(War immerhin eine Menge Tipperei...)
Hallo Pilgerer,Pilgerer hat geschrieben:Ist das Wort "Mysterium" in der Orthodoxie als Synonym für das deutsche Wort "Geheimnis" anzusehen oder bedeutet es mehr? Wie viele Mysterien gibt es in der orthodoxen Kirche? Bezeichnet es nur die rituellen Handlungen wie Taufe, Salbung, Eucharistie etc. oder auch andere Dinge/Vorgänge?Auf Seite 1 wurde ein Begriff verwendet: Sakramente. Bei Vr. Sergius wird von Mysterien gesprochen und auch mein vor Jahrzehnten die Orthodoxie gefunden habener Vater verwahrt sich gegen den Begriff Sakramente, weil er eine bestimmte dogmatisch-juristische Sichtweise bringt, die nicht orthodox ist.
Ich tippe Dir nochmals ein Stück aus dem schon erwähnten Buch von Susanne Hausamman und Sergius Heitz "Christus in euch:Hoffnung auf Herrlichkeit" ab.
Lg MariaDas lateinische Wort sacramentum für die Mysterien, von denen wir hier sprechen, ist unangemessen und irreführend. Dies zeigt sich auch daran, dass man die Zahl der "Sakramente" nicht festlegen kann wie in den westlichen Kirchen. Zwar reden manche Lehrbücher davon, es gebe auch in der orthodoxen Kirche "sieben Sakramente", aber das ist eine Angleichung an die Römisch-katholische Kirche, die letztlich dem Sachverhalt nicht gerecht wird. Der auf aristotelischem Denkhintergrund entstandene lateinische Begriff "Sakrament" (sacramentum=urspr. Fahneneid) schliesst eine rechtliche Komponente ein und lässt sich genau definieren. Anders das ihm zugrunde liegende griechische Wort mysterion (von myein= Schliessen von Mund und Augen, Einweihen in ein Heilsgeheimnis). Das Mysterium bezeichnet eine "verborgene Offenbarung", die sich darbietet, ohne sich zu entbergen. Es geht also um die Paradoxie, die sich nicht auflösen lässt. Denn beides gehört wesensmässig zum Mysterium: das enthüllende Offenbaren und das verhüllende Sich-dem-Zugriff-Entziehen. Daher ist auch die Übersetzung "Geheimnis" für Mysterium unzutreffend und irreführend. Es ist daher besser, den Ausdruck Mysterium unübersetzt zu lassen und inbezug auf die Orthodoxe Kirche weder von Geheimnissen, noch von Sakramenten zu reden.
Im Mysterium kann nicht forma und materia unterschieden werden, wie beim lateinischen Sakrament. Nicht signum (Zeichen) und res (bezeichnete Sache) sind die entscheidenden Kategorien, sondern "Abbild" und "Urbild" im platonischen Sinne. Denn das Mysterium gibt am Urbild Anteil durch wirkungskräftiges Abbild. Voraussetzung dafür ist nach orthodoxem Verständnis die in Jesus Christus festgemachte Zusage Gottes und das Kommen des Heiligen Geistes. Darum haben die Mysterien der Heilsübermittlung durch die Kirche eine Epiklese, so Taufe, Myronsalbung, Eucharistie, Busse, Krankenölung, Ehekrönung, Weihe von Klerikern und Mönchen, Wasserweihe, Bereitung des Myrons, Weihe einer Kirche, Weihe eines Antimins, Aber der Begriff Mysterium lässt sich nicht auf diese kirchlichen Handlungen beschränken. Denn einerseits wird auch das Reich Gottes und sein Kommen, die Menschwerdung Jesu Christi, das Evangelium und seine Verkündigung in der Heiligen Schrift Mysterien genannt, andererseits haben die altkirchlichen Väter auch von der gottesdienstlichen Evangelienlesung und vom Gebet als von Mysterien gesprochen. Es gibt in der Orthodoxie also keine fest Zahl von Mysterien, sondern - wie allein schon die Rede von den Festmysterien zeigt - eine unüberschaubare Fülle. In all den einzelnen vielfältigen Mysterien aber bricht sich das eine Licht des Heilsgeschehens in Jesus Christus, wie sich das Sonnenlicht in den Farben des Regenbogens bricht. Dies alles muss man bedenken, wenn man von den Mysterien redet, oder gar in Analogie zu den westlichen Kirchen gelegentlich den Begriff Sakrament gebraucht.