Sind die Orthodoxen Häretiker und Schismatiker?

Ostkirchliche Themen.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Georg hat geschrieben:umgekehrt sehen das unsere orthodoxen Brüder leider nicht so; ich kenne einige sehr fromme, die mich ständig bekehren möchten und mir erklären, ch sei nicht gültig getauft, weil der Hl.Geist die katholische Kirche seit dem Schisma verlassen habe
Das ist nicht orthodoxe Lehre. Katholiken werden mit der Beichte aufgenommen. – Ein kurzer historischer Rückblick: Im Jahre des Herrn 1729 verbot die Ritenkongregation jede Sakramentengemeinschaft mit den getrennten Ostkirchen des byzantischen Ritus. Im Gegenzug erklärten dreieinhalb Jahrzehnte später die Griechisch-Orthodoxen alle Sakramente der Lateiner für ungültig und die Katholiken zu ungetauften Heiden – ein extremistischer Irrsinn, dem die Russisch-Orthodoxen sich allerdings verweigert haben; spätestens seit Athenagoras von Constantinopel ist das nun auch bei den Griechen obsolet.

Natürlich gibt es Gruppierungen, bei denen jener Extremismus fortlebt: in einigen Athos-Klöstern, in Teilen des georgischen Mönchtums, bei den Altkalendariern, vielleicht sogar in Teilen der russischen Auslandskirche.

Im übrigen ist Engstirnigkeit über die ganze Kirche hübsch gleichmäßig verteilt. ;D
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:Zur geschichtlichen Betrachtung, als Antwort auf Roberts Beiträge, komme ich später. Da gibt es auf jeden Fall noch die eine oder andere Bemerkung zu machen.
Ick bin jespannt wie’n Flitzebogen.
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Im Prinzip gibt es zu Roberts Darstellung gar nicht so viel zu sagen. Zu erkennen ist sein ehrliches und löbliches Bemühen, Streit durch einen, sagen wir, guten Willen beim Blick auf die Geschichte zu beschwichtigen. Allerdings gerät dabei manches zur Beschönigung; ich habe prinzipiell nichts dagegen, aber bei der erfolgten Darstellung tauchen eine Menge Fragen auf, die keine Antowrten bekämen, würde man den endgültigen Bruch - oder wenigstens ernsthafte Diskrepanzen - nicht viel eher ansetzen als im 18. Jahrhundert.

Ich will die Dinge, die ich meine, auch nur kurz anschneiden, um Raum für Diskussion zu lassen.

Zum ersten wären da die verschiedenen Unionen, das heißt also quasi Verträge, die geschlossen wurden, um die Ostkirchen unter das Jurisdiktionsprimat des Papstes von Rom zu stellen. Aus welchem kühlen Grunde waren solche Aktionen nötig, wenn es gar keinen Bruch gab? Ich möchte hier auf den Hl. Markos von Ephesos hinweisen, der den Orthodoxen als ein wichtiger Pfeiler des rechten Glaubens gilt; er hatte auf dem Unionskonzil von Ferrara-Florenz als einziger gegen die unter politischem Druck zustandekommende "Union" standgehalten, wodurch die Ostkirche - um Haaresbreite - der Subordination unter Rom entging. Die 200 (oder 2000?) Soldaten, die der Papst damals zur Verteidigung Konstantinopels gegen die Türken sandte, reichten bekanntermaßen hinten und vorn nicht; Konstantinopel ist kurz darauf gefallen, und trotz noch immer formal bestehender Union berief man sich ziemlich schnell auf den Hl. Markos; er wurde schon recht kurz nach seinem Tode (1457) heiliggesprochen.

Damit im Zusammenhang kann man die russische Geschichte sehen. Die russische Kirche bekam ihre Autokephalie nicht etwa durch einen feierlichen Akt von Konstantinopel verliehen, sondern sie war gewissermaßen eine Notwendigkeit, die sich aus dem Fall von Konstantinopel ergab. Die Bischöfe der Rus' gingen 1458 endgültig dazu über, ihren Metropoliten selbst zu wählen, u.a. "weil uns nicht bekannt ist, ob es in Konstantinopel überhaupt noch einen orthodoxen Patriarchen gibt." Der Fall von Konstantinopel wurde also immer schon nicht nur politisch, sondern auch kirchlich interpretiert - der Fall wäre hier: die Union mit Rom.

Nun gab es auch bei der Missionierung der Rus' und der baltischen Völker von vornheirein Reibereien zwischen Lateinern und Griechen, und das nicht lange nach der Zeit des Hl. Photios. Der hl. Großfürst Wladimir war ein recht weiser Mann. Er sah die Notwendigkeit, sich zwischen einem der beiden Pole zu entscheiden, und löste diese Frage gänzlich unpolitisch, er ließ sich einfach die Eindrücke der von ihm entsandten Boten berichten und führte sein Volk so dem griechischen - nicht dem lateinischen - Glauben zu. Es war also schon im 10. Jahrhundert ein Unterschied, der nicht nur politisch gewesen sein kann.
Nicht umsonst wurden übrigens die lateinischen Ritterorden im Norden, z.B. der Schwertträgerorden, gegründet. Dies waren ja quasi nichts weiter als bewaffnete Mönche, die eben auf die ihre Art missionierten. Auf welche Weise die lateinische "Gegenmission" in den Ländern des östlichen Baltikums lief, spottet jeder Beschreibung. Und das war alles noch lange vor dem 18. Jahrhundert, ca. bis zum Fall von Kiew unters Joch der Mongolen (1243). Wie viele Sendschreiben mit Schmeicheleien und Drohungen von Päpsten sind in den Chroniken überliefert! Die Fürsten sollten jeweils für verschiedene Vergütungen ihr Volk der lateinischen Kirche angliedern. Es gab mehrere Zeiträume aus mehreren Jahrzehnten, in denen das dann auch der Fall gewesen ist. Natürlich war es immer Politik! Aber es war eben nicht einerlei, und der Bruch ging schon damals ziemlich tief.

Die durch den Fall Kiews letzten Endes gespaltene Kiewer (mit dem sich spätestens seit dem hl. Metropoliten Petr gefestigten Metropolitensitz Moskau) war aber weiter Gegenstand des lateinischen Interesses. Durch Polen und Litauen, später durch die vereinigte Pospolita wurde eine Kirchenpolitik getrieben, die die orthodoxe Hierarchie über die Jahre faktisch zersetzte. Das Phänomen war: die Regierung war katholisch (lateinisch), die Kirche aber griechisch. Nun kam auch in diesen Landen die europäische Kirchenpolitik zum Tragen: Klöster, Bistümer, kirchliche Ämter usw. wurden als Lehen vergeben. Zum Ende des 16. Jahrhunderts hatte die Kiewer Metropolie bis auf wenige Ausnahmen eine Hierarchie, die komplett unkirchlich war - die Bischöfe waren in manchen Fällen nicht einmal geweihte Bischöfe, sondern sie waren nur nominiert, was ihnen aber bereits die Gewalt über die Diözesen auslieferte. Als Reaktion bildeten sich im Volk die Bruderschaften, die versuchten, den Schaden für die Kirche zu minimieren, aber es wurde allmählich der Boden für eine neue Union bereitet: die Union von Brest im Jahr 1596. Schon bald aber, nachdem die verschiedentlichen Versprechen Roms betreffs militärischer und sonstiger Unterstützung mal wieder nicht eingehalten wurden, erkannten einige namhafte Bischöfe, u.a. Grigorij der Bulgare, ihren Irrtum und bereuten ihre Teilnahme an der Union; sie kehrten zur Orthodoxie zurück.

