Worte des Schöpfers vor den himmlischen Heerscharen und der Braut
So klage ich denn über dich, du Oberhaupt meiner Kirche, der du sitzest auf meinem Stuhle, den ich Petrus und seinen Nachfolgern übergeben habe, um darauf zu sitzen in dreifacher Würde mit dreifachem Ansehen; erstlich, damit sie die Macht hätten, die Seelen zu binden und von der Sünde zu lösen; zweitens, damit sie den Büßenden den Himmel öffneten; drittens, um den Verfluchten und Verächtern meiner Gebote den Himmel zu verschließen.
Du aber, der du die Seelen lösen und mir vorstellen solltest, du bist wahrhaft der Mörder der Seelen. Ich habe Petrus als Hirten und Hüter aller meiner Schafe eingesetzt, du aber bist ein Zerstreuer und Zerreißer derselben. Du bist ärger, als Lucifer; denn dieser war neidisch auf mich und trachtete nach nichts weiter, als mich zu töten, um an meiner Statt zu herrschen, du bist aber um so schlimmer, weil du nicht nur mich tötest, indem du mich durch deine argen Werke von dir stoßest, sondern auch die Seelen tötest durch dein böses Beispiel. Ich habe die Seelen mit meinem Blute losgekauft und dieselben dir als meine treuen Freunde anvertraut, du aber übergiebst sie wiederum dem Feinde, von welchem ich sie losgekauft hatte.
Du bist ungerechter, als Pilatus, welcher außer mir niemand zum Tobe verurteilte, du aber richtest nicht allein mich, als ob ich ein machtloser und nichtswürdiger Mensch wäre, sondern verurteilst auch unschuldige Seelen und lässest die Schuldigen frei.
Du bist grausamer, als Judas, welcher nur mich verkaufte, du aber verkaufst nicht mich allein, sondern auch die Seelen meiner Auserwählten um schnöden Gewinn und für einen leeren Namen.
Du bist abscheulicher, als die Juden. Diese kreuzigten nur meinen Leib, du aber kreuzigst und strafst die Seelen meiner Auserwählten, denen deine Bosheit und Übertretung bitterer ist, als jegliches Schwert.
Und deshalb, weil du Lucifer ähnlich, ungerechter als Pilatus, grausamer als Judas, und abscheulicher als die Juden bist, beklage ich mich mit Recht über dich.
Zu dem zweiten aber, d. h. zu den Laien, spricht der Herr: Zu deinem Nutzen habe ich alles erschaffen, du hast dich zu mir gewendet und ich zu dir, du hast mir deinen Glauben geschenkt und mir mit deinem Eide versprochen, du werdest mir dienen. Nun aber bist du von mir hinweggegangen, wie ein Mensch, der seinen Gott nicht kennt. Meine Worte hältst du für Lügen, meine Werke für Eitelkeit, meinen Willen und meine Gebote nennst du zu schwer.
Du bist ein Verletzer des versprochenen Glaubens geworden; du hast deinen Eid gebrochen und hast meinen Namen verlassen; du hast dich von der Zahl meiner Heiligen getrennt und bist hinübergegangen in die Zahl der Teufel und ihr Genosse geworden. Du glaubst, niemand außer dir sei des Lobes oder der Ehre würdig. Alles, was mein ist, und was du mir zu thun schuldig bist, fällt dir schwer, leicht dagegen ist dir alles, was dir gefällt.
Deshalb beklage ich mich mit Recht über dich, weil du den Glauben gebrochen, den du mir in der Taufe und noch später zugesagt. Außerdem beschuldigst du mich zum Dank für meine Liebe, die ich dir durch Wort und That erwiesen, der Lüge und nennst mich meiner Leiden wegen einen Thoren.
Zu dem dritten, den Juden, aber sprach er: Ich habe bei euch angefangen, meine Liebe zu offenbaren, habe euch zu meinem Volke auserwählt, euch aus der Knechtschaft hinausgeführt, euch mein Gesetz gegeben und euch in das Land geführt, das ich eueren Vätern verheißen, auch habe ich euch zum Troste die Propheten gesendet. Sodann habe ich aus euch mir eine Jungfrau erlesen, von welcher ich meine Menschheit annahm.
Jetzt aber beklage ich mich über euch, weil ihr noch immer halsstarrig seid und sprecht: Christus ist noch nicht gekommen, sondern soll noch kommen.
