Die großen Karfreitags-Fürbitten

Rund um den traditionellen römischen Ritus und die ihm verbundenen Gemeinschaften.
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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Josef Steininger hat geschrieben:Wieso sollte das erst in der Endzeit gelten und nicht hier und jetzt.
Wegen dem zweiten Teil, der ja ein Rückgriff auf Paulus ist (frag' mich jetzt aber nicht nach der genauen Stelle) und für mich sonst keinen Sinn ergibt.

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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Tja und der Papst hat sich zwischen alle Stühle gesetzt.
Dem guten Abe gehen die Änderungen nicht weit genug:

It is less offensive in its language but it still is in contradiction to changes that the late Pope John Paul brought about," said Abe Foxman, national director of the Anti Defamation League in the United States.
"John Paul taught that the Jewish people are the older brothers of Catholics and that Judaism has its own merits and viability. The language is better but it's still troubling," he told Reuters by telephone.

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Maurus
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Beitrag von Maurus »

Leguan hat geschrieben:Tja und der Papst hat sich zwischen alle Stühle gesetzt.
Dem guten Abe gehen die Änderungen nicht weit genug:

It is less offensive in its language but it still is in contradiction to changes that the late Pope John Paul brought about," said Abe Foxman, national director of the Anti Defamation League in the United States.
"John Paul taught that the Jewish people are the older brothers of Catholics and that Judaism has its own merits and viability. The language is better but it's still troubling," he told Reuters by telephone.
Wie ich oben sagte: Wenn das Ärgernis für Foxman und Co. die Bitte um Bekehrung ist, dann bleibt es weiter bestehen. Mit diesem Protest ist auch klar, dass Foxman keinen Einfluss auf die Veränderung hatte. Vielmehr werden es eigene Vorstellungen des Papstes gewesen sein. Es wäre natürlich politisch gesehen klüger gewesen, keine Änderung zu machen, die nach einem Einknicken gegenüber einer Gruppe aussieht, nur sind dem Papst solche politischen Überlegungen wie üblich ziemlich egal.

maliems
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Beitrag von maliems »

tja Robert,

ich fühle auch so, aber ich sage es nicht.

Das Vatikanum 1 war eine Reaktion auf den deutschen Febronianismus und den französischen Gallikanismus.

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

Die Änderung ist für mich akzeptabel. Das Thema halte ich eh nicht für besonders wichtig.
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Maurus hat geschrieben: Wie ich oben sagte: Wenn das Ärgernis für Foxman und Co. die Bitte um Bekehrung ist, dann bleibt es weiter bestehen. Mit diesem Protest ist auch klar, dass Foxman keinen Einfluss auf die Veränderung hatte. Vielmehr werden es eigene Vorstellungen des Papstes gewesen sein.
Es tut mir leid, aber diese Vorstellung ist leider äußerst naiv.
Das Motu Proprio war lange in Vorbereitung. Und jetzt muß der Papst einen Rechtsakt setzen, der es nach nur wenigen Monaten teilweise außer Kraft setzt, denn in diesem wird explizit von dem Meßbuch, das von Johannes XXIII 1962 in Kraft gesetzt wurde, gesprochen. Diese Arbeit wäre unnötig gewesen, wenn es der Wille des Papstes gewesen wäre, denn dann hätte er diese Änderung im Motu Proprio ankündigen und verbindlich machen können.

Ganz abgesehen davon, daß (so dies beabsichtigt ist) den Ecclesia-Dei-Gemeinschaften die jeweiligen Privilegien (die ausdrücklich das Meßbuch von Pius V. bis einschließlich der Änderungen durch Johannes XXIII. erwähnen) entzogen und durch entsprechende neue ersetzt werden müssen.

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Maurus
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Beitrag von Maurus »

Leguan hat geschrieben:
Maurus hat geschrieben: Wie ich oben sagte: Wenn das Ärgernis für Foxman und Co. die Bitte um Bekehrung ist, dann bleibt es weiter bestehen. Mit diesem Protest ist auch klar, dass Foxman keinen Einfluss auf die Veränderung hatte. Vielmehr werden es eigene Vorstellungen des Papstes gewesen sein.
Es tut mir leid, aber diese Vorstellung ist leider äußerst naiv.
Das Motu Proprio war lange in Vorbereitung. Und jetzt muß der Papst einen Rechtsakt setzen, der es nach nur wenigen Monaten teilweise außer Kraft setzt, denn in diesem wird explizit von dem Meßbuch, das von Johannes XXIII 1962 in Kraft gesetzt wurde, gesprochen. Diese Arbeit wäre unnötig gewesen, wenn es der Wille des Papstes gewesen wäre, denn dann hätte er diese Änderung im Motu Proprio ankündigen und verbindlich machen können.
Tut mir meinerseits Leid, aber ich kann nicht nachvollziehen, warum die Änderung einer Fürbitte - die zudem nur die Form, nicht aber den Inhalt betrifft - das Motu Proprio teilweise außer Kraft setzt. Es war auch völlig klar, dass die Statusänderung des Ritus nach dem 1962er Missale dessen Veränderung möglich machen würde. Dies wurde auch im MP nicht ausgeschlossen.
Ganz abgesehen davon, daß (so dies beabsichtigt ist) den Ecclesia-Dei-Gemeinschaften die jeweiligen Privilegien (die ausdrücklich das Meßbuch von Pius V. bis einschließlich der Änderungen durch Johannes XXIII. erwähnen) entzogen und durch entsprechende neue ersetzt werden müssen.
Nicht zuletzt die Ecclesia-Dei Gemeinschaften haben sich das MP gewünscht, obwohl sie ja bereits die alten Bücher benutzen durften. Nun ist der Ritus nach 1962 nicht mehr eine frühere Form des Römischen Ritus, vielmehr ist er eine aktuelle Form und steht neben der Form von 1970. Sie werden sich damit abfinden müssen, dass jetzt Veränderungen vorgenommen werden können.