Man pflegt heutzutage die verschiedenen Orthodoxen Ortskirchen u.a. danach zu klassifizieren, wie freundschaftlich sie der Römisch-Katholischen Kirche gegenüber sind. Dabei gilt Konstantinopel als sehr freundschaftlich, Moskau als eher distanziert. Tut's Wunder? Heute wird in Rußland ja weiter Politik getrieben: Kirchenprovinzen des Vatikan gibt es in Rußland seit 2002, jetzt im Herbst vollzieht sich der Umzug der Kathedra der Unierten von Lwow nach Kiew (eine Stadt, in der man Katholiken, auch des byzantinischen Ritus, mit einer Lupe zu suchen hätte) sowie die zumindest von der UGKK für bald erhoffte Schaffung eines griechisch-katholischen Patriarchates in der Ukraine. Ein Bruch? Ich glaube schon.

Es ging aber um die Zeit vor dem 18. Jahrhundert, in dem von Robert (und anderen) der "endgültige Bruch" angesiedelt wird. Sicher sind die beschriebenen teilweise krassen Feindseligkeiten zwischen Lateinern und Griechen/Russen auch nur Politik, aber zu behaupten, es gäbe eine "volle kirchliche und sakramentale Gemeinschaft", entspricht einfach nicht den Tatsachen, und den Bruch suchen jetzt nicht irgendwelche auf Abgrenzung zielenden Historiker, sondern er war den jeweils handelnden Perosnen ihrer Zeit jeweils voll bewußt. (Von der Jahrhundertwende vom 17. zum 18. Jahrhundert sind mehrere Traktate des griechischen Bischofs Elias Miniatis bekannt (u.a. "Der Stein des Anstoßes"), in denen er die Vorwürfe des Photios zum Teil reproduziert, allerdings steht bei ihm an erster Stelle bereits das Papsttum.)

Ich erwähne hier oft genug die Politik; insofern bestätige ich gern Robert, der meint, man habe die theologische Keule meist nur nebenbei geschwungen. Mir scheint, Politik ist überhaupt die Quelle der meisten Übel. Interessanterweise war aber auch die "Intercommunio" zwischen der (russischen) Orthodoxie und dem Vatikan in den 1960-70'er Jahren ein Produkt der Politik; aber, Hand auf's Herz, die Ostkirche war und ist bei jeglicher dieser Politik immer in der Defensive gewesen.

Niemand im Osten, den man wirklich ernstzunehmen hätte, hat ein Problem mit der römischen Tradition. Ich denke aber, daß man im Bezug auf die Glaubenslehre schon immer ziemlich empfindlich war; man kann die diversen Fürsten und Imperatoren getrost beiseite lassen und braucht sich nur an die Heiligen zu wenden. An dieser Stelle muß man zwangsweise ehrlich zugeben, daß eine kirchliche Gemeinschaft nicht bis ins 18. Jahrhundert bestand...
Zuletzt geändert von Nietenolaf am Freitag 17. Juni 2005, 09:20, insgesamt 2-mal geändert.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Georg, wie Du gesehen hast, haben Nietenolaf und ich sofort und betroffen auf deinen Vorwurf mit Drewermann reagiert. Woran liegt das? Du hast mit so einer Sache gewarnt: seht, wie diese Leute sind. Mit Drewermann... Wo findest Du mehr Priester, die ähnlich wie Drewermann die Heilige Schrift fuer eine Ansammlung von Mythen halten, in der orthodoxen Kirche oder im Westen? In der Römisch-Katholischen Kirche ist es schon zu einer Pandemie geworden! Wo findest Du mehr Theologen, die an keine Wunder, ja an keine leibliche Auferstehung des Herrn glauben? Wo findest Du überhaupt mehr Freidenkertum? Etwa bei uns? Du wolltest übertreten... und hast Dich nicht ausführlich mit der orthodoxen Lehre und Tradition befaßt, und jetzt machst Du uns solche Vorwürfe? Es gibt so manchen Mißstand bei uns (Mißstände gab's immer und überall, einer der Apostel des Herrn war Judas Iskariot), aber was hast Du herausgesucht? Was Du mit Drewermann geschrieben hast, womit Du einen Schatten auf die Orthodoxie werfen wolltest, war unlauter.
Du wolltest übertreten, und hast dich nicht mit unseren Quellen befaßt, du hast nichts verstanden. Unsere Lehre verhält sich zu Drewermann wie Elias zu den Heidenpriestern, so als mathematisches Bild.
Ich könnte hier das Schwert erheben, da Du mich so herausforderst, und den Freisinn des Westens, der je weiter desto deutlicher in Wort und Tat hervorquillt, genüßlich Punkt für Punkt zur Schau stellen. Doch ist das nicht meine Art. Ich greife ungerne an, es ist mir nicht ästhetisch genug, lieber schreibe ich apologische Überlegungen zu unserer heiligen Kirche. Wenn du an uns etwas bemängelst, an unserer Lehre zu Gott, zum Menschen und der Kirche, zum rechten Handeln des Menschen in der Kirche, so frage denn, und wir sagen, was uns einfällt, Verleumdungen bringen hingegen keinen weiter.
Zuletzt geändert von Alexander am Freitag 17. Juni 2005, 11:15, insgesamt 1-mal geändert.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
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laß die Furcht
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Auf die Einzelpunkte, Roman, kann ich heut’ nacht nicht mehr eingehen, bloß zwei Anmerkungen:
Nietenolaf hat geschrieben:… bei der erfolgten Darstellung tauchen eine Menge Fragen auf, die keine Antworten bekämen, würde man den endgültigen Bruch - oder wenigstens ernsthafte Diskrepanzen - nicht viel eher ansetzen als im 18. Jahrhundert.
Der oder ein Bruch bestand seit dem zweiten oder dritten Jahrhundert wahrscheinlich die meiste Zeit über. Es gab ständig Streit und Schismen. Man hat sich andererseits auch immer wieder vertragen – bis irgendwann gar nichts mehr ging. Der Punkt, um den es mir geht, ist, daß man sich dabei trotz allem immer noch gemeinsam als die eine Kirche begriff. Die sakramentale Gemeinschaft eingeschlossen, wenn man auch auf dem Höhepunkt irgendeines Streits immer wieder einmal auch die Sakramentengemeinschaft in Frage stellte oder gar hier oder da verweigerte. Regelmäßig war sie gegeben.

