Mönche- tot für die Welt? Seit wann?

Klöster, Klerus, Laienschaft. Besondere Nachfolge.
Ralf

Mönche- tot für die Welt? Seit wann?

Beitrag von Ralf »

Hallo.

Nietenolaf hat es ja schon mehrfach erwähnt, dass dieser Gedanke in der Ortodoxie immer noch sehr prägend ist. In manchen, bei weitem nicht allen Orden ist das im Westen auch noch so (so lassen bspw. die Prämontratenser zur Feierlichen Professfeier die Totenglocke läuten, habe ich mal gehört...), das drückt sich ja u.a. auch im speziellen Ordensnamen aus.

Meine Frage: seit wann ist das so? Sahen das schon Antonius der Große und/oder Paulus von Theben so? Oder wer hat diese "Idee" erstmal eingebracht? Schließlich sollen wir ja durch die Taufe schon der Welt gestorben sein!

Und zum Ordensnamen: ist das nicht theologisch evtl. ein Problem, da wir ja auf einen anderen (nämlich den Tauf-)Namen getauft und somit bei diesem Namen "vom Herrn gerufen" sind? Mir bedeutet bspw. aus diesem Grund mein Taufname sehr viel.

Ich weiß ehrlich gesagt über das alles nicht viel, daher meine An-Frage.

mal
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Beitrag von mal »

Ich würde sagen, dass das 'geweihte Leben' eine Intensivierung dessen ist, was jeder/jede, die auf Christus getauft worden sind, leben sollten. Die evangelische Räte sind ein RAT, keine Pflicht. Und das Sterben des Christen, das meint: das Sterben des Bösen in mir,( also das, was dem Leben in Christus entgegengesetzt ist, also die Sünde und alles, was dazu hinführt), führt dahin, dass der Christ für das, was in der Welt gegen Christus ist, tot ist, ihm nicht mehr verfallen kann/soll.
Klingt etwas verquast, hm, aber so sehe ich das.
Der Ordensname bedeutete früher, das der neue Abschnitt auch eine neue Beziehung, nämlich eine intensivere, bringen soll(te).
Heute sind ja meist die Taufnamen der Ordensname.
Aber der konsequentere Weg in der Nachfolge der evangelischen Räte soll auch gleichzeitig ein Zeichen sein: Solo Dios basta.
mal
Ein Heiliger ist ein Mensch im Vollbesitz seiner Menschlichkeit. Thomas Merton

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Paterjuerch
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Mönche - tot für die Welt?

Beitrag von Paterjuerch »

Ich komme jetzt beim Nachschauen nicht bis Paulus von Theben zurück, aber ins 10. Jahrhundert allemal.
Da heißt es in einem Benediktionsgebet über den Professkandidaten bei der monastischen Profess, er möge "aller lärmenden Geschäftigkeit dieses Zeitalters entzogen sein, den Schauspielen und Vergnügungen der Gegenwart entrissen ... von den Nachstellungen des alten Feindes befreit sein, für diese Welt tot sein, ... Lehre ihn, oh Herr, alles Glück dieses Lebens zu verachten, Widrigkeiten nicht zu fürchten, niemandem Unrecht zuzufügen, sondern es vielmehr mit Gleichmut zu ertragen, die Feinde zu lieben, für Verfolger und Verleumder demütig zu beten, ... "(Pontificale Romano- Germanicum, Vatikanstadt 1963, S. 73; meine Übersetzung)

Insgesamt also eine Begrifflichkeit, die so grob noch im Rahmen klassischen monastischen Gedankenguts liegen dürfte, wenn auch sehr auf Weltverachtung abgehoben wird und äußerst idealistisch gedacht wird. Korrigiert mich, wenn ich falsch liege.

Dass da später ein Tot-sein in ganz anderem Sinne noch hinein interpretiert wurde, steht auf einem anderen Blatt. Die Totenglocke ist da noch gar nichts. Die Kamaldulensereremiten im 19. Jh. mussten sich zur Profess bei der Prostratio auf ein schwarzes Tuch legen und über sie wurde noch ein schwarzes Tuch gebreitet und neben dem Kopf und den Füßen des Kandidaten wurden jeweils zwei Kerzen angezündet. Das perfekte Bild einer Beerdigung (wen der Nachweis interessiert, schickt mir bitte eine Nachricht).

An dem Punkt wird es kritisch, weil mit so einem Bild vom "tot sein für die Welt" bleibt nicht mehr viel übrig für den Dienst vor Gott.
Ad infinitam dei gloriam.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Eine Nonne.

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Photo von Alexandr Schurlakow; Quelle http://www.foto.orthodoxy.ru
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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bremond
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Kol 3,3

Beitrag von bremond »

Ich glaube, daß der Topos vom "gestorben für die Welt" auf Paulus zurückgeht.

Es gibt beim ihm eine Menge Sätze diesem Sinne, ich zitiere nur mal aus dem 3. Kap. des Kolosser-Briefes (man achte auf Vers 3):

