Beziehung zu Christus

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overkott
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von overkott »

Torsten hat geschrieben:Gegenüber Gott ist man kein Wurm. Pascal hat die menschliche Größe erlebt, weil er Gott erlebt hat. Und gesehen hat: Er allein. Und Jesus als der Gesandte, den er nicht mehr verleugnen und kreuzigen will, in dem er ihm eine Natur zuspricht, die ihn von ihm trennt. Langsam wird klar, warum Pascal nicht recht wusste, wie er das weiterreicht?
Bei Gotteserfahrung und Bekehrungserlebnis bin ich vor allem bescheidener Zuhörer. Denn es geht dabei ja um etwas Persönliches, bei dem man die Person nicht begleiten kann. Das gilt für Raphael, Blaise, Sempre und dich. Das gilt auch für Paulus im Zweiten Brief an die Korinther:

dieses unsagbare Hingerissensein von Gott in einen Zustand, der alle Sinne und Gedanken übersteigt. Dante beschreibt später in seiner Göttlichen Komödie als seinem Reisebericht der Seele zu Gott den dritten Himmel als den Himmel derer, die dem Einfluss der Liebe erlegen sind.

Wichtig bei Pascal ist der lichte Augenblick, begriffen mit Bildern und Worten des alten und neuen Testaments.

Wer wie Paulus auf dem Areopag - einer Predigt, die über Dionysius für das Mittelalter so folgenreich sein sollte - Gott als Schöpfer in seiner All und Alles umgreifenden Gegenwart versteht, versteht Gottes Wirken nicht nur allgemein immanent, sondern erkennt auch, dass der Verborgene sich Pascal persönlich offenbart hat in einer Weise, die Sempre als Heureka-Erlebnis richtig beschreibt.

Was das Wurm-Verständnis anbelangt, ist dies die Scham des Bereuenden wie in Psalm 22, die der Buße vorausgeht:

5 Dir haben unsre Väter vertraut, sie haben vertraut und du hast sie gerettet.
6 Zu dir riefen sie und wurden befreit, dir vertrauten sie und wurden nicht zuschanden.
7 Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, der Leute Spott, vom Volk verachtet.
8 Alle, die mich sehen, verlachen mich, verziehen die Lippen, schütteln den Kopf:
9 «Er wälze die Last auf den Herrn, der soll ihn befreien! Der reiße ihn heraus, wenn er an ihm Gefallen hat.»

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Torsten
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von Torsten »

overkott hat geschrieben:Bei Gotteserfahrung und Bekehrungserlebnis bin ich vor allem bescheidener Zuhörer.
Das unterscheidet uns. Ich bin ein begeisterter Zuhörer. Besonders für das, was sich hinter Bescheidenheit verbirgt, die von offensichtlichem erzählt.
Denn es geht dabei ja um etwas Persönliches, bei dem man die Person nicht begleiten kann. Das gilt für Raphael, Blaise, Sempre und dich. Das gilt auch für Paulus im Zweiten Brief an die Korinther:
dieses unsagbare Hingerissensein von Gott in einen Zustand, der alle Sinne und Gedanken übersteigt.dieses unsagbare Hingerissensein von Gott in einen Zustand, der alle Sinne und Gedanken übersteigt.
Pascal beschreibt hier eben gerade nicht einen Zustand, der seine Sinne und Gedanken übersteigt, sondern aus dem diese Gewissheit ziehen. Begleitet von Tränen der Freude und von Frieden des Herzens.
Wer wie Paulus auf dem Areopag - einer Predigt, die über Dionysius für das Mittelalter so folgenreich sein sollte - Gott als Schöpfer in seiner All und Alles umgreifenden Gegenwart versteht, versteht Gottes Wirken nicht nur allgemein immanent, sondern erkennt auch, dass der Verborgene sich Pascal persönlich offenbart hat in einer Weise, die Sempre als Heureka-Erlebnis richtig beschreibt.
Pascal hat das offensichtliche entdeckt. Was verborgen ist nur unter der berechtigten Scham derer, die um das Verlangen nach ihrer Buße ahnen, und nicht um die Verzweiflung wissen(wollen), die sie auslösen. Und die für Pascal gelöst wurde. Für zwei Stunden und ein Memorial.

