Fragen zum Thema Orthodoxie

Ostkirchliche Themen.
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holzi
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Beitrag von holzi »

anneke6 hat geschrieben:Medjugorje wird aufgrund des hintergründigen Konfliktes zwischen den Franziskanern und dem Völkermord an Orthodoxen meist abgelehnt:
http://www.orthodoxinfo.com/ecumenism/medjugorje.aspx
Nun, Medjugorje wird aber auch von vielen Katholiken abgelehnt - und spätestens seit dem Bosnienkrieg vor 1995 haben die Tschetniks der Serben völkermordmäßig wieder Gleichstand mit der Ustascha erreicht.

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Die Ironie bei Medjugorje und der Orthodoxie: Angeblich sagt die Gospa, Katholiken, Orthodoxe und Moslems (die drei verbreiteten Religionen in den Nachbargebieten) vor Gott gleich sind.
Aber auf der anderen Seite "bittet" die Gospa angeblich (mit einem Nachdruck, der an Befehle grenzt) um den täglichen Rosenkranz (15 Geheimnisse? oder sind das jetzt 20?)...
Auf der einen Seite gibt es tatsächlich in der orthodoxen Frömmigkeit (wenn auch nicht überall) rosenkranzartige Gebete, die das "Freue Dich, gnadenerfüllte Gottesgebärerin" enthalten, aber dennoch…es könnte als eine Anbiederung an Rom verstanden werden.
Daß die Moslems wohl keinen katholischen Rosenkranz beten werden, versteht sich schon von selbst.
???

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Sebastian hat geschrieben:Übrigens:
Lutheraner hat geschrieben:Bei vielen konservative Katholiken klingt doch das Eingeständnis durch, dass die Orthodoxen recht haben
Nicht nur die, viele Lutheraner denken ähnlich :P
Das ist eigentlich auch kein Wunder. Ich sehe momentan weitaus mehr Gemeinsamkeiten zwischen (dem konservativem) Luthertum und Orthodoxie als zwischen Luthertum und römischem Katholizismus.
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

ieromonach
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Die Sakristei

Beitrag von ieromonach »

Lieber Lutheraner,
d i e Antwort kann ich nicht geben. Mit 15 Jahren hab ich die Orthodoxe Kirche entdeckt. Da ich aus einer nicht christlichen Familie kam hatte ich also kein Wissen über Religion. Meine Freunde waren aber alle katholisch oder evangelisch. So hab ich alles angesehen (Neugier).Evgl. war mit zu kalt; kath. war schon schön - hat gefallen, dann hab ich eine orth. Gottesdienst gesehen. Das wars dann.Solche schöne Religion wollte ich auch haben. Mich haben die Sinne zu Christus und Seine Kirche geführt.Theologie kam viel später.

Eine eigenständige orthodoxe Kirche in Deutschland? Ist in Zukunft vielleicht möglich.Sebastian hat dazu sich sehr richtig geäußert. Besser ist es aber wenn das von der Orthodoxen katholischen und apostolischen Kirche getrennte Patriarchat Rom die Neoterismen in Sachen Dogma verwirft und sich wieder mit den anderen Patriarchaten eint. Da der Protestantismus ein innerrömisch katholisches Problem ist werden wir Orthodoxe uns da raus halten.

+P.Theodoros

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holzi
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Re: Die Sakristei

Beitrag von holzi »

ieromonach hat geschrieben:...Besser ist es aber wenn das von der Orthodoxen katholischen und apostolischen Kirche getrennte Patriarchat Rom die Neoterismen in Sachen Dogma verwirft und sich wieder mit den anderen Patriarchaten eint.
darauf hoffe ich auch noch - gerade jetzt unter Papst Benedikt gibt es einige Anzeichen, die diese Hoffung am Leben erhalten.

Jonathan
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Allgemeine Fragen zur Orthodoxie

Beitrag von Jonathan »

Liebe Leser,

da es vermutlich ein Bedürfnis hierfür gibt, möchte ich neues Thema eröffnen, bei dem es um allgemeine Fragen zur Orthodoxie gehen soll, also meist kurze Fragen, die hauptsächlich für diejenigen interessant sind, die sich noch nicht intensiv mit der Orthodoxie befasst haben.

