Vesper im alten Ritus

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
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Maurus
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Maurus »

holzi hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben:Mit der Umsetzung des Motu proprio hatte Kamphaus allerdings nichts zu tun. Er ist am 02. Februar 2007 in den Ruhestand getreten.
Cantus meint hier das Motu Proprio "Ecclesia Dei" von 1988! Bereits das wurde von dem "linken" Kamphaus wesentlich bereitwilliger umgesetzt als von den meisten seiner konservativen Kollegen.
"Das Motu proprio" ist ähnlich wie "das Konzil" :breitgrins:.

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cantus planus
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von cantus planus »

Es war ja in Tradikreisen kurze Zeit sogar vom "Geist des MP" die Rede. Aber nur sehr kurz. Offenbar hat man rechtzeitig bemerkt, dass man da das alte Gespenst wieder durch die Hintertür ins Haus lässt.
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iustus
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von iustus »

In der Tat. Gero Weishaupt spricht (auch in seinem neuen online-Kommentar) noch oft vom "Geist" des MP.

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ottaviani
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von ottaviani »

genau aus diesem Grund währen Ausführungsbestimmungen von Rom sehr Wichtig

michaelis
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von michaelis »

ottaviani hat geschrieben:genau aus diesem Grund währen Ausführungsbestimmungen von Rom sehr Wichtig
Stimmt!
Aber ich vermute, daß sie nicht vor Abschluß der Gespräche mit der FSSPX erscheinen werden.

Grund:
Da Benedikt dafür bekannt ist, daß er sich penibel an das geltende Recht hält (wie etwa beim "pro multis" in den noch geltenden Übersetzungen) wird er dies auch bei diesem Thema tun.
Und im Licht des CIC 1984 dürften dann eine ganze Reihe von Ausführungsbestimmungen (Handkommunion, Messdienerinnen, Kommunionhelfer, etc.) überhaupt nicht nach dem Geschmack der Pius-Brüder ausfallen.

Auch beim Kalender vermute ich eine deutliche Überarbeitung in Richtung auf die "Mehrheit" in der Kirche.

All dies dürfte die Gespräche extrem belasten, wenn nicht sogar zum Scheitern bringen.
Nach Abschluß der Gespräche sieht die Sache vermutlich anders aus.
Einigt man sich und die Bruderschaft erhält eine kanonische Form, wird sie diese wahrscheinlich nicht deswegen sofort wieder aufgeben wollen.
Einigt man sich nicht, ist es sowieso egal.


Wie gesagt, nur reine Vermutung!
Aber wohl nicht unbegründet.

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Bernado
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Bernado »

michaelis hat geschrieben:Und im Licht des CIC 1984 dürften dann eine ganze Reihe von Ausführungsbestimmungen (Handkommunion, Messdienerinnen, Kommunionhelfer, etc.) überhaupt nicht nach dem Geschmack der Pius-Brüder ausfallen.
Das leuchtet nicht ein. Alle drei Punkte sind im Recht nur als Ausnahmen berücksichtigt, die von einer besseren Norm abweichen. Die praktische Nutzung dieser Ausnahmeregeln hat die verheerenden Auswirkungen dieser Indulte bestätigt. Ihre Verallgemeinerung auf den alten Ritus würde nicht nur von einer rekonziliierten Piusbruderschaft als unerträgliches Abrücken von den Grundlagen verstanden. Sie würde nicht nur eine eventuelle Aussöhnung mit der Bruderschaft, sondern einen großen Teil der erhofften positiven Auswirkungen vopn Summorum Pintificum in Frage stellen oder unmittelbar zunichte machen.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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ad-fontes
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von ad-fontes »

michaelis hat geschrieben:Und im Licht des CIC 1984 dürften dann eine ganze Reihe von Ausführungsbestimmungen (Handkommunion, Messdienerinnen, Kommunionhelfer, etc.) überhaupt nicht nach dem Geschmack der Pius-Brüder ausfallen.
Die drei Distinctiva sind so sehr teil der postkonziliar-katholischen Identität geworden, da sehe ich Schwarz.
II. Statistisches
Insgesamt gaben 91 Befragte einen auswertbaren Fragebogen zurück, 64 davon weiblich (7%), 27 männlich (3%). Es beteiligten sich Gottesdienstbesucher im Alter von 1 bis 84 Jahren, das Durchschnittalter der Befragten liegt bei 58,2 Jahren.
Alle Teilnehmer der Umfrage gaben an, getauft zu sein. Sechs waren nicht gefirmt, einer hatte (noch) nicht die Kommunion empfangen. Knapp ein Viertel der Befragten (22) machte die Angabe, einen liturgischen Dienst auszuüben.
http://kemper-dortmund.de/thomas/dipl/dipl.htm
Christi vero ecclesia, sedula et cauta depositorum apud se dogmatum custos, nihil in his umquam permutat, nihil minuit, nihil addit; non amputat necessaria, non adponit superflua; non amittit sua, non usurpat aliena. (Vincentius Lerinensis, Com. 23, 16)

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ottaviani
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von ottaviani »

michaelis hat geschrieben:
ottaviani hat geschrieben:genau aus diesem Grund währen Ausführungsbestimmungen von Rom sehr Wichtig
Stimmt!
Aber ich vermute, daß sie nicht vor Abschluß der Gespräche mit der FSSPX erscheinen werden.

Grund:
Da Benedikt dafür bekannt ist, daß er sich penibel an das geltende Recht hält (wie etwa beim "pro multis" in den noch geltenden Übersetzungen) wird er dies auch bei diesem Thema tun.
Und im Licht des CIC 1984 dürften dann eine ganze Reihe von Ausführungsbestimmungen (Handkommunion, Messdienerinnen, Kommunionhelfer, etc.) überhaupt nicht nach dem Geschmack der Pius-Brüder ausfallen.

Auch beim Kalender vermute ich eine deutliche Überarbeitung in Richtung auf die "Mehrheit" in der Kirche.

All dies dürfte die Gespräche extrem belasten, wenn nicht sogar zum Scheitern bringen.
Nach Abschluß der Gespräche sieht die Sache vermutlich anders aus.
Einigt man sich und die Bruderschaft erhält eine kanonische Form, wird sie diese wahrscheinlich nicht deswegen sofort wieder aufgeben wollen.
Einigt man sich nicht, ist es sowieso egal.


