Ungetaufte Kinder?

Ostkirchliche Themen.
sttn
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Ungetaufte Kinder?

Beitrag von sttn »

Wie denkt die orthodoxen Kirche über ungetaufte Kinder. Kommen sie in die Hölle, gibt es eine Art Limbus oder andere Gedanken dazu?

Wäre super wenn mir jemand weiterhelfen könnte.

Viele Grüße und Gottes Segen


Stefan

Mary
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Mary »

sttn hat geschrieben:Wie denkt die orthodoxen Kirche über ungetaufte Kinder. Kommen sie in die Hölle, gibt es eine Art Limbus oder andere Gedanken dazu?

Wäre super wenn mir jemand weiterhelfen könnte.

Viele Grüße und Gottes Segen


Stefan
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Niels
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Niels »

Mary hat geschrieben:
sttn hat geschrieben:Wie denkt die orthodoxen Kirche über ungetaufte Kinder. Kommen sie in die Hölle, gibt es eine Art Limbus oder andere Gedanken dazu?

Wäre super wenn mir jemand weiterhelfen könnte.

Viele Grüße und Gottes Segen


Stefan
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Monergist
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Monergist »

Hallo Stefan,

anhand dieser Frage könnte man die essentiellen Teile orthodoxer Theologie in aller Ausführlichkeit ausbreiten. Dafür ist hier aber wohl kaum der richtige Ort. Vielleicht liest Du einmal bei Interesse den einen oder anderen der Links, die ich in einem alten Thread aus 2009 angegeben hatte und auf die ich jetzt noch einmal in dem "ad inferos-Thread hingewiesen habe, durch. Wenn man das getan hat, ergibt sich hier die Antwort von selbst.

Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Orthodoxie - da sie keine Eintrittskarten in den Himmel verkauft - bei solchen Fragen, auf die nur Gott eine Antwort geben kann und wird, sich immer hütet 100%ige Aussagen zu treffen.

Für ein Durchdringen des orthodoxen Verständnisses sollte man sich folgende Grundsätze verdeutlichen:

- Sünde wird nicht als Rechtsbruch betrachtet (weshalb der Herr selbst umgekehrt auch erläutert, dass das Halten des Gesetzes nicht hinreichend ist), sondern als "missing the mark", einem Fehlgehen, das die Trennung der Gemeinschaft mit Gott bedeutet. (Spiegelbildlich kann deshalb dieses "Problem" nur dadurch behoben werden, dass diese Gemeinschaft wieder hergestellt wird und nicht durch einen einseitigen Akt auf der Seite Gottes wie Vergebung.) Gott reagiert hierauf nicht mit Zorn, sondern hält auch durch diese Abwendung des Menschen unverbrüchlich an ihm fest. Seine Liebe ist permanent und unveränderlich. Der hl. Johannes Chrysostomos: “It is not He, but we who are hostile, for God never hates” (PG 61, 478). Selbst die Vertreibung aus dem Paradies war ein Akt der Liebe, denn sonst wäre die Sünde unsterblich geworden.

- Entscheidend ist auch, dass unter der "Erbsünde" nicht ein Erben der Schuld Adams verstanden wird, sondern der Konsequenzen dieser Handlung, welche in der Gefangenschaft unter der Macht der Sünde zu sehen sind, die zum Tod führt. Allerdings tritt diese "Verschattung" der Person, die Unterwerfung unter die Leidenschaften bei dem Menschen erst im Laufe der Zeit ein.

- Christus lebte und starb, nicht um dem Vater ein Opfer zu bringen, in dem Verständnis, dass dieser selbst hieraus einen Nutzen zog, sondern um im Sinne der allheiligen Dreiheit den Tod, den Teufel und die Sünde zu besiegen, um es dem Menschen überhaupt wieder zu ermöglichen, in wahre Kommunion mit Gott einzutreten, Gemeinschaft der Geschaffenen mit den ungeschaffenen Energien Gottes greifbar zu machen. Also um das Potential für eine Heilung des Menschen (= Vergöttlichung) zu bereiten, das allerdings "abgerufen" werden muss. Selbstverständlich ist die Theosis aber nicht Belohnung, sondern Gnade. Beweise für die Überwindung des Verfalls sind bereits in dieser Zeit etwa die nicht verwesenden Heiligen und das nicht verderbende heilige Wasser.

- Getarnt durch seine menschliche Natur drang Christus in den Hades - in dem alle Menschen bis dahin nach ihrem Tod gefangen waren - ein, wobei der Teufel als dessen Herrscher durch die (scheinbare) Veranlassung der Ermordung des Herrn dessen Wirken zerstören wollte, dabei aber als anmaßender Übertreter offenbart wurde, da er kein Recht auf die Aufnahme des Sündlosen hatte. Das göttliche Licht drang in den Hades ein und brachte ihn von innen zum Einstürzen.