Seit der nachreformatorischen Zeit, als überall das konfessionalistische Denken einzog, ging es mit dem Bewußtsein, gemeinsam die eine Kirche zu sein, rapide bergab. (Hierher gehören auch die Unionsfragen.) Der Schlußpunkt war endlich, daß man im 18. Jahrhundert offiziell und lehramtlich die Kommuniongemeinschaft einstellte, wiewohl es keinerlei neue Gründe dogmatischer Art gab, sondern was man früher oft beklagt, aber endlich in der Praxis doch nicht für kirchentrennend gehalten hatte, das sollte nun der Grund gegenseitiger Verdammung sein.
Nietenolaf hat geschrieben:Aus welchem kühlen Grunde waren solche Aktionen nötig, wenn es gar keinen Bruch gab?
Aus einem sehr kühlen Grunde. Die gegenseitige Liebe war erkaltet. Nach und nach erfroren, schließlich tiefgefroren.
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Der Punkt, um den es mir geht, ist, daß man sich dabei trotz allem immer noch gemeinsam als die eine Kirche begriff.
Meiner Erfahrung nach ist das heute größtenteils noch so.

stern
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Beitrag von stern »

Alexander hat geschrieben:Mit Drewermann... Wo findest Du mehr Priester, die ähnlich wie Drewermann die Heilige Schrift fuer eine Ansammlung von Mythen halten, in der orthodoxen Kirche oder im Westen?
bei den Halbenixkatholiken des Westens.
Alexander hat geschrieben:Ich könnte hier das Schwert erheben, da Du mich so herausforderst, und den Freisinn des Westens, der je weiter desto deutlicher in Wort und Tat hervorquillt, genüßlich Punkt für Punkt zur Schau stellen.
Alexander, mache es! Bitte!
Für mich wäre das ein literarisches Festmahl.
Alexander hat geschrieben:Doch ist das nicht meine Art.
Pfeif drauf, Alex! Leg los!
Ich freue mich schon. Ich will die Kirche des Westens, um Gnade bettelnd, auf dem Boden sehen. ;D

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

So viel gibt es zu sagen, ich muß aber für ein paar Tage verreisen... Halte unsere Fahne hoch, Nietenolaf, Gott helf Dir!
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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

Al "Pontificator" Kimel ist kürzlich vom Anglikanismus zum Katholizismus konvertiert. Als seine eigene Gemeinschaft in die Häresie fiel und auseinanderbrach, sah er sich vor der Notwendigkeit, die wahre Kirche Christi zu identifizieren und in sie einzutreten. Er war lange Zeit zwischen Rom und Konstantinopel unentschieden. Letzten Endes fiel seine Wahl auf Rom, wofür er zwei Hauptargumente nennt:

- Während der Westen die östliche Theologie voll annehmen und integrieren könne und damit wahre Universalität unter Beweis stelle, definiere sich östliche Theologie großteils (und möglicherweise zunehmend) durch anti-lateinische Ressentiments, personifiziert in der Abneigung gegenüber Augustin und Aquinas.

- Es mangele der Ostkirche an einer letztgültigen Entscheidungsinstanz, ablesbar an ihrer Unfähigkeit, im letzten Jahrtausend ein ökumenisches Konzil einzuberufen.

Ich halte das zweite Argument für durchaus schlagkräftig. Von außen betrachtet stellt sich die Frage nach den Kennzeichen der Katholizität, und wenn die Kirche für ihre Konzilien Unfehlbarkeit beansprucht, bedarf es eines Merkmals, nach dem sich verbindliche ökumenische Konzilien von "Räubersynoden" unterscheiden lassen. Die Notwendigkeit, Konzilsbeschlüsse durch den Bischof von Rom ratifizieren zu lassen, ist immerhin eine praktikable Antwort auf das Problem, selbst wenn wir ihre Übereinstimmung mit der Tradition dahingestellt sein ließen. Die Ostkirche dagegen hat mit dem Fall des byzantinischen Kaisers jede Möglichkeit, gesamtkirchlich dogmatische Definitionen vorzunehmen, objektiv eingebüßt.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Nach den beiden Hauptargumenten zu urteilen, war Al "Pontifikator" Kimel möglicherweise nicht so sehr auf der Suche nach dem Reich Gottes, wie nach einem klar durchorganisierten und nach strengsten Herrschaftsprinzipien arbeitenden Kirchenapparat. Sein zweites Hauptargument ist vollkommen unsinnig: erstens gab es sehr wohl Konzilien, die den Glauben weiter in dogmatischen Formulierungen erschlossen (Alexander nannte anderswo Beispiele); zweitens, wie sollte denn ein Ökumenisches Konzil ohne die Römische Kirche machbar sein? Diese Bezeichnung steht, anders als in der Römischen Kirche, für die großen Konzilien der ungeteilten Christenheit. Ich kann guten Gewissens wiederholen, daß das zweite Argument und Pelikans Konklusion wirklich unsinnig sind. Das Merkmal der Einheit der Kirche ist ihre Einmütigkeit, so wie Christus es vom Vater erbittet, und konkret äußert sich das - aber nicht nur - an der eucharistischen Union innerhalb der Orthodoxie. Die Bestätigung von der Echtheit eines Konzilis ist auch die Einmütigkeit aller. Ich weise an dieser Stelle nochmals auf das Konzil von Ferrara-Florenz (mit der Union von 1439) und den Hl. Markos Eugenikos von Ephesos hin.

Zum ersten der Hauptargumente; man möge mir zeigen, wo sich die Theologie der Ostkirche "größtenteils" durch antilateinische "Ressentiments" definiert. Dogmatik definiert sich zum guten Teil durch die Apologie gegen Häresien, aber hier versucht Kimel zu suggerieren, als seien die Leuchten des Ostens, wie Johannes Chrysostomos, Basilios der Große, Johannes von Damaskus, Gregorios Palamas, etc. etc. ad infinitam, "antilateinisch"! Augustinus ist ein großer Heiliger der Orthodoxen Kirche! Zum Aquinaten habe ich aus orthodoxen theologischen Quellen bisher nur Verehrung vernommen (das sieht beim Franziskus von Assisi freilich schon anders aus). Wenn schon, dann wird nicht Augustinus, sondern dessen Mißbrauch kontra den consensus patrum (wie beim filioque) kritisiert. (Siehe z.B. des hier schon erwähnten Hl. Patriarchen Photios "Mystagogia", wo dieser u.a. den Hl. Augustinus gegen die Lateiner verteidigt.)
Zur "wahren Universalität" fällt mir leider Gottes nur ein, daß offenbar alles machbar und ist und integriert wird, solange es unter der Schirmherrschaft des Papstes passiert. Assisi 1986, 2002, etc.
Zuletzt geändert von Nietenolaf am Freitag 17. Juni 2005, 18:37, insgesamt 1-mal geändert.

