Der Franziskaner Jakob von Todi

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Prudens
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Der Franziskaner Jakob von Todi

Beitrag von Prudens »

Meine Lieben,

ich feile immer noch an meiner Facharbeit zum Thema "Stabat Mater" und hätte da noch ein paar Fragen, die ihr mir vielleicht beantworten könnt und zwar geht es um den VErfasser der Sequenz, nämlich Jakob von Todi. Viele moderne Internetquellen sagen mir:
"Man hat Jacopone lange Zeit das "Stabat Mater" (GL 584) zugesprochen, was sich inzwischen als wohl falsch herausgestellt hat. "
(Zitat von http://www.heiligenlexikon.de/Biographi ... _Todi.html 5. 9. 06 21.44 Uhr) Natürlich frage ich mich jetzt (nachdem ich auch shcon andere Quellen gelesen habe, die sinngemäß das gGeiche berichten) warum es sich als falsch herausgestellt hat, dass Jakob von Todi nicht der Verfasser ist. Welche Gründe sprachen dafür/dagegen? Und wann wurde das überhaupt entschieden? In den älteren Büchern, besonders in nichtchristlichen Büchern steht:
"Stabat Mater, vom Franziskaner Jacopone da Todi oder dem hl. Bonaventura"
aus Michels, Ulrich: dtv-Atlas Musik. dtv, München. 2001 S.191

Liebe Grüße.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Prudens, unabhängig davon, ob es wahr oder falsch ist mit Jakob von Todi:

So gut wie bei allen alten Hymnen will "die Wissenschaft" (=ein nicht näher beschreibbares modernes mythisches Wesen) erwiesen haben, daß die überlieferten Autorschaften nicht zutreffen würden. Wer der wirkliche Verfasser ist, ist normalerweise unbekannt. Aber auf keinen Fall der überlieferte.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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ghiaccio
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Beitrag von ghiaccio »

:D

Alexander

Schön ausgedrückt! :jump:
Zudem bleibt offen, warum über Jahrhunderte - hier Jacopone Benedetti da Todi - als Urheber überhaupt genannt wurde???

Wenn man denkt, wie unsicher Nachrichten vom selben Tag schon sind, dass z.B. - wie wiederholt festgestellt - ARD im Videotext etwas anderes sagt, als parallel die Hauptnachrichtensendung, kann man in etwa auf die Zuverlässigkeit sonstiger Aussagen schließen, gerade wenn die Sachverhalte gar Jahrhunderte zurückliegen.

Vermutlich ist die These von der Nichturheberschaft ähnlich sicher, wie die wildesten Evolutionsspekulationen, die als Fakten verkauft werden. ;)

Prudens
Ich denke, du kannst die Urheberschaft Jacopones weiter vertreten, um so mehr, als dass nicht feststellbar ist, worauf sich nun die neuere Forschung stützt. Erwähne die andere Position und stütze die Deine argumentativ, etwa damit, dass für die neue Aussage keine nachprüfbaren Aussagen festzustellen waren.


Gutes Gelingen! dir.
Fröhlich sein, gutes tun und die Spatzen pfeiffen lassen
Hl Don Giovanni Bosco

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Anhand der Überlieferung läßt sich die Frage der Verfasserschaft wohl
nicht mehr klären. Philologische Untersuchungen sind immer mehr
oder minder fragwürdig.

Ich persönlich neige, wenn ich’s recht bedenke, doch eher zum heiligen
Bonaventura als Autor. Aber es handelt sich ja um keinen Text, bei dem
es auf die Verfasserschaft ankäme.

Insofern ist der Streit darum akademisch, ähnlich vielleicht wie die Dis-
kussion um den Verfasser des Te Deum. (Ambrosius? Nicetas von Reme-
siana?)
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

Uwe Schmidt
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Beitrag von Uwe Schmidt »

Bei den meisten Liedern, die wir in der Messe singen, ist wohl der Komponist nicht bekannt - es heißt dann immer "Köln 1642" o.ä.

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cantus planus
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Beitrag von cantus planus »

Das "Stabat Mater" wird heute - wie Robert schon sagte - entweder Jakob von Todi oder Bonaventura zugeschrieben.

Wer von beiden es war (wenn er es war...) ist eigentlich mehr oder weniger unerheblich. Das Werk entspringt klar der franziskanischen Geisteshaltung. Damals war es nicht üblich, bei solchen Dichtungen den Autor anzugeben, da allein zur höheren Ehre Gottes komponiert wurde. Man könnte also von "franziskanischer Schule" sprechen.

Was die genaue Zuordnung angeht, so kann ich als Kirchenmusiker sagen, dass die Musikwissenschaft gerade im Bereich der geistlichen Musik schon manchen Bock geschossen hat.
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‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

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