ad_hoc
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von ad_hoc »

Gegenüber Gott ist man kein Wurm.
Blaise Pascal hatte für sich eine Gotteserfahrung erlebt, wie nicht wenige Heilige der katholischen Kirche auch. Es scheint eine übereinstimmende Erfahrung aller zu sein, dass sie, gegenüber dem allmächtigen Gott, zunächst Ihre eigene Nichtigkeit, ihre Sündhaftigkeit erkannten und sich gleichzeitig bewusst waren ohne eigenes Verdienst einer übergroßen Gnade teilhaftig geworden zu sein. Bei Thomas von Aquin beispielsweise hat dies wohl zur Erkenntnis geführt, dass alle seine Werke tatsächlich Stroh seien (was sie natürlich nicht sind). Franz von Sales war es, der aufgrund einer solchen Erfahrung wohl die Aussage traf: "Vor Gott ein Wurm, dem Menschen ein Turm."
Dass Gott alle Menschen liebt, auch den Sünder, widerspricht diesem Empfinden nicht.
Danke für den schönen Beitrag, Torsten.

Gruß, ad_hoc
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overkott
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von overkott »

Christus hat sich nicht selbst verkündet, sondern die Teilhabe an der heiligen Dreifaltigkeit.

ut omnes unum sint, sicut tu Pater in me, et ego in te, ut et ipsi in nobis unum sint : ut credat mundus, quia tu me misisti. Et ego claritatem, quam dedisti mihi, dedi eis: ut sint unum, sicut et nos unum sumus. Ego in eis, et tu in me : ut sint consummati in unum : et cognoscat mundus quia tu me misisti, et dilexisti eos, sicut et me dilexisti.

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overkott
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von overkott »

[Persönliche Ansprache nach Beanstandung gelöscht. -- Peregrin]

Latein ist die lingua franca der römischen Kirche. Sie ist für die Caritas nicht notwendig, aber bringt den Glauben zum Leuchten:

Damit alle eins seien, wie du Vater in mir, und ich in dir, damit auch dieselben in uns eins seien : damit die Welt glaube, weil du mich gesandt hast. Und ich habe die Klarheit, die du mir gegeben hast, ihnen gegeben : damit sie eins seien, wie auch wir eins sind. Ich in ihnen, und du in mir : damit sie gesammelt seien in einem : und die Welt erkennen möge, weil du mich gesandt hat und diese geliebt hast wie du auch mich geliebt hast.

Pilgerer
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von Pilgerer »

Eine christliche Soziologie erfasst die religiösen Zusammenhänge im Christentum vermutlich noch präziser als die Theologie. Ziel des Christentums ist die Sozialisierung des Menschen, der ansonsten ein krankes/sündiges Individuum bleibt. Es geht um die Überwindung der Mauern, die von Satan zwischen den Menschen wie auch zwischen ihnen und Gott geschaffen sind. Die Beziehung zu Jesus Christus überwindet diese Mauern. Jesus ist der Weg ins himmlische Jerusalem, wenn wir durch Ihn und zu Ihm beten, schauen wir schon die herrliche Stadt, wo der Vater zuhause ist. Durch diesen Weg kommt aber auch der Vater in unser Leben. D.h. die Beziehung zu Jesus öffnet die Beziehung zum Vater. Wenn wir Jesus in unser Herz aufnehmen, kommt auch der Vater, und die göttliche Dreieinigkeit zieht ein. Es ist dann nicht mehr zu trennen zwischen Mensch und Gott, sondern hier entsteht eine Vergemeinschaftung oder Sozialisierung. Weil Gott nun Einer ist, ist die Verbindung zu Gott auch die Verbindung zu allen Menschen, in denen Gott ist, zuerst zu allen Christen und dann auch zu den Nichtchristen.
overkott hat geschrieben:Was das Wurm-Verständnis anbelangt, ist dies die Scham des Bereuenden wie in Psalm 22, die der Buße vorausgeht:
Was die Größe und Allmacht Gottes angeht, sind wir in jedem Fall ein Wurm gegen ihn, ja eigentlich nichts. Und doch steht fest: Gott opferte Sich (statt andere zu opfern) für jeden einzelnen menschlichen "Wurm". Jesus starb für sowohl für die Gesamtheit der Menschen als auch für jeden Einzelnen. Er, der allmächtige Gott, ist vor dir wie ein Diener. Er ist der gute Hirte, der für dich Sein Leben gab, damit du wahrhaft leben kannst. Gott wurde in Jesus zum ohnmächtigen Wurm, der am Kreuz von Gott verlassen war und den Psalm 22 lebendig werden ließ. Gott nimmt die Menschen, obwohl sie fast nichts sind, so wichtig, dass sie für Ihn die höchsten Geschöpfe nach Ihm Selbst sind! (Psalm 8) Da Gott nun Schöpfer ist und alle Dinge in ihren Verhältnissen autoritär definieren kann, ist die göttliche Wertschätzung für die Menschen für alle Wesen die Wahrheit. Ja, und die göttliche Wertschätzung für die Menschen (oder Menschenliebe) wird durch Jesus Christus offenbart, wie Paulus sagt. Die Bindung an Gott durch Jesus Christus lehrt wahre Menschlichkeit. Damit sind wir wieder bei der oben angesprochenen Bedeutung der christlichen Sozialisierung.
10 Die Erlösten des HERRN werden wiederkommen und nach Zion kommen mit Jauchzen; ewige Freude wird über ihrem Haupte sein; Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird entfliehen. (Jesaja 35,10)