Ich selbst habe folgende Frage zum Hymnos Akathistos: Dieser Hymnus heißt angeblich so, weil er im Stehen gebetet würde, habe ich immer wieder gelesen. Aber das erscheint mir doch sehr unlogisch. Soweit ich weiß, betet man in der Orthodoxie immer stehend, was auch für die Intonation von liturgischen Hymnen gilt. Darauf legen viele Orthodoxe auch großen Wert. Wenn man nun aber sagt, der Hymnos Akathistos wurde so benannt, weil er stehend gebetet würde, hieße dies zugleich daß man alle anderen Hymnen sitzend oder liegend betet, was ich mir nicht vorstellen kann. Das stehende Singen oder Beten dieses Hymnus kann daher kaum die Begründung für die Bezeichnung sein, weil es nicht spezifisch für diesen Hymnus ist.
Wenn mir jemand hier weiterhelfen kann, wäre das sehr schön. Herzlichen Dank und ein schönes Wochenende!

Jonathan

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Basilius
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Beitrag von Basilius »

Gott segne !

Es ist wirklich interessant - ich habe mich das auch schon öfter gefragt.

Dass sich A-kathistos von "Nicht-Stehen" herleitet bezweifle ich sehr stark, war es doch immer und überall üblich stehend zu beten.
Aber es könnte sein, dass damit gemeint ist - nicht knieend, oder niederfallend, denn früher wurde viel gekniet während der Gottesdienste( auch heute noch ruft der Priester: Aufrecht, Habet Acht !). Man wollte damit den Triumph oder Sieg ausdrücken genauso wie an Sonntagen/Herrentagen nicht gekniet werden darf !

Kathisma kann aber auch Unterbrechung, Station, Halt usw bedeuten, vielleicht hängt es irgendwie damit zusammen ????
Er wird aber mit Unterbrechungen gelesen ......also ist es diese Erklärung eher nicht....

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Hallo,

wie steht die Orthodoxe Kirche heute zur angeblichen Apostelin Junia?

http://ocafs.oca.org/FeastSaintsViewer. ... SID=101406

Hier ist doch klar eine Frau dargestellt:

Bild

Johannes Chrysostomos wird auf Wikipedia zitiert mit:

„Ein Apostel zu sein ist etwas Großes. Aber berühmt unter den Aposteln – bedenke, welch großes Lob das ist. Wie groß muß die Weisheit dieser Frau gewesen sein, daß sie für den Titel Apostel würdig befunden wurde.“

So viel ich weiß ist die FO in der Orthodoxen Kirche doch völlig ausgeschlossen?
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Basilius
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Beitrag von Basilius »

Lutheraner hat geschrieben:Hallo,

wie steht die Orthodoxe Kirche heute zur angeblichen Apostelin Junia?

http://ocafs.oca.org/FeastSaintsViewer. ... SID=101406

Hier ist doch klar eine Frau dargestellt:

Bild

Johannes Chrysostomos wird auf Wikipedia zitiert mit:

„Ein Apostel zu sein ist etwas Großes. Aber berühmt unter den Aposteln – bedenke, welch großes Lob das ist. Wie groß muß die Weisheit dieser Frau gewesen sein, daß sie für den Titel Apostel würdig befunden wurde.“

So viel ich weiß ist die FO in der Orthodoxen Kirche doch völlig ausgeschlossen?
Gott segne !

Es gibt viele "Apostolinnen" oder "Apostelgleiche Frauen".

zB

Die Heilige und Apostelgleiche Maria Magdalena, die Hl. und Apostelgleiche Nina die Erleuchterin Georgiens, die Hl. und Apostelgleiche und Erstmärtyrerin Thekla ......

Das hat aber nichts mit Ordination zu tun....müsste doch dann auch das Höchste aller Geschöpfe - die Hochheilige Gottesgebärerin- eine Priesterin sein, war sie aber nicht !

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Dennoch halten einige orthodoxe Theologen die Existenz von "Diakoninnen" in der alten Kirche für möglich.
???

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Basilius
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Beitrag von Basilius »

anneke6 hat geschrieben:Dennoch halten einige orthodoxe Theologen die Existenz von "Diakoninnen" in der alten Kirche für möglich.
Diakoninnen gab es und gibt es auch heute zB in Griechenland, hat aber nichts mit Priesterinnen-tum zu tun.

