Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Sonstiges und drumherum.

Benutzeravatar
Hubertus
Beiträge: 15231
Registriert: Montag 3. Mai 2010, 20:08

Re: Der Nekrolog

Beitrag von Hubertus »

Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Re: Der Nekrolog

Beitrag von Juergen »

Ich erzählte das gerade jemandem und bekam Interessantes zu hören.

Ich: „Der Sänger der Countryband Truck-Stop ist gestorben.“
„Ja?“
Ich: „Denn kennst Du bestimmt, wenn Du ein Photo siehst.“
„Wie alt war der denn?“
Ich: „72“
„Ja und? Dann wird's ja auch langsam Zeit.“

:auweia:
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Benutzeravatar
Ewald Mrnka
Beiträge: 7001
Registriert: Dienstag 30. November 2004, 11:06

Re: Der Nekrolog

Beitrag von Ewald Mrnka »

Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Benutzeravatar
Sarandanon
Beiträge: 1590
Registriert: Mittwoch 20. Februar 2013, 19:59
Wohnort: Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland

Re: Der Nekrolog

Beitrag von Sarandanon »

Och Leute, muss man diesen Faden denn nun als Satirebox missbrauchen?

Dann nehmt wenigstens den hier: viewtopic.php?f=1&t=14283
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
(Augustinus Aurelius)

Benutzeravatar
Ewald Mrnka
Beiträge: 7001
Registriert: Dienstag 30. November 2004, 11:06

Re: Der Nekrolog

Beitrag von Ewald Mrnka »

Sarandanon hat geschrieben:Och Leute, muss man diesen Faden denn nun als Satirebox missbrauchen?

Dann nehmt wenigstens den hier: viewtopic.php?f=1&t=14283
Ja, Du hast Recht, tut mir leid!
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Benutzeravatar
lutherbeck
Beiträge: 4004
Registriert: Montag 21. Dezember 2009, 09:09

Re: Der Nekrolog

Beitrag von lutherbeck »

...jemand, der zuließ daß

- Frauen Menschen 2. Klasse sind
- Frauen keinen Führerschein machen dürfen
- Fremdarbeiter wie Leibeigene behandelt werden
- 1000 Peitschenhiebe als Urteil gefällt und vollstreckt werden
- öffentliche Hinrichtungen wie im Mittelalter vollstreckt werden
- eine Kaste von "Prinzen" das Land wie einen Gutshof verwaltet
- Israel als zu vernichtender Feind betrachtet wird
- Christen unnachgiebig verfolgt werden

usf...
"Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn".

Benutzeravatar
taddeo
Moderator
Beiträge: 19226
Registriert: Donnerstag 18. Januar 2007, 09:07

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von taddeo »

Ein Feudalherrscher alter Schule halt. Genau so einer, wie sie seinerzeit Luther hoffähig machten und förderten.

Benutzeravatar
Yeti
Beiträge: 2843
Registriert: Donnerstag 10. Februar 2005, 14:39
Wohnort: In the middle of the Ländle

Re: Der Nekrolog

Beitrag von Yeti »

lutherbeck hat geschrieben:
...jemand, der zuließ daß

- Frauen Menschen 2. Klasse sind
- Frauen keinen Führerschein machen dürfen
- Fremdarbeiter wie Leibeigene behandelt werden
- 1000 Peitschenhiebe als Urteil gefällt und vollstreckt werden
- öffentliche Hinrichtungen wie im Mittelalter vollstreckt werden
- eine Kaste von "Prinzen" das Land wie einen Gutshof verwaltet
- Israel als zu vernichtender Feind betrachtet wird
- Christen unnachgiebig verfolgt werden

usf...
Trotz alledem, die Alternative zur Feudaldiktatur Ibn Saud wäre noch furchtbarer. Dieses "Land" ist aber ein gutes mikrokosmisches Labor zur Untersuchung der geistigen Rückständigkeit des sunnitischen Islam.
#gottmensch statt #gutmensch

Lilaimmerdieselbe
Beiträge: 2466
Registriert: Dienstag 4. Dezember 2012, 11:16

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Ich würde eher sagen, Saudiarabien zeigt sunnitischen Islam von seiner brutalsten und besonders verengten Seite. Die hohe Schule von Kairo würde ich eher als typischen Ausdruck des sunnitischen Islam sehen, wie er von den meisten Konservativen verstanden wird, Jordanien und Tunesien heben sich da noch mal positiv ab.