Wie gesagt, nur reine Vermutung!
Aber wohl nicht unbegründet.
selbstverständklich würde die FSSPX bei solchen Ausführungsbestimmungen sofort wieder jeden Kontakt abbrechen den das ganze währe der beste Beweis daß alles nur eine Falle ist und modernisiert werden soll wie kommst du auf die Idee man würde sich soetwas gefallen lassen 50 % der Gläubigen und Priester die jetzt daß MP in Anspruch nehmen würden dann der FSSPX folgen
im Übrigen sagt ja der hl. Vater klar was er sich vorstellt im Bezug auf das Meßbuch von 1962 neue Heillienfeste und neue Praefaktionen

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Sursum Corda
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Sursum Corda »

Da möchte ich Ottaviani zustimmen.
Um aber kurz zur Vesper im alten Ritus zurückzukehren:
Mindestens einmal im Monat ist im Paderborner dom am Sonntag gesungene Vesper. Dafür wurde noch nie die nachkonziliare Form verwendet. Es wird immer die alte Vesper gesungen.
Cantus möchte ich zustimmen, wenn er sagt, die Volksandachten seien oft beliebter als die Vesper, weil die Leute die alten Lieder singen können. Gerade hier böte sich für die traditionellen Gemeinschaften ein sehr gutes Betätigungsfeld, um vielleicht mehr Leute zu erreichen: eine gute gemachte Segensandacht ist eine feine Katechese und bietet zugleich mehr Gelegenheit, schönes altes Liedgut zu pflegen, als dies z.B. im Choralamt möglich ist.
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Sursum Corda
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Sursum Corda »

Kaum geschrieben, muß ich mich nun wieder zurücknehmen. Seit gestern wird die Vesper im Dom in der neuen Version gesungen. Es gibt einen klaren Beschluß der Verantwortlichen, daß ab sofort die neue Form gebraucht wird.
Man frage mich jetzt bitte nicht nach dem tieferen Sinn. Aber da wollen anscheinend einige Altliberale ganz dick zeigen, daß sie auch noch was zu sagen haben und wer der Herr im Hause ist. Gewisse Leute (auch) geistlichen Standes scheinen direkt zu fürchten, die Domkirche könne einen zu "tridentinischen" Anstrich bekommen...
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Berolinensis
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Berolinensis »

Sursum Corda hat geschrieben:Kaum geschrieben, muß ich mich nun wieder zurücknehmen. Seit gestern wird die Vesper im Dom in der neuen Version gesungen. Es gibt einen klaren Beschluß der Verantwortlichen, daß ab sofort die neue Form gebraucht wird.
Man frage mich jetzt bitte nicht nach dem tieferen Sinn. Aber da wollen anscheinend einige Altliberale ganz dick zeigen, daß sie auch noch was zu sagen haben und wer der Herr im Hause ist. Gewisse Leute (auch) geistlichen Standes scheinen direkt zu fürchten, die Domkirche könne einen zu "tridentinischen" Anstrich bekommen...
Laßt uns das mal hoffnungsvoll als letztes Aufbäumen sehen. Irgendwie (natürlich nicht, daß ich den hier Handelnden schlechte Motive unterstelle, nur vom Ergebnis her) erinnert mich das an das Abreißen von Brücken, wenn der Krieg schon verloren ist, auch wenn er noch eine Weile dauern wird.

maliems
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von maliems »

gut ausgedrückt. :pfeif:

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ad-fontes
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von ad-fontes »

Welcher Urtext liegt dem heutigen lateinischen Brevier zugrunde?
Der hebräische Psalter nach der Nova Vulgata?

Von wann bis wann wurden die Pianischen Psalmen gebetet?
Ihre Schwäche ist ihre klassische Latinität, während der alte Psalter zwar viele verderbte Stellen enthält, aber in Mark und Bein der Kirche übergegangen war? Habe ich das richtig verstanden?
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Bernado
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Bernado »

ad-fontes hat geschrieben:Welcher Urtext liegt dem heutigen lateinischen Brevier zugrunde?
Der hebräische Psalter nach der Nova Vulgata?
Ja. So ist es in Punkt 4 der Detailvorschriften der Apostolischen Konstitution Pauls VI. zur Einführung des neuen Breviers bestimmt. Aber das hat wirkung natürlich nur für die praktisch nirgendwo verwandte Lateinische Fassung - die umgangssprachlichen Versionen gestatten sich viele Freiheiten - bestehen aber meiner Kenntnis nach alle auf der traditionswidrigen hebraisierenden Zählung.

Im gleichen Punkt wird übrigens erklärt, daß im neuen Stundenbuch einige der 'rauheren' (asperiores) Psalmen bzw. Verse ausgelassen worden sind, weil die in den Volkssprachen denn doch zu hart klinegn würden....
Von wann bis wann wurden die Pianischen Psalmen gebetet?
Ihre Schwäche ist ihre klassische Latinität, während der alte Psalter zwar viele verderbte Stellen enthält, aber in Mark und Bein der Kirche übergegangen war? Habe ich das richtig verstanden?
Das Motu Proprio "In cotidianis precibus" vom Palmsonntag 1945 erteilte allen Priestern und zum Breviergebet Verpflichteten die Erlaubnis, vom 24. März an die Psalmen in der neuen lateinischen Form zu beten. Sie wurden also nicht vorgeschrieben. Wegen ihrer (vermeintlich?) leichteren Verständlichkeit setzten sie sich jedoch schnell durch, so daß nach 1950 kaum noch Breviere mit den Psalmen der Vulgata erschienen sind. Gebetet wurden sie bis zum Inkrafttreten der Liturgia Horarum 1970 bzw. deren nationalsprachlicher Adaptionen, die teilweise später erfolgten.

Das war aber wohl alles schon Theorie, weil die Brevierdisziplin damals bereits zusammengebrochen war.

Ich würde die klassische Latinität nicht direkt als "Schwäche" der Bea-Psalmen bezeichnen - klassische Latinität ist ja eigentlich was schönes. Ihre Schwäche war, daß sie erstmalig Texte, die wie Du ganz zutreffend schreibst, "in Mark und Bein der Kirche übergegangen" waren, der Veränderung unter dem Vorwand der Verbesserung preisgaben.
Wie hört sich das denn an, wenn der Psalm Judica so anfängt:
Jus redde mihi, Deus, et age causam meam adversus gentem non sanctam, ab homine doloso et iniquo libera me.
Und dann in Vers 4:
Et introibo ad altare Dei, ad Deum laetitiae et exsultationis meae.