"2 Richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische!
3 Denn ihr seid gestorben und euer Leben ist mit Christus verborgen in Gott.
4 Wenn Christus, unser Leben, offenbar wird, dann werdet auch ihr mit ihm offenbar werden in Herrlichkeit.
5 Darum tötet, was irdisch an euch ist: die Unzucht, die Schamlosigkeit, die Leidenschaft, die bösen Begierden und die Habsucht, die ein Götzendienst ist.
6 All das zieht den Zorn Gottes nach sich.
7 Früher seid auch ihr darin gefangen gewesen und habt euer Leben davon beherrschen lassen.
8 Jetzt aber sollt ihr das alles ablegen: Zorn, Wut und Bosheit; auch Lästerungen und Zoten sollen nicht mehr über eure Lippen kommen.
9 Belügt einander nicht; denn ihr habt den alten Menschen mit seinen Taten abgelegt
10 und seid zu einem neuen Menschen geworden, der nach dem Bild seines Schöpfers erneuert wird, um ihn zu erkennen.
11 Wo das geschieht, gibt es nicht mehr Griechen oder Juden, Beschnittene oder Unbeschnittene, Fremde, Skythen, Sklaven oder Freie, sondern Christus ist alles und in allen.
12 Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen. Darum bekleidet euch mit aufrichtigem Erbarmen, mit Güte, Demut, Milde, Geduld!
13 Ertragt euch gegenseitig und vergebt einander, wenn einer dem andern etwas vorzuwerfen hat. Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!
14 Vor allem aber liebt einander, denn die Liebe ist das Band, das alles zusammenhält und vollkommen macht.
15 In eurem Herzen herrsche der Friede Christi; dazu seid ihr berufen als Glieder des einen Leibes. Seid dankbar!
16 Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch. Belehrt und ermahnt einander in aller Weisheit! Singt Gott in eurem Herzen Psalmen, Hymnen und Lieder, wie sie der Geist eingibt, denn ihr seid in Gottes Gnade.
17 Alles, was ihr in Worten und Werken tut, geschehe im Namen Jesu, des Herrn. Durch ihn dankt Gott, dem Vater!"

Liest sich das nicht wie eine Mönchsregel?

Etliche Orden haben das sehr wörtlich genommen und die geschilderten Riten entwickelt.

Gerade die Orthodoxie mit den Klöstern "janz weit draußen", z.B. Athos.

PS: Natürlich kann man diese Sätze auch auf die Taufe, auf die Bekehrung und damit auf jeden Christen beziehen! Sollte man sogar.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

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Aufgenommen im Kloster Vatopedi, Athos
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Erhart Kästner, [url=http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3458317562/qid=1148915269/sr=8-1/ref=sr_8_xs_ap_i1_xgl/303-4585580-2204201]''Die Stundentrommel vom heiligen Berg Athos''[/url], hat geschrieben:"...Verleugneter Gräberkult [ist] eigentlich urchristlich... der Grabkult [ist] etwas durchaus heidnisches... Da legt man sich schöne Grabstätten an, um sich auch nach dem Tod ein schönes Daheim zu erschwindeln. Sich da, wo es bestimmt kein Zuhause mehr gibt, ein kleines Zuhause zu schaffen. Jedem Toten ein Denkmal.

... Ein Lavendelbusch ... blühte blau, duftete sehr und war von Bienen umsummt. Hier hatte mans wahr gemacht: hier ließ man wirklich die Toten ihre Toten begraben. Hier war es verstanden, daß der Tod das Nichtige und das Überwundene ist. Diese Gräber waren eine Absage an den Unsterblichkeitsglauben; hier wußte man, daß es sich durchaus nicht empfiehlt, an Ruhm und unsterbliche Werke zu denken. Hier betrog man sich nicht damit, daß man das noch ein wenig hinausschob, was Ewigkeit ist, eine Ehrentafel lang oder ein Verwandten-Andenken: noch ein wenig Zeit herausschwindeln, noch ein wenig dableiben. Hier war kein Totenkult, hier war keine Trauer an den Gräbern. Hier begriff man: «Die Trauer der Welt bewirket den Tod.»"
(Anm.: Das Athoskloster, über das Kästner hier schreibt, hatte genau 5 Grabplätze; es ist auf dem Athos üblich, die Toten nach 3 Jahren zu exhumieren und die Knochen in Ossuarien einzulagern, wie auf dem Bild oben zu sehen ist. Auf diese Weise genügen je nach Klostergröße eine geringe Zahl an Grabstätten.)
ἐὰν γὰρ ἀποϑάνῃ ἄνϑρωπος, ζήσεται συντελέσας ἡμέρας τοῦ βίου αὐτοῦ· ὑπομενῶ, ἕως ἂν πάλιν γένωμαι.

Augustina
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Beitrag von Augustina »

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Respice finem!

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

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Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Pit
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Beitrag von Pit »

Hallo Nietenolaf,

wie ich auf meiner Kykladenreise im Mai erlebt/gesehen habe, gibt es diese Tradition auf Santurini, Paros und Naxos auch. Zumindest in den Bergdörfern in der Vulkanlandschaft Santurinis. Und das aus rein praktischen Gründen:
Versuch mal jemand, ein "normales" Grab in harte Vulkanerde zu graben. Viel "Vergnügen" dabei.;-)

Gruß, Pit
Nietenolaf hat geschrieben: es ist auf dem Athos üblich, die Toten nach 3 Jahren zu exhumieren und die Knochen in Ossuarien einzulagern, wie auf dem Bild oben zu sehen ist. Auf diese Weise genügen je nach Klostergröße eine geringe Zahl an Grabstätten.)
carpe diem - Nutze den Tag !

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Mariamante
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Apophthegmata patri

Beitrag von Mariamante »

Unter den Aussprüchen der Wüstenväter habe ich folgenden passenden gefunden:

Der Altvater Daniel erzählte über den Altvater Arsenios: einmal kam ein Beamter und brachte ihm das Testament eines Senators, eines Verwandten von ihm, der ihm eine bedeutende Erschaft hinterließ. Arsenios nahm es und wollte es zerreißen. Da fiel ihm der Beamte zu Füßen und sprach zu ihm:"Zerreiße es bitte nicht. Denn es kostet mich den Kopf." Da sagte zu ihm der Altvater Arsenios: "Ich bin vor jenem schon gestorben und er ist eben erst gestorben." Und er gab ihm das Testament zurück, ohne etwas zu nehmen.
Gelobt sei Jesus Christus

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