Fragen zum Thema Orthodoxie

Ostkirchliche Themen.
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Ilija
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Ilija »

Raphael hat geschrieben:
Ilija hat geschrieben:Wozu ein Stellvertreter?
Wegen der sichtbaren und der unsichtbaren Kirche! 8)

Oder glaubst Du - so wie die Protestanten - nur an die unsichtbare Kirche? :detektiv:
Raphael, Der Herr hat die Apostel ausgewählt, dieser hat daben dann die Bischöfe eingesetzt! EIn Stellvertreter braucht nur jemand, der nicht da ist, also anwesend! Der Herr ist aber anwesend oder bist du so kleingläubig?

Mary
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Mary »

Raphael hat geschrieben: Als Nachtrag noch ein kleines Schmuckstück vom Hl. Cyprian von Karthago, welches einst von Thomas_de_Austria hier im Forum eingestellt wurde:
Auf jenen (Petrus) baut er die Kirche, und jenem vertraut er die Schafe zum Weiden an und, obwohl er allen Aposteln die gleiche Vollmacht erteilt, hat er dennnoch nur eine Kathedra errichtet und so durch seine Autorität den Ursprung und das Kennzeichen der Einheit angeordnet. Gewiss waren auch die übrigen, was Petrus war, der Primat aber wird Petrus gegeben, und es wird eine Kirche und eine Kathedra aufgewiesen; und alle sind sie Hirten, aber es wird eine Herde erwiesen, die von allen Aposteln in einmütiger Übereinstimmung geweidet werden soll. Wer an dieser Einheit mit Petrus nicht festhält, meint der, am Glauben festzuhalten? [*]Wer die Kathedra Petri, auf der die Kirche gegründet ist[/i] ,verlässt, vertraut der darauf, in der Kirche zu sein?[/i]

[*] Qui cathedram Petri, super quem fundata ecclesia est, deserit, in ecclesia se ese confidit?
Lieber Raphael,
ein interessantes Schmuckstück hast Du da nochmals eingestellt. Ich habe ein wenig nachgeforscht...und ganz unorthodox :breitgrins: nachgedacht.
1) Wenn ich als Orthodoxe diese Passage lese, dann springen mir wohl andere Teile in die Augen als Dir. Ich habe sie mal hervorgehoben. Ich sehe also deutlicher die Gleichheit der Apostel als die Besonderheit des Petrus. Im Ganzen gesehen könnte man aus er Passage einen Vorsitz der Liebe, einen Ehrenprimat herauslesen... keine Machtprimat. Wichtig und betont wird: Die EINHEIT der Kirche.
2) Da stolpere ich dann doch über die letzten Sätze... in italics gesetzt. Flugs die BVK aufgesucht und nachgeschaut. Eigenartig, die zitierte Stelle finde ich dort garnicht auf Anhieb...
vielmehr steht dort
so hat er dennoch, um die Einheit deutlich hervorzuheben, durch sein Machtwort es so gefügt, daß der Ursprung eben dieser Einheit von e i n e m sich herleitet. Gewiß waren auch die übrigen Apostel das, was Petrus gewesen ist, mit dem gleichen Anteil an Ehre und an Macht ausgestattet, aber der Anfang geht von der Einheit aus, damit die Kirche Christi als e i n e erwiesen werde. Auf diese eine Kirche weist auch im Hohen Liede der Heilige Geist hin aus der Person des Herrn heraus und sagt: "E i n e ist meine Taube, meine Vollkommene, sie ist die einzige ihrer Mutter, die Auserwählte ihrer Gebärerin"4 . Wer an dieser Einheit der Kirche nicht festhält, vermeint der an dem Glauben festzuhalten? Wer der Kirche widerstrebt und sich widersetzt, ist der noch überzeugt, innerhalb der Kirche zu stehen? Lehrt doch auch der selige Apostel Paulus das gleiche, indem er auf das heilige Geheimnis5 der Einheit hinweist mit den Worten: "E i n Leib und e i n Geist, e i n e Hoffnung eurer Berufung, e i n Herr, e i n Glaube, e i n e Taufe, e i n Gott"6 .
Ja, was jetzt?
Da ist noch eine Fussnote...
lautet die Übersetzung nach der zweiten. Textfassung
und hier ist also von Petrus wieder die Rede (das oben verlinkte Zitat)

Cyprian hat also zwei Versionen geschrieben. Das finde ich zumindest mal hochinteressant.

3) Heisst also, wir müssen, um Cyprians Lehre über die Kirche zu verstehen, sein ganzes Werk anschauen, nicht einen einzelnen Satz. Das Traktat "über die Einheit der katholischen Kirche" gibt jedenfalls nicht her, dass der römische Bischof eine Vormachts- und Jurisdiktonsstellung innehätte ausserhalb seines Bistums. Vielmehr geht es dort um die Einheit der KIRCHE, die sich zusammensetzt aus ALLEN Bischöfen mit ihrer Herde.