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Das meinte ich ja auch nicht. Aber es ist ein Hinweis darauf, was für eine Rolle Junia gespielt haben könnte. — Im Westen verbreitete sich dahingegen der Irrtum, es sei in Wirklichkeit ein Mann namens Junias gewesen. :(
???

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Basilius hat geschrieben: Gott segne !

Es gibt viele "Apostolinnen" oder "Apostelgleiche Frauen".

zB

Die Heilige und Apostelgleiche Maria Magdalena, die Hl. und Apostelgleiche Nina die Erleuchterin Georgiens, die Hl. und Apostelgleiche und Erstmärtyrerin Thekla ......

Das hat aber nichts mit Ordination zu tun....müsste doch dann auch das Höchste aller Geschöpfe - die Hochheilige Gottesgebärerin- eine Priesterin sein, war sie aber nicht !
Lieber Basilius,

vielen Dank für Deine Antwort. Das heißt aber, dass in der Orthodoxie (anders als in der Westkirche) das Amt des Bischofs und Pfarrers nicht direkt aus dem Apostolat abgeleitet wird?

So viel ich weiß werden in der römischen und anglikanischen Kirche die Bischöfe als Nachfolger der Apostel gesehen. Ein Apostel hätte somit immer die Vollmachten (z.B. zur Sakramentsspendung), die auch ein Bischof hat.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

anneke6 hat geschrieben:Dennoch halten einige orthodoxe Theologen die Existenz von "Diakoninnen" in der alten Kirche für möglich.
Natürlich gab es Diakonissen, das ist doch nichts Neues. Das waren aber keine weiblichen Diakone.

Siehe dazu auch:
viewtopic.php?p=141740&highlight=diakonissen#141740
viewtopic.php?p=74842&highlight=diakonissen#74842
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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Basilius hat geschrieben:
anneke6 hat geschrieben:Dennoch halten einige orthodoxe Theologen die Existenz von "Diakoninnen" in der alten Kirche für möglich.
Diakoninnen gab es und gibt es auch heute zB in Griechenland, hat aber nichts mit Priesterinnen-tum zu tun.
Werden diese auch vom Bischof als Diakoninnen geweiht oder entsprechen diese eher den Diakonissen in der evang.-luth. Kirche?
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lutheraner hat geschrieben:Hallo,

wie steht die Orthodoxe Kirche heute zur angeblichen Apostelin Junia?

http://ocafs.oca.org/FeastSaintsViewer. ... SID=101406

Hier ist doch klar eine Frau dargestellt:

Bild

Johannes Chrysostomos wird auf Wikipedia zitiert mit:

„Ein Apostel zu sein ist etwas Großes. Aber berühmt unter den Aposteln – bedenke, welch großes Lob das ist. Wie groß muß die Weisheit dieser Frau gewesen sein, daß sie für den Titel Apostel würdig befunden wurde.“

So viel ich weiß ist die FO in der Orthodoxen Kirche doch völlig ausgeschlossen?
viewtopic.php?p=74842&highlight=junia+junias#74842
viewtopic.php?p=74865&highlight=junia+junias#74865
viewtopic.php?p=80322&highlight=junia+junias#80322
viewtopic.php?p=141736&highlight=junia+junias#141736
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Basilius
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Beitrag von Basilius »

Darum, glaube ich, werden diese Heiligen Mütter auch

Apostelgleiche und nicht Apostel ( im strengen Sinn)

genannt.

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Lutheraner
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Beitrag von Lutheraner »

Danke! Ich habe auch mal die verschiedenen Bibelbersetzungen verglichen, es scheint in der Tat so gemeint zu sei, dass Junia bei den Aposteln hoch angesehen war. Aus Luther und EÜ geht das nicht so klar hervor.
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