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Linus
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Beitrag von Linus »

ar26 hat geschrieben:
Linus hat geschrieben: Die Leugnung der Verwandtschaftlichen Bindung.
Die ist aus meiner Sicht heute nicht größer als die der Moslems zu uns. Das mag vor zweitausend Jahren mal anders gewesen sein, aber das sind tempi passati. Zwei orientalische Religionen mit monotheistischem Gottesbildern, die aus dem alten Testament abgekupfert wurden und im je eigenen Sinne verdreht werden und wurden. Ob Jesus nun bei den Einen als Prophet und bei den Anderen als Betrüger betrachtet wird, ist egal. Sie ignorieren ihn als das, was er ist.
Ich gebe dir recht - aber die Nächstenliebe gebietet eben eher "Juden" (und auch Moslems) zu bekehren, als die Fernsten: Hindus Buddhisten,....
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

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Linus
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Beitrag von Linus »

Leguan hat geschrieben:Es wird allerdings nun für eine Bekehrung in der Endzeit gebetet.
Und? Leben wir nicht darinnen? Seit 2000 Jahren schon!
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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Übrigens muß man sich allmählich einmal von dem Gedanken befreien,
es sei etwas Normales, daß ein einzelner Bischof, und sei es auch der von
Rom, per Dekret der ganzen Kirche solche Dinge wie liturgische Neu-
heiten, neue Dogmata oder was es sonst an fixen Ideen gibt von heute
auf morgen vorschreiben könne.

Es wird immer deutlicher, wie sehr die auf historischen Fälschungen be-
ruhende römische Primatsvorstellung – gipfelnd in der Häresie des Vati-
canum I
, der römische Bischof übe primatial, das heißt primär, bischöf-
liche Gewalt unmittelbar in jeder Diözese der Ökumene aus, während
die Ortsbischöfe nur abgeleitete, sekundäre Gewalt hätten; und bestärkt
vom „Großen Verzicht“ Benedikts auf den ihm konziliar unabänderlich
zugewiesenen Patriarchentitel – wie sehr also diese falsche römische Pri-
matsvorstellung die Wurzel des Übels ist.

Gibt es noch Reste des einstigen Baus, die nicht aus dieser Wurzel gewach-
sen sind? Oder ist alles nur noch Blendwerk?
Jo, das ist ein Problem an sich das haben wir aber 2 Umständen und nicht der Defintion des Vat I an sich zu verdanken.

- Den Ultrmontanismus zu jener Zeit
- Der fehlenden Kirchendefinition am Vat. I

Besonders da durch letzteres die fehlende Defintion des Verhätlnisses Kirche / Papst, Episkopat / Papst führte zu einer kompleten fehlentwicklung und falschinterpretation des päpstlichen Primats und heute ist er nun mal der "Oberbischof" (da kann Rom noch so viel von Kollegialität quaseln).
Und dieses Sicht wird sich auch nicht so schnell ändern, auch die Tradis tragen hier ihr schäuferl bei. Die ganze Überbischofhäresie ballt sich zur Zeit in einem neokonservativen oder progressiven Ultramontanismus der neuen Bewegungungen und Orden und im Tradilager, sprich alle die in der Kirche derzeit was zu reden haben.
Auch die Theologie versteigt sich entweder im Ultramontanismus oder in protestantitsche Anarchie. Es gibt zur Zeit keine ernstzunehmende Masse die das ganze wieder in vernünftige Bahnen lenken kann.

Bis Rom diesen Fehler erkannt hat und teilweise hat es das ja schon und korrigiert hat, werden die vernünftigen Seelen von ihm Abschied genommen haben und ihm nur die Bigoten, die Hufiflifianer und die Verkorksten geblieben sein.

LG
Fiore
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
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overkott
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Beitrag von overkott »

Papst Benedikt hat die Karfreitagsfürbitte für die Juden verändert. Statt „Für die Bekehrung der Juden“ (Pro conversione Iudaeorum) soll bei der Liturgie im außerordentlichen Ritus von 1962 ab sofort „für die Juden“ („Oremus et pro Iudeis“) allgemein gebetet werden.
Quelle
Zuletzt geändert von overkott am Mittwoch 6. Februar 2008, 10:07, insgesamt 1-mal geändert.

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Leguan
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Beitrag von Leguan »

Leguan hat geschrieben:Neben dem von Robert gesagten ist doch ein ein anderer trauriger Aspekt der:
Um Mißverständnisse zu vermeiden, wollte ich dazu sagen, daß sich dies nur auf einen einzelnen Beitrag bezog, und nicht auf alles, was hier von Robert gesagt wurde, mit dem ich z.T. alles andere als einverstanden bin. ;)

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Versio usque ad Pium XIIVersio Benedicti XVI
Oremus et pro perfidis Judæis:Oremus et pro Judæis:
ut Deus et Dominus noster auferat velamen de cordibus eorum,ut Deus et Dominus noster illuminet corda eorum,
ut et ipsi agnoscant Jesum Christum, Dominum nostrum.ut agnoscant Jesum Christum salvatorem omnium hominum.
Oremus. Flectamus genua. Levate.Oremus. Flectamus genua. Levate.
Omnipotens sempiterne Deus,Omnipotens sempiterne Deus,
qui etiam Judaicam perfidiam a tua misericodia non repellis:qui vis ut omnes homines salvi fiant et ad agnitionem veritatis veniant,
exaudi preces nostras, quas pro illius populi obcæcatione deferimus,concede propitius,
ut, agnita veritatis tuæ luce, quæ Christus est,ut plenitudine gentium in Ecclesiam Tuam intrante
a suis tenebris eruantur.omnis Israel salvus fiat.
Per eundem Dominum nostrum. Amen.Per Christum Dominum nostrum. Amen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Kurt
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Beitrag von Kurt »

overkott hat geschrieben:Papst Benedikt hat die Karfreitagsfürbitte für die Juden verändert.
Im Lesen der Threads verstehen wir die Inhalte immer besser.

