Zeugen der christlichen Hoffnung - für wen?

Klöster, Klerus, Laienschaft. Besondere Nachfolge.
Anastasis

Zeugen der christlichen Hoffnung - für wen?

Beitrag von Anastasis »

Der Papst hat eine Botschaft an die Teilnehmer eines Kongresses für das gottgeweihte Leben Ende November in Rom gerichtet.

Die Gedanken sind nicht sensationell neu - hängengeblieben bin ich aber an folgender Passage:
"Die Menschen unserer Zeit sind manchmal innerlich so sehr verarmt, dass sie nicht einmal in der Lage sind, diese eigene Armut zu erkennen", schreibt der Papst in seiner Botschaft. Personen des gottgeweihten Lebens seien berufen, "für die orientierungslose, zermürbte und vergessliche Menschheit glaubwürdige Zeugen der christlichen Hoffnung zu sein, in dem sie die göttliche Liebe sichtbar machen und niemanden vernachlässigen".
Da stellt sich mir die Frage: erreichen Ordensleute eigentlich die Menschen, die ganz weit weg sind vom Glauben? Die, die innerlich so sehr verarmt sind, orientierungslos und zermürbt? Erreichen sie diese mehr oder besser als andere Christen?

Mir scheint eher, sie erreichen vor allem die, die schon auf dem Weg sind und Vertiefung suchen - aber das mag daran liegen, daß ich mich eher im monastischen als im caritativen Spektrum auskenne: wer in Klausur lebt, geht nicht hinaus zu denen, die aus eigenem Antrieb keinen Kontakt aufnehmen würden, sondern muß auf die warten, die einen Grund haben, zu kommen.

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Tom
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Beitrag von Tom »


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cathol01
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Re: Zeugen der christlichen Hoffnung - für wen?

Beitrag von cathol01 »

Anastasis hat geschrieben:Die Gedanken sind nicht sensationell neu - hängengeblieben bin ich aber an folgender Passage:
"Die Menschen unserer Zeit sind manchmal innerlich so sehr verarmt, dass sie nicht einmal in der Lage sind, diese eigene Armut zu erkennen", schreibt der Papst in seiner Botschaft.
Ich bin ebenfalls an dieser Passage hängengeblieben, allerdings aus einem anderen Grund: Haben wir Christen das Recht, so über unsere Mitmenschen zu reden? Haben wir das Recht, von dem dauernden Sinnverlust zu schwafeln?
"Das Wahre ist nicht sicherer als das Wahrscheinliche."
(Diogenes Laërcius)

Ralf

Beitrag von Ralf »

Hmm. Ich denke nicht. Wir sollten vielmehr den absoluten Sinngewinn (von begriffen wie "Wahrheit" würde ich am Anfang - Milch, nicht feste Speise! - nicht direkt reden) anbieten. Demütig.

Marlene
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Re: Zeugen der christlichen Hoffnung - für wen?

Beitrag von Marlene »

Anastasis hat geschrieben:Da stellt sich mir die Frage: erreichen Ordensleute eigentlich die Menschen, die ganz weit weg sind vom Glauben? Die, die innerlich so sehr verarmt sind, orientierungslos und zermürbt? Erreichen sie diese mehr oder besser als andere Christen?
Bestimmt nicht mehr oder besser als andere - aber anders.

Sie wirken durch ihre totale Ausrichtung auf Gott hin, durch ihre intensive Gottsuche, die in ihrem Lebensrhythmus, in dem Gebet und der lectio viele Stunden am Tag bewusst gepflegt wird. Und dass sie wirklich die Tür hinter sich zumachen. (Über die Notausgänge aus der Klausur wollen wir jetzt mal nicht sprechen ... ;) )Dadurch verkörpern sie für viele Menschen auch eine besondere Glaubwürdigkeit.

Ich habe in den letzten Jahren sehr oft bemerkt, dass Klöster in Menschen Sehnsüchte wecken, die sie tief vergraben haben. Und nicht selten kommt es bei uns vor, dass mir Menschen bei offenen Tagen im Kloster, oder im Laden- und Ökonomiebereich auch aus ihrem Leben erzählen. Meist beginnen die Geschichten mit "ja wissen Sie, mit der Kirche haben wir ja gar nichts am Hut ..." Und dann kommen eben doch Fragen, die diese Sehnsucht, glauben zu können, zeigen, die zeigen, dass man auf der Suche nach Sinn und Orientierung ist. Manchmal habe ich den Eindruck, dass schon das klösterliche Ambiente ausreicht, um manche Menschen dazu zu bringen, ihre Lebensgeschichte, Schuldgefühle, Ängste, vor allem aber auch ihre bohrenden Fragen nach Gott loszuwerden. Ich frage sie dann meist, ob sie nicht auch mal mit einem Mönch darüber sprechen wollten ... die meisten wollen dann übrigens.

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Ermi
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Titel

Beitrag von Ermi »

Der Heilige Franziskus hat merhmals mit einem Mitbruder gepredigt, ohne ein Wort zu sagen. Sein Mitbruder erstaunt, fragte ihn schließlich: ich dachte wir würden zum predigen zu den Leuten gehen? Der Hl. Franziskus sagte darau nur, daß wir durch unser dasein schon gepredigt hätten.
Gott ist mittendrin!

kukHofnarr
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Re: Titel

Beitrag von kukHofnarr »

Ermi hat geschrieben:
Donnerstag 9. Dezember 2004, 15:27
Der Heilige Franziskus hat merhmals mit einem Mitbruder gepredigt, ohne ein Wort zu sagen. Sein Mitbruder erstaunt, fragte ihn schließlich: ich dachte wir würden zum predigen zu den Leuten gehen? Der Hl. Franziskus sagte darau nur, daß wir durch unser dasein schon gepredigt hätten.
"Wenn die Wolke sich nicht erhob, brachen sie nicht auf bis zum Tage, da sie sich erhob."

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