Benutzeravatar
Yeti
Beiträge: 2843
Registriert: Donnerstag 10. Februar 2005, 14:39
Wohnort: In the middle of the Ländle

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Yeti »

Für mich war er ein unerträglich moralinsaurer Bügelfalten-Rhetoriker mit sehr manieriertem Redestil; einer, der sich an seiner eigenen Affektiertheit berauschte. Ein Volkserzieher der alten bundesrepublikanischen Sorte. Was das Volk wirklich dachte, war ihm völlig wurscht.
#gottmensch statt #gutmensch

Benutzeravatar
Lupus
Beiträge: 2701
Registriert: Samstag 13. September 2008, 13:48
Wohnort: Bad Waldsee

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Lupus »

eben "von"; geboren im Schtuegerter Schloss!
+L.
Christus mein Leben, Maria meine Hoffnung, Don Bosco mein Ideal!

Benutzeravatar
Siard
Beiträge: 8547
Registriert: Dienstag 25. August 2009, 22:31
Wohnort: Die Allzeit Getreue

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Siard »

Für mich war er ein unerträglich moralinsaurer Bügelfalten-Rhetoriker mit sehr manieriertem Redestil; einer, der sich an seiner eigenen Affektiertheit berauschte.
Für mich war er ein guter Bundespräsident, vielleicht der beste.

Benutzeravatar
Yeti
Beiträge: 2843
Registriert: Donnerstag 10. Februar 2005, 14:39
Wohnort: In the middle of the Ländle

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Yeti »

Lupus hat geschrieben:eben "von"; geboren im Schtuegerter Schloss!
+L.
Das mag in seinem Fall dem Narzissmus Vorschub gegeben haben, ja...
#gottmensch statt #gutmensch

Benutzeravatar
cantus planus
Beiträge: 24273
Registriert: Donnerstag 20. Juli 2006, 16:35
Wohnort: Frankreich: Département Haut-Rhin; Erzbistum Straßburg

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von cantus planus »

Nutzer seit dem 13. September 2015 nicht mehr im Forum aktiv.

‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

Benutzeravatar
Ewald Mrnka
Beiträge: 7001
Registriert: Dienstag 30. November 2004, 11:06

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Ewald Mrnka »

Yeti hat geschrieben:
Für mich war er ein unerträglich moralinsaurer Bügelfalten-Rhetoriker mit sehr manieriertem Redestil; einer, der sich an seiner eigenen Affektiertheit berauschte. Ein Volkserzieher der alten bundesrepublikanischen Sorte. Was das Volk wirklich dachte, war ihm völlig wurscht.
Ja, er war ein verlogener, widerlicher Opportunist.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Fragesteller
Beiträge: 1691
Registriert: Freitag 18. Mai 2012, 10:41

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Fragesteller »

Ewald Mrnka hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben:
Für mich war er ein unerträglich moralinsaurer Bügelfalten-Rhetoriker mit sehr manieriertem Redestil; einer, der sich an seiner eigenen Affektiertheit berauschte. Ein Volkserzieher der alten bundesrepublikanischen Sorte. Was das Volk wirklich dachte, war ihm völlig wurscht.
Ja, er war ein verlogener, widerlicher Opportunist.
Er vertrat doch offenbar gerne auch Positionen, die von der Parteilinie abwichen. Speziell die Entspannungspolitik nach Osten war, als er begann, sie zu vertreten, nicht unbedingt Common Sense (wohl nciht nur parteiintern).