Wissenschaftlich ist gegen die Nova Vulgata wenig einzuwenden - aber ohne ihren Anmerkungsapparat verliert sie stark an Wert, und deshalb ist es zweifelhaft, inwieweit sie als Gebetbuch geeignet ist. Interessant ist, daß die Liturgia Horarum nicht nur die Psalmenkorrektur Pius' XII., sondern auch die Hymnenkorrektur Urbans VIII. weitgehend rückgängig gemacht hat.
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ad-fontes
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von ad-fontes »

Danke vielmals! Sehr informativ.
Bernado hat geschrieben: Interessant ist, daß die Liturgia Horarum nicht nur die Psalmenkorrektur Pius' XII., sondern auch die Hymnenkorrektur Urbans VIII. weitgehend rückgängig gemacht hat.
Zugunsten der Erstfassung?
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Bernado
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Bernado »

ad-fontes hat geschrieben:Danke vielmals! Sehr informativ.
Bernado hat geschrieben: Interessant ist, daß die Liturgia Horarum nicht nur die Psalmenkorrektur Pius' XII., sondern auch die Hymnenkorrektur Urbans VIII. weitgehend rückgängig gemacht hat.
Zugunsten der Erstfassung?
Weitgehend. Eine Erstfassung im eigentlichen Sinne gab es nicht - es gab zwei ungefähr gleichwertige Traditionslinien, die aber unverkennbar für viele Hymnen einen gemeinsamen Stamm hatten. Die humanistische Redaktion unter Urban VIII. hat daraus eine offizielle Version gemacht. Und etwa 80% dieser damaligen Änderungen (die in der Regel weniger eingreifend waren als die Pianische Psalmenversion!) wurden wieder rückgängig gemacht - mal zugunsten von Linie A, mal zu Linie B, mal zu einer weiteren Nebenlinie. In einigen Fällen ließ man die Urban-Version aber stehen, weil die vorherigen auch nicht überzeugen konnten.

Man muß sehen, daß die Überlieferung der Hymnen nicht so solide ist wie die der Psalmen. Bei den Autoren, die auch hohen Rang als Schriftsteller oder Kirchenlehrer hatten, gab es meistens "kanonische" Formen mit wenig Lesarten. Bei den anonym überlieferten konnten größere Unterschiede auftreten. Da hat die moderne Forschung wohl auch noch den einen oder anderen überraschenden Befund zu Tage gebracht.

Was meistens übersehen wird ist der Umstand, daß die Hymnen nach Trient ja nicht nur der Form nach "klassifiziert" sondern vor allem der Zahl nach drastisch reduziert und vereinheitlicht worden sind. Insgesamt haben Dreves und Mitarbeiter 2000 oder 4000 Hymnen in den Analecta zusammengetragen, die irgendwann und irgendwo einmal eine Rolle in der Liturgie gespielt haben. Trient hat deren Zahl auf unter 200 reduziert - und nur diese waren weltweit zugelassen. Pius X. hat die Zahl dann noch einmal auf 149 reduziert.

Die Liturgia Horarum hat nun wieder eine Ausweitung herbeigeführt. Weniger im (ohnehin irrelevanten) lateinischen Bestand, obwohl der wohl auch wieder etwas vermehrt wurde. Aber die nationalsprachlichen Fassungen enthalten nun auch wieder "Eigenhymnen", die nur für das Gebiet einer Bischofskonferenz oder noch kleiner zugelassen bzw. vorgeschrieben sind. Dazu kommen sehr freie Übersetzungen einiger klassischer Hymnen, die schon fast als Neuschöpfungen gelten müssen. Dann gibt es echte Neuschöpfungen, die für die deutsche Ausgabe wohl meistens aus Maria Laach oder Beuron kommen, dann aber auch Fundstücke wie das Wessobrunner Gebet, das ebenfalls ins deutsche Stundenbuch eingegangen ist.

Da das Deutsche Stundenbuch sich über seine Quellen weitgehend ausschweigt und ich mich auch nicht viel mit ihm beschäftige, kann ich dazu nichts genaueres sagen.

Im Prinzip muß man diese Diversifizierung wohl eher begrüßen, man kann sie auch nicht frontal als "Traditionsbruch" ablehnen.

Die eigentliche Problematik der Brevierreformen der letzten 500 Jahre liegt wohl auf anderem Gebiet. Das eine ist, daß das Verständnis und die Zuneigung zu den Psalmen stark geschwunden sind. Dann hat sich die Vorstellung davon, was ein "lehrreicher" Text ist, stark verändert, dem sind viele schöne Vätertexte und vor allem Heiligenlegenden zum Opfer gefallen. Das Hauptproblem aber ist, daß das Breviergebet augenzwinkernd als insgesamt nicht mehr in die heutige Zeit passend angesehen und von vielen Priestern sträflich vernachlässigt wird. Das ist eine Entwicklung nicht der letzten 30, sondern eher 300 Jahre.
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Linus
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Linus »

Was ist mit "sträflicher Vernachlässigung" gemeint? Daß man die Gebete in der früh bis inklusive Komplet in 35 Minuten runtergebrochen hat? Oder was? :hae?: Wie sah die "Brevierdisziplin" denn vorkonziliar aus? Idealtypisch und realiter.
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Berolinensis
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Berolinensis »

Linus hat geschrieben:Was ist mit "sträflicher Vernachlässigung" gemeint? Daß man die Gebete in der früh bis inklusive Komplet in 35 Minuten runtergebrochen hat? Oder was? :hae?: Wie sah die "Brevierdisziplin" denn vorkonziliar aus? Idealtypisch und realiter.
Immer noch besser als wie heute üblich das Brevier gar nicht mehr zu beten. Das ist ja das typische dieser nachkonziliaren Reformen. Mit großem Trara irgendwelche utopischen Idealzustände herstellen wollen, um dann am Ende beim Totalzusammenbruch zu landen. Ein Phänomen was ja auch aus dem geistlichen Leben des einzelnen nicht unbekannt ist.