Kurt
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Beitrag von Kurt »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Versio usque ad Pium XIIVersio Benedicti XVI
Oremus et pro perfidis Judæis:Oremus et pro Judæis:
ut Deus et Dominus noster auferat velamen de cordibus eorum,ut Deus et Dominus noster illuminet corda eorum,
ut et ipsi agnoscant Jesum Christum, Dominum nostrum.ut agnoscant Jesum Christum salvatorem omnium hominum.
Oremus. Flectamus genua. Levate.Oremus. Flectamus genua. Levate.
Omnipotens sempiterne Deus,Omnipotens sempiterne Deus,
qui etiam Judaicam perfidiam a tua misericodia non repellis:qui vis ut omnes homines salvi fiant et ad agnitionem veritatis veniant,
exaudi preces nostras, quas pro illius populi obcæcatione deferimus,concede propitius,
ut, agnita veritatis tuæ luce, quæ Christus est,ut plenitudine gentium in Ecclesiam Tuam intrante
a suis tenebris eruantur.omnis Israel salvus fiat.
Per eundem Dominum nostrum. Amen.Per Christum Dominum nostrum. Amen.
Und was ist mit der Versio usque ad Johannem XXIII ?

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cantus planus
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Beitrag von cantus planus »

The New Liturgical Movement hat geschrieben:Dr Alcuin Reid on the Reform of the Good Friday Prayer
Roma locuta est: causa finita est. This traditional maxim of Catholic life needs to be remembered. It refers to the right of the Holy See – and most specifically of the Sovereign Pontiff – to decide on matters of discipline and governance of the Church. Once the arguments have been duly heard and the Supreme Authority decides, loyal Catholics obey: even if they personally disagree about the prudence or otherwise of a decision.

This is not true, of course, in matters of faith and morals, where there is little room for manoeuvre in prudential judgement. But in matters of policy, where the faith of the Church is not altered, yes, the Pope is our General-in-Chief and we follow his lead.

Pope Benedict XVI has decided to alter the Good Friday prayer for the conversion of the Jews in the Missal of the usus antiquior of the Roman rite. In the past six or so months we have all heard the noises made – from differing quarters, arising from varying motives – about this aspect of the Church’s liturgical tradition. So too has the Holy Father. And, as Peter, he has made an authoritative prudential decision: one which, whatever our preferences, we owe obedience and respect.

The new prayer does not detract from or attempt to change Catholic doctrine in respect of our fervent prayer for the conversion of the Jewish people. The principle of lex orandi, lex credendi is fully respected. Whilst the Holy Father has decided that phrases in the previous prayer are to be changed – and we are free to agree or not with his thinking on this – the change is not a substantial change to the Sacred Liturgy as handed on in tradition, nor is it in radical theological discontinuity with what has gone before. Indeed, it reasserts Catholic doctrine (perhaps rather cleverly) when some, if not many, would have had it denied by insisting that it is inappropriate in the modern day to pray for the conversion of the Jews at all. The Pope has rejected such a stance as inimical to the Gospel of Jesus Christ, yesterday, today, and forever.

In matters of prudence the Pope is entitled to govern so long as he remains faithful to Catholic doctrine. This, Pope Benedict XVI most certainly is. Obedientia et pax.

Dr Alcuin Reid is a liturgical scholar specialising in liturgical reform and is author of The Organic Development of the Liturgy (Ignatius, 2005) which carries a foreword by Joseph Cardinal Ratzinger.
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

Ewald Mrnka hat geschrieben:Neues vom Beckenrandschwimmer
Wen oder was meinst Du mit "Beckenrandschwimmer"?
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

Ralf

Beitrag von Ralf »

ottaviani hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Übrigens muß man sich allmählich einmal von dem Gedanken befreien,
es sei etwas Normales, daß ein einzelner Bischof, und sei es auch der von
Rom, per Dekret der ganzen Kirche solche Dinge wie liturgische Neu-
heiten, neue Dogmata oder was an sonst an fixen Ideen gibt von heute
auf morgen vorschreiben könne.

Es wird immer deutlicher, wie sehr die auf historischen Fälschungen be-
ruhende römische Primatsvorstellung – gipfelnd in der Häresie des Vati-
canum I
, der römische Bischof übe primatial, das heißt primär, bischöf-
liche Gewalt unmittelbar in jeder Diözese der Ökumene aus, während
die Ortsbischöfe nur abgeleitete, sekundäre Gewalt hätten; und bestärkt
vom „Großen Verzicht“ Benedikts auf den ihm konziliar unabänderlich
zugewiesenen Patriarchentitel – wie sehr also diese falsche römische Pri-
matsvorstellung die Wurzel des Übels ist.

Gibt es noch Reste des einstigen Baus, die nicht aus dieser Wurzel gewach-
sen sind? Oder ist alles nur noch Blendwerk?
o.k. du bist nicght röm kastholisch oder?
Diese Frage muß ich auch stellen...

Raphael

Beitrag von Raphael »

ottaviani hat geschrieben:o.k. du bist nicght röm kastholisch oder?
Es hat den Anschein, daß Robert eher ärgerlich denn römisch-katholisch gesinnt ist ..................