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

wer oder was bitte ist pontifikator das wirt etwas unseriös

stern
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Beitrag von stern »

Nietenolaf hat geschrieben:Zur „wahren Universalität“ fällt mir leider Gottes nur ein, daß offenbar alles machbar und ist und integriert wird, solange es unter der Schirmherrschaft des Papstes passiert. Assisi 1986, 2002, etc.
hallo Nietenolaf,
ich bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig verstanden habe.
Du unterstellst/behauptest, dass die Katholiken in der Universalität nur den Verlauf der Kirchengeschichte (das Leben der Kirche) erkennen/anerkennen, die unter den Anordnungen des Papstes verläuft?
Wenn ja, dann (bezogen z.B. auf Assisi), glaube ich aber auch, dass der Papst (egal, ob der damalige oder der jetzige) gerne als Gast an einer Veranstaltung/Feierlichkeit teilnehmen würde, wenn sie z.B. vom russischen Patriarchen arrangiert würde.


P.S. mach dir in deiner Antwort keine Sorgen bezüglich der Kritik am Katholizismus, oder um die Wortwahl. ;)

guestguest
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Unfehlbarkeit

Beitrag von guestguest »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Alexander hat geschrieben:Das erste vatikanische Konzil (8. Dezember 1869 bis 20. Oktober 1870 a. D.) hat beschlossen …
Das wäre noch mal ein Thema für sich. Meines Erachtens kann man redlicherweise kaum bestreiten, daß eine maximalistische Auslegung der Definitionen des Vaticanum I mit der Tradition nicht bloß schwer, sondern gar nicht vereinbar wäre. Problematischer noch als die Unfehlbarkeit wäre die Aussage – wollte man den Text so auffassen –, der römische Bischof habe kraft seines Amtes überall, in jedem andern Patriarchat, jeder Diözese und jeder Pfarrei unmittelbare, echte und volle bischöfliche Gewalt.

Fragt sich aber, ob das Vaticanum I überhaupt für die Gesamtkirche sprach oder nicht bloß für den abendländischen Patriarchat. Denn von der Selbstbezeichnung der Konzilsväter an – die ausdrücklich für die römische Kirche (!) sprechen wollen – bis hin zur jurisdiktionellen Gewalt des Oberhaupts sieht alles nach einer internen Patriarchalsynode aus.

Abgesehen von einer authentischen Interpretation im Geiste der Tradition wäre also auch der Status des Vaticanum I einmal zu überprüfen.
So ganz verstehe ich das ja nicht. Gibt es in der römischen Kirche also unfehlbare Wahrheiten, die in der griechischen Kirche dann nicht mehr wahr seien sollen?

Entweder ist der Papst unter den weiteren Voraussetzungen für alle Gläubigen unfehlbar oder er ist es nicht.

Oder habe ich etwas falsch verstanden?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Guestguest hat geschrieben:So ganz verstehe ich das ja nicht. Gibt es in der römischen Kirche also unfehlbare Wahrheiten, die in der griechischen Kirche dann nicht mehr wahr seien sollen?
Entweder ist der Papst unter den weiteren Voraussetzungen für alle Gläubigen unfehlbar oder er ist es nicht.
Oder habe ich etwas falsch verstanden?
Lieber Doppelgast, zunächst einmal ist die Unfehlbarkeit der Gesamtkirche als apostolisches Erbe und damit Teil des Glaubensschatzes in der Tradition fest verankert und unbestritten bei allen in der apostolischen Tradition stehenden Ortskirchen.

Angesichts zahlreicher Spaltungen und Häresien bleibt als Problem aber die Frage, wo denn in einer lehrmäßigen Konfliktsituation die Wahrheit liege und wie sie dem einzelnen Gläubigen erkennbar sei.

Der Satz von der Unfehlbarkeit der römischen Bischofs, wenn dieser feierlich ex cathedra lehre, ist ein Versuch, diese Frage durch Anlegen des Maßstabs des petrinischen Primats zu beantworten. Ein seinerseits nicht unproblematischer Versuch, dem, wie bekannt, ein nicht unwesentlicher Teil der apostolischen Ortskirchen die Anerkennung versagte.

Muß man jenen Lehrsatz aber so verstehen, daß immer, wenn ein römischer Bischof sagt, er lehre ex cathedra, dies auch notwendig so und damit unfehlbar sei?

Ich erinnere zunächst daran, daß in der Diskussion um den Verbindlichkeitsgrad des Apostolischen Schreibens Ordinatio sacerdotalis der damalige Kardinal Joseph Ratzinger dem Schreiben Unfehlbarkeit zusprach, obgleich es sich keineswegs um eine ex cathedra erfolgte Definition handelte. Mancher war ihm sehr bös darob und sprach von einer klammheimlichen Ausweitung des Unfehlbarkeitsbegriffs.

Ich sehe geradezu das Gegenteil: Denn durch den Verzicht auf feierliche Definitionen und schlichte, aber unbedingte Berufung auf die Tradition, derer der römische Bischof nicht Herr, sondern Knecht sei, wurde der eigentliche Sinn der Unfehlbarkeit der Kirche wieder klarer herausgestellt. Unfehlbar nicht, weil der Papst das so und so definiert, sondern unfehlbar wahr und zu glauben, weil die Kirche das immer gehalten hat; der Papst waltet nur seines Dienstamts, das darzulegen und zum Festhalten daran zu mahnen.

Zweitens erinnere ich an die theologische Diskussion über die Möglichkeit eines papa hæreticus. Kann ein römischer Papst in die Häresie fallen? Bedeutende Kirchenlehrer haben die Möglichkeit bejaht. Wenn die Möglichkeit aber besteht, dann liegt die Bürgschaft der Unfehlbarkeit nicht allein darin, daß ein Papst sie sich beimißt, wenn er eine Lehre vorlegt, sondern in der Bindung dieser Lehre an die Tradition.

Dies zur Frage der Unfehlbarkeit. Die andere, die ich in meinem Beitrag ansprach, aus welchem du zitierst, und zwar die meines Erachtens schwererwiegende, ist die der unmittelbaren Jurisdiktion. Hier scheint der Wortlaut der vatikanischen Konstitution frontal der Tradition wie auch früheren Aussagen ökumenischer Konzilien zu widersprechen. Das wäre anders, spräche so eine Patriarchalsynode über ihren Patriarchalverband. Ein weiteres Indiz – neben dem erklärten Willen der Konzilsväter, für die römische Kirche zu sprechen –, daß es ein Mißverständnis sein könnte zu glauben, das Vaticanum I habe für die universale Kirche gesprochen und nicht nur für den abendländischen Patriarchat der Kirche von Rom – selbst wenn das auch das Mißverständnis der Synodenväter selbst war.
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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