- Folglich werden alle Menschen nach dem Jüngsten Gericht mit der Gegnwart und Heiligkeit Gottes konfrontiert werden. Wie man darauf "reagiert", das ist der "Himmel" oder "die Hölle", nicht jeweils geographische Orte, dementsprechend gibt es auch keine "Vorhölle". Denn es gibt keinen Platz, wo Gott nicht ist. Die ewige Gottesferne kann auch nicht die Hölle sein, sie wäre nämlich geradezu das Paradies für Sünder. Vielmehr quält den Hasserfüllten die immerwährende, uneingeschränkte Präsenz der Liebe Gottes. Das "Gericht" über die Christen verläuft dabei nach strengeren Maßstäben als bei den Heiden (Motto. "Mehr Chance, mehr Risiko...").

- Stirbt ein kleines Kind (weil der Herr Schlimmeres verhüten wollte) ungetauft, so war es dennoch in einem weitgehend reinen Zustand und wird die Gegenwart Gottes in der Ewigkeit als Freude empfinden, wenngleich vielleicht auch nicht in der Herrlichkeit wie ein Heiliger, der durch den asketischen Weg uind eine Hinwendung an das Therapieangebot der Kirche die Theosis erlangt hat.

- Einen speziellen Link (Englisch) habe ich doch noch gefunden: "The death of infants" http://www.oodegr.com/english/swthria/nipia2.htm

Viele Grüße
1 Cor.11:30: That is why the work of a priest is not to distribute tickets, so that people might enter Paradise; he must heal people, so that when they encounter God, God will become light and not fire to them.

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Anselmus
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Anselmus »

Monergist hat geschrieben:- Folglich werden alle Menschen nach dem Jüngsten Gericht mit der Gegnwart und Heiligkeit Gottes konfrontiert werden. Wie man darauf "reagiert", das ist der "Himmel" oder "die Hölle", nicht jeweils geographische Orte, dementsprechend gibt es auch keine "Vorhölle". Denn es gibt keinen Platz, wo Gott nicht ist. Die ewige Gottesferne kann auch nicht die Hölle sein, sie wäre nämlich geradezu das Paradies für Sünder. Vielmehr quält den Hasserfüllten die immerwährende, uneingeschränkte Präsenz der Liebe Gottes. Das "Gericht" über die Christen verläuft dabei nach strengeren Maßstäben als bei den Heiden (Motto. "Mehr Chance, mehr Risiko...").
Vielen Dank für deine Ausführungen :) Aber ich hätte noch eine Frage, was ich nicht richtig verstanden habe.

Nach deinem Post stellt sich mir die orthodoxe Vorstellung vom jüngsten Gericht von Seiten Gottes als relativ passiv da. Gott ist nur in seiner Heiligkeit gegenwärtig und was den Unterschied zwischen den einzelnen Menschen macht, ist ihr unterschiedliche Reaktion darauf. Habe ich das richtig verstanden?
Dann verstehe ich aber den letzten Satz nicht. Wie kann das Gericht dann für die Christen nach "strengeren Maßstäben" verlaufen? Welches sind dann die Maßstäbe? Tragen die gläubigen Christen die Maßstäbe selbst an sich heran? Und zu dem Motto? Welche Chance hat der Christ mehr? Chance worauf?

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Nassos
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Nassos »

Monergist hat geschrieben:Stirbt ein kleines Kind (weil der Herr Schlimmeres verhüten wollte) ungetauft, so war es dennoch in einem weitgehend reinen Zustand und wird die Gegenwart Gottes in der Ewigkeit als Freude empfinden
Das ist ein unheimlich tröstender Gedanke! Vielen Dank Monergist, Gottes reichlichen Segen für Dich.

Lieben Gruß,
Nassos
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anneke6
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von anneke6 »

Als Nicht-Orthodoxer muß man bedenken, daß die Vorstellung von dem, was man auf katholisch "die letzten Dinge" nennt, nicht 100% einheitlich ist. So wird die Lehre der 20 Zollhäuschen der Luft auch nicht von allen Orthodoxen akzeptiert. Zu der Frage ob die Hölle ein Ort oder ein Zustand ist, ob die Qual auf Gottesferne oder Gottesnähe beruht, da habe ich auch schon Unterschiedliches gelesen.
Grundsätzlich denke ich aber, daß Gottesferne (nicht im physischen, sondern im geistigen Sinne) im Jenseits auch für den Gottlosen keine Freude ist. Solange er auf Erden lebt, kann der Gottlose sich mit allem trösten, was die Welt zu bieten hat, auch wenn die Seele nach Gott jammert und weint. Im Jenseits gibt es diese Möglichkeit nicht mehr und die Seele liegt nackt und bloß.
???