"Akathistos" kommt von "Nicht-sitzend". Ursprünglich bezeichnete man damit nicht diese Hymnengattung, sondern einen Feiertag. Es ist nicht hundertprozentig klar, wem der erste und prototypische Akathistos an die Gottesmutter zu verdanken ist: vielleicht Romanos Melodos, vielleicht Georgios Pisides. Letzteres liegt historisch nahe. Georgios war Diakon an der Hagia Sophia, ist bekannt für diverse Werke, u.a. den "Awarenkrieg". Aus Anlaß des Sieges über die Awaren soll auch dieser Akathistos, oder Teile davon, entstanden sein. Dafür sprechen Bezeichnungen der Gottesmutter wie "zum Sieg auserwählte Heerführerin" usw. - Der Sieg Kaiser Herakleios' über die Awaren (ich glaube, 624 a.D.?) wurde erstmals am Samstag der fünften Woche der Großen Fastenzeit gefeiert. Dieser Tag war es, der ursprünglich Akathistos hieß: inmitten der zahlreichen Metanien und gebeugten Knie der Fastenzeit tritt ein lobpreisender Hymnus, bei dem die Menschen stehenbleiben konnten. Seither ist der Samstag der fünften Fastenwoche der "Akathistos-Samstag", auch wenn uns der historische Bezug nun entgangen ist.

Es ist eine andere Geschichte, daß alle an diesen Prototypus angelehnten Hymnen nun auch so heißen. Fakt ist eines: sitzen tut man auch bei diesem Gebet nicht.

viv
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Beitrag von viv »

Bin auf der Suche nach einem Buch, das (auch?) in deutscher Sprache erschienen sein soll. In der Buchhandlung konnte man nicht weiter helfen. Wo/Wie könnte ich es bekommen?? Danke jetzt schon für eure Antworten und beste Grüße

Altvater Porphyrios von Kavsokalyvia. Leben und Lehre
Hl. Kloster Chrysopigi, Chania, Kreta (Griechenland) 2006

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Sebastian
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Beitrag von Sebastian »

Liebe(r) Viv,

schau doch mal hier vorbei, da hast du auch gleich eine vielfache Auswahl an, wie ich finde, recht guter orthodoxer Lektüre in deutscher Sprache.

Grüße
Sebastian
"Selig sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben" (Joh. 20,31)

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Sebastian
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Beitrag von Sebastian »

Wollte noch ergänzend erwähnen, dass das von "VIV" genannte Buch eines meiner Lieblingsbücher ist und ich es nur allerwärmstens empfehlen kann ! :ja:
"Selig sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben" (Joh. 20,31)

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Gibt es eigentlich Unterschiede zwischen russisch-orthodox und griechisch-orthodox? Wenn ja, worin liegen sie?

Mir ist bislang nur aufgefallen, dass man bei den Griechen etwas lockerer zu seien scheint, indem dort Bestuhlung zugelassen wird, Frauen barhäuptig an der Hl. Liturgie teilnehmen und in der Schola mitsingen dürfen und die Geistlichen kürzere Haare und Bärte tragen (ich denke dabei besonders ein den Fernsehgottesdienst). Aber von Einzelfällen möchte ich nicht auf die Gesamtheit schließen. Sind die Griechen also in der Tat weniger streng oder habe ich schlichtweg einfach von besonders liberalen Gemeinden und Geistlichen Kenntnis genommen?

Wie ist es denn so bei Euch?

Gibt es noch andere Unterschiede?

ieromonach
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Beitrag von ieromonach »

Sehr richtig! Du hast "verwestlichte Geistliche" mit ihren Gemeinden gesehen. In Griechenland findet man wenige liberale Priester. Die meisten Priester und das Volk Gottes sind ganz normale orth. Christen. Solche Neuerungen führten letztlich zu einer Spaltung der Kirche in Hellas.

P.Theodoros

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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Danke Pater Theodoros!

Das habe ich befürchtet.

Wer sind eigentlich die Altorthodoxen? Sind das besonders konservative und traditionelle Orthodoxe, also so etwas wie die FSSPX bei den Katholiken?

