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"Ich entschuldige mich"

Verfasst: Dienstag 18. November 2008, 20:13
von Clemens
Liebe Kreuzgängster!

Dieser Stunden hat sich im Kreuzgang jemand für ein Versehen entschuldigt. Schrieb er jedenfalls.

Mein folgender Kommentar betrifft NICHT die Sache, um die es ging und richtet sich auch NICHT gegen die betroffene Person, sondern einzig gegn die FORMULIERUNG.

Mir tut es immer ein bißchen leid, wenn auch Christen diese allgemein übliche Formulierung (gedankenlos?) verwenden.

Man kann sich nicht selbst entschuldigen.
Man kann nur um Entschuldigung bitten!
Entschuldigen kann einen dann nur der, an dem man schuldig geworden ist.

Ich fände es daher besser (und auch vielleicht ein wenig bewusstseinserweiternd), wenn wir in solchen Situationen konsequent sagten:
"Ich bitte um Entschuldigung"
oder "Bitte verzeihe mir!"

und vor allem nicht einfach nur "Entschuldigung" oder gar
"Tschulligung".

Verfasst: Dienstag 18. November 2008, 22:05
von Raphaela
Ich habe jetzt erst mal lange nachgedacht, warum es dir wohl so wichtig ist, eine andere Formulierung zu gebrauchen. Bis ich dann ein Wort- und Gedankenspiel gemacht habe:
Bei Entschuldigung steckt das Wort Schuld drin. Mit dem Ent verbunden nehme ich etwas weg.
Um es weiter zu denken, habe ich ein anders Wort hergenommen, mit der Vorsilbe ent.
Da gibt es z. B. entriegeln. Das ist etwas, was getan werden muss und nicht nur mit Worten gemacht wird. Also der Riegel wird zurück genommen.
Dementsprechend müsste es dann bei Entschuligung heißen, dass ich damit zu verstehen gebe, dass ich die Schuld von mir nehme.

Habe ich es so richtig verstanden?

Verfasst: Dienstag 18. November 2008, 22:13
von Chrysostomus
Raphaela hat geschrieben:Dementsprechend müsste es dann bei Entschuligung heißen, (...) dass ich die Schuld von mir nehme.
Wobei wir selbst von uns ja keine Schuld nehmen können: Das muss derjenige tun, an dem wir schuldig geworden sind.

(vgl. die Beichte: von unserer Sündenschuld können wir uns selbst nicht lossprechen; alleine der Priester durch Christi Vollmacht kann das tun)

Das ist - so habe ich es verstanden - der Haken an der Sache, den Clemens meint: Weil wir es nicht selber können, sondern ein anderer es für uns tun muss, steht es uns nicht an, es einzufordern, sondern darum zu bitten.

Verfasst: Dienstag 18. November 2008, 22:57
von maliems
Bei meinen Schülern weise ich das "Entschuldigung" manchmal zurück. Und zwar dann, wenn es nach meinem Empfinden allzu billig gemeint ist.

Je nach Stimmung könnte dann von mir kommen: "Die nehme ich jetzt nicht an. Beweise mir in den nächsten 2 Wochen, dass Du sie ernst meinst."

Re: "Ich entschuldige mich"

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 01:03
von Allons
Clemens hat geschrieben: Ich fände es daher besser (und auch vielleicht ein wenig bewusstseinserweiternd), wenn wir in solchen Situationen konsequent sagten:"Ich bitte um Entschuldigung" oder "Bitte verzeihe mir!" und vor allem nicht einfach nur "Entschuldigung" oder gar "Tschulligung".
Meine Schwester pflegte zu sagen, in Heidelberg heißt Entschuldigung "Pasch doch uff!!"

Das finde ich eigentlich sehr schön ;D :D

Re: "Ich entschuldige mich"

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 06:59
von Gerhard
Clemens hat geschrieben:Man kann sich nicht selbst entschuldigen.
Man kann nur um Entschuldigung bitten!
Ich halte es für die beste Variante, wenn sich jemand entschuldigt und fragt, ob die Entschuldigung angenommen wird. Ist dies der Fall, sollte die Angelegenheit zwischen diesen beiden Menschen in Ordnung gebracht worden sein.