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cantus planus
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von cantus planus »

Berolinensis hat geschrieben:Immer noch besser als wie heute üblich das Brevier gar nicht mehr zu beten. Das ist ja das typische dieser nachkonziliaren Reformen. Mit großem Trara irgendwelche utopischen Idealzustände herstellen wollen, um dann am Ende beim Totalzusammenbruch zu landen.
sic! :klatsch:
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Linus »

Berolinensis hat geschrieben:
Linus hat geschrieben:Was ist mit "sträflicher Vernachlässigung" gemeint? Daß man die Gebete in der früh bis inklusive Komplet in 35 Minuten runtergebrochen hat? Oder was? :hae?: Wie sah die "Brevierdisziplin" denn vorkonziliar aus? Idealtypisch und realiter.
Immer noch besser als wie heute üblich das Brevier gar nicht mehr zu beten. Das ist ja das typische dieser nachkonziliaren Reformen. Mit großem Trara irgendwelche utopischen Idealzustände herstellen wollen, um dann am Ende beim Totalzusammenbruch zu landen. Ein Phänomen was ja auch aus dem geistlichen Leben des einzelnen nicht unbekannt ist.
ich will wissen, wie's historisch mit der Disziplin beim Brevier aussah (immerhin für die Verpflichteten bei Unterlassung ja schwere Sünde), nicht, daß es besser ist "irgendwie" zu beten als garnicht. Das ist nämlich klar!
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Bernado
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Bernado »

Linus hat geschrieben:Was ist mit "sträflicher Vernachlässigung" gemeint? Daß man die Gebete in der früh bis inklusive Komplet in 35 Minuten runtergebrochen hat? Oder was? :hae?: Wie sah die "Brevierdisziplin" denn vorkonziliar aus? Idealtypisch und realiter.
Soweit ich das weiß, wurde das "persolvieren" des Breviers bis in die 60er Jahre und darüberhinaus sehr ernst genommen - aber oft nur formal erfüllt. D. h. mancher vielbeschäftigte Priester ratterte das Tagespensum zu irgendeiner gelegenen Zeit in einem Stück herunter, und wenn man etwas nicht verstand - nicht jeder Hymnus und nicht jeder Väterpredigt erschließt sich ohne Kampf - war das auch keine große Sache: Hauptsache abgelesen, mit durch die Mundbewegung angedeuteter Artikulation, aber ohne Stimme.

Aber auch bei den vielen, die sich ehrliche Mühe gaben, wurden die Zeiten sehr locker gehandhabt, es gab da verschiedene Indulte, die es ermöglichten, den größten Teil des Pensums abends oder morgens nachzuholen bzw. für den nächsten Tag vorwegzunehmen. Das ist aber der Feind jeder Andacht und verfehlt darüberhinaus das Ziel, den Tag zu begleiten und zu heiligen.

Die neue Liturgia Horarum wäre gar nicht so schlecht, wenn sie nicht so deutlich den Bruch mit der Tradition markieren würde und wenn sie nicht da, wo es früher eher unübersichtlich war, eine allzu ordentliche Monotonie hineingebracht hätte. Wieviele Priester sie heute noch tatsächlich beten, weiß ich nicht.
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Linus »

Bernado hat geschrieben: Die neue Liturgia Horarum wäre gar nicht so schlecht, wenn sie nicht so deutlich den Bruch mit der Tradition markieren würde und wenn sie nicht da, wo es früher eher unübersichtlich war, eine allzu ordentliche Monotonie hineingebracht hätte. Wieviele Priester sie heute noch tatsächlich beten, weiß ich nicht.
?
Worin Brüche?
Ich halte die heutigen 7 Zeiten am Tag für machbar (ein Erfahrungswert) auch wenn ich zugegebener maßen Terz/Sext/Non Zzusammenfasse (und manchmal auch noch eine andere Zeit dranhäng)
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Bernado
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Bernado »

Linus hat geschrieben: Worin Brüche?
Ich halte die heutigen 7 Zeiten am Tag für machbar (ein Erfahrungswert) auch wenn ich zugegebener maßen Terz/Sext/Non Zzusammenfasse (und manchmal auch noch eine andere Zeit dranhäng)
Das fängt schon mit eher äußeren Dingen wie dem Namen an. Natürlich ist "Liturgia Horarum" nicht falsch, und es ist inhaltlich treffender als Breviarium Romanum. Aber es klingt anders, und es will - das sieht man dann auch an der Einteilung der Bände - sich deutlich abheben.

Weiterer Bruch ist die inhaltlich durch nichts zu begründende Schematisierung der Horen, die jetzt stets den Hymnus voranstellen, wo es früher einen Wechsel gab. Dann die weitere Herabstufung der Heiligen zugunsten eines abstrakten "Herrenjahres" - als ob das eine nichts mit dem anderen zu tun hätte. Sehr stark verändert wurde auch der ganze "Apparat" von Antiphonen und Orationen, der faktisch von der römischen Tradition gelöst wurde und auf eine Art über den Traditionen schwebenden Universalritus abzielt. Insoweit ist das Abrücken vom "Breviarium Romanum" dann auch inhaltlich begründet.

Am schlimmsten finde ich aber die von Paul VI. in seiner Konstitution ausdrücklich erwähnte Streichung mehrerer Psalmen aus dem offiziellen Psalter der Kirche, weil sie dem heutigen Menschen nicht mehr zuzumuten seien. Da ähnliche Streichungen auch in den Evangelientexten (sowohl im Brevier als im Missale) vorgenommen wurden (von wegen: "Den Tisch der 'Schrift reicher bereiten"), stehen wir heute in der für die Kirche einmaligen Situation, daß die Liturgie sich offiziell von Teilen der hl. Schrift, die sie für nicht mehr zeitgemäß hält, distanziert.
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Berolinensis
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Berolinensis »

Bernado hat geschrieben:Soweit ich das weiß, wurde das "persolvieren" des Breviers bis in die 60er Jahre und darüberhinaus sehr ernst genommen - aber oft nur formal erfüllt. D. h. mancher vielbeschäftigte Priester ratterte das Tagespensum zu irgendeiner gelegenen Zeit in einem Stück herunter, und wenn man etwas nicht verstand - nicht jeder Hymnus und nicht jeder Väterpredigt erschließt sich ohne Kampf - war das auch keine große Sache: Hauptsache abgelesen, mit durch die Mundbewegung angedeuteter Artikulation, aber ohne Stimme.