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Nassos
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Nassos »

anneke6 hat geschrieben:auch wenn die Seele nach Gott jammert und weint
Den Gedanken hatte ich auch. Auch bei einem Gotteshasser wird wohl die Seele sich initial nach Ihm sehnen. Dann kommt aber noch das "aber" hinzu.
Wenn man bedenkt, dass sich schon ein Kind im Leib der Mutter mitbeten will...
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Loukia
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Loukia »

anneke6 hat geschrieben:Als Nicht-Orthodoxer muß man bedenken, daß die Vorstellung von dem, was man auf katholisch "die letzten Dinge" nennt, nicht 100% einheitlich ist. So wird die Lehre der 20 Zollhäuschen der Luft auch nicht von allen Orthodoxen akzeptiert. Zu der Frage ob die Hölle ein Ort oder ein Zustand ist, ob die Qual auf Gottesferne oder Gottesnähe beruht, da habe ich auch schon Unterschiedliches gelesen.
Grundsätzlich denke ich aber, daß Gottesferne (nicht im physischen, sondern im geistigen Sinne) im Jenseits auch für den Gottlosen keine Freude ist. Solange er auf Erden lebt, kann der Gottlose sich mit allem trösten, was die Welt zu bieten hat, auch wenn die Seele nach Gott jammert und weint. Im Jenseits gibt es diese Möglichkeit nicht mehr und die Seele liegt nackt und bloß.

Wenn man sich nicht schon jetzt von seinen falschen Begierden löst, bleiben diese, jedoch die Möglichkeit sie zu befriedigen wird einmal enden, denke ich.
Der du die Tritte der Menschen lenkest, o Herr, schaue gnädig herab auf deine Diener

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Nassos
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Nassos »

Gut auf den Punkt gebracht, Loukia! Einfach und unmissverständlich. :klatsch:

Nassos, zufrieden damit.
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Sempre
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Sempre »

Nassos hat geschrieben:
Loukia hat geschrieben:Wenn man sich nicht schon jetzt von seinen falschen Begierden löst, bleiben diese, jedoch die Möglichkeit sie zu befriedigen wird einmal enden, denke ich.
Gut auf den Punkt gebracht, Loukia! Einfach und unmissverständlich. :klatsch:

Nassos, zufrieden damit.
Glaubt ihr das tatsächlich: wenn ich mich bis zum Tod nicht restlos von meinen falschen Begierden löse, werden diese mich in alle Ewigkeit quälen? Dann wäre die Ewigkeit ja nur für gänzliche Heilige eine Freude!?

Gruß
Sempre
Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

sttn
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von sttn »

Hallo Monergist,
Monergist hat geschrieben: Für ein Durchdringen des orthodoxen Verständnisses sollte man sich folgende Grundsätze verdeutlichen:...
danke für die tolle Antwort. Ich muss schon sagen, die Orthodoxie gefällt mir ganz gut.

Viele Grüße und Gottes Segen


Stefan

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Monergist
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Monergist »

Anselmus hat geschrieben:
Vielen Dank für deine Ausführungen :) Aber ich hätte noch eine Frage, was ich nicht richtig verstanden habe.

Nach deinem Post stellt sich mir die orthodoxe Vorstellung vom jüngsten Gericht von Seiten Gottes als relativ passiv da. Gott ist nur in seiner Heiligkeit gegenwärtig und was den Unterschied zwischen den einzelnen Menschen macht, ist ihr unterschiedliche Reaktion darauf. Habe ich das richtig verstanden?
Dann verstehe ich aber den letzten Satz nicht. Wie kann das Gericht dann für die Christen nach "strengeren Maßstäben" verlaufen? Welches sind dann die Maßstäbe? Tragen die gläubigen Christen die Maßstäbe selbst an sich heran? Und zu dem Motto? Welche Chance hat der Christ mehr? Chance worauf?

Hallo Anselmus,

Danke für Dein Interesse. An der Stelle bin ich in der Tat etwas "gesprungen", da ich nicht zu weit abschweifen wollte. Letztlich liegt das Problem hier auch darin, dass anthropomorphe Kategorien Gott nur randlich beschreiben können.

Der von Dir gesehene Widerspruch sollte sich auflösen, wenn man es so betrachtet:

(Zunächst ist klarzustellen, dass die "Passivität" Gottes nur insoweit gegeben ist, als ich damit zum Ausdruck bringen wollte, dass Er nicht in dem Sinn den Einen dahin und den Anderen dorthin schickt, dass Seine Entscheidung uns verdammt oder rettet. Ansonsten richtet Seine Gegenwart, aber diese Gegenwart ist Seine Liebe und Seine Liebe ist nicht etwa teilnahmslos, sondern unbedingt und unveränderlich.)

