Herr v. Liliencron hat geschrieben: ↑Montag 8. April 2019, 17:40Allerdings konnte mir noch niemand erklären, warum. Wie kann ein Sakrament zustande kommen, wenn die Brautleute das Sakrament einander gegenseitig spenden, in diesem Falle aber keiner von beiden diese Intention hat? Eigentlich geht das schon gar nicht, wenn nur einer der Kontrahenten Protestant ist.
Es gilt grundsätzlich (Summa Theol. III, q. 64, art. 8 ad 2):
Das heißt: Bei der Spendung eines Sakramentes findet die Intention der Kirche ihren Ausdruck in den bei der Spendung vom Spender im Namen der Kirche gesprochenen Worten; diese Worte genügen zur Gültigkeit, wenn nicht vonseiten des Spenders oder des Empfängers etwas Gegenteiliges ausgedrückt wird. Ein rein innerer Vorbehalt des Spenders macht also das Sakrament nicht ungültig, ebenso wenig ein Zweifel oder ein Mangel an Glauben; um die in den gesprochenen Worten enthaltene Intention der Kirche nichtig zu machen, und nicht mehr "das zu tun, was die Kirche tut", muß das Gegenteilige ausdrücklich formuliert werden.minister sacramenti agit in persona totius Ecclesiae, cuius est minister; in verbis autem quae proferuntur, exprimitur intentio Ecclesiae; quae sufficit ad perfectionem sacramenti, nisi contrarium exterius exprimatur ex parte ministri et recipientis sacramentum
Damit ist die absolut festzuhaltende objektive Ökonomie der Sakramente gewährleistet: der menschliche Spender ist (servatis servandis) reines Instrument des eigentlichen Spenders Christus.
Soweit allgemein.
Da nun bei der Eheschließung sich die Brautleute gegenseitig das Sakrament spenden, muß m.E. die Intention im von ihnen auszudrückenden Ehekonsens gesucht werden.
Für einen gültigen Konsens genügt aber das Minimum, nämlich das Wissen um das Wesen der Ehe als einer dauernden Verbindung zwischen Mann und Frau zur Erzeugung von Kindern, und der Wille, eine solche Verbindung zu schließen.
Dieses Wissen wird bei Geschlechtsreifen von Rechts wegen vorausgesetzt. Eine gegensätzliche Vermutung müßte bewiesen werden. Sollte aber dieses Wissen nicht vorhanden sein, käme kein gültiger Ehekonsens zustande.
Das Wollen kann durch Zwang oder Bedrohung zunichte gemacht werden; die Beweislast für diesen Zwang oder diese Bedrohung liegt dann aber bei demjenigen, der die Klage der Nichtigkeit wegen Konsensmangels erhebt. Es wird präsumiert, daß das innere Wollen mit dem äußerlich ausgedrückten Wollen konform geht. Das Gegenteil müßte bewiesen werden.
Das ist aber was anderes als ein Irrtum über gewisse wesentliche Eigenschaften der Ehe, wie ihre Einheit, Unauflöslichkeit ("dauernd" und "unauflöslich" decken sich nicht!) oder Sakramentalität: ein solcher Irrtum beeinträchtigt die Gültigkeit des Konsenses nicht, auch dann nicht (jedenfalls pro foro externo!), wenn dieser Irrtum für die Eheschließung bestimmend war, d.h. wenn die Ehe nicht geschlossen wäre, wenn ein Kontrahent gewußt hätte, daß sie ein Sakrament und unauflöslich ist ; nur wenn ein solcher Irrtum (als qualifizierter Irrtum) ausdrücklich zur Bedingung der Eheschließung erhoben würde, wäre der Konsens ungültig.
Das heißt auch, daß ein positiver Willensakt, ein wesentliches Element der Ehe auszuschließen (etwa den Kindersegen), pro foro externo nur dann konsensirritierend wäre, wenn er beweisbar ist, bzw. bewiesen würde. Ein niemals ausgedrückter, stillschweigend gesetzter gegenteiliger Willensakt hätte höchstens pro foro interno konsensirritierenden Effekt, was für die Praxis aber nichts bedeutet.
Denn der Unterschied zwischen beiden (indifferentem error simplex und konsensirritierendem error qualificatus) ist in der Praxis oft schwierig bis unmöglich. Da die Gültigkeit der Ehe aber immer vorausgesetzt wird (matrimonium gaudet favore iuris), wird der error simplex vorausgesetzt, und muß der error qualificatus bewiesen werden.
Einzelheiten in den Handbüchern der Moral und den Kommentaren zum CIC (Jone, Prümmer, Eichmann, Aertnys).