Germanus
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Registriert: Dienstag 17. Oktober 2006, 20:39

Beitrag von Germanus »

Aber geht es hier (z.B. im Röm. Katholischen) nicht eben um Fragen der Dogmatik? Was den Bischof in der Kirche (und sei es der Bischof von Rom...) anbelangt? Und ist die Lehre nicht zuerst und einzig als apostolisch tradierte Gott gegebene Wahrheit anzusehen? Ich frage mich oft, wie man es zulassen konnte, dass die Ängstlichkeit Roms (vereinfacht ausgedrückt und als Sammelbegriff) zu einer Art Federführung mutieren konnte und damit eher zerstört als aufbaut (was auch und gerade für die Liturgie gilt).
Herzliche Grüße, Germn

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Ewald Mrnka
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Registriert: Dienstag 30. November 2004, 11:06

Beitrag von Ewald Mrnka »

Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Kurt
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Beitrag von Kurt »

Leguan hat geschrieben:Ein weiterer trauriger Aspekt ist doch der:

Wenn der "pro multis" Text (oder andere Fehlübersetzungen) korrigiert werden sollen, dann gibt es Studiengruppen, Hü und Hott, Jahre vergehen, man muß auf pastorale Sensiblitäten Rücksicht nehmen, dann kommt vielleicht mal ein Dokument raus, vielleicht auch nicht, dieses wird dann von Bischofskonferenzen rezipiert oder auch nicht, dann wird wieder ein bißchen diskutiert und vielleicht nach 10 Jahren passiert dann was oder auch nicht.
...
Auch wenn es wenig bringt, sich über so ein Verhalten zu ärgern, so ist schon etwas dran. Auch dies: Das "Fürbittenproblem" wurde ja nicht von den Juden zuerst thematisiert, sondern zunächst von den die Alte Messe Ablehnenden deutschen Bischöfen.
Jene sind zwar überhaupt nicht davon betroffen, denn sie beten ja die Fürbitte nicht, und sie sind ja auch keine Juden. Also blanke Stänkerei für eigene Zwecke.

Vor diesem Hintergrund muss man wohl die kluge Entscheidung Benedikts sehen: Indem er punktuell die Karfreitagsfürbitte auf NOM-Niveau gehoben hat, fehlt jenen innerkirchlichen Kritikern ihr wirkungsvollstes Argument.

Die Juden hat der Vatikan dabei wohl kaum im Blick gehabt, insofern ist der Papst auch nicht vor ihnen eingeknickt. Und den Ritus punktuell zu ändern - damit dürften auch die Altritusfreunde kein Problem haben. Alles andere wäre zu widersprüchlich und gäbe jenen Recht, die den Alten Ritus als erstarrt ansehen. Nein, nun lebt er, aber er ist nicht erfunden!

Kurt
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Beitrag von Kurt »

Versio usque ad Johannem XXIIIVersio Benedicti XVI
Oremus et pro Judæis:Oremus et pro Judæis:
ut Deus et Dominus noster auferat velamen de cordibus eorum,ut Deus et Dominus noster illuminet corda eorum,
ut et ipsi agnoscant Jesum Christum, Dominum nostrum.ut agnoscant Jesum Christum salvatorem omnium hominum.
Oremus. Flectamus genua. Levate.Oremus. Flectamus genua. Levate.
Omnipotens sempiterne Deus,Omnipotens sempiterne Deus,
qui Judaeos etiam a tua misericodia non repellis:qui vis ut omnes homines salvi fiant et ad agnitionem veritatis veniant,
exaudi preces nostras, quas pro illius populi obcæcatione deferimus,concede propitius,
ut, agnita veritatis tuæ luce, quæ Christus est,ut plenitudine gentium in Ecclesiam Tuam intrante
a suis tenebris eruantur.omnis Israel salvus fiat.
Per eundem Dominum nostrum. Amen.Per Christum Dominum nostrum. Amen.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich habe die obige Synopse der Karfreitagsfürbitte für die Juden nun noch um die Versionen Johannis XXIII. und Pauls VI. ergänzt:
Versio usque ad Pium XIIVersio Johannis XXIIIVersio Pauli VIVersio Benedicti XVI
Oremus et pro perfidis Judæis:Oremus et pro Judæis:Oremus et pro Judæis:Oremus et pro Judæis:
ut Deus et Dominus noster auferat velamen de cordibus eorum,ut Deus et Dominus noster auferat velamen de cordibus eorum,ut, ad quos prius locutus est Dominus Deus noster,ut Deus et Dominus noster illuminet corda eorum,
ut et ipsi agnoscant Jesum Christum, Dominum nostrum.ut et ipsi agnoscant Jesum Christum, Dominum nostrum.eis tribuat in sui nominis amore et in sui fœderis fidelitate proficere.ut agnoscant Jesum Christum salvatorem omnium hominum.
Oremus. Flectamus genua. Levate.Oremus. Flectamus genua. Levate.Oremus. Flectamus genua. Levate.Oremus. Flectamus genua. Levate.
Omnipotens sempiterne Deus,Omnipotens sempiterne Deus,Omnipotens sempiterne Deus,Omnipotens sempiterne Deus,
qui etiam Judaicam perfidiam a tua misericodia non repellis:qui Judæos etiam a tua misericodia non repellis:qui promissiones tuas Abrahæ ejusque semini contulisti:qui vis ut omnes homines salvi fiant et ad agnitionem veritatis veniant:
exaudi preces nostras, quas pro illius populi obcæcatione deferimus,exaudi preces nostras, quas pro illius populi obcæcatione deferimus,Ecclesiæ tuæ preces clementer exaudi,concede propitius,
ut, agnita veritatis tuæ luce, quæ Christus est,ut, agnita veritatis tuæ luce, quæ Christus est,ut populus acquisitionis priorisut plenitudine gentium in Ecclesiam Tuam intrante
a suis tenebris eruantur.a suis tenebris eruantur.ad redemptionis mereatur plenitudinem pervenire.omnis Israel salvus fiat.
Per eundem Dominum nostrum. Amen.Per Christum Dominum nostrum. Amen.Per eundem Dominum nostrum. Amen.Per Christum Dominum nostrum. Amen.
Zunächst eine generelle Vorbemerkung. Wenn gleichsam im Staccato immer neue Bastelarbeiten jahrtausendealte liturgische Texte der Kirche verändern, dann ist offensichtlich etwas faul. Besinnt man sich auf die Tradition, so wird deutlich, daß insbesondere die Vorstellung traditionswidrig ist und weit über ein Jahrtausend der Kirchengeschichte lang unbekannt war, es sei Sache und Recht des römischen Bischofs, der ganzen Kirche oder auch nur jener des lateinischen Ritus die Ergebnisse solcher Basteleien zu dekretieren.