Die "strengeren Kriterien" ergeben sich nun daraus, dass Gott zwar von Seiner Warte gleichermaßen auf alle scheint, die Empfindung aber für jeden unterschiedlich ist. (ich hatte früher schon einmal darauf hingewiesen, dass die Stelle von den drei Jünglingen im Feuerofen hierauf hindeutet: Es ist dieselbe Flamme, die sie unversehrt lässt, die Wachen aber sofort tötet.) Das Gewissen des Menschen richtet diesen in der Gegenwart Gottes, da in dieser Heiligkeit das eigene Tun und auch das Anderer offenbar wird. Wir sehen also, wer trotz Kenntnis der Wahrheit den Weg der Sünde weiterverfolgt und sein "Potential" verschleudert hat, während der mit Christus nicht in Kontakt gekommenen Heide vielleicht ein besseres Leben geführt hat. Gerade hierdurch wird das eigene Tun noch verwerflicher und zu einer Schmach. Das Wissen um die Wahrheit und die Möglichkeit innerhalb der Kirche Heilung von der Krankheit der Sünde und den Leidenschaften zu finden, bieten also die Chance, bereits in diesem Leben wieder in die Kommunion mit Gott einzutreten, aufzuerstehen - wird diese aber verschleudert, so ist das Gewissen viel belasteter als bei dem, der all dies nicht kennt. Der Herr selbst erläutert, dass der Christ nicht dann seine Bestimmung erlangt, wenn er nur physisch darauf verzichtet, seinen Nächsten zu töten oder dessen Frau zu nehmen, sondern stellt klar, dass diese Übertretungen bereits im Innern geschehen können. Der Amazonasgebiet-Bewohner etwa hingegen wird von seinem Gewissen allein nicht viel mehr vermittelt bekommen, als dass diese äußeren Handlungen verwerflich sind.

"..and quite simply, every sinful person on that dreaded day of Judgment will see opposite him - in eternity and in that ineffable light - his like, and will be judged by him." [On Repentance, Speech 5, Sources Chretiennes 96 434 ]"

Viele Grüße
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anneke6
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von anneke6 »

Nassos hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:auch wenn die Seele nach Gott jammert und weint
Den Gedanken hatte ich auch. Auch bei einem Gotteshasser wird wohl die Seele sich initial nach Ihm sehnen. Dann kommt aber noch das "aber" hinzu.
Wenn man bedenkt, dass sich schon ein Kind im Leib der Mutter mitbeten will...
Ich glaube sogar, daß ein Kind im Mutterleib bereits betet, auf seine Art. Das ist natürlich eine persönliche Meinung. Ich glaube, daß das Baby seit dem Zeitpunkt der Beseelung ein 9-monatiges Katechumenat durchmacht, während es von den Einflüssen der Welt so gut abgeschirmt ist wie später nie. Persönliche Meinung, natürlich.
Fest steht aber nun mal: Auch Orthodoxe kennen das Fest der unschuldigen Kinder (am 29. Dezember statt am 28. — glaube ich) und dieses beweist uns, daß Gott, der allmächtig ist, in der Lage ist, ungetaufte Kinder zu erlösen und sogar in die Schar der Heiligen einzureihen. Und da wir wissen, wie sehr Jesus Kinder geliebt hat, dürfen wir alle große Hoffnung für die ungetauft verstorbenen Kinder haben.
???

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Anselmus
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Anselmus »

Monergist hat geschrieben:
Anselmus hat geschrieben:
Vielen Dank für deine Ausführungen :) Aber ich hätte noch eine Frage, was ich nicht richtig verstanden habe.

Nach deinem Post stellt sich mir die orthodoxe Vorstellung vom jüngsten Gericht von Seiten Gottes als relativ passiv da. Gott ist nur in seiner Heiligkeit gegenwärtig und was den Unterschied zwischen den einzelnen Menschen macht, ist ihr unterschiedliche Reaktion darauf. Habe ich das richtig verstanden?
Dann verstehe ich aber den letzten Satz nicht. Wie kann das Gericht dann für die Christen nach "strengeren Maßstäben" verlaufen? Welches sind dann die Maßstäbe? Tragen die gläubigen Christen die Maßstäbe selbst an sich heran? Und zu dem Motto? Welche Chance hat der Christ mehr? Chance worauf?

Hallo Anselmus,

Danke für Dein Interesse. An der Stelle bin ich in der Tat etwas "gesprungen", da ich nicht zu weit abschweifen wollte. Letztlich liegt das Problem hier auch darin, dass anthropomorphe Kategorien Gott nur randlich beschreiben können.