So heisst denn auch der Absatz, der direkt an obiges Zitat anschliesst, folgendermassen
Diese Einheit müssen wir unerschütterlich festhalten und verteidigen, vor allem wir Bischöfe, die wir in der Kirche den Vorsitz haben, damit wir auch das Bischofsamt selbst als ein einziges und ungeteiltes erweisen. Niemand täusche die Gemeinde der Brüder durch eine Lüge, niemand fälsche die Wahrheit des treuen Glaubens durch treulose Entstellung ! Das Bischofsamt ist nur eines, an dem jeder einzelne nur unter Wahrung des Ganzen seinen Anteil hat1
Entschuldigt bitte die Länge des Beitrags... aber manchmal sollte man schon in die Tiefe gehen...
Lg Mary
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Raphael

Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Raphael »

Ilija hat geschrieben:
Raphael hat geschrieben:
Ilija hat geschrieben:Wozu ein Stellvertreter?
Wegen der sichtbaren und der unsichtbaren Kirche! 8)

Oder glaubst Du - so wie die Protestanten - nur an die unsichtbare Kirche? :detektiv:
Raphael, Der Herr hat die Apostel ausgewählt, dieser hat daben dann die Bischöfe eingesetzt! EIn Stellvertreter braucht nur jemand, der nicht da ist, also anwesend! Der Herr ist aber anwesend oder bist du so kleingläubig?
Das sind ja ungeahnte Gemeinsamkeiten zwischen den Protestanten und Dir, die da zu Tage treten. :pfeif:

By the way:
Gerade weil der HERR anwesend ist, hat ER den Bischof von Rom zu seinem Stellvertreter bestimmt! :kussmund:

Mary
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Mary »

Auch ich habe ein Schmuckstück herausgesucht... als Geschenk und als Denkanstoss...
And if we too have said like Peter, "You are the Christ, the Son of the living God," not as if flesh and blood had revealed it unto us, but by light from the Father in heaven having shone in our heart, we become a Peter, and to us there might be said by the Word, "You are Peter," etc. Matthew 16:18 For a rock is every disciple of Christ of whom those drank who drank of the spiritual rock which followed them, 1 Corinthians 1:4 and upon every such rock is built every word of the church, and the polity in accordance with it; for in each of the perfect, who have the combination of words and deeds and thoughts which fill up the blessedness, is the church built by God.
But if you suppose that upon that one Peter only the whole church is built by God, what would you say about John the son of thunder or each one of the Apostles? Shall we otherwise dare to say, that against Peter in particular the gates of Hades shall not prevail, but that they shall prevail against the other Apostles and the perfect? Does not the saying previously made, "The gates of Hades shall not prevail against it," Matthew 16:18 hold in regard to all and in the case of each of them? And also the saying, "Upon this rock I will build My church"? Matthew 16:18 Are the keys of the kingdom of heaven given by the Lord to Peter only, and will no other of the blessed receive them? But if this promise, "I will give unto you the keys of the kingdom of heaven," Matthew 16:19 be common to the others, how shall not all the things previously spoken of, and the things which are subjoined as having been addressed to Peter, be common to them? For in this place these words seem to be addressed as to Peter only, "Whatsoever you shall bind on earth shall be bound in heaven," Matthew 16:19 etc.; but in the Gospel of John the Saviour having given the Holy Spirit unto the disciples by breathing upon them said, "Receive the Holy Spirit," John 2:22 etc. Many then will say to the Saviour, "You are the Christ, the Son of the living God;" but not all who say this will say it to Him, as not at all having learned it by the revelation of flesh and blood but by the Father in heaven Himself taking away the veil that lay upon their heart, in order that after this "with unveiled face reflecting as a mirror the glory of the Lord" 2 Corinthians 3:18 they may speak through the Spirit of God saying concerning Him, "Lord Jesus," and to Him, "You are the Christ, the Son of the living God." Matthew 16:16 And if any one says this to Him, not by flesh and blood revealing it unto Him but through the Father in heaven, he will obtain the things that were spoken according to the letter of the Gospel to that Peter, but, as the spirit of the Gospel teaches, to every one who becomes such as that Peter was.
And after this let us see in what sense it is said to Peter, and to every Peter, " I will give unto you the keys of the kingdom of heaven." Matthew 16:19 And, in the first place, I think that the saying, "I will give unto you the keys of the kingdom of heaven," is spoken in consistency with the words, "The gates of Hades shall not prevail against it." Matthew 16:18 For he is worthy to receive from the same Word the keys of the kingdom of heaven, who is fortified against the gates of Hades so that they do not prevail against him, receiving, as it were, for a prize, the keys of the kingdom of heaven, because the gates of Hades had no power against him, that he might open for himself the gates that were closed to those who had been conquered by the gates of Hades. And he enters in, as a temperate man, through an opened gate— the gate of temperance— by the key which opens temperance; and, as a righteous man, by another gate— the gate of righteousness— which is opened by the key of righteousness; and so with the rest of the virtues. For I think that for every virtue of knowledge certain mysteries of wisdom corresponding to the species of the virtue are opened up to him who has lived according to virtue; the Saviour giving to those who are not mastered by the gates of Hades as many keys as there are virtues, which open gates equal in number, which correspond to each virtue according to the revelation of the mysteries. And perhaps, also, each virtue is a kingdom of heaven, and all together are a kingdom of the heavens
Quelle: Origenes, Kommentare zum Matthäusevangelium http://www.newadvent.org/fathers/11612.htm
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Mary
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@Raphael und Ilija

Beitrag von Mary »

Ach, bitte hört doch auf mit diesem Pingpong... die Meinungen sind gemacht und das bringt nichts.