Zum vierten, d. i. den Heiden, sprach der Herr: Ich habe dich erschaffen und erlöst, wie meine Christen, auch alles Gute deinetwegen gethan, du aber bist wie ein unsinniger Mensch, weil du nicht weißt, was du thun, wie ein Blinder, weil du nicht siehst, wohin du gehen sollst. Du verehrst die Kreatur statt des Schöpfers, die Lüge statt der Wahrheit, und beugst dein Knie vor dem, der niedriger ist, als du. Deshalb beklage ich mich über dich.
Zum fünften aber sprach er: Tritt näher, mein Freund! und alsbald sprach er zu den himmlischen Heerscharen: Geliebte Freunde, ich habe einen Freund, unter dem ich mehrere verstehe. Er ist wie ein Mensch, der mitten unter den Bösen ist und hart von ihnen gefangen gehalten wird. Wenn er die Wahrheit spricht, so schlägt man ihn mit Steinen auf den Mund, thut er Gutes, so stößt man ihm den Speer in die Brust.
Wohlan, meine und alle ihr Heiligen, wie lange soll ich seine Feinde dulden, und wie lange solche Verachtung ertragen?
Der heilige Johannes der Täufer antwortete: "Du bist wie ein überaus reiner Spiegel; denn in Dir sehen wir, wie in einem Spiegel, alles ohne Wort, und wissen es. Du bist die unvergleichliche Süßigkeit, wodurch wir an allem Guten Geschmack haben. Du bist wie ein überaus scharfes Schwert, wenn Du nach der Billigkeit richtest."
Darauf entgegnete ihm der Herr: "Du, mein wahrer Freund, redest die Wahrheit; denn in mir sehen meine Auserwählten alles Gute und alle Gerechtigkeit, auch die bösen Geister, obwohl nicht in meinem Licht, sondern in ihrem Gewissen. Denn, wie ein in einen Kerker geworfener Mensch, welcher Wissenschaften gelernt hat, obwohl er im Finstern ist und nichts sieht, nichtsdestoweniger das weiß, was er gelernt hat, so wissen und schauen die Teufel, obwohl sie meine Gerechtigkeit nicht im Lichte meines Glanzes sehen, dieselbe doch in ihrem Gewissen. Ich bin auch wie ein zweischneidiges Schwert und gebe einem jeden, wie er verdient."
Ferner setzte der Herr hinzu und sprach zum seligen Petrus: "Du bist der erste meines Glaubens und meiner Kirche, sprich, daß es meine Heerscharen vernehmen, das Urteil der Gerechtigkeit aus über diese fünf Männer."
Petrus antwortete: "Lob und Ehre sei Dir, o Herr, für Deine Liebe. Gepriesen seist Du von allen Deinen Heerscharen, weil Du uns in Dir alles sehen und wissen lässest, was geschehen ist und werden wird; denn in Dir sehen und wissen wir alles. Das aber ist die erste Gerechtigkeit, daß der erste, welcher auf Deinem Stuhle sitzt, aber die Werke Luzifers hat, mit Schanden den Stuhl verliere, auf welchem er sich zu sitzen herausgenommen, und teilnehme an der Strafe Luzifers.
Von dem zweiten fordert die Gerechtigkeit, daß, weil er abwich von Deinem Glauben, er mit dem Kopfe unten und den Füßen oben in die Hölle herabfahre, weil er Dich verachtete, der Du sein Haupt sein solltest, und sich selber liebte.
Vom dritten fordert die Gerechtigkeit, daß er Dein Gesicht nicht sehe, und auch noch gestraft werde nach seiner Bosheit und Begierde, weil die Treulosen nicht verdienen, Deinen Anblick zu genießen. Bei dem vierten verlangt die Gerechtigkeit, daß er wie ein Verrückter eingeschlossen und in einen finsteren Ort gebracht werde.
Für den fünften erheischt die Gerechtigkeit, daß ihm Hilfe gesendet werde."
Nachdem er dies angehört, sprach der Herr: "Ich schwöre bei Gott, dem Vater, dessen Stimme Johannes der Täufer am Jordan vernahm; ich schwöre bei dem Leibe, den Johannes im Jordan taufte, schaute und berührte; ich schwöre beim Geiste, welcher in Gestalt einer Taube am Jordan erschien, daß ich über jene fünf Gerechtigkeit ergehen lassen will."