Benutzeravatar
cantus planus
Beiträge: 24273
Registriert: Donnerstag 20. Juli 2006, 16:35
Wohnort: Frankreich: Département Haut-Rhin; Erzbistum Straßburg

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von cantus planus »

Was für eine Entspannungspolitik? Freiwillig den ganzen deutschen Osten aufzugeben - um dem bankrotten Ostblock Mitteldeutschland zur "Wiedervereinigung" abzuluchsen? Es gibt Grund genug, alleine diese Entscheidung zu kritisieren. Und auch andere Aussagen v. Weizsäckers sind mehr als fragwürdig. Er hat letztlich die deutsche Demutshaltung zur Staatsraison gemacht.
Nutzer seit dem 13. September 2015 nicht mehr im Forum aktiv.

‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

Benutzeravatar
Gallus
Beiträge: 3424
Registriert: Montag 27. Dezember 2010, 11:13
Wohnort: Erzbistum Köln

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Gallus »

http://www.bundespraesident.de/SharedDo ... B.2_cid388

Diese Rede gehört immer noch zum Besten und Wichtigsten, was im Deutschen Bundestag je gesagt wurde. Man kann jeden Satz unterschreiben.

Benutzeravatar
cantus planus
Beiträge: 24273
Registriert: Donnerstag 20. Juli 2006, 16:35
Wohnort: Frankreich: Département Haut-Rhin; Erzbistum Straßburg

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von cantus planus »

Gallus hat geschrieben:http://www.bundespraesident.de/SharedDo ... B.2_cid388

Diese Rede gehört immer noch zum Besten und Wichtigsten, was im Deutschen Bundestag je gesagt wurde. Man kann jeden Satz unterschreiben.
Sogar die WELT sieht das kritischer: http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... itaet.html

Die geistreichste Rede vor dem Bundestag war immer noch diese: https://www.youtube.com/watch?v=siw-MAiKVtA
Nutzer seit dem 13. September 2015 nicht mehr im Forum aktiv.

‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

Benutzeravatar
Yeti
Beiträge: 2843
Registriert: Donnerstag 10. Februar 2005, 14:39
Wohnort: In the middle of the Ländle

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Yeti »

cantus planus hat geschrieben:
Gallus hat geschrieben:http://www.bundespraesident.de/SharedDo ... B.2_cid388

Diese Rede gehört immer noch zum Besten und Wichtigsten, was im Deutschen Bundestag je gesagt wurde. Man kann jeden Satz unterschreiben.
Sogar die WELT sieht das kritischer: http://www.welt.de/politik/deutschland/ ... itaet.html

Die geistreichste Rede vor dem Bundestag war immer noch diese: https://www.youtube.com/watch?v=siw-MAiKVtA
Ja, ich finde eigentlich gerade diese Rede schwierig. Man kann nicht per ordre de Mufti sagen, dass die Kapitulation für alle eine Befreiung war bzw. zu sein hat und dass das deutsche Volk einfach die Folgen der Niederlage klaglos zu ertragen hat. Was für eine Arroganz, ja absolute Vaterlandslosigkeit. Ja, er war ein widerlicher Opportunist. Wie sein Vater, wie seine Vorfahren.
#gottmensch statt #gutmensch

Fragesteller
Beiträge: 1691
Registriert: Freitag 18. Mai 2012, 10:41

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Fragesteller »

cantus planus hat geschrieben:Was für eine Entspannungspolitik? Freiwillig den ganzen deutschen Osten aufzugeben - um dem bankrotten Ostblock Mitteldeutschland zur "Wiedervereinigung" abzuluchsen? Es gibt Grund genug, alleine diese Entscheidung zu kritisieren.
Mag sein. Aber eine Position zu vertreten, die im eigenen Umfeld höchst unpopulär ist, ist kein Opportunismus - ob diese Unpopularität nun berechtigt ist oder nicht.

Benutzeravatar
cantus planus
Beiträge: 24273
Registriert: Donnerstag 20. Juli 2006, 16:35
Wohnort: Frankreich: Département Haut-Rhin; Erzbistum Straßburg

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von cantus planus »

Es hat ja auch niemand gesagt, dass er der eigenen Partei gegenüber opportunistisch war. :breitgrins:
Nutzer seit dem 13. September 2015 nicht mehr im Forum aktiv.