Mich würde es ärgern, wenn das an sich gute Thema geschlossen würde wegen solcher seitenfüllenden Wortgefechtchen...
:kussmund: Mary
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Jeremias
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Jeremias »

Raphael hat geschrieben: Das sind ja ungeahnte Gemeinsamkeiten zwischen den Protestanten und Dir, die da zu Tage treten. :pfeif:
Auch die blinden Hühner finden Körner! Lass den Protestanten doch ihre Weisheiten... Gemein bist du.
Und die hier sind auch für dich: e e e e e e e e. Brauchst du bestimmt demnächst. :D

BTW: Franziskus ist bestimmt ne nette Kerl und Bischof von Rom. Stellvertreter Gottes aber nur in katholischen Fieberträumen. ;)
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Mary
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Mary »

Raphael hat geschrieben:
Oder glaubst Du - so wie die Protestanten - nur an die unsichtbare Kirche? :detektiv:
Nein Raphael,
wir glauben an die sichtbare Kirche, nämlich unsere.
Du glaubst, dass die röm.kath. Kirche diese sichtbare Kirche sei.
Ich glaube, es bringt wenig, wenn wir wie Kindergartenkinder streiten, wer denn besser sei, oder?

Lg Mary
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Jeremias
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Re: @Raphael und Ilija

Beitrag von Jeremias »

Mary hat geschrieben:Ach, bitte hört doch auf mit diesem Pingpong... die Meinungen sind gemacht und das bringt nichts.

Mich würde es ärgern, wenn das an sich gute Thema geschlossen würde wegen solcher seitenfüllenden Wortgefechtchen...
:kussmund: Mary
Ach weisste... Mehr kommt doch hier nicht rum. Ich finde deine letzten beiden Beiträge zwar super, glaube aber nicht, dass wir uns da einen Millimeter bewegen werden. :nein:
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Mary
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Re: @Raphael und Ilija

Beitrag von Mary »

Jeremias hat geschrieben: Ach weisste... Mehr kommt doch hier nicht rum. Ich finde deine letzten beiden Beiträge zwar super, glaube aber nicht, dass wir uns da einen Millimeter bewegen werden. :nein:
Lieber Jeremias,
"hier" kommen wir vielleicht nicht weiter, hast Recht. Mein Ziel ist es auch kaum, einen Raphael oder Confessor von der Orthodoxie zu überzeugen. Ich denke da eher an die Mitleser, die es in allen Foren gibt. Die dann vielleicht mal eine PN starten.. oder einen Buchtipp rauspicken... oder wie ich, mal wieder in die BVK oder zu newadvent.com gehen....
in diesem Sinne wartet jetzt meine Näharbeit...

Lg Mary
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Linus
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Linus »

Ilija hat geschrieben:Nein, lieber Raphael, der SEHR gute Arzt brauch keinen Stellvertreter und übergibt auch nicht seine Vollmachten nach Rom :freude: Der Arzt ist Christus selber und er ist Gegenwärtig! Wozu ein Stellvertreter?

"Gott ist überall zuhause - nur nicht in Rom, da hat er seinen Stellvertreter." :tuete:
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

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Protasius
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Protasius »

Gregor der Große, Epistel 9.21 hat geschrieben: For as to what they say about the Church of Constantinople, who can doubt that it is subject to the Apostolic See, as both the most pious lord the emperor and our brother the bishop of that city continually acknowledge?
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Ilija
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Re: @Raphael und Ilija

Beitrag von Ilija »

Mary hat geschrieben:Ach, bitte hört doch auf mit diesem Pingpong... die Meinungen sind gemacht und das bringt nichts.

Mich würde es ärgern, wenn das an sich gute Thema geschlossen würde wegen solcher seitenfüllenden Wortgefechtchen...
:kussmund: Mary
Danke dir Mary! Leider habe ich bei diesem Ping Pong Spiel mitgespielt.

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Jeremias
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Jeremias »

Protasius hat geschrieben:
Gregor der Große, Epistel 9.21 hat geschrieben: For as to what they say about the Church of Constantinople, who can doubt that it is subject to the Apostolic See, as both the most pious lord the emperor and our brother the bishop of that city continually acknowledge?
Nur nochmal zur Erinnerung: Das mag zwar die Meinung eines Kirchenlehrers sein... Das hat deswegen aber keine juristische Bindung. :)
Insbesondere weil Gregor sich sogar selber auf Kaiser und Bischof beruft.
Orthodoxer. Physikdidaktiker. Rollenspieler. Liberaler. Konservativer. Modernist. Ökumenist.
Alles Titel, mit denen man mich bedenken kann, die deswegen mich trotzdem nicht gänzlich beschreiben.

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taddeo
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von taddeo »