Aber auch bei den vielen, die sich ehrliche Mühe gaben, wurden die Zeiten sehr locker gehandhabt, es gab da verschiedene Indulte, die es ermöglichten, den größten Teil des Pensums abends oder morgens nachzuholen bzw. für den nächsten Tag vorwegzunehmen. Das ist aber der Feind jeder Andacht und verfehlt darüberhinaus das Ziel, den Tag zu begleiten und zu heiligen.
Wie schon gesagt kann ich diese seit fünfzig Jahren gebetsmühlenartig vorgetragene Kritik nur sehr bedingt nachvollziehen. Natürlich ist das andächtige, wohlverständige, über den Tag verteilte etc. Beten ideal; das setze ich voraus und sage es im folgenden nicht jedes Mal dazu. Aber warum muß hier mit Voltaire le mieux l'ennemi du bien sein? Warum muß ich beim Breviergebet alles bis ins letzte verstehen - sträuben wir uns bei den lateinischen Lesungen der alten Messe nicht auch gegen diesen Anspruch der Reformer? Ist nicht auch das Breviergebet in erster Linie Anbetung und Eintauchen in den Gebetsstrom der Kirche, den Liebesgesang der Braut, bei dem ich nicht allem immer rationalistisch bis in die letzte Verästelung nachgehen muß?

Und besser das Brevier wird geflüstert und damit echt gebetet (bloße Mundbewegungen waren zu jeder Zeit - wenn auch teilsweise weitverbreiteter Mißbrauch, der i.e.S. die Brevierpflicht nicht erfüllt), als wie heute teils üblich bloß mental gelesen, was definitiv die Brevierpflicht nicht erfüllt.

Und natürlich ist es schön, wenn man sich wie die Mönche septies in die in der Kirche zum Chorgebet versammeln kann (warum viele Klöster dennoch meherer Horen in einem Aufwasch singen, ist eine andere Frage). Aber muß das wirklich auch für jeden Weltgeistlichen gelten? Das Resultat ist doch realistisch, daß dann viele Horen einfach ausgelassen werden. Ich bekenne ohne Umstände, daß ich häufig morgens Matutin, Laudes (die ja sowieso eigentlich eine Hore sind), Prim und Terz in einem Rutsch bete, und ebenso abends Non, Vesper und Komplet. Und ja, an besonders ausgefüllten Tagen habe ich auch schon das gesamte Offizium abends vorm Zubettgehen gebetet. Die Alternative wäre wie gesagt, vieles einfach auszulassen. Das will ich nicht, und halte es auch nicht für "ehrlicher" (dieser Begriff ist leider zu einem Codewort für "bequemer" geworden). Und dazu brauchte es übrigens auch früher keines Indults, das war (und ist in der ao. Form) in den Rubriken ausdrücklich vorgesehen (Rubricae generales 143).
Bernado hat geschrieben:
Linus hat geschrieben: Worin Brüche?
Weiterer Bruch ist die inhaltlich durch nichts zu begründende Schematisierung der Horen, die jetzt stets den Hymnus voranstellen, wo es früher einen Wechsel gab. Dann die weitere Herabstufung der Heiligen zugunsten eines abstrakten "Herrenjahres" - als ob das eine nichts mit dem anderen zu tun hätte. Sehr stark verändert wurde auch der ganze "Apparat" von Antiphonen und Orationen, der faktisch von der römischen Tradition gelöst wurde und auf eine Art über den Traditionen schwebenden Universalritus abzielt. Insoweit ist das Abrücken vom "Breviarium Romanum" dann auch inhaltlich begründet.

Am schlimmsten finde ich aber die von Paul VI. in seiner Konstitution ausdrücklich erwähnte Streichung mehrerer Psalmen aus dem offiziellen Psalter der Kirche, weil sie dem heutigen Menschen nicht mehr zuzumuten seien. Da ähnliche Streichungen auch in den Evangelientexten (sowohl im Brevier als im Missale) vorgenommen wurden (von wegen: "Den Tisch der 'Schrift reicher bereiten"), stehen wir heute in der für die Kirche einmaligen Situation, daß die Liturgie sich offiziell von Teilen der hl. Schrift, die sie für nicht mehr zeitgemäß hält, distanziert.
Dann wäre noch zu nennen: Die Unterdrückung der Prim (daß das schon in SC steht, macht es nicht besser, glücklicherweise ist das ja eine bloß disziplinarische Bestimmung, die der Papst jederzeit rückgängig machen kann), Die Transformation des Nachtoffiziums der Maututin, die durch vielfältige Absolutionen, Benediktionen und Responsorien (oft von besonderer Schönheit) reich gegeliedert war, in eine nicht wiederzuerkennende didaktische Lesestunde, Die krasse Reduzierung des täglichen Psalmenpensum, die Aufgabe des wöchentlichen Betens des kompletten Psalters durch einen historisch beispiellosen Vier(!)-Wochen-Psalter, die Verbannung vieler Standardorationen an entlegene Plätze (die allabendliche Oration "Visita quaesumus" wird jetzt gerademal noch am Triduum paschale [und evtl. noch an Hochfesten, weiß ich gerade nicht genau] gebetet), der weitgehende Fortfall aller Besonderheiten der geprägten Zeiten (z.B. preces am Mittwoch und Freitag, anstatt dessen jetzt die neuen künstlichen preces für jeden Tag - wobei ich anerkenne, daß die als Neuschöpfungen nicht schlecht sind), etc. etc.

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Gamaliel
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Gamaliel »

Berolinensis hat geschrieben:Und besser das Brevier wird geflüstert und damit echt gebetet (bloße Mundbewegungen waren zu jeder Zeit - wenn auch teilsweise weitverbreiteter Mißbrauch, der i.e.S. die Brevierpflicht nicht erfüllt), als wie heute teils üblich bloß mental gelesen, was definitiv die Brevierpflicht nicht erfüllt.
Präzisierung: Bloße Lippenbewegung (= ohne Stimme) erfüllt die Brevierpflicht! Regel: Das Brevier ist "labialiter" zu beten, die (stille) hl. Messe hingegen "vocaliter" (= "flüsternd") zu zelebrieren.

HeGe
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von HeGe »

Bernado hat geschrieben:Am schlimmsten finde ich aber die von Paul VI. in seiner Konstitution ausdrücklich erwähnte Streichung mehrerer Psalmen aus dem offiziellen Psalter der Kirche, weil sie dem heutigen Menschen nicht mehr zuzumuten seien.
Da könnte man doch eine viel größere Aufzählung aufmachen, denn das ist doch nicht die einzige, praktisch bedeutsame "Anpassung". Beispielsweise werden im Gotteslob von den wenigen Psalmen, die überhaupt drinstehen, die meisten ja auch nochmals zensiert, indem alle angeblich kritischen Verse ausgelassen werden. Dazu die ganzen Veränderungen oder Umdichtungen von Liedtexten. Hauptsache, Jesus ist unser Bruder.