‎Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky

Benutzeravatar
Sarandanon
Beiträge: 1590
Registriert: Mittwoch 20. Februar 2013, 19:59
Wohnort: Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Sarandanon »

Yeti hat geschrieben:Man kann nicht per ordre de Mufti sagen, dass die Kapitulation für alle eine Befreiung war bzw. zu sein hat und dass das deutsche Volk einfach die Folgen der Niederlage klaglos zu ertragen hat.
Sondern?
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
(Augustinus Aurelius)

Benutzeravatar
Yeti
Beiträge: 2843
Registriert: Donnerstag 10. Februar 2005, 14:39
Wohnort: In the middle of the Ländle

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Yeti »

Sarandanon hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben:Man kann nicht per ordre de Mufti sagen, dass die Kapitulation für alle eine Befreiung war bzw. zu sein hat und dass das deutsche Volk einfach die Folgen der Niederlage klaglos zu ertragen hat.
Sondern?
Dass es eben viele Deutsche gab, die keine Nazis waren und die die militärische Niederlage samt allen Folgen als schweren Schicksalsschlag erlebten. Zum Beispiel die 12 Millionen Vertriebenen, die Ausgebombten, diejenigen, die ihre Familie verloren haben, die Halb- oder Vollwaisen etc. Natürlich, es war jahrzehntelang bei einer bestimmten politischen Clique en vogue, ja ein Dogma, diesbezüglich immer auf die Verursacher des Krieges zu verweisen. Das aber ist auch Auf- bzw. Abrechnung und zwar mit der eigenen Nation, ihrer Geschichte und ihrer Kultur und zwar so, dass teilweise bis heute die deutsche Geschichte auf zwölf Jahre reduziert wird. Diese Leute haben ein gebrochenes Verhältnis zur deutschen Geschichte. Einer ihrer Hauptprotagonisten war der verstorbene Ex-Bundespräsident und zwar in zweifacher Hinsicht: Hinsichtlich seiner Nation und hinsichtlich seiner eigenen Familie. Übrigens: Der Historikerstreit hat da zur Aufklärung über den Umgang mit der jüngeren deutschen Geschichte (die jüngste ist es nämlich auch nicht mehr) viel beigetragen:
Historikerstreit hat geschrieben:Joachim Fest reagierte am 6. September 1986: Seit Ende der 1960er Jahre sei es üblich, abweichende historische Wahrnehmungen einer Komplizenschaft mit dem „Faschismus“ zu bezichtigen. Nicht um wissenschaftliche Befunde, sondern um „häufig bloß vermutete […] Motive“ gehe es. Diese „elende Praxis“ führe Habermas fort, der einige renommierte Historiker unter „Nato-Verdacht“ stelle. Fest verteidigte Nolte, der die Singularität der NS-Vernichtungsaktionen gar nicht leugne, aber in einen kausalen Zusammenhang mit dem Bolschewismus stelle:

„Falls es sich nicht um eine Form akademischer Legasthenie handelt, bleibt nur die Annahme, daß hier ein ideologisches Vorurteil sich die Dinge erst zurechtrückt, um sie dann attackieren zu können. […] Gewiß bedeuten die Gaskammern […] eine besonders abscheuerregende Form des Massenmords […]. Aber läßt sich wirklich sagen, daß jene Massenliquidierung durch Genickschuß, wie sie während des Roten Terrors über Jahre hin üblich waren, etwas qualitativ anderes waren? Ist nicht, bei allen Unterschieden, das Vergleichbare doch stärker?“
#gottmensch statt #gutmensch

Benutzeravatar
ar26
Beiträge: 3241
Registriert: Sonntag 19. November 2006, 10:46
Wohnort: Sachsen

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von ar26 »