Der von Dir gesehene Widerspruch sollte sich auflösen, wenn man es so betrachtet:

(Zunächst ist klarzustellen, dass die "Passivität" Gottes nur insoweit gegeben ist, als ich damit zum Ausdruck bringen wollte, dass Er nicht in dem Sinn den Einen dahin und den Anderen dorthin schickt, dass Seine Entscheidung uns verdammt oder rettet. Ansonsten richtet Seine Gegenwart, aber diese Gegenwart ist Seine Liebe und Seine Liebe ist nicht etwa teilnahmslos, sondern unbedingt und unveränderlich.)

Die "strengeren Kriterien" ergeben sich nun daraus, dass Gott zwar von Seiner Warte gleichermaßen auf alle scheint, die Empfindung aber für jeden unterschiedlich ist. (ich hatte früher schon einmal darauf hingewiesen, dass die Stelle von den drei Jünglingen im Feuerofen hierauf hindeutet: Es ist dieselbe Flamme, die sie unversehrt lässt, die Wachen aber sofort tötet.) Das Gewissen des Menschen richtet diesen in der Gegenwart Gottes, da in dieser Heiligkeit das eigene Tun und auch das Anderer offenbar wird. Wir sehen also, wer trotz Kenntnis der Wahrheit den Weg der Sünde weiterverfolgt und sein "Potential" verschleudert hat, während der mit Christus nicht in Kontakt gekommenen Heide vielleicht ein besseres Leben geführt hat. Gerade hierdurch wird das eigene Tun noch verwerflicher und zu einer Schmach. Das Wissen um die Wahrheit und die Möglichkeit innerhalb der Kirche Heilung von der Krankheit der Sünde und den Leidenschaften zu finden, bieten also die Chance, bereits in diesem Leben wieder in die Kommunion mit Gott einzutreten, aufzuerstehen - wird diese aber verschleudert, so ist das Gewissen viel belasteter als bei dem, der all dies nicht kennt. Der Herr selbst erläutert, dass der Christ nicht dann seine Bestimmung erlangt, wenn er nur physisch darauf verzichtet, seinen Nächsten zu töten oder dessen Frau zu nehmen, sondern stellt klar, dass diese Übertretungen bereits im Innern geschehen können. Der Amazonasgebiet-Bewohner etwa hingegen wird von seinem Gewissen allein nicht viel mehr vermittelt bekommen, als dass diese äußeren Handlungen verwerflich sind.

"..and quite simply, every sinful person on that dreaded day of Judgment will see opposite him - in eternity and in that ineffable light - his like, and will be judged by him." [On Repentance, Speech 5, Sources Chretiennes 96 434 ]"

Viele Grüße
Vielen Dank für die weitere Ausführung, jetzt verstehe ich das etwas besser.
Ich frage mich gerade noch, welche Rolle Christus genau bei dieser eschatologischen Vorstellung spielt? Sehe ich das richtig, dass die Erlösungstat Christi nach orthodoxem Verständnis eher darauf bezieht, die Menschen (schon im Diesseits) mit Gott zu versöhnen, den Menschen gleichsam zu heilen, und ihm (seiner Seele) die Möglichkeit zu geben, wieder in Verbindung mit Gott zu treten. Und weniger direkt als Sühneopfer, um dem Menschen überhaupt die "Aufnahme in den Himmel" (wie wir das auch immer verstehen wollen) zu ermöglichen?

Zu dem Thema, dass auch die Seelen der Ungläubigen sich nach Gott sehnen, möchte ich kurz den Anfang von Psalm 42 zitieren:
Psalm 42 hat geschrieben:Wie der Hirsch schreit nach frischem Wasser, so schreit meine Seele Gott zu dir
Ich glaube, dass dieser Satz für alle gilt, Ungläubige und Gläubige.

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Haiduk
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Haiduk »

Niels hat geschrieben:
Mary hat geschrieben:
sttn hat geschrieben:Wie denkt die orthodoxen Kirche über ungetaufte Kinder. Kommen sie in die Hölle, gibt es eine Art Limbus oder andere Gedanken dazu?

Wäre super wenn mir jemand weiterhelfen könnte.

Viele Grüße und Gottes Segen


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Sondern? :detektiv:
Statt von "Erbsünde" spricht man von Ursünde.

Hier ein Text, der näher auf die Unterschiede eingeht. Die westliche Lehre von der "Erbsünde" wird dort als Folge einer schlechten/falschen lateinischen Übersetzung des Römerbriefes gesehen, auf der Augustinus aufgebaut hatte.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
Denn die Waffen unsres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, Festungen zu zerstören. (2. Kor. 10,4)

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Monergist
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Monergist »

Anselmus hat geschrieben: Ich frage mich gerade noch, welche Rolle Christus genau bei dieser eschatologischen Vorstellung spielt? Sehe ich das richtig, dass die Erlösungstat Christi nach orthodoxem Verständnis eher darauf bezieht, die Menschen (schon im Diesseits) mit Gott zu versöhnen, den Menschen gleichsam zu heilen, und ihm (seiner Seele) die Möglichkeit zu geben, wieder in Verbindung mit Gott zu treten. Und weniger direkt als Sühneopfer, um dem Menschen überhaupt die "Aufnahme in den Himmel" (wie wir das auch immer verstehen wollen) zu ermöglichen?
Hallo Anselmus,

das Thema hatte ich in dem Ausgangsposting auch kurz gestreift.