Nietenolaf hat geschrieben:Zum ersten der Hauptargumente; man möge mir zeigen, wo sich die Theologie der Ostkirche "größtenteils" durch antilateinische "Ressentiments" definiert. Dogmatik definiert sich zum guten Teil durch die Apologie gegen Häresien, aber hier versucht Kimel zu suggerieren, als seien die Leuchten des Ostens, wie Johannes Chrysostomos, Basilios der Große, Johannes von Damaskus, Gregorios Palamas, etc. etc. ad infinitam, "antilateinisch"!
Er hat sich wohl vornehmlich auf kontemporäre und englischsprachige Apologeten bezogen.
Augustinus ist ein großer Heiliger der Orthodoxen Kirche! Zum Aquinaten habe ich aus orthodoxen theologischen Quellen bisher nur Verehrung vernommen
Das freut mich zu hören. In welcher Sprache waren die verfaßt? Ich fürchte, die Sprachbarriere trägt nach wie vor sehr zur Trennung bei.
Sein zweites Hauptargument ist vollkommen unsinnig: erstens gab es sehr wohl Konzilien, die den Glauben weiter in dogmatischen Formulierungen erschlossen (Alexander nannte anderswo Beispiele)
Ich find's nicht mehr wieder, aber Alexander hatte den Beschluß über das ungeschaffene Licht von Thabor auf einer der Synoden von Konstantinopel genannt, nicht wahr? Man müßte wohl zunächst untersuchen, ob dieser Definition tatsächlich dieselbe Autorität zugemessen wird wie den vorherigen Konzilien. Aber selbst, wenn das der Fall sein sollte, täte es dem Argument keinen Abbruch, denn besagte Synode wurde von niemand anderem einberufen und ratifiziert als dem oströmischen Kaiser.
zweitens, wie sollte denn ein Ökumenisches Konzil ohne die Römische Kirche machbar sein?
Wenn der Ostkirche nichts fehlte, wenn sie nach wie vor einig, katholisch und orthodox wäre, wenn die Lateiner sich einseitig aus der Einheit verabschiedet hätten, dann wäre es machbar. Daß es nicht machbar ist, zeigt nichts anderes, als daß es ohne den Vorsitz des Bischofs von Rom nicht machbar ist.
Das Merkmal der Einheit der Kirche ist ihre Einmütigkeit, so wie Christus es vom Vater erbittet, und konkret äußert sich das - aber nicht nur - an der eucharistischen Union innerhalb der Orthodoxie. Die Bestätigung von der Echtheit eines Konzilis ist auch die Einmütigkeit aller.
Dann war wohl keines echt, denn welches Konzil resultiert schon in Einmütigkeit? Vielmehr verursachen Konzilien Spaltung und Streit mit denen, die ihre Definitionen nicht annehmen wollen.
Ich weise an dieser Stelle nochmals auf das Konzil von Ferrara-Florenz (mit der Union von 1439) und den Hl. Markos Eugenikos von Ephesos hin.
Den Hinweis verstehe ich nicht so ganz. Ein paar Posts vorher sagtest du, der heilige Markos habe "als einziger" standgehalten und so die Orthodoxie verteidigt. Das scheint mir gerade das Gegenteil von Einmütigkeit zu sein. Ein einziger Starrsinniger setzt sich durch gegen die irrige Einmütigkeit der Mehrheit.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Pelikan hat geschrieben:
Augustinus ist ein großer Heiliger der Orthodoxen Kirche! Zum Aquinaten habe ich aus orthodoxen theologischen Quellen bisher nur Verehrung vernommen
Das freut mich zu hören. In welcher Sprache waren die verfaßt? Ich fürchte, die Sprachbarriere trägt nach wie vor sehr zur Trennung bei.
Die ersten Übersetzungen des Aquinas gab's im 15. Jahrhundert durch den Hl. Gennadios, Patriarch von Konstantinopel; ins Griechische, versteht sich. Ich las viele wohlwollende Bezüge auf Aquinas bei Berdjajev und Kurajev (jeweils russisch). Nicht zu vergessen ist auch der in Rußland kurze Zeit praktizierte Umgang mit Häretikern und "Hexen" etc., welche - auf Grundlage der Theologie des Aquinaten und der Erfahrung in den Heimatländern der diversen ausländischen Berater der russischen Metropoliten und Bischöfe - auch schonmal verbrannt wurden. Die Scholastik als solche wurde freilich durch die Person des Hl. Gregorios Palamas, bzw. durch das Große Konzil zu Konstantinopel 1341, verworfen.

Pelikan hat geschrieben:Ich find's nicht mehr wieder, aber Alexander hatte den Beschluß über das ungeschaffene Licht von Thabor auf einer der Synoden von Konstantinopel genannt, nicht wahr? Man müßte wohl zunächst untersuchen, ob dieser Definition tatsächlich dieselbe Autorität zugemessen wird wie den vorherigen Konzilien. Aber selbst, wenn das der Fall sein sollte, täte es dem Argument keinen Abbruch, denn besagte Synode wurde von niemand anderem einberufen und ratifiziert als dem oströmischen Kaiser.
Nein, denn das besagte Konzil wurde 1341 von Patriarch Johannes Kalekas einberufen, wenngleich der Imperator, Andronikos III Palaeologos, mit daran teilnahm (warum das so war, kann man an anderer Stelle klären). Außerdem vergißt Du z.B. die Verurteilung des Phyletismus, das war 1872, und das war nicht einmal in Rußland, welches sich da noch mehr oder weniger als Nachfolger des byzantinischen Reiches betrachten konnte.

Pelikan hat geschrieben:Wenn der Ostkirche nichts fehlte, wenn sie nach wie vor einig, katholisch und orthodox wäre, wenn die Lateiner sich einseitig aus der Einheit verabschiedet hätten, dann wäre es machbar. Daß es nicht machbar ist, zeigt nichts anderes, als daß es ohne den Vorsitz des Bischofs von Rom nicht machbar ist.
Das ist irgendwie Quatsch. Andererseits auch nicht, denn "es" ist ohne z.B. den Patriarchen von Alexandria auch nicht machbar. Du verwirrst hier die Konzepte. Keine Angst, die kalte Konsequenz Deines Denkens wird von einer Menge kluger Leute geteilt, die z.B. zu der Errichtung der vatikanischen Kirchenprovinzen in Rußland meinen: laßt sie doch machen, wir haben doch auch nichts dagegen, daß die Mun-Sekte Rußland auf die für sie nötige Weise absteckt. Na, vielleicht hat die weitsichtige Hierarchie noch Interesse an einem Minimum an Brüderlichkeit, das wir ja durch viele Jahrhunderte gemeinsamer Geschichte haben.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

stern hat geschrieben:Du unterstellst/behauptest, dass die Katholiken in der Universalität nur den Verlauf der Kirchengeschichte (das Leben der Kirche) erkennen/anerkennen, die unter den Anordnungen des Papstes verläuft?
Nein, Stern, es wurde von Pelikan bzw. Herrn Kimel behauptet, daß die Römische Kirche ihre "wahre Universalität" dadurch beweist, daß sie kein Problem mit der Tradition des Ostens habe, während die Orthdoxen alle nur vom latenten Antilatinismus leben.
Mir fiel dazu die Bemerkung eines > Dogmatikdozenten ein, den ich vor nicht langer Zeit sagen hörte: "Heute hat man in Rom kein Problem mehr damit, das filioque wegzulassen, Hauptsache es wird der Papst von Rom als allgemeines Oberhaupt anerkannt...", und sarkastischerweise eben auch Assisi. -- Hat die Römische Kirche wirklich kein Problem mit Photios, Markos Eugenikos, Palamas, Maximos dem Griechen, etc.? Bzw. hat sie diese Probleme vielleicht erst in jüngster Zeit nicht?