Etwas anderes ist die Entschuldigung vor dem Herrn, welche nur in der Hl. Beichte ihren Platz finden kann.

Re: "Ich entschuldige mich"

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 09:05
von Raimund J.
Clemens hat geschrieben:
Mir tut es immer ein bißchen leid, wenn auch Christen diese allgemein übliche Formulierung (gedankenlos?) verwenden.

Man kann sich nicht selbst entschuldigen.
Man kann nur um Entschuldigung bitten!
Entschuldigen kann einen dann nur der, an dem man schuldig geworden ist.

Ich fände es daher besser (und auch vielleicht ein wenig bewusstseinserweiternd), wenn wir in solchen Situationen konsequent sagten:
"Ich bitte um Entschuldigung"
oder "Bitte verzeihe mir!"

und vor allem nicht einfach nur "Entschuldigung" oder gar
"Tschulligung".
Es ist doch das Gleiche gemeint, auch wenn es vielleicht nicht "korrekt" ausgedrückt wird.

Vergebung sollte nicht von der richtigen Wortwahl abhängig gemacht werden, denn wie wir unseren Schuldigern vergeben, so wird auch uns vergeben.

Re: "Ich entschuldige mich"

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 09:28
von tantum ergo
Raimund Josef H. hat geschrieben:Es ist doch das Gleiche gemeint, auch wenn es vielleicht nicht "korrekt" ausgedrückt wird.

Vergebung sollte nicht von der richtigen Wortwahl abhängig gemacht werden, denn wie wir unseren Schuldigern vergeben, so wird auch uns vergeben.
Bei vielen mag es so gemeint sein, wenn ich aber manchmal höre, das der "Schuldige" sich etwas patzig beschwert, dass er sich "doch entschuldigt" hätte, dann wird klar, wie das doch meistens gesehen wird. "Du hast mir doch verziehen?!" scheint mir in dem Fall - wenn es denn stimmt - die bessere Formulierung zu sein.

Andererseits ist natürlich richtig, dass die Vergebung nicht von der Wortwahl abhängig gemacht werden sollte, aber zu dem Thema hat unser Herr Jesus Christus ja schon einiges gesagt ("7 mal 70" war glaube ich die Formulierung)

In dem Zusammenhang eine kleine Hilfe von meinem geistlichen Leiter, der mal anmerkte: "Vergebung ist wie Liebe nicht so sehr ein Gefühl sondern eine Entscheidung"

Gottes Segen,
tantum ergo

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 09:35
von Clemens
Aber im Alltag begegnet mir doch immer wieder, dass Leute denken: "Ich habe Entschuldigung gesagt, also ist das doch in Ordnung."

Nein, es ist nur dann in Ordnung, wenn die Entschuldigung angenommen wurde. Wenn ich genau darum bitte, dann erweise ich dem "Gläubiger" den Respekt, ihm zu überlassen, ob er mich entschuldigt, und erkläre nicht einfach, ich sei hiermit aus eigener Vollmacht entschuldigt.

Natürlich meinen es viele Leute nicht respektlos, wenn sie sich selbst entschuldigen, aber es würde - glaube ich - doch das allgemeine Bewusstsein für Schuld und Entschuldigung vermehren, wenn wir - speziell als Christen - hier deutlicher unterschieden.


P.S.: Jetzt war Tantum ergo schneller mit ganz ähnlichen Gedanken :jump:

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 09:47
von Lutheraner
Hallo Clemens,

"Entschuldigung" finde ich als Kurzform auch in Ordnung. So streng würde ich das nicht sehen. Aber es ist wichtig über das nachzudenken, was man eigentlich sagt (vielleicht auch ohne es zu meinen). Oft werden bequeme Formulierungen gedankenlos verwendet.
"Vielen Dank für Ihr Verständnis" ist auch ein schönes Beispiel hierfür. Das wäre doch fast ein Thema für eine Predigt zum "Buß- und Bettag".

Normalerweise gebe ich demjenigen, bei dem ich mich (für ernsthafte Verfehlungen) entschuldige, die Hand. Schlägt er ein, nimmt er die Entschuldigungsbitte an. Wegen Kleinigkeiten, wie z.B. jemandem in der U-Bahn auf den Fuß treten, murmle ich meist "Entschuldigung" und blicke den Betroffenen an und hoffe auf ein freundliches Nicken oder ein "passt schon" oder "nix passiert".