Der Bischof von Rom ist zunächst verantwortlich für die stadtrömische Liturgie. Als Hirte von Rom hat er gewiß auch die Aufgabe, nötigenfalls – und der Fall kann u. U. nötig sein – Änderungen liturgischer Texte vorzunehmen. Daß der Bischof von Rom das Recht habe, andere Ortskirchen verbindlich zum Gebrauch der stadtrömischen Liturgie anzuhalten, und dies auch noch einschließlich aller vom genannten Bischof je aktuell dekretierten Neuerungen, das ist eine Idee, deren Übereinstimmung mit der göttlichen Verfassung der Kirche sich aus der Tradition nicht nur nicht erweisen, sondern vielmehr zwingend widerlegen läßt. Aufgekommen ist diese Vorstellung erst in gegenreformatorischer Zeit, im Ursprung defensiv motiviert, aber aus solcher Defensive in die als beste Verteidigung angesehene Offensive übergegangen.

Aus Sicht aller früheren Tradition wäre Sache des römischen Papstes – auf die Liturgie anderer Ortskirchen bezogen – lediglich, auf deren Orthodoxie zu achten. Wo diese in Gefahr gerät, ist es Sache aller übrigen Bischöfe, zuerst aber des Hirten von Rom, zu warnen, zu mahnen und äußerstenfalls die Gemeinschaft aufzukündigen.

Die Karfreitagsbasteleien der Päpste des 20. und 21. Jahrhunderts wird man darum als mehr oder weniger gelungene liturgische Experimente der römischen Diözese erachten dürfen. Die übrigen Ortskirchen tun gut daran – oder hätten getan –, sie auf Orthodoxie und Traditionsgemäßheit zu überprüfen, bevor sie sich überhaupt fragten, ob es vielleicht opportun sein möchte, diese oder jene Änderung zu übernehmen. Von Verbindlichkeit oder gar dem Zwang zur Übernahme kann keine Rede sein. Ich erinnere daran, was Benedikt XVI. im Begleitbrief zum Erlaß Summorum pontificum selbst festgehalten hat:

Benedikt XVI. hat geschrieben:Was früheren Generationen heilig war, bleibt auch uns heilig und groß; es kann nicht plötzlich rundum verboten oder gar schädlich sein. Es tut uns allen gut, die Reichtümer zu wahren, die im Glauben und Beten der Kirche gewachsen sind und ihnen ihren rechten Ort zu geben.
Dies vorweg. Schauen wir uns nun die verschiedenen Textversionen an. Die ursprüngliche, älteste entspricht der aus der Väterzeit überkommenen Tradition. Sie dürfte nahezu unverändert mindestens bis ins sechste, wahrscheinlich ins fünfte, vielleicht sogar in die Zeit eines Damasus Ende des vierten Jahrhunderts zurückreichen, auch wenn sich mangels hinreichender Quellen der sichere Beweis nicht führen läßt.

Jedenfalls ist sie der römischen Liturgie eigentümlich, andere lateinische und erst recht nicht-lateinische Riten kennen, wenn überhaupt, solche großen Fürbitten in anderer Form und an andern Tagen, aber keine Karfreitagsfürbitte für die Juden.

Gleichwohl spiegelt diese römische Judenfürbitte die Haltung der ganzen Kirche gegenüber den Juden wider, wie sie uns in der Theologie der alten Kirchenväter entgegentritt. Dies setze ich hier ohne weitere Begründung – die freilich ohne weiteres möglich wäre – voraus, daran messe ich die übrigen Fassungen.

Der Text Johannis XXIII. weicht nur geringfügig ab. Der Begriff der perfidia wurde gestrichen, alles andere ist unverändert. Über die Opportunität der Maßnahme kann man unterschiedlicher Meinung sein. Große Kirchengestalten wie der selige Hildefons Schuster und Michael Faulhaber hatten sie bereits Jahrzehnte zuvor zu erbitten gewagt, doch der große Papst Pius XI. hatte abgelehnt. Johannes XXIII. sah das anders, auch unter anderen Voraussetzungen, aber ob so oder so: Es handelt sich um eine stilistische Marginalie, welche das Dogma der Kirche nicht berührt.

Anders sieht es mit der wenig später folgenden Neufassung Pauls VI. aus. Hier haben wir es mit einem völlig neuen Gebet zu tun. Auch wenn der von Paul gebrauchte Begriff proficere („voranschreiten, vorankommen“) nicht gänzlich ausschließt, daß die angesprochene »Liebe zum Namen Gottes« und die »Treue zu seinem Bund« bei den Anhängern der Synagoge überhaupt erst beginnen müssen, wird doch nachdrücklich suggeriert, diese Liebe und Bundestreue bestünden bereits – trotz der Ablehnung Christi –, es gebe mithin einen besondern, gleichsam christusfreien Heilsweg der Juden, der in der Gesetzeserfüllung bestehe.

Wenn dann weiter gebetet wird, die Juden möchten zur plenitudo redemptionis („Fülle der Erlösung“) gelangen, so fragt man sich, ob es auch halbe Erlösungen geben könne. Doch wie auch immer, von Bekehrung ist keine Rede, die Juden brauchen, so legt der Text nahe, nur zu bleiben, was sie sind, sich vielleicht dabei noch etwas zu bemühen und noch besser zu werden – mit ein wenig Hilfe von Gott –, aber in die Kirche einzutreten bräuchten sie nicht.

Der Text Pauls VI. begünstigt also nicht nur häretische Mißverständnisse, er zielt auf ein häretisches Verständnis geradezu ab. Nur mit Gewalt kann man eine Interpretation finden, nach welcher der Text bloß mißglückt und nicht wirklich häretisch gemeint gewesen sei. Diese Version verbietet sich für den liturgischen Gebrauch der Kirche darum ganz und gar.

Die Version Benedikts geht demgegenüber wieder vom ursprünglichen Aufbau der Fürbitte aus. Die Änderungen gehen wesentlich weiter als jene Johannis XXIII. – die beibehalten sind –, aber Struktur und einige zentrale Begriffe aus dem ursprünglichen Text finden sich wieder. Ein Bewertung der Neufassung muß also die Änderungen im Detail in den Blick nehmen und ihren Sinn untersuchen.