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overkott
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von overkott »

Ich glaube, man kann Jesus Christus in den Evangelien begegnen, ihm zuhören, ihm etwas abgucken. Sein Kampf mit dem Satan in der Wüste war ein Kampf in seinem Herz, der in den Evangelien sehr schön visualisiert wird. Sein persönlicher Sieg am Kreuz mag Zeitgenossen irritieren, die vom Bösen noch nicht befreit sind.

ad_hoc
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von ad_hoc »

Der Wortwechsel zwischen Jesus und Satan in der Wüste war also gar nicht real? Es ist tatsächlich nur eine Visualisierung des 'Kampfes' Jesu in seinem Herzen mit seiner leiblichen Natur?

Gruß, ad_hoc
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overkott
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von overkott »

Ja.

In dieser Richtung interpretiert auch die Einheitsübersetzung: wenn du nicht recht tust, lauert an der Tür die Sünde als Dämon. ( Gen 4,7 )

Die Sünde wird hier als Dämon personalisiert. Eine andere rhetorische Figur ( pars pro toto ) wäre: Die Sünde ( der Dieb ) schleicht sich von hinten an.

Weiter heißt es in der Einheitsübersetzung: Auf dich hat er ( die Sünde, der Dämon ) es abgesehen, doch du werde Herr ( und Gott ) über ihn! ( Gen 4,7 ).

Wo der Mensch mit Gott eins ist, besiegt er den Dämon, also dort, wo das Gute das Böse beherrscht.

Wo Gott der Schöpfer der Natur ist, ist das Böse widernatürlich.

ad_hoc
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von ad_hoc »

Wie man weiß, hatte Luther ja selbst eine Teufelsbegegnung, u. a. auf der Wartburg. Luther sagte, dass er mit dem Teufel über den Sinn und die Auslegung der Hl. Messe gestritten habe.

Bitte lege mir dies auch aus, wobei ich im voraus schon mal herzlich danke.

Gruß, ad_hoc
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overkott
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von overkott »

Ich hoffe, dass er keinen Mitbruder dämonisiert hat, sondern eher böse Gedanken, die ihn beschlichen haben.

ad_hoc
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von ad_hoc »

Also muss Luther so etwas wie Wahnvorstellungen gehabt haben, als er das Tintenfäßchen nach dem Teufel warf.
Hoffen wir, dass es niemanden gibt, der umgekehrt Jesus.........

Gruß, ad_hoc
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overkott
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von overkott »

Bitte... ?

ad_hoc
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Re: Beziehung zu Christus

Beitrag von ad_hoc »

Du verstehst schon.....! ;)

Gruß, ad_hoc
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