Senensis hat geschrieben:Ist es im 21. Jahrhundert noch möglich, ein solches Leben real + auf Dauer zu führen, oder würde es sich bei einem solchen Versuch um die von vorneherein zum Scheitern verurteilte, da nicht tragfähige Umsetzung nostalgischer Schwärmereien handeln. Sucht ein solcher Kandidat Gott und kann er ihn auf diesem Weg finden, oder sucht er nur ein weltfremdes Paradies.
Ja, genau: Kann man dieses mittelalterliche Klosterleben heute überhaupt noch leben? Wenn ein Mensch vor 1000 Jahren dazu in der Lage war, warum dann nicht auch ein Mensch unserer Zeit? Aber die Frage geht weiter: War das Klosterleben im Mittelalter wirklich so schwer? Hat nicht der Großteil der Bevölkerung damals unter gleichen Umständen gelebt? (Ich denke hier z.B. an die harte Arbeit, an die karge Nahrung...)
Daher muss man sich fragen: Was veranlasst einen jungen Menschen heute, auf alle Vorzüge des modernen Fortschritts zu verzichten und leben zu wollen wie im Mittelalter? Für die mittelalterlichen Mönche war das harte Leben selten eine Umstellung (abgesehen vielleicht vom vielen Beten und dem Schweigen), aber für einen heutigen Menschen ist es wie ein Einbruch in ein endloses Nichts. Im Mittelalter konnte man das Mönch-Werden manchmal sogar als sozialen Aufstieg betrachten, doch wenn man heute in Mariawald eintritt, dann wird von einem ein Opfer verlangt wird, das mehr als fraglich ist.
Was bewegt also die Kandidaten? Es wäre selbstzerstörerisch (und bestimmt krankhaft), wenn sie wirklich den Fleisch-Verzicht, die Eises-Kälte, den blinden Gehorsam oder den zermürbenden Schlaf-Mangel suchen. Nein, die Kandidaten sehnen sich nach einem Leben mit Gott (vielleicht nur, weil sie mit den Menschen kein Glück hatten), sie lieben die Liturgie (weil in ihrem Leben etwas fehlt, vielleicht nur ein ganz normales Hobby - kann Liturgie Hobby sein?) und sie bilden sich ein (wohl nur unbewusst), dass sie ganz Gott gehören und für ihren Dienst in besonderer Weise belohnt werden. Aber das ist nur mein persönlicher Eindruck.
Wenn man Mariawald für einige Tage besucht, vielleicht auch immer mal wieder, dann kann man schnell den Eindruck gewinnen, dass die Professen ganz in ihrer Berufung aufgehen. Aber wenn man mit der Gemeinschaft längere Zeit zusammen lebt, dann erkennt man, dass hinter dieser äußeren Fassade eigentlich nur Routine steckt: Die Mönche haben sich mit dem harten Klosterleben abgefunden, sie sind abgestumpft. Fromme Leute würde sagen: Sie sind für die Welt gestorben, sie haben sich abgetötet. Aber ich frage: Ist es wirklich Christus, der nun in ihnen aufscheint, oder handelt es sich nur um ein... tja... ungelebtes Leben, um eine verlorene Persönlichkeit, um einen ausgemerzten Charakter?
Wenn sich die Reform in Mariawald nur auf die Liturgie beziehen würde, wenn es dem Abt nur um das Opus Dei ginge, dann sähe ich eine Chance für Mariawald. Aber es geht um mehr: Es geht um einen Weg zur Heiligkeit, den viele große Mönche vorgelebt haben, aber der in meinen Augen heute nicht mehr lebbar ist, der entweder zum Scheitern oder zur Selbstaufgabe führt.