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Meinst Du Altgläubige oder Altkalendarier?
Altgläubige haben sich damals von der russisch-orthodoxen Kirche abgespalten, weil sie die Reformen des Patriarchen Nikon nicht akzeptierten. Sie werden auch Roskolniken genannt. Im östlichsten Teil Polens gibt es solche Gemeinden. Ihre Kirchen werden auf polnisch molenna genannt (normale orthodoxe Kirchen heißen cerkiew, katholische (und evangelische) Kirchen kościół) Meistens schotten sie sich gegen Außenstehende ab. Äußerlich erkannt man sie daran, daß sie sich mit zwei Fingern bekreuzigen (und oft an ihrer Kleidung…). Manchmal finden sich sektiererische Elemente. Einige von ihnen haben das Priestertum abgeschafft. Diese werden Duchoborzen genannt.
Was die Altkalendarier angeht: Pater Theodor ist so einer, er wird es Dir erklären.
Meiner Erfahrung nach sprechen Orthodoxe weniger von konservativ oder traditionell, sondern von Orthopraxie.
???

ieromonach
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Beitrag von ieromonach »

Lieber Marcus,
leider ist die orth. Kirche in Hellas und zum Teil in anderen Ländern (z.B. in Rumänien) ab ca. 1923 gespalten in sog. Neu-, und Altkalendarier. Dogmatisch sind sie natürlich eins, doch haben beide eigene Hierarchien. Jeder betrachtet den Anderen als unkanonisch. Gründe: Einführung des greg. Kalenders und der Ökumenismus. Mit diesen beiden Erscheinungen sind dann auch Erneuerungen in den Gemeinden eingeflossen die mit der Orthopraxie nicht übereinstimmen. Heute sind in Hellas ungef. 2 Mill. plus minus 100 000 Gläubige Orthodoxe "altkalendarisch". Leider sind auf beiden Seiten auch Fanatiker zu finden. Das höchste Gericht (Areopag) hat festegestellt: Beide Gruppen sind Teil der Kirche von Hellas und geniessen den Schutz des Staates. Nur in der Zeit haben sich eben die Strukturen verfestigt. Meine Beobachtung ist die. Die Gläubigen gehen zu der Kirche wo die Orthopraxie gelebt wird und der Priester sich bemüht ein Vater zu sein. Sowohl die neu-, als auch die altkalendarischen orthodoxen Christen müssen lernen sich als Kinder einer Kirche zu sehen. Es ist schon eigenartig; mit röm. kath. und Protestanten ist leichter zu reden als mit den eigenen Glaubensbrüdern.

+P.Theodoros

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anneke6
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Beitrag von anneke6 »

Mich würde interessieren, wie diese Kirche kirchenrechtlich einzuordnen ist. Laut der deutschen Übersetzung der Seite sind sie die "echte orthodoxe Kirche Griechenlands".
???

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Marcus hat geschrieben:Mir ist bislang nur aufgefallen, dass man bei den Griechen etwas lockerer zu seien scheint, indem dort Bestuhlung zugelassen wird, Frauen barhäuptig an der Hl. Liturgie teilnehmen und in der Schola mitsingen dürfen und die Geistlichen kürzere Haare und Bärte tragen (ich denke dabei besonders ein den Fernsehgottesdienst). Aber von Einzelfällen möchte ich nicht auf die Gesamtheit schließen. Sind die Griechen also in der Tat weniger streng oder habe ich schlichtweg einfach von besonders liberalen Gemeinden und Geistlichen Kenntnis genommen?
• Generelle Bestuhlung bei den Griechen wäre mir neu; Randbestuhlung für Alte oder Kranke ist nicht nur bei den Griechen völlig normal.

• Barhäuptige Frauen lassen sich in den großen Städten kaum wirksam verhindern, auch bei den Russen nicht; im Einzelfall ist die Situation sehr unterschiedlich.

• Frauen im Chor sind völlig normal.

• Was die Tracht des Bartes und Haupthaars mit polit-theologischen „Richtungen“ zu tun haben soll, ist mir unerfindlich.
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Linus
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Beitrag von Linus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Was die Tracht des Bartes und Haupthaars mit polit-theologischen „Richtungen“ zu tun haben soll, ist mir unerfindlich.
Ganz klar: langer Bart: Orthodoxer Fundi - christlicher Taliban
langer aber gestutzter Bart: Normalorthodox.
Kurzer Gestutzter Bart (so wie du auf deinem Avatarbild) Orthodoxer Ökumeniker
Gar kein Bart: Überläufer zum Papst :D
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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Sebastian
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Beitrag von Sebastian »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Marcus hat geschrieben:Mir ist bislang nur aufgefallen, dass man bei den Griechen etwas lockerer zu seien scheint, indem dort Bestuhlung zugelassen wird, Frauen barhäuptig an der Hl. Liturgie teilnehmen und in der Schola mitsingen dürfen und die Geistlichen kürzere Haare und Bärte tragen (ich denke dabei besonders ein den Fernsehgottesdienst). Aber von Einzelfällen möchte ich nicht auf die Gesamtheit schließen. Sind die Griechen also in der Tat weniger streng oder habe ich schlichtweg einfach von besonders liberalen Gemeinden und Geistlichen Kenntnis genommen?
• Generelle Bestuhlung bei den Griechen wäre mir neu; Randbestuhlung für Alte oder Kranke ist nicht nur bei den Griechen völlig normal.