Wenn man nach 1945 zu denjenigen Deutschen gehörte, die ohne Verlust der Heimat in Frieden, Freiheit und Wohlstand leben konnte, lässt sich selbstverständlich leicht von der Befreiung reden. Wenn nicht, dann ist die Sache wohl differenzierter. Letztlich hat von Weizsäcker mit dieser Rede vom 08.05.1985 zum Ausdruck gebracht, lediglich den saturierten Teil des deutschen Staates und der deutschen Gesellschaft zu vertreten. Das ist legitim. Allerdings hätte er dann konsequenterweise 1990 zurücktreten müssen, weil er durch die Rede deutlich gemacht hat, die deutsche Bevölkerung in Mitteldeutschland als Staatsoberhaupt nicht repräsentieren zu wollen.
...bis nach allem Kampf und Streit wir dich schaun in Ewigkeit!

Benutzeravatar
Sarandanon
Beiträge: 1590
Registriert: Mittwoch 20. Februar 2013, 19:59
Wohnort: Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Sarandanon »

Yeti hat geschrieben:Dass es eben viele Deutsche gab, die keine Nazis waren und die die militärische Niederlage samt allen Folgen als schweren Schicksalsschlag erlebten. Zum Beispiel die 12 Millionen Vertriebenen, die Ausgebombten, diejenigen, die ihre Familie verloren haben, die Halb- oder Vollwaisen etc. Natürlich, es war jahrzehntelang bei einer bestimmten politischen Clique en vogue, ja ein Dogma, diesbezüglich immer auf die Verursacher des Krieges zu verweisen. Das aber ist auch Auf- bzw. Abrechnung und zwar mit der eigenen Nation, ihrer Geschichte und ihrer Kultur und zwar so, dass teilweise bis heute die deutsche Geschichte auf zwölf Jahre reduziert wird. Diese Leute haben ein gebrochenes Verhältnis zur deutschen Geschichte. Einer ihrer Hauptprotagonisten war der verstorbene Ex-Bundespräsident und zwar in zweifacher Hinsicht: Hinsichtlich seiner Nation und hinsichtlich seiner eigenen Familie.
Naja, man kann von dem Verstorbenen nun halten, was man will. Meine eigene Mutter hat ihre Flucht aus Schlesien sicherlich auch nicht als Befreiung empfunden. Allerdings sind das leider Gottes die Folgen dieser grausam geführten Diktatur gewesen, dazu gehört auch das unzählbare Leid, dass anderen Menschen angetan wurde. Klar kann man auch darüber diskutieren, wie viele denn keine Nazis waren. Fakt ist aber, dass diejenigen, die aktiv in den Widerstand gingen, verschwindend gering in ihrer Anzahl waren. Die anderen Nicht-Nazis haben sich zumindest mit dem Regime arrangiert, um wenigstens einigermaßen unbehelligt leben zu können. Die große Masse waren wohl Mitläufer, Bejubler und Überzeugte.

Ich für meinen Teil bin froh, dass wir als deutsche Nation heute in der Lage sind, uns die Schuld an dieser massenhaften Vernichtung von Leben einzugestehen. Und zwar in dem Sinne, dass wir nun in einer wesentlich besser gestalteten Gesellschaft leben und uns diese bewahren sollten. In diesem Kontext kann man auch von einer Befreiung reden, imho, ohne dabei die Verteibungen und Schicksale deutscher Kriegsopfer zu vergessen. Und da können wir durchaus Selbstbewusstsein an den Tag legen und keine andauernde Selbstkasteiung und Reduzierung auf zwölf Jahre deutscher Geschichte. Das sah meine Mutter übrigens ebenso. Ich finde es auch überaus traurig, dass eine solche Aufarbeitung, wie sie bei uns nach dem Krieg stattfand, nicht im Zusammenhang mit dem Bolschewismus und dessen Greultaten, stattgefunden hat, der ja nicht weniger menschenverachtend war.
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
(Augustinus Aurelius)

Benutzeravatar
Yeti
Beiträge: 2843
Registriert: Donnerstag 10. Februar 2005, 14:39
Wohnort: In the middle of the Ländle

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Yeti »