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 10:16
von Raphaela
Mit ist dazu noch etwas eingefallen und ich denke, es ist doch erlaubt Entschuldigung zu sagen. Die Frage ist, wie das Wort Schuld definiert wird.
Hat man durch einen Fehler oder durch ein Missgeschick gleichzeitig Schuld auf sich geladen? - Ich denke nicht unbedingt, sogar meistens nicht, und oft hört man hier auch das Wort Entschuldigung.

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 10:35
von Kilianus
Lutheraner hat geschrieben: Oft werden bequeme Formulierungen gedankenlos verwendet.
"Vielen Dank für Ihr Verständnis" ist auch ein schönes Beispiel hierfür.
Die "liturgischen" Pendants dazu sind "Wir wollen..." beziehungsweise (bei Kindern) "Ihr dürft jetzt...".

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 11:21
von Lutheraner
Raphaela hat geschrieben:Mit ist dazu noch etwas eingefallen und ich denke, es ist doch erlaubt Entschuldigung zu sagen. Die Frage ist, wie das Wort Schuld definiert wird.
Hat man durch einen Fehler oder durch ein Missgeschick gleichzeitig Schuld auf sich geladen? - Ich denke nicht unbedingt, sogar meistens nicht, und oft hört man hier auch das Wort Entschuldigung.
Hm, es ist aber sehr schwierig hier die Grenzen zu ziehen und einzuschätzen, wieweit ein "Mißgeschick" durch erhöhte Aufmerksamkeit und Voraussicht hätte vermieden werden können.

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 11:52
von Gerhard
Raphaela hat geschrieben:Mit ist dazu noch etwas eingefallen und ich denke, es ist doch erlaubt Entschuldigung zu sagen. Die Frage ist, wie das Wort Schuld definiert wird.
Frag doch mal einen jüdischen Mitbürger, der einen lieben Verwandten im KZ verloren hat. Vielleicht bekommst Du dort eine passende Antwort.

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 13:00
von Flamme
Clemens hat geschrieben:Aber im Alltag begegnet mir doch immer wieder, dass Leute denken: "Ich habe Entschuldigung gesagt, also ist das doch in Ordnung."

Nein, es ist nur dann in Ordnung, wenn die Entschuldigung angenommen wurde. Wenn ich genau darum bitte, dann erweise ich dem "Gläubiger" den Respekt, ihm zu überlassen, ob er mich entschuldigt, und erkläre nicht einfach, ich sei hiermit aus eigener Vollmacht entschuldigt.
Wenn jemand Entschuldigung sagt und es auch ehrlich meint(!), sprich wenn möglich/nötig Wiedergutmachung leistet, ist das auch in Ordnung für ihn. Er hat seine Seite der Straße wieder saubergemacht, mehr kann er nicht tun. Ob der andere vergeben kann/will oder nicht, ist dessen Sache. Schaden tut er sich ohnehin selbst am meisten, wenn er es nicht tut.

lg
Flamme

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 16:09
von Gerhard
Flamme hat geschrieben:Ob der andere vergeben kann/will oder nicht, ist dessen Sache. Schaden tut er sich ohnehin selbst am meisten, wenn er es nicht tut.
So einfach ist das leider nicht. Die Atmosphäre ist vergiftet und das vielleicht für eine sehr lange Zeit.

Dieses Gift muss raus, damit ein einigermaßen normales Miteinander möglich ist.

Vergebung ist christlich!

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 16:43
von tantum ergo
Auch wenn das vielleicht die ursprüngliche Frage nach der Formulierung "ich entschuldige mich" um einiges übersteigt: Vergebung ist nicht nur eine Frage dessen, ob der andere bereut, wobei es mir tatsächlich leichter fiele, jemanden zu vergeben, der mir seine Reue entsprechend zum Ausdruck bringt.

Viel wichtiger: glaubt wirklich jemand, das ewige Leben zu erreichen, wenn er Gott gegenüber eines Tages sagen wird: DEM oder DER kann ich nicht vergeben? Insofern ist Vergebung nicht nur christlich sondern auch (ich bin nicht sicher, ob ich den Begriff hier richtig verwende) heilsnotwendig (man lese "Die große Scheidung von C.S. Lewis und weiß, was ich meine). Ob ich das als Mensch in meinem irdischen Leben fertigbringe, jedem zu vergeben, ist noch mal ne andere Sache, aber irgendwann werde ich von Herzen sagen müssen: ich vergebe Dir!