• Barhäuptige Frauen lassen sich in den großen Städten kaum wirksam verhindern, auch bei den Russen nicht; im Einzelfall ist die Situation sehr unterschiedlich.

• Frauen im Chor sind völlig normal.

• Was die Tracht des Bartes und Haupthaars mit polit-theologischen „Richtungen“ zu tun haben soll, ist mir unerfindlich.
Danke, Robert ! :-) Was die Sache des Bartes angeht, darüber haben wir hier einige Ausführungen von Roman.
"Selig sind die, die nicht gesehen und doch geglaubt haben" (Joh. 20,31)

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Marcus hat geschrieben:Sind die Griechen also in der Tat weniger streng oder habe ich schlichtweg einfach von besonders liberalen Gemeinden und Geistlichen Kenntnis genommen?
Diesen Ruf haben die Griechen bei den Russen. Historisch ist das nicht unbegründet: die Griechen hatten unter dem Türkenjoch eine Menge Zugeständnisse zu machen. Ich kann bezeugen, daß die Griechen bei den Russen immer noch oft als verweichlicht gelten, obwohl letztere nun auch ihr eigenes schweres Joch mit den entsprechenden Konsequenzen hinter sich haben.

Die langen Haare der Geistlichen haben ebenda ihren Ursprung: bei den Griechen unter dem Türkenjoch. Der Patriarch galt unter den Türken als Ethnarch der Griechen, bekam entsprechende weltliche Funktionen und mit ihm auch der Klerus. Lange Haare waren in Byzanz ein Insignium weltlicher Macht. Die Russen übernahmen diese Sitte Mitte des 17. Jahrhunderts unter Patriarch Nikon, als man nicht nur die liturgischen Bücher, sondern auch die übrigen Traditionen mit denen der Griechen verglich und Abweichungen zu beseitigen suchte. Die sogenannten "Altgläubigen" tragen ihre Haare folglich nicht lang.

Diese sind trotz vermeintlich bewahrter "genuiner" Orthopraxie aber trotzdem eine Spaltung. Im Verlauf der Jahrhunderte sind sie in dutzende Gruppen zerfallen, ein deutlicher Hinweis darauf, was die treibende Kraft hinter ihrer Ideologie war. Genau das gleiche gilt für die "Altkalendarier", man kann gar nicht sagen, wie viele Gruppierungen (vor allem auf dem dafür sehr fruchtbaren amerikanischen Boden) daraus wiederum entstanden sind: mindestens drei Richtungen der "genuinen" Altkalendaristen in Griechenland, die "Synode im Widerstand", Milaner Synode, HOCNA, ROCIE noch mehr "genuine" Pseudo-Katakombenchristen in Rußland und anderswo. Die griechischen Altkalendarier mögen vom griechischen Staat anerkannt werden, aber der Staat entscheidet ja nicht auf Grundlage des kanonischen Rechts. Ich denke, man kann sie wohl schon mit den Piusbrüdern und/oder Sedisvakantisten vergleichen: scheinbar die gleiche Motivation, die Bewahrung der "Orthopraxie" und echten Lehre, Ablehnung des Ökumenismus, aber auf Kosten der Liebe und der Einheit. Letzteres offenbart die wirkliche Triebkraft dieser Bewegungen: es ist der Stolz, der die Einheit zerstört.

Man braucht die Bedeutung dieser Gruppierungen aber nicht überschätzen. Es ist bei den Lateinern nicht anders, wie viele Parallel-Päpste ich da allein schon im Internetz gesehen habe, weil ja der in Rom irgendeinen Fehler gemacht hat. Dazu die diversen "Sedisvakantisten". Menschen sind überall Menschen.

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