Ich frage mich wirklich, warum bisher keiner auf die Idee gekommen ist, auch den Kreuzigungstod aus der Bibel zu streichen. Ist ja auch ziemlich brutal und angeblich auch noch antisemitisch. :roll:

Wie man an der unrühmlichen Diskussion um "Die Passion Christi" vor einigen Jahren gesehen hat, ist das auch gar nicht so abwegig, da wurde die Kreuzigungsgeschichte von irgendwelchen sehr "betroffenen" Bischöfen ja auch öffentlich als "verkürzend" und "zu brutal" bezeichnet. Wenn ich mir überlege, was durch solche Äußerungen der Kirche damit für eine Chance entgangen ist, diese zentrale Geschichte der Bibel auf die heimischen Fernseher zu bekommen, könnte mir heute noch schlecht werden.

(Ich wollte eigentlich an dieser Stelle die Karikatur posten, wo alles Kritische aus der Bibel gestrichen wird und nachher nur noch der Satz "Jesus wept." übrig bleibt, aber leider habe ich die nicht mehr finden können.)
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Bernado
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Bernado »

Berolinensis hat geschrieben:Wie schon gesagt kann ich diese seit fünfzig Jahren gebetsmühlenartig vorgetragene Kritik nur sehr bedingt nachvollziehen. Natürlich ist das andächtige, wohlverständige, über den Tag verteilte etc. Beten ideal; das setze ich voraus und sage es im folgenden nicht jedes Mal dazu. Aber warum muß hier mit Voltaire le mieux l'ennemi du bien sein? Warum muß ich beim Breviergebet alles bis ins letzte verstehen - sträuben wir uns bei den lateinischen Lesungen der alten Messe nicht auch gegen diesen Anspruch der Reformer? Ist nicht auch das Breviergebet in erster Linie Anbetung und Eintauchen in den Gebetsstrom der Kirche, den Liebesgesang der Braut, bei dem ich nicht allem immer rationalistisch bis in die letzte Verästelung nachgehen muß?
Stärker, als man das heute (zu Recht) betrachtet, galt das Brevier vor dem Konzil als Standesgebet der Kleriker. Das heißt, diese Gruppe unterschied sich (damals und unter anderem) in zweierlei Hinsicht von den Laien:
- Sie hatten eine meistens fundierte Lateinausbildung (keine unüberwindlichen Verständnishürden)
- sie mußten ihren Tag nicht nach der Stechuhr einrichten.
Natürlich mußten sie nicht jede lateinische Konstruktion perfekt auflösen - aber ein einfaches Verständnis beim Lesen, notfalls beim zweiten Lesen eines Verses konnte man ihnen schon zutrauen und zumuten. Der Anspruch des Breviers, den Tag zu strukturieren und zu durchdringen, konnte von diesen Klerikern nicht als unbillig zurückgewiesen werden.

Wenn das trotzdem oft genug geschah, dann eben deshalb, weil tatsächlich seit dem Beginn der Moderne im Weltklerus das Bewußtsein für "Dem Gottesdienst soll nichts vorgezogen werden" stark geschwunden war.

Man muß da zwischen Anspruch und Wirklichkeit unterscheiden, und natürlich generalisiere ich im folgenden schamlos

Auch die oft wenig gebildeten "Leutepriester" und Dorfpfarrer des ausgehenden Mittelalters brachten erst Ihre Kuh oder ihre Pflaumen inSsicherheit, wenn das Wetter das nahelegte, und ließen dafür die fällige Hore ausfallen. Aber sie hatten dabei ein schlechtes Gewissen und rationalisierten das nicht weg. Der Anspruch, den sie an sich hatten, stimmte, auch wenn die Wirklichkeit dem nicht immer entsprach. Und sie entdeckten so auch als Weltpriester die gute mönchische Einsicht, daß man auch dann beten und fromm sein kann, wenn man ein widerspenstiges Rindviech hinter sich herziehen oder ähnlich ungelegenes erledigen muß.

Mit der Neuzeit verlor sich das: Der Tag war nicht länger etwas, das einem jede Stunde von Gott geschenkt oder besser gesagt nur geliehen wurde, sondern ein Besitz, mit dem zu arbeiten galt. Natürlich immer zum Nutzen der Kirche, vesteht sich. Das Breviergebet wurde von der inneren Stütze des Tages zu etwas, was man außen drauf setzte.

Seit dem 16. Jh. steckte das Breviergebet daher in einer Dauerkrise, und die Reformen folgten in hektischer Folge aufeinander. Akzeptiert wurde von der Masse des Klerus eigentlich immer nur die Reformen, die die Ansprüche senkten - man denke an das später wieder verbotene Brevier von Quignonez (frühes 16. Jh), das übrigens viel zur neuen Liturgia Horarum beigesteuert hat.

Soll heißen: einen Teil der Probleme, die uns heute als offene Kirchenkrise entgegentreten, gibt es schon seit vielen hundert Jahren - und das Brevier bzw. ein unzureichender Umgang damit (sowohl von seiten der einfachen Priester als auch von Seiten der kirchlichen Autorität) spielt dabei eine bedeutende Rolle.
„DIE SORGE DER PÄPSTE ist es bis zur heutigen Zeit stets gewesen, dass die Kirche Christi der Göttlichen Majestät einen würdigen Kult darbringt.“ Summorum Pontificum 2007 (http://www.summorum-pontificum.de/)

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Linus
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Linus »

Bernado hat geschrieben:
Linus hat geschrieben: Worin Brüche?
Ich halte die heutigen 7 Zeiten am Tag für machbar (ein Erfahrungswert) auch wenn ich zugegebener maßen Terz/Sext/Non Zzusammenfasse (und manchmal auch noch eine andere Zeit dranhäng)
Das fängt schon mit eher äußeren Dingen wie dem Namen an. Natürlich ist "Liturgia Horarum" nicht falsch, und es ist inhaltlich treffender als Breviarium Romanum. Aber es klingt anders, und es will - das sieht man dann auch an der Einteilung der Bände - sich deutlich abheben.

