dagegen
den Wert der ungeschriebenen apostolischen Tradition. Sie lehrt uns,
daß es dem ältesten Brauch der Kirche entspricht, daß die Bischöfe zö-
libatär lebten, weswegen man nach einigen Jahrhunderten dazu über-
ging, sie von vornherein nur noch aus den Ehelosen zu nehmen.

Dieser Brauch widerlegt die protestantische Mißdeutung der Timo-
theus-Stelle. Wenn sie aber hinsichtlich der Bischöfe ein Mißverständ-
nis ist, dann auch hinsichtlich der Priester; unbeschadet dessen, daß
in Anbetracht des Umstands, daß die Kirche hierin mehrere gültige
Wege kennt, die Sache auch weiterhin diskutiert werden kann und
darf und Änderungen möglich sind.

In einer Krisensituation wie der unseren allerdings fürchte ich, hätte
eine allgemeine Zulassung Verheirateter zum Priesteramt der lateini-
schen Kirche fatale Folgen. Denn unsern Priestern oder den tatsächli-
chen und potentiellen Kandidaten mangelt es doch in Wahrheit nicht
am Beischlaf, sondern am Glauben. Würden wir eine Blüte des Glau-
bens erleben, dann träte ich selber für eine Erleichterung der Zulas-
sung Verheirateter zur Weihe ein. Aber nicht in der heutigen Situation.
Es mangelt uns ja schon in den Seminarien an Regenten, die in der
Lage sind, echte Berufungen von fixen Ideen zu unterscheiden.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Udalricus
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Beitrag von Udalricus »

Hallo, Willy!

Würde die Stelle aus dem Timotheusbrief, die von den Leuten spricht, die das Heiraten verbieten, das meinen, was du meinst, nämlich dass unter keinen Umständen irgendwie das Heiraten verboten werden darf, dann wäre der Timotheusbrief in sich widersprüchlich:

Denn im Timotheusbrief (und auch im Titusbrief) heißt es, dass Bischöfe, Presbyter und Diakone „nur einmal verheiratet“ sein sollen (1 Tim 3,2.12; Tit 1,6), was bedeutet, dass ihnen die Heirat nach der Priesterweihe verboten ist.

So ist anzunehmen, dass es gegen die damals schon aktiven Gnostiker ging, die das Heiraten überhaupt verbieten wollten.

Wenn aber nun der Timotheusbrief es durchaus für möglich hält, dass man teilweise das Heiraten verbietet, dann bleibt es möglich, dieses Heiratsverbot weiter auszuweiten, ohne dass dies in Konflikt gerät, mit der Warnung vor denen, die das Heiraten grundsätzlich verbieten wollen.

Ich hoffe, ich habe mich nun verständlich ausgedrückt.

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Willy
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Beitrag von Willy »

Lieber Robert, lieber Udalricus,

ich möchte mich erst einmal herzlich für Eure Mühe bedanken! :jump:

Ich muss erstmal etwas nachdenken über das Thema und auch den angesprochenen Titusbrief nachlesen... und einiges vergleichen...
Wenn es mir die Zeit gestattet, würde ich dann gerne nochmals nachhaken, wenn ich darf.

Bis dahin seid herzlich gegrüßt

René

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:... unter dem Stichwort „Paphnutius“ müßte sich, wenn ich
mich recht erinnere, einiges finden lassen.
Genau unter diesem Stichwort. Ich will noch anmerken, daß ich inzwischen auch bei orthodoxen Theologen (Name ist mir entfallen, ich habe nur ein Kapitel in einer Buchhandlung gelesen) die Meinung las, ebenjener Paphnutios sei eher eine Legende als Wirklichkeit (für die Verteidigung der verheirateten Priesterschaft aber auch nicht von entscheidender Bedeutung).

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Eine Meinung, die ich nicht teile (bis auf den Teil in Parenthese).
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sofaklecks
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Konsequenz

Beitrag von sofaklecks »

Ich teile deine Auffassung, Robert, dass eine Erleichterung des Zölibats nicht das Problem mangelnder echter Berufungen löst.

Dann muss man aber konsequenterweise die Beteiligung der Laien ausbauen.

Oder in Kauf nehmen, dass die seelsorgerische Betreuung der Gläubigen Schaden nimmt.

Ich sehe die Diskussion über das Zölibat auch nicht als eine Diskussion über den Priestermangel. Sie muss m.E. generaliter geführt werden: Stimmen die Anforderungen an die Kandidaten für das Priesteramt? Können sich diese Anforderungen ändern oder sind sie durch die Tradition auf ewig festgeschrieben?

Viel weniger verständlich als die Forderung nach einem zölibatären Leben ist mir der Auschluss der Frauen vom Priesteramt. aber das ist eine andere Geschichte.

sofaklecks

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Walter
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Beitrag von Walter »

Die Diskussion scheint mir ein wenig vom Thema abzuschweifen!