Jeremias hat geschrieben:
Protasius hat geschrieben:
Gregor der Große, Epistel 9.21 hat geschrieben: For as to what they say about the Church of Constantinople, who can doubt that it is subject to the Apostolic See, as both the most pious lord the emperor and our brother the bishop of that city continually acknowledge?
Nur nochmal zur Erinnerung: Das mag zwar die Meinung eines Kirchenlehrers sein... Das hat deswegen aber keine juristische Bindung. :)
Genau an diesem Punkt scheint es mir interessant zu werden.
Ilija hat weiter vorne darauf hingewiesen, daß seiner Ansicht nach entscheidend sei, was im ersten Jahrtausend gelebt wurde, und nicht so sehr, was von den Theologen gelehrt wurde. Nun ist unbestreitbar, daß zumindest in einem nicht unbedeutenden Teil der damals "einen" Kirche ein - wie auch immer zu verstehender - "Jurisdiktionsprimat" Roms gegenüber den östlichen Kirchen gelehrt wurde. Erst im 19. Jahrhundert wurde diese Lehre zum verbindlichen Glaubenssatz dogmatisiert.
Gleichzeitig muß man festhalten, daß weder im 1. Jahrtausend noch danach bis zum heutigen Tag jemals ein Papst eine wirkliche Jurisdiktion über die nichtkatholischen Ostkirchen ausgeübt hat - entweder weil er nicht die Mittel hatte, einen Jurisdiktionsversuch auch durchzusetzen, oder weil er von vornherein darauf verzichtet hat. Demnach ist auch in der römischen Kirche die Praxis seit jeher so, daß diese Ostkirchen de facto als völlig selbständig behandelt werden.
Von daher stellt sich mir wirklich die Frage, wo das Problem der Orthodoxie mit dem römischen Jurisdiktionsprimat liegt: ärgert man sich über den theoretischen Anspruch, oder übersieht man geflissentlich, daß der Anspruch weder vor noch nach der Dogmatisierung jemals in die Praxis umgesetzt wurde?
Auf der Basis von Ilijas Theorem wäre das zumindest etwas unlogisch. Man könnte sich doch ohne weiteres darauf einigen, daß zwar als Reminiszenz an frühere, idealere Kirchenzeiten und als Vorgriff auf eine irgendwann zu erhoffende neuerliche Kircheneinheit ein solcher Primat besteht, daß dieser aber zum gegenwärtigen Zeitpunkt keinerlei praktische Relevanz besitzt und daher auch nicht als kirchentrennend angesehen werden müßte.
:hmm:

Mary
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Mary »

Protasius hat geschrieben:
Gregor der Große, Epistel 9.21 hat geschrieben: For as to what they say about the Church of Constantinople, who can doubt that it is subject to the Apostolic See, as both the most pious lord the emperor and our brother the bishop of that city continually acknowledge?
Danke Protasius,
dass Du Dich an die "Regeln" hältst, Materialien aus der ungeteilten Kirche zu bringen und dafür, dass ich wieder was gelernt habe.
Mir ist das Zitat nicht neu... aber ich habe erstmals den ganzen Brief von Gregor dem Grossen an Johannes von Syrakus gelesen.
Da geht es also um gottesdienstliche Praktiken... offenbar bestand die Befürchtung, in Sizilien oder Rom würde die Liturgie zu griechisch gefeiert. Das widerlegt Gregor in dem brüderlichen Brief.
In einem Nebensatz kommt dann noch diese Andeutung der Unterordnung von Konstantinopel unter Rom. Soweit so gut.
Meine Fragen sind:
Warum, wenn doch der Primat so klar war, muss noch der Kaiser als Zeuge angerufen werden?

Inwiefern zeigt mir dieser Brief, dass dieser Anspruch des Primats von der ganzen Ostkirche akzeptiert worden wäre? Kann es sich nicht sogar um blosse Rhetorik handeln?
(Wenn ich mir bsp vorstelle, dass spätere Historiker anhand einer Rede, sagen wir mal von Christoph Blocher oder Peer Steinbrück sich ein Bild über die politischen Verhältnisse in der Schweiz oder Deutschland im beginnenden 3. Jahrtausend machen wollten... das käme ziemlich schräg heraus, wenn nicht ein Gesamtbild angeschaut würde, oder?)

Warum, wenn denn die Stelle so unumstösslich und unanfeindbar klar ist, ist nicht längst wenigstens der Patriarch Bartholomaios I. in Rom zu Kreuze gekrochen? Das Argument anhand dieser Stelle gibt es ja nicht erst seit heute. Meines Wissens konnte aber gerade in der Frage des Primats in den Gesprächen zwischen Rom und der Orthodoxie keine Annäherung erzielt werden.

Und zuletzt noch: Was steht in dem lateinischen (?) oder griechischen (?) Original an der Stelle, die mit englisch "subject" und deutsch "untergeben" wiedergegeben ist? Kann daraus tatsächlich eine Jurisdiktion abgeleitet werden?

Liebe Grüsse
Mary
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Mary
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Mary »

taddeo hat geschrieben: Von daher stellt sich mir wirklich die Frage, wo das Problem der Orthodoxie mit dem römischen Jurisdiktionsprimat liegt: ärgert man sich über den theoretischen Anspruch, oder übersieht man geflissentlich, daß der Anspruch weder vor noch nach der Dogmatisierung jemals in die Praxis umgesetzt wurde?
Solang diese Jurisdiktion sich nur auf die röm.kath. Kirche bezieht, hammer kein Problem damit. Können die "Lateiner" gerne so halten, wie sie möchten.
Als Basis für eine Kirchenvereinigung und mit dem Anspruch auf einen universellen jurisdiktionellen Primat über die ganze Kirche Christi... Nej, tack. Das ist uns zu heiss. Wer sagt dann dass er nicht im Jahre Vereinigung plus 3 Tage plötzlich doch umgesetzt wird?? :auweia:

Lg Mary 8)
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Kirchenjahr
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Kirchenjahr »

Gregor der Große, Epistolarum lib 9, epistola 12 hat geschrieben:Nam de Constantinopolitana Ecclesia quod dicunt (Grat. Dist. 22. c. De Const.) quis eam dubitet sedi apostolicae esse subjectam? quod et piisimus domnus imperator et frater noster ejusdem civitatis episcopus assidue profitentur.
Den Text samt zweier Fußnoten (n und o) stehen weiter unten fleißigen Übersetzern bereit.