(Ich hole nun, weil es nachgefragt wird, Teile aus dem alten Thread in der Klausnerei hervor, da der doch schon recht angestaubt ist. Wer das alles schon gelesen hat und gelangweilt ist, möge es bitte übergehen.)

Die Orthodoxie lehrt als Soteriologie "Christus Victor", also, dass Christus ein Opfer erbracht hat und dass dieses Opfer wegen der Sünden der Menschheit stellvertretend für diese erfolgt ist und die Erlösung bewirkt hat, aber sie lehrt nicht, dass dieses Opfer in Bezug auf Gott, den Vater satisfaktorische Wirkung gehabt hat oder von diesem gefordert worden ist (ansonsten würde Gott uns ja vor sich selbst retten; selbstverständlich hat es auch nicht der Teufel erhalten). Es war vielmehr der "Notwendigkeit" geschuldet, um uns von der Macht des Teufels, der Sünde und des Todes zu befreien (negativ) und auch um uns an Seinem blutigen Opfer, d. h. an Seinem Leib und Seinem Blut, zur Vergebung (hier im Sinne von Ausmerzung!) der Sünden teilhaben zu lassen (positiv), wenn wir wollen. Demnach führt das Opfer zum "at-one-ment" mit Gott, nicht aber zu einer Besänftigung des Vaters. Denn, wie angesprochen, Sünde ist nicht primär ein Rechtsbruch, sondern hat eine viel tiefere Dimension.

Auch Gregor von Nazianz fragt, warum „das kostbare Blut Gottes" vergossen wurde: „ ...warum wurde es vergossen und wem wurde es dargebracht? Wir waren unter die Herrschaft Satans, verkauft an die Sünde ... Wenn der Preis unsres Loskaufs jenem gezahlt würde, der uns in seiner Gewalt hält, dann frage ich mich: Wem und wofür wurde ein solcher Preis gezahlt? Wie unwürdig wäre es, wenn er dem Satan angeboten worden wäre. Dann er hielte ja der Räuber das Lösegeld und zwar nicht nur von Gott, sondern er erhielte Gott selbst. Er würde für seine Schandtat einen so übermäßig hohen Preis fordern, dass es gerechter wäre, uns zu begnadigen... Und warum sollte auch das Blut des einzigen Sohnes dem Vater wohlgefällig sein, der doch Isaak nicht als Opfer Abrahams annehmen wollte, sondern das Menschenopfer durch einen Widder ersetzen ließ. Ist es nicht klar, dass der Vater das Opfer nicht deswegen annahm, weil Er es forderte oder weil Er dessen bedurfte, sondern aus, ‚Ökonomie'? Der Mensch sollte durch die Menschheit Gottes geheiligt werden: Gott selbst sollte uns befreien, indem Er den Tyrannen durch seine eigene Kraft besiegte..."

Was bedeutet das ganz konkret für die Soteriologie? Letztlich ist diese ganz simpel und kein hochtheologisches Konstrukt:

Der Tod ist das Resultat der Trennung der ersten Menschen von Gott, des Herausfallens aus der Gemeinschaft mit Ihm, nicht das Urteil eines zornigen Gottes. Dieser Zustand - die Unterwerfung unter die Macht der Sünde - hat sich auf die gesamte Menschheit ausgebreitet (das ist die Erbsünde), sodass alle unter der Herrschaft des Teufels und damit der Sünde gefangen waren und im Hades endeten, wie sehr sie sich auch bemühten.

Um die Menschheit wieder in Gemeinschaft mit ihm zurückzuführen sandte Gott Seinen Sohn auf die Welt. Dessen Erlösungswerk lässt sich aber nicht auf den Kreuzestod beschränken, sondern begann mit der Inkarnation, durch die die menschliche Natur das überhaupt das allgemeine Potential zur Vergöttlichung erhielt. Mit Seinem heiligen Leben und seinen Taten unterwies er die Menschen und provozierte den Teufel, der ihn aus dem Weg schaffen wollte. Dies aber war der göttliche Plan zur Errettung der Menschheit, denn die menschliche Natur Christi war der Köder und Seine göttliche der Haken, der mit geschluckt wurde. Denn bis dahin hat der Teufel zwar nicht für Gott gehandelt, aber aus Warte der Menschheit wegen der Sünden zurecht alle Toten in sein Reich aufgenommen. Indem er allerdings auch den Sündlosen verschlingen wollte, hat er seine "Rechte" überschritten, war als illegaler Herrscher und Unterdrücker überführt und sein Reich zerbarst von innen aufgrund der Sprengkraft des Göttlichen. Mit der Auferstehung - dem Fokus des orthodoxen Glaubens - und dem Verlassen des Hades war dies Erlösungswerk dann abgeschlossen. Jedem steht es nun offen, die Kirche als Raum des Lebens in einer Welt des Todes zu betreten und wieder zu seiner Bestimmung zu gelangen.