Die orthodoxe Kirche lehnt den Priesterzölibat ja nicht generell ab, sieht nur keine Notwendigkeit dazu.

Idealerweise sollte ein orthodoxer Priester nur in einer Gemeinschaft leben, sei es als Ehemann in einer Familie oder als Mönch in einem Kloster. Aber auch das ist nicht verpflichtend; es gibt sehr wohl auch zölibatär lebende Priester und Bischöfe, die keine Mönche sind.

@Pelikan: Weil diese Diskussion in der Sakristei geführt wird, bitte auch nicht quasi als Totschlagargumente irgendwelche Beschlüsse von westlichen Lokalsynoden und Metropoliten nennen, die für die Orthodoxe Kirche überhaupt keine Bedeutung haben, sondern sachlich begründet argumentieren!

(Die Beiträge, auf die Walter sich teilweise bezieht, wurden inzwischen hierher verschoben. - Der Mod.)

Danke!
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Linus
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Beitrag von Linus »

Walter hat geschrieben: es gibt sehr wohl auch zölibatär lebende Priester und Bischöfe, die keine Mönche sind.
Dass die Bischöfe nicht gleichzeitig auch Mönche sein müssen, ist mir neu. Seit wann reicht zum Bischofsamt das "einfache Zölibat" in der Orthodoxie, oder war das immer so?

Linus, hier eventuell einer bisherigen Falschinformation auf den Grund gehend
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Walter
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Beitrag von Walter »

Linus hat geschrieben:
Walter hat geschrieben: es gibt sehr wohl auch zölibatär lebende Priester und Bischöfe, die keine Mönche sind.
Dass die Bischöfe nicht gleichzeitig auch Mönche sein müssen, ist mir neu. Seit wann reicht zum Bischofsamt das "einfache Zölibat" in der Orthodoxie, oder war das immer so?
Sogar verwitwete Priester können zum Bischof geweiht werden.

(Mag sein, dass sie nun durch die Bischofsweihe automatisch auch in den Mönchsstand gehoben werden; das weiß ich aber nicht. :hmm:)
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Cosimo
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Beitrag von Cosimo »

soweit meiner Wenigkeit bekannt werden in der Kiirche Rußlands etwa ausschließlich Angehörige des Mönchsstandes zum Amt des Bischofes zugelassen. Unverheiratete und verwitwete Weltpriester können erst nachdem sie das Mönchsgelübde abgelegt haben und zum Mönch geweiht worden sind sowie den geistl. Namen angenommen haben (die nächsten Stufen der Weihe sind dann: Ieromonach, Igumen und Archimandrit) zum Bischof ordiniert werden. Zumindest aus der ROKA sind mir einige derartige Fälle bekannt.

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Walter
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Beitrag von Walter »

Wahrscheinlich gibt es da auch Schnellverfahren: So wurde z.B. der ehemalige griechische Gemeindepriester bei uns in Frankfurt (jetzt Vikarbischof der griechischen Metropolie hier) m.W. auch Archimandrit, ohne zuvor Igumen oder Ieromonach gewesen zu sein.

Auf jeden Fall ist es möglich, dass auch ein verheirateter Priester später Bischof werden kann.
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Anm. d. Moderation: die hier abgetrennten Beiträge findet ihr im Thema "Pflicht-Zölibat" in der Kanzel. Hier soll's nicht um "Interna" der Lateiner gehen, sondern bestenfalls um die historische Entwicklung der unterschiedlichen Auffassungen zu diesem Thema.

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Petur
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Beitrag von Petur »

Die altkatholischen und anglikanischen Priester-auch die Bischöfe!- dürfen auch nach der Diakonenweihe heiraten.

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Peregrin
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Beitrag von Peregrin »

Petur hat geschrieben:Die altkatholischen und anglikanischen Priester-auch die Bischöfe!- dürfen auch nach der Diakonenweihe heiraten.
Und nicht nur Frauen!
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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Petur
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Beitrag von Petur »

Peregrin, die grosse Mehrheit der Anglikaner akzeptiert das gar nicht! Ich nehme an, dass die kirchliche "Ehe" von Homosexuellen offiziell nicht erlaubt ist, die Geistlichen, die derartigen Zeremonien halten, machen das wahrscheinlich gesetzwidrig(die Segnung der Beziehung bedeutet übrigens nicht unbedingt eine sakramentale Ehe). Bei den Altkatholiken gibt es ganz sicher keine Möglichkeit einer sakramentalen Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. (In Österreich können sie unter bestimmten Bedingungen eine kirchliche Segnung bekommen, die aber betont KEINE sakramentale Ehe ist.)

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Sie werden vor der Weihe zum Mönch tonsiert, denn es sind gar verschiedene Sachen und beinhalten einander nicht.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

songul hat geschrieben: vor allem der Zwangszölibat
Aber es wird niemand gezwungen!