Zunächst soll nicht mehr gebetet werden, daß Gott »den Schleier von den Herzen der Juden hinwegnehme« (auferat velamen de cordibus eorum), sondern daß er »ihre Herzen erleuchte« (illuminet corda eorum). Das ist natürlich auch schön und richtig. Das wollen und müssen wir doch aber jederzeit auch und zuerst für uns selber erbitten. Die besondere Lage, in welcher sich die Anhänger der Synagoge befinden, indem ihnen »Blindheit widerfahren« ist, wie der Apostel sagt, indem ihnen die Lehre ihrer Meister selbst die Herzen verhüllt und für Christus, der verworfen wird, unzugänglich macht: diese Besonderheit der condicio judaica wird ausgeklammert, ja mehr: Dadurch, daß sie dort ausgeblendet wird, wo sie bisher ausdrücklich genannt war, wird der Fehlschluß zwar nicht zwingend evoziert, wohl aber begünstigt, jene „systemimmanente“ Verblendung der Synagoge bestehe gar nicht.

Das ist der erste gravierende inhaltliche Einwand gegen den neuen Text Benedikts. Die zweite Gefahr ist subtiler. Zweck der Erleuchtung der Herzen der Juden soll sein, daß sie Jesus Christus »als den Heiland aller Menschen« anerkennten (ut agnoscant Jesum Christum salvatorem omnium hominum). – Kann jemand dagegen etwas sagen? – Die Heilsnotwendigkeit Jesu Christi – so verstehen wir Gläubigen selbstverständlich den Satz – ist ausdrücklich ausgesprochen. Für »alle Menschen«. Völlig orthodox, daran kann man nicht deuteln.

Oder doch? – Eines fällt auf. In der alten Version war vom »Heiland« gar nicht die Rede. Erst recht nicht vom »Heiland aller Menschen«. Das war offenbar gar nicht nötig. Einfach um die Anerkennung Jesu Christi – das heißt: Jesu, des Messias – ging es. Und sie selbst, die Juden, sollten, so beteten wir, ihn anerkennen. Sie selbst, also für sich.

Warum hat man das nicht stehen lassen? Hier stand doch nichts von Verblendung oder vom Schleier im Text! Oder warum hat man nicht beispielshalber geschrieben: »daß sie Jesus Christus als ihren Heiland anerkennten« (ut agnoscant Jesum Christum salvatorem ipsorum)? Was scheren uns an dieser Stelle »alle Menschen«?

Ob Benedikt die Merkwürdigkeit bemerkt hat, weiß ich nicht. Wer aber ein wenig die Denkstrukturen rabbinischer Rabulistik nachvollziehen kann, der wird aufmerksam – und wird vermuten, daß der Text Benedikts mindestens an dieser Stelle auf einem rabbinischen Vorschlag beruht. Wenn man nämlich gut talmudisch Juden von Nichtjuden – den „Gojim“ oder „Heiden“ – strikt trennt, dann wird der Thora- und Talmudgelehrte – zumal wenn er etwas magisch-kabbalistisch denkt und dem Gebet der Christen durchaus irgendeine Kraft zuschreibt – sich hier leicht beruhigen können, daß solch ein Gebet ihm nichts mehr anhaben könne: Hier redeten nur die Gojim über sich und ihresgleichen, wenn sie »alle Menschen« sagen, während die Juden etwas Anderes und Höheres seien.

Wer mangels Kenntnis talmudischen und kabbalistischen Denkens diese Bemerkung für unsinnig oder wahnhaft hält – und das werden die meisten sein –, der mache die Probe aufs Exempel und führe das oben von mir vorgeschlagene ut agnoscant Jesum Christum salvatorem ipsorum in die Diskussion ein, besonders ins Gespräch mit Rabbinern, wenn er irgend dazu die Möglichkeit hat.

Im weiteren – qui vis ut omnes homines salvi fiant – wiederholt sich jene merkwürdige Rede von den omnes homines. Spricht der traditionelle Text davon, daß Gottes Barmherzigkeit auch die treulosen Juden umfasse – also, mit andern Worten, deren Rettung wolle –, werden in der benediktschen Version die Juden hier gar nicht genannt, obwohl wir doch gerade für sie beten wollen. Nein, »alle Menschen« wolle Gott retten. Aber die Juden? Vielleicht sind sie schon gerettet? – Wiederum, das ist keine notwendige Folgerung. Im Gegenteil, aus Sicht des Glaubens eine abwegige. Aber der Text ermöglicht einem, der Juden und Gojim so trennt wie oben angedeutet, genau diese abwegige Interpretation. Und einen andern Zweck der merkwürdigen Formulierung, als genau diese abwegige Interpretation zu ermöglichen, kann ich nicht erkennen.

Im folgenden Abschnitt wird Gott nicht mehr angerufen, »unsere Bitten« oder die »Bitten der Kirche« zu erhören, sondern einfach „gnädig zu gewähren“. »Unsere Bitten«, das war in der traditionellen Version und derjenigen Johannis XXIII. noch näher bestimmt: »die wir« – so übersetzt man am treffendsten – »stellvertretend ob der Verblendung jenes Volkes vorbringen«. Die „Verblendung“ war hier besonders anstößig für die Synagoge, wie oben bereits der „Schleier“, und darum zu tilgen, auch wenn es sich um ein Apostelzitat handelt und man damit Paulus selbst zensiert hat.