Ich kann dir in allen Punkten zustimmen, außer in diesem:
Sarandanon hat geschrieben:Allerdings sind das leider Gottes die Folgen dieser grausam geführten Diktatur gewesen, dazu gehört auch das unzählbare Leid, dass anderen Menschen angetan wurde. Klar kann man auch darüber diskutieren, wie viele denn keine Nazis waren. Fakt ist aber, dass diejenigen, die aktiv in den Widerstand gingen, verschwindend gering in ihrer Anzahl waren. Die anderen Nicht-Nazis haben sich zumindest mit dem Regime arrangiert, um wenigstens einigermaßen unbehelligt leben zu können. Die große Masse waren wohl Mitläufer, Bejubler und Überzeugte.
Dass alle Folgen unabwendbar, ja sogar "gerecht" gewesen sein sollten, weil ja "auf der Gegenseite" auch wenige wirklichen Widerstand leisteten, eben das ist in meinen Augen ebenso Aufrechnung wie das Vorrechnen irgendwelcher Opferzahlen. Abgesehen davon halte ich es für bedenklich, historische Entwicklungen als "Strafe" - und sei es auch nur der Begriff "Folge" - für ein ganzes Volk zu betrachten, denn dahinter steckt ja notwendigerweise die Kollektivschuldthese. Die aber ist im Grunde wiederum selbst Rassismus und offenbart ein ganz anderes Problem, das weniger historischer denn psychologischer Natur ist. Ganz unabhängig jetzt davon bin ich dafür, mich irgendwelcher Urteile über in der Vergangenheit gelebter Generationen zu enthalten, schon weil wir niemals wirklich wissen können, wie wir selbst uns verhalten hätten. Wir können vermuten, dass wir vielleicht nicht bei den wirklichen Schlächtern in der SS oder irgendwelchen Sondereinsatzgruppen dabei gewesen wären, aber das wäre es auch gewesen an Sicherheiten. Den Helden zu spielen wäre sicherlich den Wenigsten von uns in die Wiege gelegt worden; schon gar nicht, wenn man Familienvater war und noch andere Menschen damit von der eigenen Existenz abhängig waren. Die "Gnade der späten Geburt", von der Helmut Kohl damals sprach - und dafür verhöhnt wurde - ist tatsächlich in diesem historischen Zusammenhang eine Gnade.
#gottmensch statt #gutmensch

Benutzeravatar
Sarandanon
Beiträge: 1590
Registriert: Mittwoch 20. Februar 2013, 19:59
Wohnort: Katholisches Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Sarandanon »

Yeti hat geschrieben:Dass alle Folgen unabwendbar, ja sogar "gerecht" gewesen sein sollten, weil ja "auf der Gegenseite" auch wenige wirklichen Widerstand leisteten, eben das ist in meinen Augen ebenso Aufrechnung wie das Vorrechnen irgendwelcher Opferzahlen. Abgesehen davon halte ich es für bedenklich, historische Entwicklungen als "Strafe" - und sei es auch nur der Begriff "Folge" - für ein ganzes Volk zu betrachten, denn dahinter steckt ja notwendigerweise die Kollektivschuldthese. Die aber ist im Grunde wiederum selbst Rassismus und offenbart ein ganz anderes Problem, das weniger historischer denn psychologischer Natur ist. Ganz unabhängig jetzt davon bin ich dafür, mich irgendwelcher Urteile über in der Vergangenheit gelebter Generationen zu enthalten, schon weil wir niemals wirklich wissen können, wie wir selbst uns verhalten hätten. Wir können vermuten, dass wir vielleicht nicht bei den wirklichen Schlächtern in der SS oder irgendwelchen Sondereinsatzgruppen dabei gewesen wären, aber das wäre es auch gewesen an Sicherheiten. Den Helden zu spielen wäre sicherlich den Wenigsten von uns in die Wiege gelegt worden; schon gar nicht, wenn man Familienvater war und noch andere Menschen damit von der eigenen Existenz abhängig waren. Die "Gnade der späten Geburt", von der Helmut Kohl damals sprach - und dafür verhöhnt wurde - ist tatsächlich in diesem historischen Zusammenhang eine Gnade.
Da hast Du mich zumindest ein wenig missverstanden. Ich wollte überhaupt nichts aufrechnen oder das Verhalten einzelner bzgl. der Diktatur bewerten, ich hab mich da lediglich um eine sachliche Darstellung bemüht, die auch durch Erzählungen meiner Eltern gepägt ist. Ich sehe die Folgen auch nicht als Strafe im historischen Sinne, sie sind einfach nur eingetreten, verursacht durch die menschenverachtende und kriegstreibende Diktatur.
Dich, o Herr, kann nur verlieren, wer dich verlässt.
(Augustinus Aurelius)