Bei Euch orthodoxen mag das mit der Priesterehe ja tatsächlich funktionieren, aber in der westlichen Gesellschaft? :hmm:
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Wie wäre es denn mit "Pflichtzölibat"?
anneke6, Befürworterin der Priesterehe (als Option) seiend.
???

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Linus
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Beitrag von Linus »

anneke6 hat geschrieben:Wie wäre es denn mit "Pflichtzölibat"?
anneke6, Befürworterin der Priesterehe (als Option) seiend.
Das geht mir für das Westkirchenpatriachat momentan zu weit. Ich wär schon zufrieden, daß, wenn man zölibatärlebende Priester fragt, was das Wesen oder den Kern des Weihesakraments ist nicht zu 99 % aus der Pistole "der Zölibat" kommt.... :roll: :roll: :roll:

Linus, mehrfach dann darauf schon "Aha, du (mit den besagten Priestern war/bin ich per du) sprichst also den Unierten Verheirateten, den ehemals protestantischen Pastoren und der ganzen Orthodoxie ungültige Weihe oder Weiheverständnis vor?" gefragt habend. (ein Strang dazu "Was ist die besondere Gnade des Weihesakraments?" (gerne auch einen mit ~Ehesakraments) wär nett. Interesse?)
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songul
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Beitrag von songul »

songul hat folgendes geschrieben:
vor allem der Zwangszölibat


Aber es wird niemand gezwungen!

Bei Euch orthodoxen mag das mit der Priesterehe ja tatsächlich funktionieren, aber in der westlichen Gesellschaft? hmm
Ja nun, in gewisser Weise halt schon; denn wer röm. kath. Priester werden möchte muss zölibatär leben oder vom Priesterberuf ablassen.
Es gibt meines Wissens keine Alternative.
Natürlich wird keiner dazu "gezwungen" Priester zu werden und meine Wortnennung "Zwangszölibat" bezog sich nur darauf, dass man eben um röm. kath. Priester werden zu dürfen, den Zölibat wählen muss.

Was die "funktionierenden Priesterehen bei uns Orthodoxen" betrifft, sind die in unseren "westlichen Gesellschaften" schon längst vorhanden, funktionieren bestens und sind auch längst von klerikaler Seite der römischen Kirche anerkannt und geschätzt.(Die Priester natürlich, nicht unbedingt deren Ehe.)
Abgesehen davon, dass das ohnehin dem ältesten noch in den Apostelbriefen propagierte Seelsorgerbild enstpricht.
Wenn die röm. kath. Kirche den Zölibat für ihre Priesterkandidaten vorschreibt ist das ihre Sache; ich kritisiere einzig die Bedingtheit.

Bei uns gibt es auch zölibatär lebende Priester - nicht Mönchspriester die schon durch ihren monastischen Stand zölibatär leben, genau wie Eure Patres - sondern Männer die vor ihren ersten Weihen als Diakone ganz bewusst nicht heiraten wollen und nach den Weihen auch nicht mehr können.

Es sollte auch langsam mal jedem klar werden, dass die Orthodoxie schon längst in unseren Breiten Fuss gefasst hat und meines Wissens ohnehin die drittgrößte Konfession in Deutschland geworden ist.
Die "westliche Gesellschaft " wird inzwischen von der "osteuropäischen Gesellschaft" mit dermassen rießigen Schritten eingeholt, mitunter auch mal überholt, dass es angesichts der Tatsache eines fast kommplett einigen Europa, eine solche Anmerkung "westliche Gesellschaft" reichlich unaktuell anhört.(Passt wohl mehr zu Moslems und so.)

Die Zeiten haben sich verändert, mein Gutester! :mrgreen:

LG Songul.

Raimund J.
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Registriert: Dienstag 3. April 2007, 09:33

Beitrag von Raimund J. »

Versteh mich nicht falsch, wenn ich jemandem die Kompetenz und das Recht zubillige über den Zölibat zu diskutieren, dann weit vor allen anderen der Orthodoxie. Ich reagiere nur immer etwas allergisch auf den Begriff "Zwangszölibat" weil dieser von den antikirchlichen Gruppierungen (WsK, Kvu, u.s.w.) propagandistisch eingesetzt wird, so nach dem Motto "die Kirche muss endlich moderner werden" und mit denen wirst Du ja sicher kein Zweckbündnis eingehen wollen.

Bzgl. der "westlichen Gesellschaft" und das diese Bezeichnung nicht mehr aktuell sein soll wäre ich ja froh, wenn dies so wäre, aber ich fürchte wir meinen da nicht das Gleiche. Vielleicht ist der Ausdruck "säkularisierte Gesellschaft" treffender. Ich weiß nicht recht, wie ich es beschreiben soll, aber ich finde, die orthodoxen Gläubigen und Priester stehen irgendwie viel fester und unerschütterlicher im Glauben, so das dort eine gottgefällige und unauflösliche Ehe eher möglich ist als bei uns. Lieber zölibatär als geschieden/betrogen/verlassen.
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

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