Der Wunsch zumindest des vorigen Papstes, sich auf irgendeine Weise mit dem russischen Patriarchen zu treffen, ist gut bekannt, und ich kann meinerseits nicht verkennen, daß er vieles dafür tat, damit solch ein Treffen zustandekäme. Das blieb ihm kirchlicherseits leider verwehrt (der russische Staat hat den Papst mehrmals eingeladen), aber das hat seine Gründe. Hier ging's um etwas anderes, nähmlich die Behauptung einer "wahren Universalität". Ich weiß nicht, wie wahr die sein kann, wenn sie neben der Tradition des Ostens auch verschiedenen Voodoo-Zauber einbezieht.
Zuletzt geändert von Nietenolaf am Samstag 18. Juni 2005, 20:57, insgesamt 1-mal geändert.

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

Die katholische Kirche hat seit dem "vatikanumII" ein echtes Identitätsproblem sie will ich sage es mal überspitzt von allen lieb gehabt werden Assisi ist ein skandal der seines gleiches sucht aber auch die Ökumene mit der Orthodoxie auf kosten der mit rom unierten kirchen des Ostens wird zu keinem ergebnis führen da die orthodoxie fest in ihrer tradition steht und keinerlei aufweich dendenzen zeigt

stern
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Beitrag von stern »

Nietenolaf hat geschrieben:... während die Orthdoxen alle nur vom latenten Antilatinismus leben.
im Bezug auf die Geschichte de Kirche ist das für mich Quatsch.
Nietenolaf hat geschrieben:... -- Hat die Römische Kirche wirklich kein Problem mit Photios, Markos Eugenikos, Palamas, etc.?
Nietenolaf, kannst du mir auf die Schnelle Infos liefern (Links) wo ich nachschauen könnte, was sie verkündeten/behaupteten/ablehnten etc. ??
Nietenolaf hat geschrieben:... Ich weiß nicht, wie wahr die sein kann, wenn sie neben der Tradition des Ostens auch verschiedenen Voodoo-Zauber einbezieht.
traurig und/oder verwirrend.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

stern hat geschrieben:Nietenolaf, kannst du mir auf die Schnelle Infos liefern (Links) wo ich nachschauen könnte, was sie verkündeten/behaupteten/ablehnten etc. ??
  • Hl. Photios, Patriarch von Konstantinopel; Wikipedia macht natürlich einen Akzent auf der Polemik mit den Lateinern, aber das war nur ein kleiner Teil seines Schaffens (z.B. nimmt er in seiner Mystagogia ausführlich Augustinus und Ambrosius in Schutz).
  • Hl. Markos Eugenikos; zu ergänzen wäre, daß er sich ausführlich mit der Fegefeuer-Lehre und der Wandlung bei der Eucharistie auseinandersetzte; auf diese Weise scheint er natürlich primär "antilateinisch" gewesen zu sein, aber durch die 1439 besiegelte Union war er quasi gegen alle. :)
  • Hl. Gregorios Palamas, s. dort auch Barlaam von Kalabrien.
  • Hl. Maximos der Grieche, ein lateinisch gebildeter (Ex-)Dominikaner, war Anhänger des Girolamo Savonarola.
Die Wikipedia-Artikel sind eigentlich ganz gut.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:[/size][/color]
Dazu schaut auch mal in unser Textarchiv.
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Pelikan hat geschrieben:- Während der Westen die östliche Theologie voll annehmen und integrieren könne und damit wahre Universalität unter Beweis stelle, definiere sich östliche Theologie großteils (und möglicherweise zunehmend) durch anti-lateinische Ressentiments, personifiziert in der Abneigung gegenüber Augustin und Aquinas.
Wollte ohnehin noch einmal nachfragen, was denn "lateinisch" ist. Ist z.B. der Hl. Gregor Magnus "Lateiner"? Und der Hl. Clemens von Rom? Der Hl. Irenäus von Lyon? Der Hl. Papst Leo I? Wenn ja, dann ist es unsinnig zu meinen, die "östliche Theologie" bestehe aus "anti-lateinischen Ressentiments". Sind es aber "anti-lateinische Ressentiments", wenn die Kirche ein Problem mit einem Theologoumenon des Augustinus und des Ambrosius, bzw. mit der Scholastik des Aquinaten hat? Ich denke vielmehr, die wahre Universalität ist eher dort, wo man sein Gebäude nicht auf solchen Einzelmeinungen baut.

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Pelikan
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Beitrag von Pelikan »

Ich habe mir bewußt das erste Argument nicht selbst zu eigen gemacht, und zwar, weil ich das volle Spektrum der theologischen Forschung im Osten auch nicht ansatzweise überblicken kann. Die Sprachbarriere habe ich schon erwähnt; ich sehe notgedrungen immer nur einen kleinen Ausschnitt, und den hauptsächlich durch Sekundärquellen.

Wenn du aber schon nachfragst, dann will ich nicht verschweigen, wie der Ausschnitt sich mir darstellt. Alle westlichen Theologen, die du nennst, sind seit Jahrhunderten tot. "Anti-Lateinisch" ist, einen Gegensatz zwischen diesen Alten und den westlichen Theologen des letzten Jahrtausends zu konstruieren.

Augustinus heilig zu nennen ist eine Sache, ihn ohne Abscheu zitieren zu können eine andere. Aquinas groß zu nennen ist eine Sache, mehr Gutes bei ihm zu finden als brauchbare Vorschläge zur Hexenverbrennung wiederum eine andere.

Dabei liegt mir nichts ferner als einen tiefen, unüberbrücklichen Gegensatz zwischen östlicher und westlicher Theologie zu konstruieren. Ich sehe das ganz ähnlich wie Robert: Wenn es opportun erscheint, werden Keulen hervorgeholt. Nur ist die aktuelle Keule schon ziemlich lang im Einsatz, und das besorgt mich.

Vor kurzem las ich noch einmal die Antwort des Ökumenischen Patriarchen Jeremias II. auf die Anfragen der Lutheraner. Zwischen seine Ausführungen und die Theologie von Trient paßt kein Blatt (die enttäuschten Lutheraner sahen das ähnlich, scheint mir). Aber was höre ich in Internetforen über Jeremias II.? Er sei eben bedauerlicherweise zu sehr von westlichem Rationalismus infiziert gewesen, in Wahrheit sehe man das heute viel differenzierter.