Gottes Segen,
tantum ergo

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 16:44
von Gerhard
tantum ergo hat geschrieben:Auch wenn das vielleicht die ursprüngliche Frage nach der Formulierung "ich entschuldige mich" um einiges übersteigt: Vergebung ist nicht nur eine Frage dessen, ob der andere bereut, wobei es mir tatsächlich leichter fiele, jemanden zu vergeben, der mir seine Reue entsprechend zum Ausdruck bringt.
Wie bringt denn jemand Dir seine Reue entsprechend zum Ausdruck? Diese irdischen Maßstäbe sind einfach hier deplaziert.

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 16:52
von tantum ergo
Gerhard hat geschrieben:
tantum ergo hat geschrieben:Auch wenn das vielleicht die ursprüngliche Frage nach der Formulierung "ich entschuldige mich" um einiges übersteigt: Vergebung ist nicht nur eine Frage dessen, ob der andere bereut, wobei es mir tatsächlich leichter fiele, jemanden zu vergeben, der mir seine Reue entsprechend zum Ausdruck bringt.
Wie bringt denn jemand Dir seine Reue entsprechend zum Ausdruck? Diese irdischen Maßstäbe sind einfach hier deplaziert.
Ich mache meine Vergebung nicht von diesen irdischen Willensbekunden abhängig, sondern weise darauf hin, dass ich jemanden, der mich beispielsweise belogen hat und mich im Nachhinein dafür um Entschuldigung bittet eher zu verzeihen in der Lage bin, als jemandem, der direkt oder indirekt zum Ausdruck bringt, dass das nicht seine letzte Lüge gewesen sein wird.

Und so ist auch meine Bitte um Vergebung für ein Fehlverhalten ein christlicher Akt, weil ich dem anderen die Vergebung erleichtere

Gottes Segen,
tantum ergo

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 16:53
von Gerhard
Lieber tantum ergo,

nach christlichen Maßstäben kannst nicht Du verzeihen, sondern dies kann nur unser Herr. Der tiefe Wunsch des "Besser machens" muss allerdings da sein. Verbesser mich, wenn ich dumm daher rede.


Gruß
Gerhard

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 16:55
von tantum ergo
Gerhard hat geschrieben:nach christlichen Maßstäben kannst nicht Du verzeihen, sondern dies kann nur unser Herr. Verbesser mich, wenn ich dumm daher rede.
Keine Ahnung, ist dann wohl eine Definitionsfrage - wie nennt man es denn, wenn ich jemandem nach dessen objektiven Fehlverhalten nicht mehr böse bin sondern ihn als meinen Nächsten liebe? Bislang hätte ich das Vergebung oder Verzeihung genannt, aber an den Begriffen hänge ich nicht :roll:

Gottes Segen,
tantum ergo

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 16:58
von Gerhard
"Objektives Fehlverhalten" - hast Du damit nicht gerichtet? Außerdem sollst Du auch Deine Feinde lieben.

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 19:07
von Raphaela
Gerhard hat geschrieben:
nach christlichen Maßstäben kannst nicht Du verzeihen, sondern dies kann nur unser Herr.
??? :hmm:

Verfasst: Mittwoch 19. November 2008, 19:10
von Gerhard
Beichte?

Verfasst: Dienstag 25. November 2008, 09:11
von Ewald Mrnka
Wir leben in einer "Entschuldigungs-Kultur(a :mrgreen: ).
Ständig entschuldigt sich wer bei irgendwelchen Minderheiten, Zentralräten..............das wirkt z.T. schon kabarettreif und zugleich erbärmlich.

Das perfekte Neusprech wird noch (nicht) von allen sicher beherrscht, aber die Zensoren passen gut auf & absolvieren auf Bewährung.

Verfasst: Dienstag 25. November 2008, 09:32
von Gerhard
"Bewährung" - wie bei Christian Klar?

Wir leben in einer Denunziationskultur. Das macht das Leben nicht einfacher.