Gregor-Magnus.pdf

Für die Fußnoten reicht mein Latein allerdings nicht mehr aus. Freiwillige vor.

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taddeo
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von taddeo »

Mary hat geschrieben:Solang diese Jurisdiktion sich nur auf die röm.kath. Kirche bezieht, hammer kein Problem damit. Können die "Lateiner" gerne so halten, wie sie möchten.
Als Basis für eine Kirchenvereinigung und mit dem Anspruch auf einen universellen jurisdiktionellen Primat über die ganze Kirche Christi... Nej, tack. Das ist uns zu heiss. Wer sagt dann dass er nicht im Jahre Vereinigung plus 3 Tage plötzlich doch umgesetzt wird?? :auweia:

Lg Mary 8)
Tja, Mary, das wäre wohl das Risiko, das einem die sichtbare Einheit der Kirche wert sein müßte. Ohne ein gewisses Restrisiko in verschiedenen Punkten wird es das niemals geben.

Wie ich schon sagte: seit 2000 Jahren gibt es - angefangen von den Evangelien über die Kirchenväter bis zu den späteren Theologen - eindeutige und weniger eindeutige Aussagen, die eine Art Jurisdiktionsprimat Roms begründen. Genauso gibt es seit 2000 Jahren kein einziges Beispiel, daß ein römischer Bischof daraus Nägel mit Köpfen gemacht hätte. Ein bißchen Gottvertrauen bräuchte auch die Orthodoxie, wenn ihr an einer sichtbaren Einheit wirklich gelegen wäre.

Allerdings geht es der Orthodoxie insgesamt ähnlich wie der FSSPX: Bei aller - auch von Rom nicht grundlegend in Zweifel gezogenen - dogmatischen Rechtgläubigkeit ist doch die augenscheinlichste Charaktereigenschaft, die den Laden zusammenhält, das gemeinsame abgrundtiefe Mißtrauen gegenüber der Kirche, die dem Nachfolger des Heiligen Petrus untersteht. Und dessen Überwindung halte ich persönlich für eine eschatologische Utopie.

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Anselmus
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Anselmus »

taddeo hat geschrieben:Bei aller - auch von Rom nicht grundlegend in Zweifel gezogenen - dogmatischen Rechtgläubigkeit ist doch die augenscheinlichste Charaktereigenschaft, die den Laden zusammenhält, das gemeinsame abgrundtiefe Mißtrauen gegenüber der Kirche, die dem Nachfolger des Heiligen Petrus untersteht.
Das ist eine lächerliche Unterstellung.

Die Orthodoxe Kirche wird durch ihr Haupt Christus zusammengehalten. Durch nichts anderes! Wir haben es überhaupt nicht nötig, uns durch das Abgrenzen von einer anderen Gemeinschaft zu definieren. Bedenke, dass IHR euch von uns abgespalten habt. Wir haben nicht eigenmächtig gegen den Wortlaut der Heiligen Schrift das auf einem ökumenischen Konzil beschlossene Glaubensbekenntnis modifiziert...

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taddeo
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von taddeo »

Ja, Du mich auch. :huhu:

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Anselmus
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Anselmus »

taddeo hat geschrieben:Ja, Du mich auch. :huhu:
Wenigstens zeigst Du direkt wie gut Du Deine vorher aufgestellte Behauptung begründen kannst... :roll:

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taddeo
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von taddeo »

Anselmus hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Ja, Du mich auch. :huhu:
Wenigstens zeigst Du direkt wie gut Du Deine vorher aufgestellte Behauptung begründen kannst... :roll:
Das ist keine Behauptung, sondern eine Beobachtung, die keiner Begründung bedarf. Überall dort, wo Rom nicht involviert ist, zanken sich die "Rechtgläubigen" untereinander bis aufs Messer.

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Ilija
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Ilija »

taddeo hat geschrieben:...das gemeinsame abgrundtiefe Mißtrauen gegenüber der Kirche, die dem Nachfolger des Heiligen Petrus untersteht..
Meinst du die Kirche von Antiochia? Antiochia ist die Kathedra von Petrus und Paulus...

Ralf

Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Ralf »

Ilija hat geschrieben: Gregor Palamas Lehre ist kein Dogma, den kein Ökumenisches Konzil hat es bestätigt sondern sie wurde nur für Richtig befunden! Werfen wir dem Westen Häresie vor, weil sie die Energienlehre nicht verstehen oder annehme? Scheint uns irgendwie egal zu sein...
Hmmm ...
Nietenolaf hat geschrieben: Der Tomos des Konzils von 1351 wurde von der Fülle der Orthodoxen Kirchen angenommen, deswegen wird dieses Konzil mit vollem Recht mitunter auch als „zusätzliches Ökumenisches“ bezeichnet. Im Tomos werden all jene von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen, die die Lehre des hl. Gregorios Palamas für nicht orthodox halten.