Mitten in der Fatenzeit verweise ich auf das orthodoxe Ostertropar, das all dies zusammenfasst:

Christus ist auferstanden von den Toten.
Durch Seinen Tod hat Er den Tod zertreten
und denen in den Gräbern
das Leben geschenkt.

Viele Grüße
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Lioba
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Lioba »

Welcher Strang war das?
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

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Monergist
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Monergist »

Lioba hat geschrieben:Welcher Strang war das?

"Schafft eine Landeskirche den Sühnetod Christi ab?"
1 Cor.11:30: That is why the work of a priest is not to distribute tickets, so that people might enter Paradise; he must heal people, so that when they encounter God, God will become light and not fire to them.

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Lioba
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Lioba »

Danke :huhu:
Die Herrschaft über den Augenblick ist die Herrschaft über das Leben.
M. v. Ebner- Eschenbach

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Nassos
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Nassos »

Sempre hat geschrieben:
Nassos hat geschrieben:
Loukia hat geschrieben:Wenn man sich nicht schon jetzt von seinen falschen Begierden löst, bleiben diese, jedoch die Möglichkeit sie zu befriedigen wird einmal enden, denke ich.
Gut auf den Punkt gebracht, Loukia! Einfach und unmissverständlich. :klatsch:

Nassos, zufrieden damit.
Glaubt ihr das tatsächlich: wenn ich mich bis zum Tod nicht restlos von meinen falschen Begierden löse, werden diese mich in alle Ewigkeit quälen? Dann wäre die Ewigkeit ja nur für gänzliche Heilige eine Freude!?

Gruß
Sempre
Sempre, ich fand das einfach sehr schön ausgedrückt und leicht nachvollziehbar. Nicht mehr und nicht weniger.
(Wenn dem so wäre, wo wäre dann Platz für Gottes Gnade und Vergebung?).
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Nassos
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Nassos »

Anselmus hat geschrieben:Ich glaube, dass dieser Satz für alle gilt, Ungläubige und Gläubige.
Sir, yes sir! Selbst ungeborene Seelen.

@Anneke, zu diesem Thema gibt es im orth. Forum einen Strang über orth. Kindererziehung (Buch). Da habe ich das zum ersten mal gelesen. Darüberhinaus kann Gott mehr bewirken. Erinnert sich jemand an ein Ungeborenes, dass im Mutterleib jauchzte vor Freude???

Lieben Gruß,
Nassos
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Nassos
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von Nassos »

Monergist hat geschrieben:
Anselmus hat geschrieben: Ich frage mich gerade noch, welche Rolle Christus genau bei dieser eschatologischen Vorstellung spielt? Sehe ich das richtig, dass die Erlösungstat Christi nach orthodoxem Verständnis eher darauf bezieht, die Menschen (schon im Diesseits) mit Gott zu versöhnen, den Menschen gleichsam zu heilen, und ihm (seiner Seele) die Möglichkeit zu geben, wieder in Verbindung mit Gott zu treten. Und weniger direkt als Sühneopfer, um dem Menschen überhaupt die "Aufnahme in den Himmel" (wie wir das auch immer verstehen wollen) zu ermöglichen?
Hallo Anselmus,

das Thema hatte ich in dem Ausgangsposting auch kurz gestreift.

(Ich hole nun, weil es nachgefragt wird, Teile aus dem alten Thread in der Klausnerei hervor, da der doch schon recht angestaubt ist. Wer das alles schon gelesen hat und gelangweilt ist, möge es bitte übergehen.)

Die Orthodoxie lehrt als Soteriologie "Christus Victor", also, dass Christus ein Opfer erbracht hat und dass dieses Opfer wegen der Sünden der Menschheit stellvertretend für diese erfolgt ist und die Erlösung bewirkt hat, aber sie lehrt nicht, dass dieses Opfer in Bezug auf Gott, den Vater satisfaktorische Wirkung gehabt hat oder von diesem gefordert worden ist (ansonsten würde Gott uns ja vor sich selbst retten; selbstverständlich hat es auch nicht der Teufel erhalten). Es war vielmehr der "Notwendigkeit" geschuldet, um uns von der Macht des Teufels, der Sünde und des Todes zu befreien (negativ) und auch um uns an Seinem blutigen Opfer, d. h. an Seinem Leib und Seinem Blut, zur Vergebung (hier im Sinne von Ausmerzung!) der Sünden teilhaben zu lassen (positiv), wenn wir wollen. Demnach führt das Opfer zum "at-one-ment" mit Gott, nicht aber zu einer Besänftigung des Vaters. Denn, wie angesprochen, Sünde ist nicht primär ein Rechtsbruch, sondern hat eine viel tiefere Dimension.