Weiterer Bruch ist die inhaltlich durch nichts zu begründende Schematisierung der Horen, die jetzt stets den Hymnus voranstellen, wo es früher einen Wechsel gab. Dann die weitere Herabstufung der Heiligen zugunsten eines abstrakten "Herrenjahres" - als ob das eine nichts mit dem anderen zu tun hätte. Sehr stark verändert wurde auch der ganze "Apparat" von Antiphonen und Orationen, der faktisch von der römischen Tradition gelöst wurde und auf eine Art über den Traditionen schwebenden Universalritus abzielt. Insoweit ist das Abrücken vom "Breviarium Romanum" dann auch inhaltlich begründet.

Am schlimmsten finde ich aber die von Paul VI. in seiner Konstitution ausdrücklich erwähnte Streichung mehrerer Psalmen aus dem offiziellen Psalter der Kirche, weil sie dem heutigen Menschen nicht mehr zuzumuten seien. Da ähnliche Streichungen auch in den Evangelientexten (sowohl im Brevier als im Missale) vorgenommen wurden (von wegen: "Den Tisch der 'Schrift reicher bereiten"), stehen wir heute in der für die Kirche einmaligen Situation, daß die Liturgie sich offiziell von Teilen der hl. Schrift, die sie für nicht mehr zeitgemäß hält, distanziert.
Danke, :klatsch: daß der Eingriff in der Breviersliturgie derartig tief war, wußt ich nicht...
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Berolinensis
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Berolinensis »

Gamaliel hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Und besser das Brevier wird geflüstert und damit echt gebetet (bloße Mundbewegungen waren zu jeder Zeit - wenn auch teilsweise weitverbreiteter Mißbrauch, der i.e.S. die Brevierpflicht nicht erfüllt), als wie heute teils üblich bloß mental gelesen, was definitiv die Brevierpflicht nicht erfüllt.
Präzisierung: Bloße Lippenbewegung (= ohne Stimme) erfüllt die Brevierpflicht! Regel: Das Brevier ist "labialiter" zu beten, die (stille) hl. Messe hingegen "vocaliter" (= "flüsternd") zu zelebrieren.
Ganz so ist es nicht:
Rev. E.J. Quigley, The Divine Office: A Study of the Roman Breviary hat geschrieben:What kind of pronunciation is to be attended to in the recitation of the Divine Office? The pronunciation should be vocal—that is, there should be some sound, aliquis sonitus verborum, as St. Alphonsus writes (n. 162). Hence, to read the Breviary merely mentally or with the eyes only, does not satisfy the obligation.[A] Although the reader may not hear the sound produced, he must be careful to form with his lips every syllable. This must be done, not necessarily in a throaty way. The formation of the words clearly with the lips suffices.
Offensichtlich ist in jüngerer Zeit vertreten worden, bloße Lippenbewegung reiche aus, aber ich folge lieber dem hl. Alfons, zumal das vernehmliche Beten allein dem Offizium als echt liturigischem Gebet gerecht wird. Auch Priester wie etwa Fr Tim Finigan halten dies so.

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Berolinensis
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Berolinensis »

Bernado hat geschrieben:
Berolinensis hat geschrieben:Wie schon gesagt kann ich diese seit fünfzig Jahren gebetsmühlenartig vorgetragene Kritik nur sehr bedingt nachvollziehen. Natürlich ist das andächtige, wohlverständige, über den Tag verteilte etc. Beten ideal; das setze ich voraus und sage es im folgenden nicht jedes Mal dazu. Aber warum muß hier mit Voltaire le mieux l'ennemi du bien sein? Warum muß ich beim Breviergebet alles bis ins letzte verstehen - sträuben wir uns bei den lateinischen Lesungen der alten Messe nicht auch gegen diesen Anspruch der Reformer? Ist nicht auch das Breviergebet in erster Linie Anbetung und Eintauchen in den Gebetsstrom der Kirche, den Liebesgesang der Braut, bei dem ich nicht allem immer rationalistisch bis in die letzte Verästelung nachgehen muß?
Stärker, als man das heute (zu Recht) betrachtet, galt das Brevier vor dem Konzil als Standesgebet der Kleriker. Das heißt, diese Gruppe unterschied sich (damals und unter anderem) in zweierlei Hinsicht von den Laien:
- Sie hatten eine meistens fundierte Lateinausbildung (keine unüberwindlichen Verständnishürden)
- sie mußten ihren Tag nicht nach der Stechuhr einrichten.
Natürlich mußten sie nicht jede lateinische Konstruktion perfekt auflösen - aber ein einfaches Verständnis beim Lesen, notfalls beim zweiten Lesen eines Verses konnte man ihnen schon zutrauen und zumuten. Der Anspruch des Breviers, den Tag zu strukturieren und zu durchdringen, konnte von diesen Klerikern nicht als unbillig zurückgewiesen werden.

Wenn das trotzdem oft genug geschah, dann eben deshalb, weil tatsächlich seit dem Beginn der Moderne im Weltklerus das Bewußtsein für "Dem Gottesdienst soll nichts vorgezogen werden" stark geschwunden war.

Man muß da zwischen Anspruch und Wirklichkeit unterscheiden, und natürlich generalisiere ich im folgenden schamlos

Auch die oft wenig gebildeten "Leutepriester" und Dorfpfarrer des ausgehenden Mittelalters brachten erst Ihre Kuh oder ihre Pflaumen inSsicherheit, wenn das Wetter das nahelegte, und ließen dafür die fällige Hore ausfallen. Aber sie hatten dabei ein schlechtes Gewissen und rationalisierten das nicht weg. Der Anspruch, den sie an sich hatten, stimmte, auch wenn die Wirklichkeit dem nicht immer entsprach. Und sie entdeckten so auch als Weltpriester die gute mönchische Einsicht, daß man auch dann beten und fromm sein kann, wenn man ein widerspenstiges Rindviech hinter sich herziehen oder ähnlich ungelegenes erledigen muß.

Mit der Neuzeit verlor sich das: Der Tag war nicht länger etwas, das einem jede Stunde von Gott geschenkt oder besser gesagt nur geliehen wurde, sondern ein Besitz, mit dem zu arbeiten galt. Natürlich immer zum Nutzen der Kirche, vesteht sich. Das Breviergebet wurde von der inneren Stütze des Tages zu etwas, was man außen drauf setzte.