Schon der Text Pauls VI. hatte das entfernt, im übrigen aber die Anrufung Gottes um Erhörung der Bitten – statt „unserer“ heißt es lediglich „der Kirche“ – stehen lassen. Weshalb wird nun ganz anders formuliert? – Schauen wir genau hin, bemerken wir, daß an dieser Stelle die Struktur der ganzen Fürbitte umgestülpt ist. In allen drei früheren Versionen, sogar derjenigen Pauls VI., sind jene „Bitten“ die zuvor bereits vorgebrachten (nämlich erstens mit dem oremus, ut …, zweitens nach dem zweiten oremus still im Knien) und als solche unsere Bitten und Bitten der Kirche; darauf beziehen wir uns, wenn wir zu Gott rufen: exaudi preces; und was wir daran durch das folgende ut anschließen, beschreibt zusammenfassend noch einmal den Zweck unserer Fürbitte: „Erhöre die Bitten, damit“ oder „auf daß …“.

Anders in Benedikts Version: Die Bitten sind vorgetragen, Punkt. Kein Bezug mehr darauf. Nun fängt ein neuer Sinnabschnitt an: „Gewähre, daß“. Schauen wir, was nun gewährt werden soll: ut plenitudine gentium in Ecclesiam tuam intrante omnis Israel salvus fiat – »daß, indes die Fülle der Heiden in deine Kirche eintritt, ganz Israel gerettet werde«.

Ein Paulus-Zitat. Im vorigen Abschnitt wurde eins zensiert, darum hier zum Ausgleich ein Neues? – Jedenfalls nicht irgendeins. Dieses, das der Zensur gefiel, erfüllt eine wichtige Voraussetzung, ganz ähnlich wie die obigen omnes-homines-Formulierungen: Seines ursprünglichen Kontexts entkleidet, trennt es scharf Heiden und Juden. Mit keinem Wort wird auch nur angedeutet, was dem gesunden Glaubenssinn selbstverständliche Voraussetzung und Ausgangspunkt des Verstehens ist: daß beides, Eintritt in die Kirche und Rettung, ein und dasselbe ist. Jetzt – und erst jetzt! – wird von Gott die Rettung der Juden verlangt. Von Jesus Christus ist dabei nicht mehr die Rede. Die Heiden treten unterdessen in die Kirche ein, aber ein innerer Zusammenhang mit der verlangten Rettung der Juden besteht nicht.

Wirklich nicht? – Natürlich besteht der Zusammenhang. Wir kennen ihn. Paulus redet ausführlich davon. Für uns kann darum kein Zweifel bestehen, wie die Fürbitte, wie auch dieser Abschnitt zu verstehen ist. Ganz orthodox. Aber – es gibt die Hintertür. Dieselbe Hintertür, die wir bei den omnes-homines-Formulierungen gesehen haben. Es ist im Text nichts verblieben, was jede Hintertür definitiv versperrte.

In diesem letzten Abschnitt wurde getilgt: daß Christus das Licht ist; daß Christus die Wahrheit ist; daß wir wollen, daß die Juden der Finsternis entrissen werden, und zwar ihrer Finsternis, die ihnen als Anhängern der Synagoge zu eigen ist; endlich daß sie der Finsternis entrissen werden durch ihre Anerkennung Christi. – All diese Formulierungen hätten die rabulistischen Hintertüren definitiv verriegelt gehalten. Darum mußten sie weg.

So bleibt uns, wenn wir Benedikts Text verwenden, die Gnade, mit gesundem Glaubensinn völlig orthodox und aufrechten Herzens die Bitte für die Juden vor Gott zu tragen. Dem aber, der den wahren Glauben nicht teilt, steht jede Möglichkeit mutwilliger Mißdeutung offen. Zum Beispiel so: Die Christen beteten am Karfreitag darum, die Synagoge möchte es akzeptieren, daß wir Jesus für den Heiland halten; wenn aber die Heiden sich in der Kirche sammelten, dann solle Gott die Juden retten. Wovor? Vielleicht vor eben jener Heidenkirche. Und ihnen die Herrschaft geben.

Das wird man uns natürlich nicht erzählen. Aber wer immer unter den Rabbinern, in den Talmudschulen und im längst wiederbelebten Synhedrium von Jerusalem der Meinung ist, ein Gebet der Kirche wie jenes traditionelle vom Karfreitag für die Juden hindere und verzögere die Ankunft des Messias, der wird zufrieden sein über den beachtlichen Teilerfolg und die geglückte List. Das Schlimmste wurde getilgt, den Rest kann man hinbiegen. Freilich ohne lockerzulassen: Es wird weiter gejammert und gehetzt werden.

Fast wie damals. – Jesus Nazarenus Rex Judæorum? – »Schreibe nicht: „Der König der Juden“, sondern daß jener sagte: „Ich bin König der Juden“.« – Ὃ γέγραϕα, γέγραϕα.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

maliems
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Beitrag von maliems »

mensch robert, das ist aber lang, das lese ich morgen.

die reaktion der juden war zu erwarten.

das beste, was uns jetzt passieren kann, ist, dass der vatikan die approbation des neuen textes auf nach ostern verschiebt.

und nach ostern ist es ja nicht mehr aktuell, dann wird es vergessen.

und wenn dann ende 2008 jemand nachfragt, antwortet der vatikan, es habe sich anfang 2008 nur um eine nicht autorisierte pressemeldung gehandelt.

der liebe gott kann´s noch retten.

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Maurus
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Beitrag von Maurus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Zunächst eine generelle Vorbemerkung. Wenn gleichsam im Staccato immer neue Bastelarbeiten jahrtausendealte liturgische Texte der Kirche verändern, dann ist offensichtlich etwas faul. Besinnt man sich auf die Tradition, so wird deutlich, daß insbesondere die Vorstellung traditionswidrig ist und weit über ein Jahrtausend der Kirchengeschichte lang unbekannt war, es sei Sache und Recht des römischen Bischofs, der ganzen Kirche oder auch nur jener des lateinischen Ritus die Ergebnisse solcher Basteleien zu dekretieren.
Haben die Bischöfe der Diözesen, die noch 1570 einen Eigenritus hatten, diese Entwicklung nicht selber herbeigeführt, indem sie die (ohnehin meist eher geringfügigen) Unterschiede aus ihrer Liturgie entfernten und ihre Riten so schrittweise dem Römischen Ritus annäherten? Dazu wären sie rein rechtlich nicht gezwungen gewesen. Und welche Rolle spielten die Diözesen (bzw deren Oberhirten) bei der Errichtung der Bischofskonferenzen heutiger Ordnung, denen nach dem Konzil in vielen Dokumenten das Recht zur liturgischen Ordnung eingeräumt wurde? Auch damit haben die Bischöfe sich selbst um die Möglichkeit gebracht, die Liturgie in ihren Sprengeln selbst zu bestimmen. Wenn Bischöfe ihre Kompetenzen derart freimütig preisgeben, dann ist es wohl kein Wunder, dass jemand das ausnützt.