Ich erinnere, die letzte Sitzung des Konzils (bzw. das Konzil) im Juli 1351 klärte folgende 6 Fragen endgültig:
  1. Gibt es in Gott eine Unterscheidung zwischen Wesen und Energie?
  2. Wenn es ihn gibt, ist die Energie geschaffen oder ungeschaffen?
  3. Wenn die Energie ungeschaffen ist, wie vermeidet man Komplexität in Gott?
  4. Kann man, ohne in Zweigötterei zu verfallen, der Energie den Begriff "Gottheit" beimessen?
  5. Ist es recht und entspricht es der Überlieferung zu sagen, das Wesen übersteige die Energie?
  6. Da man Gott teilhaftig werden kann, wes Teilhaftigkeit ist dies, des Wesens oder der Energien?
Alle diese Fragen wurden im Einklang mit der Lehre des hl. Gregorios beantwortet. Zum Konzil schreibt Johannes Meyendorff:
Protopresbyter Johannes Meyendorff, ''Einführung in das Studium des hl. Gregorios Palamas'', hat geschrieben:Das Konzil von 1351 war das feierlichste Ereignis, mit dem die Orthodoxe Kirche die Lehre des hl. Gregorios Palamas bestätigte. Genau genommen war das kein Ökumenisches Konzil, sondern ein Bischofskonzil des Patriarchats von Konstantinopel; nichtsdestoweniger wurden seine Beschlüsse im Verlauf des 14. Jahrhunderts von der gesamten Ostkirche angenommen.
Dieses Konzil hat alle Anzeichen eines Ökumenischen, wozu die Rezeption durch die gesamte Kirche sowie - klassischerweise - das Beisein und Einvernehmen der staatlichen Gewalt gehört (Johannes Kantakouzenos übergab den von ihm unterzeichneten Tomos am 15. August 1351 direkt nach der Orthros dem Patriarchen Kallistos im Altar der hl. Sophia). Daß es nun nicht als eines der Ökumenisches gilt, hat auch etwas mit Diplomatie zu tun und damit, daß solche Etiketten eben nicht unbedingt vonnöten sind.[/color]
Da ich Nietenolafs Kenntnisse hoch schätze, nehme ich einfach mal an, Ilija, daß Du daneben liegst.

Mary
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Mary »

taddeo hat geschrieben: Tja, Mary, das wäre wohl das Risiko, das einem die sichtbare Einheit der Kirche wert sein müßte. Ohne ein gewisses Restrisiko in verschiedenen Punkten wird es das niemals geben.
Nej, tack.
taddeo hat geschrieben: Genauso gibt es seit 2 Jahren kein einziges Beispiel, daß ein römischer Bischof daraus Nägel mit Köpfen gemacht hätte.
Und warum um alles in der Welt braucht es denn aus eurer Sicht überhaupt diesen universellen Jurisdiktionsprimat, wenn er eh nicht ausgeübt wird?
taddeo hat geschrieben:Allerdings geht es der Orthodoxie insgesamt ähnlich wie der FSSPX: Bei aller - auch von Rom nicht grundlegend in Zweifel gezogenen - dogmatischen Rechtgläubigkeit ist doch die augenscheinlichste Charaktereigenschaft, die den Laden zusammenhält, das gemeinsame abgrundtiefe Mißtrauen gegenüber der Kirche, die dem Nachfolger des Heiligen Petrus untersteht. Und dessen Überwindung halte ich persönlich für eine eschatologische Utopie.
Ach, taddeo, wenn Du wüsstest....
ich kann Dir sagen, dass dem Otto Normalorthodoxen ziemlich egal ist, was die römischen Katholiken so tun und lassen und er hat wenig bis keine Ahnung davon, was die römische Kirche überhaupt ist und lehrt. Die Orthodoxie definiert sich NICHT über die Abgrenzung nach aussen. All die Diskussionen über Primat, filioque und Energienlehre... sind innerorthodox einfach kein Thema.
Soweit ich das erkennen kann, wissen die Gläubigen, dass sie schon in der Einen Kirche sind. Falls die "Römer" wieder dazustossen möchten, dürfen sie das gerne...
Dazu ein Artikel von Father Thomas Hopko, der ganz klar macht, welche Bedingungen für eine Einheit zu erfüllen wären:
http://www.orthodoxytoday.org/articles6/HopkoPope.php
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Mary
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Gregor der Grosse an Eulogios von Alexandrien

Beitrag von Mary »

Ich habe noch ein wenig weitergelesen in den Briefen von Gregor dem Grossen und aufgrund eines Tipps im der Buchserie "Alte Kirche 1-5" von Susanne Hausammann folgendes gefunden... in einem Brief an Eulogios, Bischof von Alexandrien (Buch 8.3) schrieb Papst Gregor:
Your Blessedness has also been careful to declare that you do not now make use of proud titles, which have sprung from a root of vanity, in writing to certain persons, and you address me saying, As you have commanded. This word, command, I beg you to remove from my hearing, since I know who I am, and who you are. For in position you are my brethren, in character my fathers. I did not, then, command, but was desirous of indicating what seemed to be profitable. Yet I do not find that your Blessedness has been willing to remember perfectly this very thing that I brought to your recollection. For I said that neither to me nor to any one else ought you to write anything of the kind; and lo, in the preface of the epistle which you have addressed to myself who forbade it, you have thought fit to make use of a proud appellation, calling me Universal Pope. But I beg your most sweet Holiness to do this no more, since what is given to another beyond what reason demands is subtracted from yourself. For as for me, I do not seek to be prospered by words but by my conduct. Nor do I regard that as an honour whereby I know that my brethren lose their honour. For my honour is the honour of the universal Church: my honour is the solid vigour of my brethren. Then am I truly honoured when the honour due to all and each is not denied them. For if your Holiness calls me Universal Pope, you deny that you are yourself what you call me universally. But far be this from us. Away with words that inflate vanity and wound charity.
Also, den Titel scheint Gregor jedenfalls nicht gewollt zu haben, ebenso wenig gefiel es ihm als Befehlsgeber gesehen zu werden von den Brüdern im Amt.