Seit dem 16. Jh. steckte das Breviergebet daher in einer Dauerkrise, und die Reformen folgten in hektischer Folge aufeinander. Akzeptiert wurde von der Masse des Klerus eigentlich immer nur die Reformen, die die Ansprüche senkten - man denke an das später wieder verbotene Brevier von Quignonez (frühes 16. Jh), das übrigens viel zur neuen Liturgia Horarum beigesteuert hat.

Soll heißen: einen Teil der Probleme, die uns heute als offene Kirchenkrise entgegentreten, gibt es schon seit vielen hundert Jahren - und das Brevier bzw. ein unzureichender Umgang damit (sowohl von seiten der einfachen Priester als auch von Seiten der kirchlichen Autorität) spielt dabei eine bedeutende Rolle.
Wir werden uns da wohl nicht einig werden. Sicher kann man davon träumen, in ein idealisiertes Mittelalter zurückzukehren, aber unter den heute obwaltenden Umständen finde ich ein defektives Persolvieren des Breviers immer noch besser (und allein das war ja mein Ausgangspunkt) als die heute herrschende Totalvernachlässigung. Ni más ni menos.

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Berolinensis
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Berolinensis »

Linus hat geschrieben:
Bernado hat geschrieben:
Linus hat geschrieben: Worin Brüche?
Ich halte die heutigen 7 Zeiten am Tag für machbar (ein Erfahrungswert) auch wenn ich zugegebener maßen Terz/Sext/Non Zzusammenfasse (und manchmal auch noch eine andere Zeit dranhäng)
Das fängt schon mit eher äußeren Dingen wie dem Namen an. Natürlich ist "Liturgia Horarum" nicht falsch, und es ist inhaltlich treffender als Breviarium Romanum. Aber es klingt anders, und es will - das sieht man dann auch an der Einteilung der Bände - sich deutlich abheben.

Weiterer Bruch ist die inhaltlich durch nichts zu begründende Schematisierung der Horen, die jetzt stets den Hymnus voranstellen, wo es früher einen Wechsel gab. Dann die weitere Herabstufung der Heiligen zugunsten eines abstrakten "Herrenjahres" - als ob das eine nichts mit dem anderen zu tun hätte. Sehr stark verändert wurde auch der ganze "Apparat" von Antiphonen und Orationen, der faktisch von der römischen Tradition gelöst wurde und auf eine Art über den Traditionen schwebenden Universalritus abzielt. Insoweit ist das Abrücken vom "Breviarium Romanum" dann auch inhaltlich begründet.

Am schlimmsten finde ich aber die von Paul VI. in seiner Konstitution ausdrücklich erwähnte Streichung mehrerer Psalmen aus dem offiziellen Psalter der Kirche, weil sie dem heutigen Menschen nicht mehr zuzumuten seien. Da ähnliche Streichungen auch in den Evangelientexten (sowohl im Brevier als im Missale) vorgenommen wurden (von wegen: "Den Tisch der 'Schrift reicher bereiten"), stehen wir heute in der für die Kirche einmaligen Situation, daß die Liturgie sich offiziell von Teilen der hl. Schrift, die sie für nicht mehr zeitgemäß hält, distanziert.
Danke, :klatsch: daß der Eingriff in der Breviersliturgie derartig tief war, wußt ich nicht...
Dann wäre noch zu nennen: Die Unterdrückung der Prim (daß das schon in SC steht, macht es nicht besser, glücklicherweise ist das ja eine bloß disziplinarische Bestimmung, die der Papst jederzeit rückgängig machen kann), Die Transformation des Nachtoffiziums der Maututin, die durch vielfältige Absolutionen, Benediktionen und Responsorien (oft von besonderer Schönheit) reich gegeliedert war, in eine nicht wiederzuerkennende didaktische Lesestunde, die krasse Reduzierung des täglichen Psalmenpensum (von 35 auf 15-16), die Aufgabe des wöchentlichen Betens des kompletten Psalters durch einen historisch beispiellosen Vier(!)-Wochen-Psalter, die Verbannung vieler Standardorationen an entlegene Plätze (die allabendliche Oration "Visita quaesumus" wird jetzt gerademal noch am Triduum paschale [und evtl. noch an Hochfesten, weiß ich gerade nicht genau] gebetet), der weitgehende Fortfall aller Besonderheiten der geprägten Zeiten (z.B. preces am Mittwoch und Freitag, anstatt dessen jetzt die neuen künstlichen preces für jeden Tag - wobei ich anerkenne, daß die als Neuschöpfungen nicht schlecht sind), etc. etc.

[Zitiere hier nochmal meinen Beitrag von oben, weil der in der Doppelantwort auf zwei verschiedene postings vielleicht etwas untergegangen ist.]

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Bernado
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Re: Vesper im alten Ritus

Beitrag von Bernado »

Berolinensis hat geschrieben: Wir werden uns da wohl nicht einig werden. Sicher kann man davon träumen, in ein idealisiertes Mittelalter zurückzukehren, aber unter den heute obwaltenden Umständen finde ich ein defektives Persolvieren des Breviers immer noch besser (und allein das war ja mein Ausgangspunkt) als die heute herrschende Totalvernachlässigung. Ni más ni menos.
Davon träume ich bestimmt nicht - schon allein die Erinnerung an meinen Zahnarzt würde es mir wieder austreiben, wen ich an den Kollegen von vor einigen Jahrhunderten denke.

Um was es mir geht ist vor allem dieses eine, was uns z. B. in der Gegenwart auf oft sehr beunruhigende Weise etwa bei Moslems begegnet: Das Bewußtsein dafür, daß wir uns nicht selbst gemacht haben, daß Tageslicht und Zeit nur geschenkt und geliehen sind, daß Gott in der Mitte steht - und zwar nicht nur als "Urgrund allen Seins", den man sich in beliebige Tiefe abgesenkt denken kann, sondern als tragendes Element jeder Stunde. Daß man das Stundengebet auch in diesem Geist nicht immer vollkommen, sondern ebenso oft oder öfter unandächtig verrichten kann, steht außer Frage. Und darin stimme ich Dir sogar völlig zu: Eine unverstanden gemurmelte lateinische Horem, während der der Murmler wenigstens punktuell mit seinen Gedanken bei Gott ist, ist allemal besser, als eine ausgefeilte Begründung dafür, warum man durch das Stundengebet unzumutbar belastet ist, und ein das bestätigendes Indult, in dessen beruhigenden Besitz man sich wieder der Kalkulation für den neuen "abrahamitischen" Kindergarten zuwendet, für den noch Spenden eingeworben werden müssen.
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