Auch Gregor von Nazianz fragt, warum „das kostbare Blut Gottes" vergossen wurde: „ ...warum wurde es vergossen und wem wurde es dargebracht? Wir waren unter die Herrschaft Satans, verkauft an die Sünde ... Wenn der Preis unsres Loskaufs jenem gezahlt würde, der uns in seiner Gewalt hält, dann frage ich mich: Wem und wofür wurde ein solcher Preis gezahlt? Wie unwürdig wäre es, wenn er dem Satan angeboten worden wäre. Dann er hielte ja der Räuber das Lösegeld und zwar nicht nur von Gott, sondern er erhielte Gott selbst. Er würde für seine Schandtat einen so übermäßig hohen Preis fordern, dass es gerechter wäre, uns zu begnadigen... Und warum sollte auch das Blut des einzigen Sohnes dem Vater wohlgefällig sein, der doch Isaak nicht als Opfer Abrahams annehmen wollte, sondern das Menschenopfer durch einen Widder ersetzen ließ. Ist es nicht klar, dass der Vater das Opfer nicht deswegen annahm, weil Er es forderte oder weil Er dessen bedurfte, sondern aus, ‚Ökonomie'? Der Mensch sollte durch die Menschheit Gottes geheiligt werden: Gott selbst sollte uns befreien, indem Er den Tyrannen durch seine eigene Kraft besiegte..."

Was bedeutet das ganz konkret für die Soteriologie? Letztlich ist diese ganz simpel und kein hochtheologisches Konstrukt:

Der Tod ist das Resultat der Trennung der ersten Menschen von Gott, des Herausfallens aus der Gemeinschaft mit Ihm, nicht das Urteil eines zornigen Gottes. Dieser Zustand - die Unterwerfung unter die Macht der Sünde - hat sich auf die gesamte Menschheit ausgebreitet (das ist die Erbsünde), sodass alle unter der Herrschaft des Teufels und damit der Sünde gefangen waren und im Hades endeten, wie sehr sie sich auch bemühten.

Um die Menschheit wieder in Gemeinschaft mit ihm zurückzuführen sandte Gott Seinen Sohn auf die Welt. Dessen Erlösungswerk lässt sich aber nicht auf den Kreuzestod beschränken, sondern begann mit der Inkarnation, durch die die menschliche Natur das überhaupt das allgemeine Potential zur Vergöttlichung erhielt. Mit Seinem heiligen Leben und seinen Taten unterwies er die Menschen und provozierte den Teufel, der ihn aus dem Weg schaffen wollte. Dies aber war der göttliche Plan zur Errettung der Menschheit, denn die menschliche Natur Christi war der Köder und Seine göttliche der Haken, der mit geschluckt wurde. Denn bis dahin hat der Teufel zwar nicht für Gott gehandelt, aber aus Warte der Menschheit wegen der Sünden zurecht alle Toten in sein Reich aufgenommen. Indem er allerdings auch den Sündlosen verschlingen wollte, hat er seine "Rechte" überschritten, war als illegaler Herrscher und Unterdrücker überführt und sein Reich zerbarst von innen aufgrund der Sprengkraft des Göttlichen. Mit der Auferstehung - dem Fokus des orthodoxen Glaubens - und dem Verlassen des Hades war dies Erlösungswerk dann abgeschlossen. Jedem steht es nun offen, die Kirche als Raum des Lebens in einer Welt des Todes zu betreten und wieder zu seiner Bestimmung zu gelangen.

Mitten in der Fatenzeit verweise ich auf das orthodoxe Ostertropar, das all dies zusammenfasst:

Christus ist auferstanden von den Toten.
Durch Seinen Tod hat Er den Tod zertreten
und denen in den Gräbern
das Leben geschenkt.

Viele Grüße
mächtig!

Αληθώς ανέστη ο Κύριος,
Nassos
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

EinFragender
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Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von EinFragender »

Das Thema hier passt sehr gut in eine Diskussion die ich gerade führe. Wie weit gilt das was hier gesagt wird für griechisch Orthodoxe Christen?

Viele Grüße


EinFragender

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anneke6
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Registriert: Montag 19. September 2005, 12:27

Re: Ungetaufte Kinder?

Beitrag von anneke6 »

Die Frage verstehe ich nicht so ganz. Das Thema wird hier bereits vom orthodoxen Standpunkt erörtert…
???

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