Dann fuhr der Herr fort und sprach zum ersten der vorgenannten fünf Männer: "Das Schwert meiner Strenge wird in Deinen Leib fahren; es wird am Oberteile des Kopfes hineingehen und so tief und stark hineingestoßen werden, daß es nimmermehr herauszuziehen sein wird. Dein Sitz wird versenkt werden wie ein schwerer Stein, welcher nicht eher stillsteht, als bis er auf dem äußersten Boden der Tiefe angekommen ist. Die Finger, d. i. Deine Gehilfen, werden in unauslöschlichem Schwefelfeuer brennen; Deine Arme, d. h. Deine Stellvertreter, welche für das Heil der Seelen sich ausbreiten sollten, aber nur zu weltlichem Nutzen und für die Ehren sich ausstrecken, werden zu der Strafe verurteilt werden, von welcher David spricht: Seine Kinder müssen Waisen werden und sein Weib eine Witwe, und Fremde müssen sein Vermögen nehmen. Sein Weib aber ist die Seele, welche von der himmlischen Herrlichkeit verlassen und Gottes Witwe sein wird; die Kinder, d. h. ihre vermeintlichen Tugenden, und meine Freunde unter ihnen, die in Einfalt mir dienen, werden abgesondert werden von ihnen, und ihre Würde und Güter werden anderen übertragen werden; sie selber aber werden statt der Würde ewige Schande ernten. Der Schmuck ihres Hauptes wird in den Kot der Hölle versenkt werden und nie mehr werden sie sich daraus erheben können, und wie sie hienieden durch Ehre und Hoffart über andere sich erhoben haben, werden sie tiefer als alle anderen in die Hölle hinabsinken und es wird ihnen unmöglich sein, aus dieser Tiefe emporzusteigen. Ihre Glieder, d. h. alle ihre Nachfolger und geistlichen Gönner, werden von ihnen abgeschnitten und getrennt werden wie eine geschleifte Mauer, wobei kein Stein auf dem anderen bleibt und kein Mörtel an den Steinen kleben bleiben wird; auch soll keine Barmherzigkeit über sie kommen, meine Liebe sie niemals erwärmen, noch ihnen eine ewige Wohnung im Himmel auferbauen; sie werden unausgesetzt mit ihren Häuptern von aller Seligkeit abgesondert und gepeinigt werden.
Zum zweiten aber spreche ich: Weil Du den mir gelobten Glauben nicht halten, noch Liebe zu mir hegen willst, so werde ich das Tier über Dich senden, das aus dem wilden Gießbache hervorgeht und Dich verschlingen wird. Wie ein Wildbach immer nach unten stürzt, so wird jenes Tier Dich in der Hölle unterste Tiefen führen, und wie es Dir unmöglich ist, wider den ungestümen Gießbach hinanzusteigen, so schwer wird es Dir, aus der Hölle jemals emporzusteigen.
Zum dritten spreche ich: Weil Du, Jude, immer noch nicht glauben willst, daß ich gekommen bin, deshalb wirst Du mich sehen, wenn ich zum zweiten Male zum Gerichte kommen werde, aber nicht in meiner Herrlichkeit zu Deinem Heile, sondern in Deinem Gewissen zu Deinem Verderben; Du wirst erfahren, daß alles wahr gewesen, was ich gesagt habe, und die verdiente Strafe wird Deiner warten.
Zum vierten spreche ich: Weil Du weder um Glauben noch um Wissen Dich kümmerst, so soll Deine Finsternis Dir zum Lichte werden, auf daß Du dann erkennest, daß meine Gerichte wahr sind, ohne daß Du darum selber zum Lichte gelangst.
Zum fünften sage ich: Dreierlei werde ich Dir thun. Zuerst werde ich Dich innerlich mit meiner Wärme erfüllen; zweitens werde ich Dein Gebein härter und fester machen, als alles Gestein, so daß alle auf Dich geworfenen Steine zurückfliegen sollen; drittens will ich Dich mit meinen Waffen also bewaffnen, daß keine Lanze Dir schaden wird, sondern alles vor Dir erweichen soll wie Wachs vorm Feuer. Sei deshalb getrost und stehe mannhaft; denn wie der Soldat, welcher im Kriege auf seines Herrn Hilfe hofft, so lange kämpft, als noch ein Tropfen in ihm ist, so stehe Du fest und kämpfe, weil Dir Gott, Dein Herr, dem niemand widerstehen kann, Hilfe gewähren wird. Und weil Du eine geringe Zahl hast, werde ich Dich ehren und vervielfältigen.
Seht, meine Freunde, so stehen diese Männer vor mir. Meine Worte, die jetzt gesagt worden, werden erfüllt werden; sie werden, so lange ich König bin, nimmer eingehen in mein Reich, wenn sie sich nicht gebessert haben; denn niemand wird der Himmel gewährt, als denen, die sich erniedrigen und Reue empfinden." Hierauf antworteten die himmlischen Heerscharen insgesamt: "Preis sei Dir, Herr Gott, der Du ohne Anfang bist und ohne Ende!"