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Sursum Corda
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Wehret den Anfängen...

Beitrag von Sursum Corda »

Mir zeigt die ganze Begebenheit vor allem folgendes: Ein ganz gewisser Erzbischof hatte 1988 schon recht mit seinem Mißtrauen...
Es wird nicht bei der Änderung der Karfreitags-Fürbitte bleiben: Demnächst werden wir auch die total verkorkste neue Leseordnung und vor allem den neuen Kalender haben, wetten? Und so wird man nach und nach auch den alten Ritus aufweichen. Hatte man uns nicht suggeriert (bzw. haben wir das nicht selbst gern so sehen wollen), man habe jetzt die alte Messe sozusagen als Urmeter eingefroren, während die neue Messe zum "Herumbasteln", "Ver(schlimm)bessern etc. da sei? Haben wir das nicht alle nur zu gern geglaubt?
Mir wird nur eines bleiben, nämlich Karfreitag das zu tun, was ich schon immer getan habe: Egal, ob ich in der alten oder neuen Karfreitagsliturgie bin, ich bete parallel zum Gestottere unseres Lektors die alten Fürbitten und verweigere grundsätzlich bei der besagten Fürbitte auch nach Aufforderung die Kniebeuge.

Josef Steininger
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Beitrag von Josef Steininger »

Die Reaktion der Juden (siehe auch Radio Vatikan Tagesmeldungen)ist außerordentlich erfreulich, sie zeigt, daß der katholische Standpunkt nicht preisgegeben wurde.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »


Doch: denn es wurde demonstriert, daß der Hohe Rat entscheidet,
was wir beten dürfen. Das ist der Greuel an heiliger Stätte. Verhöh-
nung des Herrn. (Daß sie jetzt weiterjammern und -hetzen, gehört
zum Spiel.)
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iustus
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Re: Wehret den Anfängen...

Beitrag von iustus »

Sursum Corda hat geschrieben:Mir zeigt die ganze Begebenheit vor allem folgendes: Ein ganz gewisser Erzbischof hatte 1988 schon recht mit seinem Mißtrauen...
Es wird nicht bei der Änderung der Karfreitags-Fürbitte bleiben: Demnächst werden wir auch die total verkorkste neue Leseordnung und vor allem den neuen Kalender haben, wetten? Und so wird man nach und nach auch den alten Ritus aufweichen. Hatte man uns nicht suggeriert (bzw. haben wir das nicht selbst gern so sehen wollen), man habe jetzt die alte Messe sozusagen als Urmeter eingefroren, während die neue Messe zum "Herumbasteln", "Ver(schlimm)bessern etc. da sei? Haben wir das nicht alle nur zu gern geglaubt?
Mir wird nur eines bleiben, nämlich Karfreitag das zu tun, was ich schon immer getan habe: Egal, ob ich in der alten oder neuen Karfreitagsliturgie bin, ich bete parallel zum Gestottere unseres Lektors die alten Fürbitten und verweigere grundsätzlich bei der besagten Fürbitte auch nach Aufforderung die Kniebeuge.
Welches Messbuch bevorzugst Du eigentlich? Dass von 1962 kann es ja nicht sein. Die Aufforderung zur Kniebeuge gab´s da nämlich schon. Auch war der Kalender schon umfangreich neu geordnet mit der Änderung der Festordnung 1960: Abschaffung der zahlreichen Oktaven, damit häufig die Messe vom vorhergehenden Sonntag... Dass es langweilig wird, drei- viermal die gleiche Sonntagsmesse in der Woche zu nehmen, leuchtet ein. Daher ist die Einführung der neuen Leseordnung verständlich.

Das parallele Beten der alten Fürbitten ist allerdings ein sehr guter Vorschlag. Ich werde es ebenso handhaben.

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ottaviani
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Re: Wehret den Anfängen...

Beitrag von ottaviani »

Sursum Corda hat geschrieben:Mir zeigt die ganze Begebenheit vor allem folgendes: Ein ganz gewisser Erzbischof hatte 1988 schon recht mit seinem Mißtrauen...
Es wird nicht bei der Änderung der Karfreitags-Fürbitte bleiben: Demnächst werden wir auch die total verkorkste neue Leseordnung und vor allem den neuen Kalender haben, wetten? Und so wird man nach und nach auch den alten Ritus aufweichen. Hatte man uns nicht suggeriert (bzw. haben wir das nicht selbst gern so sehen wollen), man habe jetzt die alte Messe sozusagen als Urmeter eingefroren, während die neue Messe zum "Herumbasteln", "Ver(schlimm)bessern etc. da sei? Haben wir das nicht alle nur zu gern geglaubt?
Mir wird nur eines bleiben, nämlich Karfreitag das zu tun, was ich schon immer getan habe: Egal, ob ich in der alten oder neuen Karfreitagsliturgie bin, ich bete parallel zum Gestottere unseres Lektors die alten Fürbitten und verweigere grundsätzlich bei der besagten Fürbitte auch nach Aufforderung die Kniebeuge.
nein das glaube ich nicht den das spielen die Petrusbruderschaft u.a. nicht mit
die jetzt neue form der Karfreitagsfürbitte ist meiner Meinung nach auch für die FSSPX verpflichtend den die Substanz wurde nicht angetastet wie ja die diversen reaktionen jüdischer organisationen und funktionäre zeigen

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Edi
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Beitrag von Edi »


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