Quelle http://www.newadvent.org/fathers/36283.htm
Who is so great a God as our God? You are the God who does wonders!

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Linus
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Linus »

taddeo hat geschrieben:
Anselmus hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Ja, Du mich auch. :huhu:
Wenigstens zeigst Du direkt wie gut Du Deine vorher aufgestellte Behauptung begründen kannst... :roll:
Das ist keine Behauptung, sondern eine Beobachtung, die keiner Begründung bedarf. Überall dort, wo Rom nicht involviert ist, zanken sich die "Rechtgläubigen" untereinander bis aufs Messer.

Sieht bei uns aber auch kaum anders aus. Auch wenn wie in Österreich ein Beschwichtigungshofrat ((C) ottaviani) einen nichtssagenden Kompromiss der Bischofskonferenz herbei"zaubert".
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Raphael

Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Raphael »

Ralf hat geschrieben:
Ilija hat geschrieben: Gregor Palamas Lehre ist kein Dogma, den kein Ökumenisches Konzil hat es bestätigt sondern sie wurde nur für Richtig befunden! Werfen wir dem Westen Häresie vor, weil sie die Energienlehre nicht verstehen oder annehme? Scheint uns irgendwie egal zu sein...
Hmmm ...
Nietenolaf hat geschrieben: Der Tomos des Konzils von 1351 wurde von der Fülle der Orthodoxen Kirchen angenommen, deswegen wird dieses Konzil mit vollem Recht mitunter auch als „zusätzliches Ökumenisches“ bezeichnet. Im Tomos werden all jene von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen, die die Lehre des hl. Gregorios Palamas für nicht orthodox halten.

Ich erinnere, die letzte Sitzung des Konzils (bzw. das Konzil) im Juli 1351 klärte folgende 6 Fragen endgültig:
  1. Gibt es in Gott eine Unterscheidung zwischen Wesen und Energie?
  2. Wenn es ihn gibt, ist die Energie geschaffen oder ungeschaffen?
  3. Wenn die Energie ungeschaffen ist, wie vermeidet man Komplexität in Gott?
  4. Kann man, ohne in Zweigötterei zu verfallen, der Energie den Begriff "Gottheit" beimessen?
  5. Ist es recht und entspricht es der Überlieferung zu sagen, das Wesen übersteige die Energie?
  6. Da man Gott teilhaftig werden kann, wes Teilhaftigkeit ist dies, des Wesens oder der Energien?
Alle diese Fragen wurden im Einklang mit der Lehre des hl. Gregorios beantwortet. Zum Konzil schreibt Johannes Meyendorff:
Protopresbyter Johannes Meyendorff, ''Einführung in das Studium des hl. Gregorios Palamas'', hat geschrieben:Das Konzil von 1351 war das feierlichste Ereignis, mit dem die Orthodoxe Kirche die Lehre des hl. Gregorios Palamas bestätigte. Genau genommen war das kein Ökumenisches Konzil, sondern ein Bischofskonzil des Patriarchats von Konstantinopel; nichtsdestoweniger wurden seine Beschlüsse im Verlauf des 14. Jahrhunderts von der gesamten Ostkirche angenommen.
Dieses Konzil hat alle Anzeichen eines Ökumenischen, wozu die Rezeption durch die gesamte Kirche sowie - klassischerweise - das Beisein und Einvernehmen der staatlichen Gewalt gehört (Johannes Kantakouzenos übergab den von ihm unterzeichneten Tomos am 15. August 1351 direkt nach der Orthros dem Patriarchen Kallistos im Altar der hl. Sophia). Daß es nun nicht als eines der Ökumenisches gilt, hat auch etwas mit Diplomatie zu tun und damit, daß solche Etiketten eben nicht unbedingt vonnöten sind.[/color]
Da ich Nietenolafs Kenntnisse hoch schätze, nehme ich einfach mal an, Ilija, daß Du daneben liegst.
Meiner Erinnerung nach, die nicht zuletzt aus anderen Einlassungen von Roman gespeist wird, ist jedoch der Palamismus kein Dogma in dem Sinne wie wir hier im Westen ein Dogma verstehen. Der Palamismus ist eher ein Weg der Gotteserkenntnis, eine Methode um sich Gott anzunähern.

Die Orthodoxen haben damit nicht das Ergebnis (= Dogma) festgelegt, sondern lediglich den Weg, auf dem ein bestimmtes Ergebnis erreicht werden kann.

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Linus
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Linus »

Mal ne tatsächliche Frage: Ich weiß ihr seid gerade in der Fastenzeit ... War gestern in der russischen Metropolitankirche - genauer in der Unterkirche in Wien. War ziemlich erstaunt, daß, obwohl keine Liturgie war (gut neben der Ikonostase baute sich gerade der Chor zum üben auf) dermaßen viel los ist. Gezählte 20 Leute die mit Prostrationen/Bekreuzigungen und Kerzenanzünden vor diversen Ikonen beschäftigt waren. Die Priester sind "dauernd" aus dem Altarraum raus und wieder rein...Ist das ein Fastenzeitliches Phänomen, diese Geschäftigkeit ohne Liturgie ?