Benutzeravatar
Yeti
Beiträge: 2843
Registriert: Donnerstag 10. Februar 2005, 14:39
Wohnort: In the middle of the Ländle

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Yeti »

Sarandanon hat geschrieben:
Yeti hat geschrieben:Dass alle Folgen unabwendbar, ja sogar "gerecht" gewesen sein sollten, weil ja "auf der Gegenseite" auch wenige wirklichen Widerstand leisteten, eben das ist in meinen Augen ebenso Aufrechnung wie das Vorrechnen irgendwelcher Opferzahlen. Abgesehen davon halte ich es für bedenklich, historische Entwicklungen als "Strafe" - und sei es auch nur der Begriff "Folge" - für ein ganzes Volk zu betrachten, denn dahinter steckt ja notwendigerweise die Kollektivschuldthese. Die aber ist im Grunde wiederum selbst Rassismus und offenbart ein ganz anderes Problem, das weniger historischer denn psychologischer Natur ist. Ganz unabhängig jetzt davon bin ich dafür, mich irgendwelcher Urteile über in der Vergangenheit gelebter Generationen zu enthalten, schon weil wir niemals wirklich wissen können, wie wir selbst uns verhalten hätten. Wir können vermuten, dass wir vielleicht nicht bei den wirklichen Schlächtern in der SS oder irgendwelchen Sondereinsatzgruppen dabei gewesen wären, aber das wäre es auch gewesen an Sicherheiten. Den Helden zu spielen wäre sicherlich den Wenigsten von uns in die Wiege gelegt worden; schon gar nicht, wenn man Familienvater war und noch andere Menschen damit von der eigenen Existenz abhängig waren. Die "Gnade der späten Geburt", von der Helmut Kohl damals sprach - und dafür verhöhnt wurde - ist tatsächlich in diesem historischen Zusammenhang eine Gnade.
Da hast Du mich zumindest ein wenig missverstanden. Ich wollte überhaupt nichts aufrechnen oder das Verhalten einzelner bzgl. der Diktatur bewerten, ich hab mich da lediglich um eine sachliche Darstellung bemüht, die auch durch Erzählungen meiner Eltern gepägt ist. Ich sehe die Folgen auch nicht als Strafe im historischen Sinne, sie sind einfach nur eingetreten, verursacht durch die menschenverachtende und kriegstreibende Diktatur.
Ja, das kann ich für mich akzeptieren, wenn die Folgen nichts mit Strafe zu tun haben. Bei den Nürnberger Prozessen wurde auch kein Volk angeklagt, sondern Einzeltäter, derer man habhaft werden konnte.
#gottmensch statt #gutmensch

Benutzeravatar
Yeti
Beiträge: 2843
Registriert: Donnerstag 10. Februar 2005, 14:39
Wohnort: In the middle of the Ländle

Re: Der Nekrolog

Beitrag von Yeti »

Christine100 hat geschrieben:Sieger Köder
Er ruhe in Frieden. Ich kann sagen, dass ich mit seinen Bildern in meiner Gemeinde kirchlich sozialisiert wurde.
#gottmensch statt #gutmensch

Benutzeravatar
Juergen
Beiträge: 26999
Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Re: Diskussionen und Kommentare zum Nekrolog

Beitrag von Juergen »

Christine1 hat geschrieben:Sieger Köder
Endlich hatte der Herr ein Einsehen.

https://www.youtube.com/watch?v=tXVt5ScQSqA
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
- Offline -

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema