Sophie Scholl und die Weiße Rose

Sonstiges und drumherum.
Benutzeravatar
Pit
Beiträge: 8120
Registriert: Freitag 23. April 2004, 17:57

Sophie Scholl und die Weiße Rose

Beitrag von Pit »

Hallo !

Wer von euch hat gestern Abend den Spielfilm über die Widerstandgruppe um die die Geschwister Scholl gesehen?
Ich habe leider nur einen relativ kurzen Teil des Filmes gesehen, überwiegend den Teil, in dem der Prozess gegen die Mitglieder der "Weissen Rose" stattfand. Und ich war erschüttert (erneut) über die Brutalität und Unmenschlichkeit des NS-Regimes, in diesem Fall repärsentiert durch Richter Roland Freisler.

Gruß, Pit
carpe diem - Nutze den Tag !

Benutzeravatar
Ewald Mrnka
Beiträge: 7001
Registriert: Dienstag 30. November 2004, 11:06

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Ewald Mrnka »

Pit hat geschrieben:Hallo !

Wer von euch hat gestern Abend den Spielfilm über die Widerstandgruppe um die die Geschwister Scholl gesehen?
Ich habe leider nur einen relativ kurzen Teil des Filmes gesehen, überwiegend den Teil, in dem der Prozess gegen die Mitglieder der "Weissen Rose" stattfand. Und ich war erschüttert (erneut) über die Brutalität und Unmenschlichkeit des NS-Regimes, in diesem Fall repärsentiert durch Richter Roland Freisler.

Gruß, Pit
Ich schau mir derlei Filme recht selten an. Historische Filme sind eben doch zumeist Kostümfilme und sie sagen mehr über die Macher aus als über den historischen Gegenstand. Gerade Filme, die vom "Dritten Reich" handeln sind meist Antifa-Seifenopern; man merkt die Absicht und ist verstimmt.

Den "Untergang" fand ich, mit wenigen Abstrichen, handwerklich recht gut gemacht und akzeptabel. Aber letztendlich ist alles aus zweiter, dritter und vierter Hand und nicht-identisch. Halt, wie sich der kleine Moritz den bösen Addi & seine Schranzen vorstellt. Das ist alles mehr oder weniger leichte Unterhaltung.

Ansonsten habe ich mich primär, wenn ich mich über die Zeit zwischen 33 und 45 informieren wollte, an Zeitzeugen gehalten (die sind inzwischen fast alle tot) oder an ältere Literatur gehalten.

Für die Scholls und deren politisch-ideologisches Umfeld habe ich mich nie interessiert, der gesamte "Widerstand" ist mir fremd und unangenehm; das sind alles Leute, die mir nicht ganz geheuer sind; das gesamte Spektrum behagt mir nicht; die Roten, die Blaublütigen, die Schwarzen. Ob sie nun Helden, Romantiker, Verbrecher, Dummköpfe oder einfach nur Pechvögel waren - ich mag mich nicht näher mit ihnen befassen.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Benutzeravatar
Pit
Beiträge: 8120
Registriert: Freitag 23. April 2004, 17:57

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Pit »

Also ich habe mich schon mit dem deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus befasst, und mir fällt immer wieder auf, daß es - egal, ob es sich um die Geschwister Scholl und die Studenten der "Weissen Rose" handelte oder um die Mitglieder des Kreisauer Kreises um Klaus Schenk von Stauffenberg und von Moltke oder um einzelne Personen des Widerstandes - immer Menschen waren, die nicht nur die Barbarei des Regimes erkannten, sondern sich auch Gedanken über die Situation nach dem Ende des Nationalsozialismus machten.
Wie auch immer sie im Detail handelten, es waren Menschen, die sich - oft aus christlichem Glauben heraus - dem Regime entgegenstellten, weil sie auch an die Würde des Menschen glaubten.

Gruß, Pit
Ewald Mrnka hat geschrieben: ...
Für die Scholls und deren politisch-ideologisches Umfeld habe ich mich nie interessiert, ...Ob sie nun Helden, Romantiker, Verbrecher, Dummköpfe oder einfach nur Pechvögel waren - ich mag mich nicht näher mit ihnen befassen.
carpe diem - Nutze den Tag !

Benutzeravatar
Kermit
Beiträge: 106
Registriert: Dienstag 4. Oktober 2005, 11:54
Wohnort: Bistum Aachen
Kontaktdaten:

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Kermit »

Ewald Mrnka hat geschrieben:[
Für die Scholls und deren politisch-ideologisches Umfeld habe ich mich nie interessiert, der gesamte "Widerstand" ist mir fremd und unangenehm; das sind alles Leute, die mir nicht ganz geheuer sind; das gesamte Spektrum behagt mir nicht; die Roten, die Blaublütigen, die Schwarzen. Ob sie nun Helden, Romantiker, Verbrecher, Dummköpfe oder einfach nur Pechvögel waren - ich mag mich nicht näher mit ihnen befassen.
Kann ich gut verstehen. Ich finde zum Beispiel nie den rechten Zugang zu diesen Stahlgewitterwürmchen, die im Internet herumsirren.

Benutzeravatar
Pit
Beiträge: 8120
Registriert: Freitag 23. April 2004, 17:57

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Pit »

Das geht mir genauso.

Gruß, Pit
Gaius Musencus hat geschrieben:
... Ich finde zum Beispiel nie den rechten Zugang zu diesen Stahlgewitterwürmchen, die im Internet herumsirren.
carpe diem - Nutze den Tag !

Benutzeravatar
Ewald Mrnka
Beiträge: 7001
Registriert: Dienstag 30. November 2004, 11:06

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Ewald Mrnka »

Pit hat geschrieben:Also ich habe mich schon mit dem deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus befasst, und mir fällt immer wieder auf, daß es - egal, ob es sich um die Geschwister Scholl und die Studenten der "Weissen Rose" handelte oder um die Mitglieder des Kreisauer Kreises um Klaus Schenk von Stauffenberg und von Moltke oder um einzelne Personen des Widerstandes - immer Menschen waren, die nicht nur die Barbarei des Regimes erkannten, sondern sich auch Gedanken über die Situation nach dem Ende des Nationalsozialismus machten.
Wie auch immer sie im Detail handelten, es waren Menschen, die sich - oft aus christlichem Glauben heraus - dem Regime entgegenstellten, weil sie auch an die Würde des Menschen glaubten.

Gruß, Pit
Das haben sie gewiß und es ist gut, daß es den Widerstand gab; es wäre fatal, wenn sich alle Deutschen mit dem Nationalsozialismus restlos identifiziert hätten.

Ich kannte viele Menschen, die das gesamte Dritte Reich bewußt erlebt hatten. Viele glaubten bis zuletzt an die Zukunft des Regimes; es ist erstaunlich, wie autoritär fixiert Menschen an das glauben, was ihnen Regierungen und Medien vorgaukeln. Aber daran, an die blinde Gutgläubigkeit hat sich bis heute nichts geändert. Das ist möglicherweilse eine anthropologische Konstante.

Wer weiß schon, wie unsere Enkel über unsere Gesellschaft und Zivilisation beurteilen werden. Die Eule der Minerva beginnt mit ihrem Flug nun mal erst nach Einbruch der Dämmerung.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Raimund J.
Beiträge: 6092
Registriert: Dienstag 3. April 2007, 09:33

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Raimund J. »

Gaius Musencus hat geschrieben:
Ewald Mrnka hat geschrieben:[
Für die Scholls und deren politisch-ideologisches Umfeld habe ich mich nie interessiert, der gesamte "Widerstand" ist mir fremd und unangenehm; das sind alles Leute, die mir nicht ganz geheuer sind; das gesamte Spektrum behagt mir nicht; die Roten, die Blaublütigen, die Schwarzen. Ob sie nun Helden, Romantiker, Verbrecher, Dummköpfe oder einfach nur Pechvögel waren - ich mag mich nicht näher mit ihnen befassen.
Kann ich gut verstehen. Ich finde zum Beispiel nie den rechten Zugang zu diesen Stahlgewitterwürmchen, die im Internet herumsirren.
Ich verstehe nur Bahnhof und bin mit diesen Aussagen vollkommen ratlos. Widerstand gegen das menschenverachtende Regime der Nazis ist doch gar nicht hoch genug zu würdigen. Wie kann man das als uninteressant abtun?
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

Baerchen
Beiträge: 285
Registriert: Freitag 9. Februar 2007, 13:47

Anti-Widerstandskämpfer Ewald

Beitrag von Baerchen »

Ewald Mrnka hat geschrieben: Für die Scholls und deren politisch-ideologisches Umfeld habe ich mich nie interessiert, der gesamte "Widerstand" ist mir fremd und unangenehm; das sind alles Leute, die mir nicht ganz geheuer sind; das gesamte Spektrum behagt mir nicht; die Roten, die Blaublütigen, die Schwarzen. Ob sie nun Helden, Romantiker, Verbrecher, Dummköpfe oder einfach nur Pechvögel waren - ich mag mich nicht näher mit ihnen befassen.
Aha, sehr vielsagend! :( :cry:

Benutzeravatar
Pit
Beiträge: 8120
Registriert: Freitag 23. April 2004, 17:57

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Pit »

Das ist eine gute Frage, insbesondere, wenn man bedenkt, daß es heutzutage noch Menschen gibt, die die Widerstandskämpfer gegen Hitler als - leider kein Witz - Verräter betrachten.
Ebenso, wie die Soldaten, die sich nicht im NS-Vernichtungskrieg an der Ostfront verheizen lassen wollten und desertierten, von bestimmten deutschen Bevölkerungsgruppen immer noch als Vaterlandsverräter bezeichnet werden. Leider. :-(

Gruß, Pit
Raimund Josef H. hat geschrieben: ...
Ich verstehe nur Bahnhof und bin mit diesen Aussagen vollkommen ratlos. Widerstand gegen das menschenverachtende Regime der Nazis ist doch gar nicht hoch genug zu würdigen. Wie kann man das als uninteressant abtun?
carpe diem - Nutze den Tag !

sofaklecks
Beiträge: 2776
Registriert: Sonntag 28. Mai 2006, 16:29

Oder

Beitrag von sofaklecks »

Oder Juden, die in Israel darauf hinweisen, dass die Palästinenserpolitik eine Sackgasse ist und mit der Unabhängigkeitserklärung des Staates nicht zu vereinbaren und die deshalb beschuldigt werden, den Staat Israel in den Schmutz zu ziehen.

Eine der tückischsten Verhaltensmuster von Politikern ist die, erst dickköpfig und gegen alle Warnungen den Karren in den Dreck zu steuern und dann zu erklären, nun stecke man bis zum Hals in der ...... und da sei, was jedermann einsehen müsse, Solidarität notwendig und wer sich jetzt drücke, sei ein Vaterlandsverräter und werde erschossen.


sofaklecks

Benutzeravatar
Ewald Mrnka
Beiträge: 7001
Registriert: Dienstag 30. November 2004, 11:06

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Ewald Mrnka »

Pit hat geschrieben:Das ist eine gute Frage, insbesondere, wenn man bedenkt, daß es heutzutage noch Menschen gibt, die die Widerstandskämpfer gegen Hitler als - leider kein Witz - Verräter betrachten.
Ebenso, wie die Soldaten, die sich nicht im NS-Vernichtungskrieg an der Ostfront verheizen lassen wollten und desertierten, von bestimmten deutschen Bevölkerungsgruppen immer noch als Vaterlandsverräter bezeichnet werden. Leider. :-(
Nun ja, nicht jeder "Widerstandskäpfer" war ein Heiliger; da gab es auch, mal ganz vorsichtig ausgedrückt, sehr halbseidene Typen, dunkle Ehrenmänner sozusagen :mrgreen: und nicht jeder Deserteur handelte ehrenhaft. Auch da gilt es, was Pit so gerne einfordert, zu differenzieren:

Filbinger z.B (und filbinger war ein Einzelfall) hatte u.a. gegen Leute zu verhandeln, die ihren Vorgesetzten ermordeten und sich anschließend schnellstens ins neutrale Ausland absetzen. Ehrenmänner?, Vorbilder? Beispielhaft?

Jeder hat halt so seine Fans.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Benutzeravatar
Peregrin
Beiträge: 5422
Registriert: Donnerstag 12. Oktober 2006, 16:49

Re: Oder

Beitrag von Peregrin »

sofaklecks hat geschrieben: Eine der tückischsten Verhaltensmuster von Politikern ist die, erst dickköpfig und gegen alle Warnungen den Karren in den Dreck zu steuern und dann zu erklären, nun stecke man bis zum Hals in der ...... und da sei, was jedermann einsehen müsse, Solidarität notwendig und wer sich jetzt drücke, sei ein Vaterlandsverräter und werde erschossen.
Aber wer vorher mitgeholfen hat, den Karren an die Wand zu fahren, braucht sich nachher nicht als Widerstandskämpfer wichtig machen. Es ist halt so, daß ein Gutteil derer, die sich nach dem Krieg als "Antifaschisten" feiern ließen, vorher die andere Hälfte des Problems waren.

Das immerhin haben sie mit der heutigen Antifa gemeinsam.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

Benutzeravatar
Pit
Beiträge: 8120
Registriert: Freitag 23. April 2004, 17:57

Re: Oder

Beitrag von Pit »

Also die Geschwister Scholl waren keine moralisch absolut einwandfreien und unbescholtenen Bilderbuch-Helden und - ja, sie haben noch während mehrerer Kriegsjahre an den Sinn des Nationalsozialismus geglaubt und waren durchaus überzeugte HJ (bzw. BDM)-Mitglieder.
Aber nachdem sie den Wahnsinn des NS-Regimes erkannten, standen sie - immer überzeugte auf Seiten der Widerstandsbewegung.
Auch, weil sie erkannten, daß die Herrschenden Deutschland ins Verderben trieben.
Ja, auch Claus von Stauffenberg war vorher von der NS-Ideologie überzeugt, erkannte aber ebenfalls noch rechtzeitig (!?) den Irrsinn der "Herrenmenschen".

Gruß, Pit
Peregrin hat geschrieben: ...
Aber wer vorher mitgeholfen hat, den Karren an die Wand zu fahren, braucht sich nachher nicht als Widerstandskämpfer wichtig machen. Es ist halt so, daß ein Gutteil derer, die sich nach dem Krieg als "Antifaschisten" feiern ließen, vorher die andere Hälfte des Problems waren.

Das immerhin haben sie mit der heutigen Antifa gemeinsam.
carpe diem - Nutze den Tag !

Benutzeravatar
Peregrin
Beiträge: 5422
Registriert: Donnerstag 12. Oktober 2006, 16:49

Re: Oder

Beitrag von Peregrin »

Pit hat geschrieben:Also die Geschwister Scholl waren keine moralisch absolut einwandfreien und unbescholtenen Bilderbuch-Helden und - ja, sie haben noch während mehrerer Kriegsjahre an den Sinn des Nationalsozialismus geglaubt und waren durchaus überzeugte HJ (bzw. BDM)-Mitglieder.
Aber nachdem sie den Wahnsinn des NS-Regimes erkannten, standen sie - immer überzeugte auf Seiten der Widerstandsbewegung.
Auch, weil sie erkannten, daß die Herrschenden Deutschland ins Verderben trieben.
Ja, auch Claus von Stauffenberg war vorher von der NS-Ideologie überzeugt, erkannte aber ebenfalls noch rechtzeitig (!?) den Irrsinn der "Herrenmenschen".
Von denen rede ich nicht, die haben immerhin sowas wie eine Umkehr hinter sich. Ich meinte die andere Hälfte.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

Benutzeravatar
Pit
Beiträge: 8120
Registriert: Freitag 23. April 2004, 17:57

Re: Oder

Beitrag von Pit »

Also, diejenigen, die während des Nationalsozialismus linientreu waren und nach dem Krieg plötzlich von nichts etwas gewusst haben wollten, daß waren - "Wendehälse". Aber auch die gab es jederzeit, in jeder Epoche. Leider.

Gruß, Pit
Peregrin hat geschrieben: ...
Von denen rede ich nicht, die haben immerhin sowas wie eine Umkehr hinter sich. Ich meinte die andere Hälfte.
carpe diem - Nutze den Tag !

Benutzeravatar
Peregrin
Beiträge: 5422
Registriert: Donnerstag 12. Oktober 2006, 16:49

Beitrag von Peregrin »

Die haben sich auch nicht als antifaschistische Widerstandskämpfer feiern lassen. Noch immer kalt. :D
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

Benutzeravatar
Linus
Beiträge: 15072
Registriert: Donnerstag 25. Dezember 2003, 10:57
Wohnort: 4121 Hühnergeschrei

Re: Oder

Beitrag von Linus »

Pit hat geschrieben:Also, diejenigen, die während des Nationalsozialismus linientreu waren und nach dem Krieg plötzlich von nichts etwas gewusst haben wollten, daß waren - "Wendehälse". Aber auch die gab es jederzeit, in jeder Epoche. Leider.

Gruß, Pit
Peregrin hat geschrieben: ...
Von denen rede ich nicht, die haben immerhin sowas wie eine Umkehr hinter sich. Ich meinte die andere Hälfte.
Peregrin, Pit ist Piefke und kennt Herrn Karl wohl nicht.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
"Black holes are where God divided by zero. - Einstein

Benutzeravatar
Ewald Mrnka
Beiträge: 7001
Registriert: Dienstag 30. November 2004, 11:06

Re: Oder

Beitrag von Ewald Mrnka »

Peregrin hat geschrieben:
Aber wer vorher mitgeholfen hat, den Karren an die Wand zu fahren, braucht sich nachher nicht als Widerstandskämpfer wichtig machen. Es ist halt so, daß ein Gutteil derer, die sich nach dem Krieg als "Antifaschisten" feiern ließen, vorher die andere Hälfte des Problems waren.

Das immerhin haben sie mit der heutigen Antifa gemeinsam.
Manche von diesen Heroen ließen sich vom bösen Addi, dem "Gefreiten" zum Generalfeldmarschall machen, reichten ihm das saubere Händchen und knallten die Hacken zusammen und ließen sich gerne mit "Nazi"-Orden behängen. Diese Gentelmen verließen erst dann das Schiff, nachdem es ihnen klar war, daß es sinken würde. Man wagt nicht zu spekulieren, wie sie sich verhalten hätten, wenn der Karren nicht in den Dreck gefahren worden wäre.

Dieser ganze sogenannte "Widerstand" ist eine hochkoplexe Angelegenheit. Da gibt es sicher hochachtbare Existenzen, aber auch niederträchtige Existenzen (ich nenne keine Namen, aber ich habe sie vor Augen).

Die Alliierten wollen mit diesen Herrschaften allesamt nichts zu tun haben. Man liebt den Verrat, aber man verachtet den Verräter.

An sich ist diese ganze wiedergekäute und ausgelaugte Geschichte so tot wie Troja.

Aber man treibt Nekromantie und man weiß weshalb.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Benutzeravatar
Haiduk
Beiträge: 1347
Registriert: Dienstag 15. Dezember 2009, 20:02
Wohnort: Bayern
Kontaktdaten:

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Haiduk »

Das Interview mit der EKD-Ratsvorsitzenden Dr. Margot Käßmann in der Berliner Zeitung hat so manchen verwundert. Naivität mußte sie sich vorwerfen lassen, weil sie darüber philosophiert hat, ob sich der Zweite Weltkrieg hätte aufhalten lassen können:
Von diesem Land ist ein schrecklicher Krieg ausgegangen. Wie hätte man dem anders begegnen können, als mit Gewalt?

Das Argument lautet immer: Hätten die Alliierten nicht eingegriffen, hätte es keinen Frieden gegeben. Warum gab es vorher keine Strategien? Warum wurde die Opposition in Deutschland nicht gestärkt? Warum wurden die Gleise, die nach Auschwitz führten, nicht bombardiert? Schließlich heißt es immer: Jetzt müssen wir Waffen einsetzen. Der Preis, der dafür zu zahlen ist, ist enorm hoch.

Appeasement-Politik hat Hitler wenig beeindruckt.

Dennoch: Krieg setzt ein Gewaltpotenzial frei, für das ich keine Rechtfertigung sehe. Krieg hat Unrecht, Zerstörung, Vergewaltigungen im Schlepptau. Krieg zerstört alle, die an ihm beteiligt sind. Ich hatte in jüngster Zeit Soldaten zu Besuch, die mit ihren Erlebnissen nicht fertig werden. Es ist gut, dass es zu diesen Weihnachten ein verstärktes Bewusstsein dafür gibt.
Vielleicht zu Unrecht. Ihre Frage "Warum wurde die Opposition in Deutschland nicht gestärkt?" könnte durchaus zu neuen Erkenntnissen führen – wenn man sie denn ernst nähme!

Mit Sophie Scholl kommt man an der Stelle freilich nicht weiter. Die Weisse Rose war moralisch auf der richtigen Seite, bot machtpolitisch aber keine Perspektive.

Im März 2005 gab es im Spiegel einen Artikel, in dem über die Versuche deutscher Widerstandskreise mit der englischen Regierung in Kontakt zu kommen berichtet wurde. Ziel war ein gemeinsames Vorgehen gegen Hitler:
Um den Frieden in Europa zu bewahren, sollten die Westmächte, sollte vor allem die britische Regierung nach Ansicht deutscher NS-Gegner vernehmlich mit dem Säbel rasseln. Die Regimekritiker entfalteten deshalb in den beiden Jahren vor Kriegsbeginn eine hektische Reiseaktivität.

Allein Carl Friedrich Goerdeler, in dieser Zeit der führende Kopf des deutschen Widerstands, fuhr zwischen Juni 1937 und Ende 1938 in 22 Länder. Unablässig warnte der ehemalige Leipziger Oberbürgermeister vor den braunen Machthabern: „Wir müssen uns vergegenwärtigen, dass wir es mit Gangstern der schlimmsten Sorte zu tun haben.“ Über Adolf Hitlers aggressive Außenpolitik sagte er, der Diktator brauche „jeden Morgen zum Frühstück ein neues Opfer“.

Goerdeler beschwor die westlichen Regierungen, sich auf keinen Beschwichtigungskurs einzulassen. Aber er wurde von seinen Gesprächspartnern nicht ernst genommen. Sir Montagu Norman, der Gouverneur der Bank von England, wies ihn zurecht, ein guter Patriot denunziere nicht seine eigene Regierung. Und von Sir Robert Vansittart, dem Ersten Diplomatischen Berater im Außenministerium, musste sich Goerdeler den Vorwurf gefallen lassen, er betreibe Landesverrat.

Nachdem der „Führer“ am 28. Mai 1938 vor höheren Wehrmachtoffizieren seinen „unerschütterlichen Willen“ verkündet hatte, dass „die Tschechoslowakei von der Landkarte verschwindet“, warnte der Generalstabschef des Heeres, Ludwig Beck, ein Krieg gegen die Tschechoslowakei werde zum Weltkrieg führen und das „finis Germaniae“ bedeuten.

Beck schickte, Mitte August, einen weiteren Emissär nach London: den pommerschen Gutsbesitzer Ewald von Kleist-Schmenzin. Dem geläuterten Deutschnationalen gab der Generaloberst als Auftrag mit auf den Weg: „Bringen Sie mir den sicheren Beweis, dass England kämpfen will, wenn wir die Tschechoslowakei angreifen, und ich will diesem Regime ein Ende machen.“
Statt diese Gelegeheit wahrzunehmen zog es England unter Neville Chamberlain vor, Ende September 1938 das Münchner Abkommen zu unterzeichnen.

Zu beachten ist, daß das britische Außenministerium wissen mußte, daß Hitler sich nicht zufrieden geben würde, weil es durch den „Landesverrat“ Goerdelers ja von dessen Plänen bezüglich der Tschechoslowakei informiert worden war! Statt also die Informationen und die Kontakte dazu zu nutzen, sich Hitlers bequem zu entledigen und ein moderateres Regime in Deutschland zu installieren, wurden sie dazu verwendet, die von den Widerständlern offengelegten Pläne zu hintertreiben, indem es den „Führer“ ermutigte und seine Machtbasis in Deutschland somit zu verbreitern half – durchaus bewußt, wie es scheint!

Dennoch gaben die Widerständler ihren Glauben an den Frieden nicht auf:
Fünf Wochen nach der Konferenz von München formulierte Goerdeler in einem Memorandum seine Gedanken über ein gedeihliches Zusammenwirken von Deutschen und Briten, wenn erst einmal das Nazi-Regime gefallen sei. In dem Papier meldete Goerdeler jedoch auch Ansprüche an, die ihn – und den deutschen Widerstand insgesamt – bei den Engländern ins Zwielicht rückten.
Aber auch nachdem Hitler dann im März 1939 die „Rest-Tschechei“ annektiert hatte, verhielt sich das britische Außenministerium, das vor dem deutschen Angriff auf Polen die Rolle des Vermittlers zwischen Deutschland und Polen innehatte, keineswegs so, daß der Weltkrieg abgewendet wurde, sondern so, daß er wahrscheinlicher wurde, indem es alle Avancen von Seiten des deutschen Widerstandes ignorierte.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
Denn die Waffen unsres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, Festungen zu zerstören. (2. Kor. 10,4)

Benutzeravatar
Lutheraner
Beiträge: 3914
Registriert: Donnerstag 9. November 2006, 10:50

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Lutheraner »

Haiduk hat geschrieben:Das Interview mit der EKD-Ratsvorsitzenden Dr. Margot Käßmann in der Berliner Zeitung hat so manchen verwundert. Naivität mußte sie sich vorwerfen lassen, weil sie darüber philosophiert hat, ob sich der Zweite Weltkrieg hätte aufhalten lassen können:
Von diesem Land ist ein schrecklicher Krieg ausgegangen. Wie hätte man dem anders begegnen können, als mit Gewalt?

Das Argument lautet immer: Hätten die Alliierten nicht eingegriffen, hätte es keinen Frieden gegeben. Warum gab es vorher keine Strategien? Warum wurde die Opposition in Deutschland nicht gestärkt? Warum wurden die Gleise, die nach Auschwitz führten, nicht bombardiert? Schließlich heißt es immer: Jetzt müssen wir Waffen einsetzen. Der Preis, der dafür zu zahlen ist, ist enorm hoch.

Appeasement-Politik hat Hitler wenig beeindruckt.

Dennoch: Krieg setzt ein Gewaltpotenzial frei, für das ich keine Rechtfertigung sehe. Krieg hat Unrecht, Zerstörung, Vergewaltigungen im Schlepptau. Krieg zerstört alle, die an ihm beteiligt sind. Ich hatte in jüngster Zeit Soldaten zu Besuch, die mit ihren Erlebnissen nicht fertig werden. Es ist gut, dass es zu diesen Weihnachten ein verstärktes Bewusstsein dafür gibt.
Vielleicht zu Unrecht. Ihre Frage "Warum wurde die Opposition in Deutschland nicht gestärkt?" könnte durchaus zu neuen Erkenntnissen führen – wenn man sie denn ernst nähme!
Tja, für diese Aussage und für ihre Kritik am Afghanistan-Krieg hätte ich hier im Forum von einer bestimmten Ecke eigentlich Applaus erwartet. Aber es ist nichts zu hören. ;D
"Ta nwi takashi a huga bakashi. Ta nwi takashi maluka batuka"

Benutzeravatar
lutherbeck
Beiträge: 4004
Registriert: Montag 21. Dezember 2009, 09:09

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von lutherbeck »

Lutheraner hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Das Interview mit der EKD-Ratsvorsitzenden Dr. Margot Käßmann in der Berliner Zeitung hat so manchen verwundert. Naivität mußte sie sich vorwerfen lassen, weil sie darüber philosophiert hat, ob sich der Zweite Weltkrieg hätte aufhalten lassen können:
Von diesem Land ist ein schrecklicher Krieg ausgegangen. Wie hätte man dem anders begegnen können, als mit Gewalt?

Das Argument lautet immer: Hätten die Alliierten nicht eingegriffen, hätte es keinen Frieden gegeben. Warum gab es vorher keine Strategien? Warum wurde die Opposition in Deutschland nicht gestärkt? Warum wurden die Gleise, die nach Auschwitz führten, nicht bombardiert? Schließlich heißt es immer: Jetzt müssen wir Waffen einsetzen. Der Preis, der dafür zu zahlen ist, ist enorm hoch.

Appeasement-Politik hat Hitler wenig beeindruckt.

Dennoch: Krieg setzt ein Gewaltpotenzial frei, für das ich keine Rechtfertigung sehe. Krieg hat Unrecht, Zerstörung, Vergewaltigungen im Schlepptau. Krieg zerstört alle, die an ihm beteiligt sind. Ich hatte in jüngster Zeit Soldaten zu Besuch, die mit ihren Erlebnissen nicht fertig werden. Es ist gut, dass es zu diesen Weihnachten ein verstärktes Bewusstsein dafür gibt.
Vielleicht zu Unrecht. Ihre Frage "Warum wurde die Opposition in Deutschland nicht gestärkt?" könnte durchaus zu neuen Erkenntnissen führen – wenn man sie denn ernst nähme!
Tja, für diese Aussage und für ihre Kritik am Afghanistan-Krieg hätte ich hier im Forum von einer bestimmten Ecke eigentlich Applaus erwartet. Aber es ist nichts zu hören. ;D

Moment; ich finde schon von Anfang an, daß die Bischöffin recht getan hat diese Diskussion aus kirchlicher Sicht heraus neu aufzumachen und damit Impulse zu setzten - so erwarte ich das von "Kirche"!

Lutherbeck :klatsch:
"Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn".

Benutzeravatar
Haiduk
Beiträge: 1347
Registriert: Dienstag 15. Dezember 2009, 20:02
Wohnort: Bayern
Kontaktdaten:

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Haiduk »

lutherbeck hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Das Interview mit der EKD-Ratsvorsitzenden Dr. Margot Käßmann in der Berliner Zeitung hat so manchen verwundert. Naivität mußte sie sich vorwerfen lassen, weil sie darüber philosophiert hat, ob sich der Zweite Weltkrieg hätte aufhalten lassen können:
Von diesem Land ist ein schrecklicher Krieg ausgegangen. Wie hätte man dem anders begegnen können, als mit Gewalt?

Das Argument lautet immer: Hätten die Alliierten nicht eingegriffen, hätte es keinen Frieden gegeben. Warum gab es vorher keine Strategien? Warum wurde die Opposition in Deutschland nicht gestärkt? Warum wurden die Gleise, die nach Auschwitz führten, nicht bombardiert? Schließlich heißt es immer: Jetzt müssen wir Waffen einsetzen. Der Preis, der dafür zu zahlen ist, ist enorm hoch.

Appeasement-Politik hat Hitler wenig beeindruckt.

Dennoch: Krieg setzt ein Gewaltpotenzial frei, für das ich keine Rechtfertigung sehe. Krieg hat Unrecht, Zerstörung, Vergewaltigungen im Schlepptau. Krieg zerstört alle, die an ihm beteiligt sind. Ich hatte in jüngster Zeit Soldaten zu Besuch, die mit ihren Erlebnissen nicht fertig werden. Es ist gut, dass es zu diesen Weihnachten ein verstärktes Bewusstsein dafür gibt.
Vielleicht zu Unrecht. Ihre Frage "Warum wurde die Opposition in Deutschland nicht gestärkt?" könnte durchaus zu neuen Erkenntnissen führen – wenn man sie denn ernst nähme!
Tja, für diese Aussage und für ihre Kritik am Afghanistan-Krieg hätte ich hier im Forum von einer bestimmten Ecke eigentlich Applaus erwartet. Aber es ist nichts zu hören. ;D

Moment; ich finde schon von Anfang an, daß die Bischöffin recht getan hat diese Diskussion aus kirchlicher Sicht heraus neu aufzumachen und damit Impulse zu setzten - so erwarte ich das von "Kirche"!

Lutherbeck :klatsch:
Die Debatte müßte halt auch tatsächlich geführt werden. Bei Afghanistan sehe ich ehrlich gesagt nicht, welche Spielräume die deutsche Außenpolitik hätte. Ich sehe auch nicht, daß uns eine große Verantwortung für dieses Land am Hindukusch zukäme. Ganz anders beim Verhältnis damals zwischen Großbritanntien und Deutschland: Aufgrund der räumlichen Nähe kannten die beiden Nationen einander ja sehr gut. Deshalb hat Käßmann auch vollkommen Recht, wenn sie wissen will, weshalb die deutsche Opposition nicht gestärkt wurde: Einen Holocaust hätte es unter einem Reichskanzler Goerdeler nie gegeben.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
Denn die Waffen unsres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, Festungen zu zerstören. (2. Kor. 10,4)

Benutzeravatar
lutherbeck
Beiträge: 4004
Registriert: Montag 21. Dezember 2009, 09:09

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von lutherbeck »

Die Debatte zu führen ist jetzt Auftrag an alle gesellschafltichen Kräfte - Bischöffin Käßmann hat dazu nur einen notwendigen kirchlichen Impuls gegeben - was nicht heißen soll, daß sich die Kirche nun aus der Debatte heraushalten soll!

Lutherbeck
"Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn".

Benutzeravatar
Haiduk
Beiträge: 1347
Registriert: Dienstag 15. Dezember 2009, 20:02
Wohnort: Bayern
Kontaktdaten:

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Haiduk »

lutherbeck hat geschrieben:Die Debatte zu führen ist jetzt Auftrag an alle gesellschafltichen Kräfte - Bischöffin Käßmann hat dazu nur einen notwendigen kirchlichen Impuls gegeben - was nicht heißen soll, daß sich die Kirche nun aus der Debatte heraushalten soll!
Also meine Einschätzung zu Käßmanns historischer Frage ist, daß die englische Außenpolitik mehr daran orientiert war, Deutschland als Konkurrenz zu eleminieren aka "finis germanae", als einen Weltkrieg zu verhindern. Wäre letzteres das Ziel gewesen, dann hätte man Hitler gar keine Konzessionen gemacht und stattdessen darauf gesetzt, daß der deutsche Widerstand Hitler ausschaltet.

Gegner dieser Sichtweise werden freilich sagen, daß Goerdelers außenpolitische Positionierung das unmöglich machte. Nur hätte es für die Briten ja auch die Möglichkeit gegeben, hier lediglich zum Schein auf Goerdeler einzugehen und nach der Ausschaltung Hitlers dann wieder eine festere Position einzunehmen.

Im übrigen war Goerdeler nicht der einzige, der im Namen der Opposition den Kontakt zu Briten suchte. Adam von Trott zu Solz war sogar mit den Amerikanern in Kontakt. Hier eine Kurzbeschreibung:
Adam von Trott zu Solz gehört zumindest in Deutschland zu den weniger bekannten Widerstandskämpfern. Das ist in England und den USA deutlich anders: Dort verbindet man den Widerstand gegen Hitler nicht mit Graf von Stauffenberg, sondern mit Adam von Trott und damit zugleich mit der Frage, ob die westlichen Alliierten dem deutschen Widerstand genügend Unterstützung zukommen oder ob sie ihn auflaufen ließen, da sie längst auf eine bedingungslose Kapitulation Deutschlands setzten. In Großbritannien spricht man in diesem Zusammenhang von einer "Trott-Kontroverse".

Wer ist dieser Adam von Trott zu Solz? Innerhalb des Kreisauer Kreises war er einer der wichtigsten Köpfe; das außenpolitische Programm der Aufständischen geht vor allem auf ihn zurück. Wäre der Aufstand des 20.Juli 1944 gelungen, wäre er voraussichtlich Staatssekretär im Außenministerium geworden. Der Autor Henric L. Wuermling, langjähriger Fernsehredakteur beim Bayerischen Rundfunk, schreibt in dieser ersten deutschen Biografie über von Trott:

Ich glaube nicht, dass bei der ganzen Aktion irgendein einzelner Mann so viele Fäden in seiner Hand gehalten hat wie Adam von Trott.

Ebenso wie Graf von Stauffenberg begreift von Trott den Umsturzversuch nicht nur als militärischen Staatsstreich, sondern knüpft die Fäden zum politischen Widerstand, wobei er auf die Gesamtheit des politischen Spektrums setzt - angefangen von konservativen, christlichen, sozialdemokratischen bis hin zu kommunistischen Widerstandsgruppen. Doch anders als Stauffenberg stand von Trott von Jugend an den Nationalsozialisten kritisch gegenüber; bereits vor 1933 trat er öffentlich gegen Hitler auf.
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
Denn die Waffen unsres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, Festungen zu zerstören. (2. Kor. 10,4)

Stephen Dedalus
Beiträge: 5449
Registriert: Dienstag 7. September 2004, 15:28

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Stephen Dedalus »

Lutheraner hat geschrieben: Tja, für diese Aussage und für ihre Kritik am Afghanistan-Krieg hätte ich hier im Forum von einer bestimmten Ecke eigentlich Applaus erwartet. Aber es ist nichts zu hören. ;D
Das ist nicht verwunderlich. Das Frauenbild einer Mehrzahl der Forennutzer hier scheint nur zuzulassen, sich über das Aussehen der Dame auszulassen, nicht aber ihre Aussagen zu beachten. ;D
If only closed minds came with closed mouths.

Benutzeravatar
Christ86
Beiträge: 2860
Registriert: Montag 26. Januar 2009, 01:47

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Christ86 »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
Lutheraner hat geschrieben: Tja, für diese Aussage und für ihre Kritik am Afghanistan-Krieg hätte ich hier im Forum von einer bestimmten Ecke eigentlich Applaus erwartet. Aber es ist nichts zu hören. ;D
Das ist nicht verwunderlich. Das Frauenbild einer Mehrzahl der Forennutzer hier scheint nur zuzulassen, sich über das Aussehen der Dame auszulassen, nicht aber ihre Aussagen zu beachten. ;D
Ay, diese pöhsen Machos hier überall :streichel:
Wie bewundernswert sind deine Werke, o Herr, alles hast du mit Weisheit gemacht! Ps 104

User hat sich vom KG verabschiedet

Benutzeravatar
Haiduk
Beiträge: 1347
Registriert: Dienstag 15. Dezember 2009, 20:02
Wohnort: Bayern
Kontaktdaten:

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Haiduk »

Bild

Eine streitbare Patriotin: Margret Antonie Boveri

Eine Kurzzusammenfassung zu einer ebenfalls bemerkenswert geradlinigen deutschen Biographie.

Hier ein Satz aus ihrem Hauptwerk „Der Verrat im XX. Jahrhundert“:
“England braucht in Deutschland keinen Secret Service mehr; die Deutschen selbst kommen ja in Scharen zu uns und erzählen alles,” stellte Robert Vansittart 1939 zynisch fest.
Das sagte Vansittart, weil er vom deutsche Widerstand, der seine Fühler ja sehr aktiv nach England ausstreckte, offenbar mehr relevante Informationen bekam, als von seinem eigenen depperten Geheimdienst. Auf Vansittart geht der Vansittartismus zurück, der in Großbritannien bis heute kontrovers diskutiert wird; bei uns hier nennen sich die Vansittartisten "Antideutsche".
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
Denn die Waffen unsres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, Festungen zu zerstören. (2. Kor. 10,4)

Benutzeravatar
Ewald Mrnka
Beiträge: 7001
Registriert: Dienstag 30. November 2004, 11:06

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Ewald Mrnka »

Lutheraner hat geschrieben:
Haiduk hat geschrieben:Das Interview mit der EKD-Ratsvorsitzenden Dr. Margot Käßmann in der Berliner Zeitung hat so manchen verwundert. Naivität mußte sie sich vorwerfen lassen, weil sie darüber philosophiert hat, ob sich der Zweite Weltkrieg hätte aufhalten lassen können:
Von diesem Land ist ein schrecklicher Krieg ausgegangen. Wie hätte man dem anders begegnen können, als mit Gewalt?

Das Argument lautet immer: Hätten die Alliierten nicht eingegriffen, hätte es keinen Frieden gegeben. Warum gab es vorher keine Strategien? Warum wurde die Opposition in Deutschland nicht gestärkt? Warum wurden die Gleise, die nach Auschwitz führten, nicht bombardiert? Schließlich heißt es immer: Jetzt müssen wir Waffen einsetzen. Der Preis, der dafür zu zahlen ist, ist enorm hoch.

Appeasement-Politik hat Hitler wenig beeindruckt.

Dennoch: Krieg setzt ein Gewaltpotenzial frei, für das ich keine Rechtfertigung sehe. Krieg hat Unrecht, Zerstörung, Vergewaltigungen im Schlepptau. Krieg zerstört alle, die an ihm beteiligt sind. Ich hatte in jüngster Zeit Soldaten zu Besuch, die mit ihren Erlebnissen nicht fertig werden. Es ist gut, dass es zu diesen Weihnachten ein verstärktes Bewusstsein dafür gibt.
Vielleicht zu Unrecht. Ihre Frage "Warum wurde die Opposition in Deutschland nicht gestärkt?" könnte durchaus zu neuen Erkenntnissen führen – wenn man sie denn ernst nähme!
Tja, für diese Aussage und für ihre Kritik am Afghanistan-Krieg hätte ich hier im Forum von einer bestimmten Ecke eigentlich Applaus erwartet. Aber es ist nichts zu hören. ;D
Bei dieser "Bischöfin" gerät selbst die Wahrheit zur Lüge.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Benutzeravatar
Dottore Cusamano
Beiträge: 1129
Registriert: Sonntag 20. Januar 2008, 15:19

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Dottore Cusamano »

lutherbeck hat geschrieben:Die Debatte zu führen ist jetzt Auftrag an alle gesellschafltichen Kräfte - Bischöffin Käßmann hat dazu nur einen notwendigen kirchlichen Impuls gegeben - was nicht heißen soll, daß sich die Kirche nun aus der Debatte heraushalten soll!

Lutherbeck
Für eine Diskussion über die Situation in Afghanistan bedarf es keines "kirchlichen" Impulses. Ich glaube eher, dass sich die Geschiedene wieder mal nur bei ihren Busenfreundinnen bei den Grünen und deren Wählerschaft anbiedern wollte. Die EKD erscheint mir ohnehin mehr an gesellschaftspolitischen Fragen interessiert zu sein, als an Glaubensverbreitung und Seelsorge. Sie sieht sich selbst in der Tat eher als "gesellschaftliche Kraft" denn als "Kirche". Den letztgenannten Begriff assoziieren viele Bildungs- und Glaubensferne im Lande eventuell zu sehr mit Rückständigkeit bzw. Rückwärtsgewandheit. Einen solchen Eindruck möchte diese "moderne Frau" sicher vermeiden. Positiv an dieser Haltung ist indes, dass sie zum schnelleren Verschwinden dieses Phänomens "Ev. Kirche in Deutschland" beitragen wird.
"Da erhob sich ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und auch der Drache und seine Engel kämpften. Doch sie richteten nichts aus und es blieb kein Platz mehr für sie im Himmel." (Offb 12, 7-8)

Benutzeravatar
Ewald Mrnka
Beiträge: 7001
Registriert: Dienstag 30. November 2004, 11:06

Re: Sophie Scholl und die Weisse Rose

Beitrag von Ewald Mrnka »

Dottore Cusamano hat geschrieben:
lutherbeck hat geschrieben:Die Debatte zu führen ist jetzt Auftrag an alle gesellschafltichen Kräfte - Bischöffin Käßmann hat dazu nur einen notwendigen kirchlichen Impuls gegeben - was nicht heißen soll, daß sich die Kirche nun aus der Debatte heraushalten soll!

Lutherbeck
Positiv an dieser Haltung ist indes, dass sie zum schnelleren Verschwinden dieses Phänomens "Ev. Kirche in Deutschland" beitragen wird.
..........und das wäre wahrhaft kein Verlust.
Wer die wirklichen Herrschenden identifizieren will, braucht sich nur zwei Fragen zu stellen:
WEN und WAS darfst Du NICHT kritisieren?
WESSEN INTERESSEN verfolgt das System?

Benutzeravatar
Nassos
Beiträge: 9048
Registriert: Montag 1. Juni 2009, 01:48

Re: Sophie Scholl und die Weiße Rose

Beitrag von Nassos »

Es ist immer ein Hintergedanke dabei, wie wir uns wohl selber in einer solchen Situation wie 3345 verhalten hätten. Und was wir als direkt Beteiligte über die Widerständler gedacht hätten.

Das Verrätersyndrom ist der Grund, warum die Ehepartner der Widerständler so viele Jahrzente geschwiegen hatten.

Zu manchen Sachen, wie warum die Gleise nicht bombardiert worden sind oder wie England so naiv appeasement betreiben konnte, denke ich an Theorien, wonach das Dritte Reich erst durch bestimmte Kreise in eben jenen Ländern, die später zu den Siegermächten gehörten, sehr daran lag, AH an der macht zu sehen (ausgenommen Russland, welches ca 20 Jahre früher lahmgelegt worden war).

In Stuttgart gibt es das Stauffenbergmuseum. Es gibt ganze fünf Austellungsstücke (Originale aus dem Stauffenbergbesitz und der unterzeichnete Befehl zur Walküre). Es sind aber die Geschichten hinter diesen Stücken, die dem ganzen Leben einhauchen.

Ausgestellt sind auch Zeitungen aus verschiedenen Jahrzenten, die sich mit dem Thema befassen, und wie sie den jeweiligen Zeitgeist spiegeln.
Erste Zeitung: Der Völkische Beobachter: "Die Vorsehung erhielt uns den Führer"
Ich glaube; hilf meinem Unglauben

Benutzeravatar
Haiduk
Beiträge: 1347
Registriert: Dienstag 15. Dezember 2009, 20:02
Wohnort: Bayern
Kontaktdaten:

Re: Sophie Scholl und die Weiße Rose

Beitrag von Haiduk »

Nassos hat geschrieben:Es ist immer ein Hintergedanke dabei, wie wir uns wohl selber in einer solchen Situation wie 3345 verhalten hätten. Und was wir als direkt Beteiligte über die Widerständler gedacht hätten.
Das ist ungeheuer kompliziert, wenn man sich ernsthaft mit dieser Frage befaßt.

Es gab natürlich zahlreiche Personen, die da irgendwo mitgemacht haben, obwohl sie keine Nationalsozialisten waren. Aber die wenigsten, die sich da zu einem Urteil aufschwingen, haben überhaupt eine Ahnung, was die Gleichschaltung bedeutete.

Aufschlußreich ist da der Artikel „Wir lügen alle”. Marget Boveris Bericht über das „Berliner Tageblatt” unter Hitler. Den kann man als Kurzzusammenfassung der Geschichte einer Zeitung mit liberaler Tradition lesen, bei der vor 1933 noch ein Jude Chefredakteur war. Der wurde natürlich sofort entfernt. Paul Scheffer, der ihn ersetzte, war keineswegs Nationalsozialist, sondern allemal auch ein Liberaler:
Zu dem ersten richtigen großen Krach in der Pressekonferenz des Propagandaministeriums kam es, weil das „Tageblatt” in einem Leitartikel gesagt hatte, daß die Völker mit intakten Religionsgemeinschaften, wie es sie beispielsweise in Italien und England gebe, den anderen Nationen an seelischer Spannkraft überlegen seien. Deutschland hingegen fehle die reguläre Verbindlichkeit. Ingenieur Berndt, der Sprecher des Propagandaministers, schrie Scheffer an, ob er denn nicht wisse, daß Alfred Rosenberg den „Mythus des 20. Jahrhunderts” geschrieben habe, dessen erster Band schon erschienen und dessen zweiter im Kommen sei. Zum Schrecken der Konferenzteilnehmer verbat sich Scheffer nicht nur diesen Ton der Belehrung, sondern setzte auch noch mit schneidender Ironie hinzu: „Im übrigen nehme ich zur Kenntnis, daß Deutschland jetzt eine Religion besitzt, von der der erste Band bereits 1937 erschienen. Scheffer mußte gehen. Ein SS-Mann aus dem Scherl-Verlag übernahm die Chefredaktion.
Was man Scheffer zum Vorwurf machen könnte, ist, daß er mit seiner Arbeit bis 1937 mithalf, dem Regime ein pluralistisches Deckmäntelchen umzuhängen. Das wäre natürlich irgendwo ungerecht, weil er danach ja die Auseinandersetzung suchte und folglich abgesetzt wurde. Dennoch hat er bis dahin dazu beigetragen, daß andere im In- und Ausland sich Illusionen machen konnten. Der Punkt ist, daß die Diktatur ja nicht von einem auf den anderen Tag kam, weil die Schräubchen ja Stück um Stück angezogen wurden.

Interessant ist, daß es in der Öffentlichkeit heute keine ernsthafte Auseinandersetzung zu dieser Frage gibt: Der Artikel, den ich da zitiere, stammt vom Dezember 1965 :pfeif:

Ein anderes Beispiel ist die Zeitung Weisse Blätter. Im Gegensatz zu vielen anderen Zeitungen konnte die bis zum Ende legal erscheinen (d.h. sie mußten wegen Papiermangels aufhören), weil sie die herrschende Ideologie nicht offen in Frage stellten. Dennoch war es faktisch eine Widerstandszeitung, weil NS-Gegner sich unaufällig um sie scharen konnten:
Und doch wird dieses Gedankengut gerade dazu verwendet, um den darin liegenden Unterschied zur Auslegung der Nationalsozialisten klar zu machen. Rechtsstaatlichkeit und christlicher Glaube werden als germanisches Erbe beschworen, nationalsozialistischer Mißbrauch wird an den historischen Vorgängen dargestellt.
Daß die Zeitung diese Ausrichtung hatte, konnte damals aber nicht jeder erkennen: Wenn es so einfach gewesen wäre, dann wäre sie ja verboten worden :roll:
Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. (Mt. 5, 37)
Denn die Waffen unsres Kampfes sind nicht fleischlich, sondern mächtig im Dienste Gottes, Festungen zu zerstören. (2. Kor. 10,4)

Antworten Vorheriges ThemaNächstes Thema