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taddeo
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von taddeo »

Linus hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:
Anselmus hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:Ja, Du mich auch. :huhu:
Wenigstens zeigst Du direkt wie gut Du Deine vorher aufgestellte Behauptung begründen kannst... :roll:
Das ist keine Behauptung, sondern eine Beobachtung, die keiner Begründung bedarf. Überall dort, wo Rom nicht involviert ist, zanken sich die "Rechtgläubigen" untereinander bis aufs Messer.

Sieht bei uns aber auch kaum anders aus.
Das wollte ich mit meiner allgemeinen Formulierung auch ausdrücklich einschließen, siehe etwa FSSPX. Die ordnende und sammelnde Hand des Nachfolgers Petri ist die einzige Instanz, die solchen Erscheinungen entgegenwirken kann. Und die Gründe, warum diese Hand ausgeschlagen wird, sind immer im Bereich der (angeblich mangelnden) "Rechtgläubigkeit" angesiedelt.

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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Ilija »

Ralf hat geschrieben:
Da ich Nietenolafs Kenntnisse hoch schätze, nehme ich einfach mal an, Ilija, daß Du daneben liegst.
Kann gut sein Ralf! Da ich kein Experte bei Palamas bin möchte ich mich bei diesem Thema auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen :) Nachdem ich das geschrieben habe, war ich mir selbst unsicher! Ich würde aber gerne mal wissen inwieweit das heute bei den Dialogen eine Rolle spielt?

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Ilija
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Re: Fragen zum Thema Orthodoxie

Beitrag von Ilija »

Raphael hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:
Ilija hat geschrieben: Gregor Palamas Lehre ist kein Dogma, den kein Ökumenisches Konzil hat es bestätigt sondern sie wurde nur für Richtig befunden! Werfen wir dem Westen Häresie vor, weil sie die Energienlehre nicht verstehen oder annehme? Scheint uns irgendwie egal zu sein...
Hmmm ...
Nietenolaf hat geschrieben: Der Tomos des Konzils von 1351 wurde von der Fülle der Orthodoxen Kirchen angenommen, deswegen wird dieses Konzil mit vollem Recht mitunter auch als „zusätzliches Ökumenisches“ bezeichnet. Im Tomos werden all jene von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen, die die Lehre des hl. Gregorios Palamas für nicht orthodox halten.

Ich erinnere, die letzte Sitzung des Konzils (bzw. das Konzil) im Juli 1351 klärte folgende 6 Fragen endgültig:
  1. Gibt es in Gott eine Unterscheidung zwischen Wesen und Energie?
  2. Wenn es ihn gibt, ist die Energie geschaffen oder ungeschaffen?
  3. Wenn die Energie ungeschaffen ist, wie vermeidet man Komplexität in Gott?
  4. Kann man, ohne in Zweigötterei zu verfallen, der Energie den Begriff "Gottheit" beimessen?
  5. Ist es recht und entspricht es der Überlieferung zu sagen, das Wesen übersteige die Energie?
  6. Da man Gott teilhaftig werden kann, wes Teilhaftigkeit ist dies, des Wesens oder der Energien?
Alle diese Fragen wurden im Einklang mit der Lehre des hl. Gregorios beantwortet. Zum Konzil schreibt Johannes Meyendorff:
Protopresbyter Johannes Meyendorff, ''Einführung in das Studium des hl. Gregorios Palamas'', hat geschrieben:Das Konzil von 1351 war das feierlichste Ereignis, mit dem die Orthodoxe Kirche die Lehre des hl. Gregorios Palamas bestätigte. Genau genommen war das kein Ökumenisches Konzil, sondern ein Bischofskonzil des Patriarchats von Konstantinopel; nichtsdestoweniger wurden seine Beschlüsse im Verlauf des 14. Jahrhunderts von der gesamten Ostkirche angenommen.
Dieses Konzil hat alle Anzeichen eines Ökumenischen, wozu die Rezeption durch die gesamte Kirche sowie - klassischerweise - das Beisein und Einvernehmen der staatlichen Gewalt gehört (Johannes Kantakouzenos übergab den von ihm unterzeichneten Tomos am 15. August 1351 direkt nach der Orthros dem Patriarchen Kallistos im Altar der hl. Sophia). Daß es nun nicht als eines der Ökumenisches gilt, hat auch etwas mit Diplomatie zu tun und damit, daß solche Etiketten eben nicht unbedingt vonnöten sind.[/color]
Da ich Nietenolafs Kenntnisse hoch schätze, nehme ich einfach mal an, Ilija, daß Du daneben liegst.
Meiner Erinnerung nach, die nicht zuletzt aus anderen Einlassungen von Roman gespeist wird, ist jedoch der Palamismus kein Dogma in dem Sinne wie wir hier im Westen ein Dogma verstehen. Der Palamismus ist eher ein Weg der Gotteserkenntnis, eine Methode um sich Gott anzunähern.

Die Orthodoxen haben damit nicht das Ergebnis (= Dogma) festgelegt, sondern lediglich den Weg, auf dem ein bestimmtes Ergebnis erreicht werden kann.
Das klingt für mich einleuchtender und hätte ich das so ausgedrückt, würden keine Beschwerden kommen :) :daumen-rauf:

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