Diese neue Differenzierung (sie scheint auf das letzte Jahrhundert begrenzt) stellt sich dann meist als Verabsolutierung von Palamas dar. Jedenfalls sehe ich in der Westkirche mehr Distanz zu Theologoumenons von Aquinas als in der Ostkirche eine Relativierung der Theologoumenons von Palamas möglich scheint.

In dem Zusammenhang muß man dann in der Tat auch wieder die entsprechenden Synoden in Konstantinopel aufgreifen...
Nietenolaf hat geschrieben:Nein, denn das besagte Konzil wurde 1341 von Patriarch Johannes Kalekas einberufen, wenngleich der Imperator, Andronikos III Palaeologos, mit daran teilnahm (warum das so war, kann man an anderer Stelle klären).
Jetzt ist die Zeit, es zu klären. Warum nahm er teil? Und fanden zum selben Thema, unter dem selben Patriarchen nicht mehrere Synoden statt (jeweils dann, wenn die gegnerische Partei einen der ihren auf den Kaiserthron gebracht hatte), die Palamas abwechselnd exkommunizierten und heiligsprachen? Durch welche Autorität weiß man, welche der Synoden nun gilt?

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Pelikan hat geschrieben:Alle westlichen Theologen, die du nennst, sind seit Jahrhunderten tot. "Anti-Lateinisch" ist, einen Gegensatz zwischen diesen Alten und den westlichen Theologen des letzten Jahrtausends zu konstruieren.
Na, da muß ich sagen, daß man da keinen Gegensatz konstruieren muß, und das tut man im allgemeinen auch nicht. Du wirst einverstanden sein, wenn ich sage, daß es im Vergleich zu den Theologen, von denen Du sagst, sie seien lange tot, eine gewisse spezifische Entwicklung dahin gegeben hat, was die "westlichen Theologen des letzten Jahrtausends" darstellen. Diese neuere Theologie des Westens hat ihre Spezifik, die in einigen Punkten nicht die einhellige Meinung der gesamten Kirche Christi darstellt. Wenn sich die hll. Väter mit diesen Punkten auseinandersetzen, so ist doch damit nichts über "mangelnde Universalität" gesagt? Übrigens kann jeder orthodoxe Theologe Augustinus ohne Abscheu zitieren. Apropos Sprachprobleme - Augustinus beherrschte kein Griechisch, was vielleicht seine Eigenart erklärt.

Ich weiß nicht, wie man in irgendeinem Internetforum über den Patriarchen Jeremias II schreibt und wieso man das tut; ich kann mich hier schlecht mit einer Apologie irgendwelcher Internetmeinungen befassen; mir ist nur bekannt, daß Jeremias II im 16. Jahrhundert drei der vier Sendschreiben der Lutheraner beantwortet hat; was daran "westlich infiziert" gewesen sein soll, weiß ich nicht. M.W. hat er zu jedem Punkt des Augsburger Bekenntnisses ausführlich Stellung bezogen.

Pelikan, ich kann nicht bestätigen, daß Palamas verabsolutisiert, während die Theologie des Westens ignoriert oder bekämpft wird. Der derzeit "populärste" russische Theologe, der Diakon Andrej Kurajew, zitiert in einem fort Guardini, Chesterton, C.S. Lewis, Ratzinger, Balthasar usw. usf. (> Hier mal als Beispiel eine Literaturliste eines seiner Werke.) Ach so, seit 1341 ist Palamas konziliar bestätigt, will heißen, seine Lehre ist mehr als nur sein Theologoumenon.

Pelikan hat geschrieben:Jetzt ist die Zeit, es zu klären. Warum nahm er [der Imperator] teil?
Da ich immer noch meine, daß das hier leicht neben dem Thema des Strangs liegt, sei Dir hier nur kurz geantwortet: sieh' Dir einmal das alte byzantinische Wappen an (> hier). Byzanz war eine Theokratie; das sollte einem Nachkommen des "Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation" eigentlich kein fremder Begriff sein. Deswegen nahm der Kaiser eben teil.

Pelikan hat geschrieben:Durch welche Autorität weiß man, welche der Synoden nun gilt?
Soll ich mal mit einer Gegenfrage anfangen? Gut: woher weißt Du, daß das 1. Konzil zu Nizäa im Jahre 325 ein gültiges Credo formuliert hat und es keine Räubersynode, sondern vielmehr das Erste Ökumenische Konzil war? Etwa dadurch, daß der Bischof von Rom es bestätigt hat? Wohl nicht, denn das erste, was die Hll. Väter im Jahre 381 in Konstantinopel beschlossen, war:

Kanon 1, 1. Konzil zu Konstantinopel (II. Oekum.) 381 a.D., hat geschrieben:
  1. Der Glaube der 318 Väter, die zu Nikaia in Bithynien versammelt waren, soll nicht aufgehoben werden; vielmehr soll er gültig bleiben und jede Häresie mit dem Anathema belegt werden, insbesondere die der Eunomianer bzw. Anomöer, die der Arianer bzw. Eudoxianer, die der Semiarianer bzw. Pneumatomachen, die der Sabellianer, die der Marcellianer, die der Photinianer und die der Apollinaristen.
So werden Konzilien bestätigt, oder ggf. als Räubersynoden klassifiziert. Oder hier:

Kanon 1, Konzil zu Chalkedon (IV. Oekum.) 451 a.D., hat geschrieben:
  1. Wir erkennen es als gerecht an, die Regeln der hll. Väter zu befolgen, welche bisher auf den Konzilien verkündet wurden.
Kanon 1, 3. Konzil zu Konstantinopel (VI. Oekum.) 681 a.D., hat geschrieben:
  1. Zu Beginn eines jeden Wortes und einer jeden Tat ist es die beste Ordnung, von Gott an zu beginnen und mit Gott zu enden, nach den Worten des Theologen [Hl. Ap. Johannes]. Deswegen bestimmen wir auch jetzt – wo die Frömmigkeit von uns schon recht gepredigt wird, und die Kirche, deren Grundlage Christus ist, ständig anwächst und gedeiht, so daß sie sich noch über die Zedern des Libanon erhöht – durch die Gnade Gottes, den geheiligten Worten einen Anfang legend: den Glauben von Neuerungen und Veränderungen unangetastet zu bewahren, welcher uns von den Augenzeugen und Dienern des Wortes, den gotterwählten Aposteln überliefert ist, sowie von den dreihundertachtzehn heiligen und seligen Vätern, die sich unter Konstantin, unserem Kaiser, in Nikaia gegen den lästerlichen Arius versammelt haben, und gegen die von ihm erdachte heidnische Lehre von einer anderen Gottheit, beziehungsweise, besser gesagt, von Vielgötterei; (...) Sowie auch bewahren wir den verkündeten Glauben der hll. Väter, die sich unter dem großen Theodosius, unserem Kaiser, mit einhundertfünfzig heiligen Vätern in dieser kaiserlichen Stadt versammelten (...) Ebenso bekräftigen wir die Einmütigkeit mit der von den zweihundert gottragenden Vätern, welche sich unter Theodosios, dem Sohn des Arkadios, ersmals in Ephesos versammelten, verkündete Lehre, die eine unzerstörbare Macht der Frömmigkeit darstellt (...).
So funktioniert die Kirche. Ich gebe erstmal Ruhe, um euch hier nicht mit schierer Textmasse zu erschlagen.

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Georg
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Beitrag von Georg »

eine frische Meldung aus dem Vatikan: Kardinal Kasper ist auf dem weg nach Moskau:

DICHIARAZIONE DEL DIRETTORE DELLA SALA STAMPA DELLA SANTA SEDE, DR. JOAQUÍN NAVARRO-VALLS

Il Direttore della Sala Stampa della Santa Sede, Dr. Joaquín Navarro-Valls, ha rilasciato questa mattina ai giornalisti la seguente dichiarazione:

Il Presidente del Pontificio Consiglio per la Promozione dell’Unità dei Cristiani, Em.mo Card. Walter Kasper, sarà a Mosca dal 20 al 23 giugno 2005 per continuare il dialogo con il Patriarcato ortodosso avviato in occasione della solenne inaugurazione del Pontificato di Papa Benedetto XVI.
in aeternum misericordia eius! (Ps 117)

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Georg
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Beitrag von Georg »

kein besonders freundlicher Empfang durch seine Allheiligkeit Alexej II
für Emin.Walter Kard Kasper:

Kardinal Walter Kasper wird in diesen Tagen in Moskau vor allem mit Metropolit Kyrill von Smolensk sprechen. Das berichtet die Nachrichtenagentur ap unter Berufung auf das orthodoxe Patriarchat von Moskau. Kyrill ist für die Außenbeziehungen der russisch-orthodoxen Kirche zuständig. Ein Treffen mit Patriarch Alexei II. sei dagegen nicht vorgesehen, so die Nachrichtenagentur. Bei den Gesprächen, die der Vatikan erst gestern bestätigte, soll es um die "Aussichten auf Zusammenarbeit" zwischen den Kirchen gehen.
in aeternum misericordia eius! (Ps 117)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Kyrill ist für die Außenbeziehungen der russisch-orthodoxen Kirche zuständig.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Und Alexij ist wohl noch nicht so ganz „allheilig“, meine ich.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Woher ist denn das zitiert? Ich hab' solche Meldungen nirgends gesehen.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Robert, Sie meinten, das filioque verstoße nicht gegen die Worte des Konzils von Ephesus... erklären Sie das näher. Jedes Wort im Credo hat eine tiefe theologische Bedeutung. Es macht doch einen Unterschied, ob ich daran glaube, daß der Heilige Geist nur vom Vater ausgeht, oder aber vom Vater und vom Sohn.
Der heilige Augustinus (der übrigens unter den Orthodoxen, auch in den Schriften ihrer Heiligen, oft und als eine Autorität in vielen Fragen zitiert wird) nutzt die Aussage Christi, der Vater habe ihm alles übergeben; alles was des Vaters sei, sei auch des Sohnes und umgekehrt, um zu beweisen, daß auch das Ausgehen-lassen des heiligen Geistes mit einbezogen ist in das "alles", sonst wäre es nicht "alles".
Steht der Heilige Geist unter den beiden anderen Personen? Wenn nicht, dann müßte doch alles, was des Vaters ist, auch des Hl. Geistes sein... auch das Gebären des Sohnes? Gebiert der Heilige Geist den Sohn? Bitte eine klare Antwort auf diese so bekannte und oftgestellte Frage.

Außerdem haben die östlichen Patriarchate den Papst gewarnt, daß das Filioque gegen das Konzil von Ephesus geht. Der Westen hat sich einfach darüber hinweggesetzt, mißachtet. Auch ein Papst muß gehorsam sein, gehorsam dem Heiligen Geist in der Kirche. Wenn das Oberhaupt einer Religion sebst sein eigenes Gesetz ist, dann ist es eine Sekte.
Denken wir an den Honorius den Ersten. Für seine nachgiebige Haltung gegenüber den Monotheleten - die mit der des Kaisers Heraclius übereinstimmte - traf ihn vierzig Jahre nach seinem Tod das Anathema durch das 3. Konzil von Konstantinopel 680. Mehrere Päpste, etwa Leo II., bestätigten das Anathema (Kirchenbann) später. So sieht man, daß ein Papst sowohl häretisch sein, als auch einer Gerichtsbarkeit durch das Konzil unterliegen kann. Das letztere wird im Can. 1404 des Codex des Kanonischen Rechts der römischen Kirche irrtümlicherweise und wider die urprüngliche und gesunde Ekklesiologie der alten Kirche bestritten. Vielleicht könnten die hiesigen hochgelahrten Theologen einen Kommentar zu diesem Problem anbieten!
Zuletzt geändert von Alexander am Mittwoch 22. Juni 2005, 01:48, insgesamt 5-mal geändert.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

@Nietenolaf
Nietenolaf hat geschrieben:Woher ist denn das zitiert? Ich hab' solche Meldungen nirgends gesehen.
>>>Hier kannst Du nachlesen
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
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Josef Steininger
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Beitrag von Josef Steininger »

@Alexander:
>> Denken wir an den Honorius den Ersten. Für seine nachgiebige Haltung gegenüber den Monotheleten - die mit der des Kaisers Heraclius übereinstimmte - traf ihn vierzig Jahre nach seinem Tod das Anathema durch das 3. Konzil von Konstantinopel 680. Mehrere Päpste, etwa Leo II., bestätigten das Anathema (Kirchenbann) später. <<

Die Verurteilung des Honorius erhielt ihre Autorität dadurch, dass sein Nachfolger im Amt des Römischen Bischofs sie bestätigte. Hier haben wir nicht den Fall, dass gegen einen amtierenden Papst an ein Konzil appelliert wird.
Der Papst kann zwar, wenn er kein Dogma verkündet, auch einmal Irriges lehren oder Irrigem zustimmen, aber das autoritativ feststellen kann nur sein Nachfolger mit oder ohne ein Konzil.
Gegen die Entscheidungen eines amtierenden Papstes gibt es keine Berufung.

Dann zum Thema filioque und Konzil von Ephesus 431:
Das Konzil von Ephesus verbietet, den Glauben von Nicäa zu verändern, also ist das filioque dem entgegengesetzt und seine Befürworter ziehen sich das Anathem zu, so sagst du kurzgefasst.
Dazu: Das Konzil von Nicäa hatte den Heiligen Geist überhaupt nicht im Blick, ihm ging es um die Gottheit des Sohnes, die es verteidigte und dass daran festgehalten wird und dieser Glaube nicht verändert wird, darum ging es auch dem Konzil von Ephesus. Wer die Gottheit des Sohnes und die unzweideutigen Formulierungen, die Nicäa dazu aufgestellt hatte, in Zweifel zieht, der wird vom Anathema des Konzils von Ephesus getroffen.

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