Verfasst: Dienstag 25. November 2008, 09:57
von Raphaela
Gerhard hat geschrieben:Beichte?
Und Menschen, die keine Christen sind? Wenn sie ihre Entschuldigung ernst meinen und bereuen?
Und selbst nach christlichen Maßstäben: Wenn da nicht verziehen werden kann, steht es sehr sehr schlecht um die Welt.

Verfasst: Dienstag 25. November 2008, 10:03
von Gerhard
Das ist nicht mein Problem. Können ja Christen werden :jump:

Verfasst: Dienstag 25. November 2008, 13:35
von Raphaela
Gerhard hat geschrieben:Das ist nicht mein Problem. Können ja Christen werden :jump:
Gut, wenn aber, wie du weiter vorher geschrieben hast folgendes gilt: "nach christlichen Maßstäben kannst du nicht verzeihen". dann frage ich mich doch, ob und warum du das Vater-Unser sprichst/betest. Da heißt es nämlich: Vergib uns unsere Schuld,wie auch wir vergeben unseren Schuldigern
Wenn also, so wie das Zitat von dir bei mir ankommt, der Mensch nicht verzeihen kann, dann wird Gott uns auch nicht verzeihen, da wir ja eben nicht verziehen haben.
Also, wie ist das nun damit, dass angeblich nach christlichen Maßstäben der Mensch nicht verzeihen kann?

Verfasst: Dienstag 25. November 2008, 13:54
von tantum ergo
Raphaela hat geschrieben:Also, wie ist das nun damit, dass angeblich nach christlichen Maßstäben der Mensch nicht verzeihen kann?
Oh, das ist jetzt aber auch unfair, ihn zu befragen, nachdem er gesperrt wurde ...
Aber ich versuche, obschon nicht angesprochen und anderer Ansicht mal eine Erklärung:

Ich glaube, hier sitzen wir einem Missverständnis auf, dass durch mangelnde Begriffsdifferenzierung entsteht. Der Begriff der "Vergebung" wird in einem doppelten Sinne vergeben

Wenn ich heute sündige, dann kann mir das, im Sinne einer "Eintrittskarte" für das Himmelreich nur Gott vergeben (was er im Sakrament der Buße auch ohne zu zögern tut). Wenn ich jemandem etwas antue, also ihn schädige, verletze, etc. kann nur er mir in dem Sinne vergeben, dass er mir nicht mehr böse ist, das kann kein anderer Mensch an seiner Stelle tun (dass er das nur mit Gottes Hilfe kann, lassen wir mal beiseite)

Das ist einerseits ein deutlicher Unterschied, zeigt aber auch die Paralelle auf: mit unseren Sünden verletzen wir Gott, und nur er kann uns dafür vergeben. Wenn ich also in der Art sündige, dass ich jemanden bspw. bestehle, dann habe ich zwei "Gäubiger": den anderen und Gott, und auch bei beiden muss ich um Vergebung bitten. Wenn mir der andere aus Nächstenliebe vergibt, ich aber eigentlich gar nicht bereue und also auch Gott nicht um Vergebung bitte, ist die Verletzung, die ich ihm zugefügt habe, nicht vergeben

Ich hoffe, ich habe jetzt theologisch keinen vollständigen Unsinn dahergeredet, aber so scheint es mir sinnvoll zu sein, und damit auch das Posting von Gerhard nicht vollständig falsch

Gottes Segen,
tantum ergo

Verfasst: Dienstag 25. November 2008, 17:34
von Ewald Mrnka
Gerhard hat geschrieben:"Bewährung" - wie bei Christian Klar?

Wir leben in einer Denunziationskultur.
Die Denunziationskultur ist die Kehrseite dieser Entschuldigungskultur.

Verfasst: Dienstag 25. November 2008, 17:44
von Edi
Ewald Mrnka hat geschrieben:
Gerhard hat geschrieben:"Bewährung" - wie bei Christian Klar?

Wir leben in einer Denunziationskultur.
Die Denunziationskultur ist die Kehrseite dieser Entschuldigungskultur.
Einen Schuldkult gibt es auch. Der steht offenbar im Gegensatz zu wirklicher Schuld, die man nicht wahrhaben will und deren wirklicher Vergebung.