Café théologique Colmar
Café théologique Colmar
Gestern hatten wir wieder ein Café théologique in unserer Kathedrale, mit etwa 100 Teilnehmern. Das Thema war. Laizität: Respekt der Religionen
Dieses Thema ist in Frankreich besonders interessant, denn wir haben hier seit 1792 (nach der franz. Revolution) eine ziemlich strikte Trennung von Staat und Kirche, im Gegensatz zu Deutschland, in der das Christentum bereits in der Verfassung verankert ist. Das bedeutet in Frankreich z.B. keinen Religionsunterricht in den staatlichen Schulen. Vor 200 Jahren fand im weitgehend katholischen Frankreich die religiöse Erziehung weitgehend in den Familien statt, was heute wohl in ganz Europa selten geworden ist.
Es ist schon etwas ganz Besonderes, wenn in einer katholischen Kathedrale zu einem von einer Arbeitsgruppe vorgegebenem Thema Christen zweier Konfessionen, Juden, Muslime, ein Buddhist und auch ein holistisch eingestellter Gläubiger spricht. In unserer Zeit der schwierigen Integration unterschiedlicher Völker, Religionen mit ganz verschiedenen Erwartungen und Hoffnungen können wir uns nicht genug Gedanken um den anderen machen.
Besonders spannend war der Kommentar des Juden, der erinnerte, dass die Juden in Europa zur Zeit der Revolution immer noch Bürger 2. Klasse waren, in Frankreich wurden sie, ein Novum in Europa, 1792 zu Bürgern wie alle anderen. Durch die Laizität konnten sich auch andere Religionen entfalten, auch wenn es eigentlich erst in den letzten 40 Jahren zu einer nennenswerten Entwicklung des Islam und des Buddhismus kam.
Der Islam ist heute die zweitstärkste religiöse Gruppe in Frankreich, ca. 6 Millionen, nach den Katholiken und vor den Protestanten.
Ich habe darauf hingewiesen, dass die Laizität das Bindemittel zur Integration sein kann. Wenn es junge Muslime auch schwer haben, in Frankreich anerkannt zu werden und Arbeit zu finden, haben wir doch hier keine Sprachbarriere, denn sie kommen meist aus Nordafrika, dort ist die franz. Sprache generell verbreitet. Auch kam zur Sprache, dass Kinder, die nie sehen dass die Eltern beten, als Erwachsene kaum dazu kommen.
Die weitere Frage war natürlich, ob die Religionen die Laizität respektieren. Darauf kam keine Antwort.
Pierre
Dieses Thema ist in Frankreich besonders interessant, denn wir haben hier seit 1792 (nach der franz. Revolution) eine ziemlich strikte Trennung von Staat und Kirche, im Gegensatz zu Deutschland, in der das Christentum bereits in der Verfassung verankert ist. Das bedeutet in Frankreich z.B. keinen Religionsunterricht in den staatlichen Schulen. Vor 200 Jahren fand im weitgehend katholischen Frankreich die religiöse Erziehung weitgehend in den Familien statt, was heute wohl in ganz Europa selten geworden ist.
Es ist schon etwas ganz Besonderes, wenn in einer katholischen Kathedrale zu einem von einer Arbeitsgruppe vorgegebenem Thema Christen zweier Konfessionen, Juden, Muslime, ein Buddhist und auch ein holistisch eingestellter Gläubiger spricht. In unserer Zeit der schwierigen Integration unterschiedlicher Völker, Religionen mit ganz verschiedenen Erwartungen und Hoffnungen können wir uns nicht genug Gedanken um den anderen machen.
Besonders spannend war der Kommentar des Juden, der erinnerte, dass die Juden in Europa zur Zeit der Revolution immer noch Bürger 2. Klasse waren, in Frankreich wurden sie, ein Novum in Europa, 1792 zu Bürgern wie alle anderen. Durch die Laizität konnten sich auch andere Religionen entfalten, auch wenn es eigentlich erst in den letzten 40 Jahren zu einer nennenswerten Entwicklung des Islam und des Buddhismus kam.
Der Islam ist heute die zweitstärkste religiöse Gruppe in Frankreich, ca. 6 Millionen, nach den Katholiken und vor den Protestanten.
Ich habe darauf hingewiesen, dass die Laizität das Bindemittel zur Integration sein kann. Wenn es junge Muslime auch schwer haben, in Frankreich anerkannt zu werden und Arbeit zu finden, haben wir doch hier keine Sprachbarriere, denn sie kommen meist aus Nordafrika, dort ist die franz. Sprache generell verbreitet. Auch kam zur Sprache, dass Kinder, die nie sehen dass die Eltern beten, als Erwachsene kaum dazu kommen.
Die weitere Frage war natürlich, ob die Religionen die Laizität respektieren. Darauf kam keine Antwort.
Pierre
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich
Wie sollten sie auch? Eine Religion die nicht behauptet die Wahrheit zu verkünden ist und bleibt un-glaubwürdig.Die weitere Frage war natürlich, ob die Religionen die Laizität respektieren. Darauf kam keine Antwort.
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"Black holes are where God divided by zero. - Einstein
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Das erinnert mich an die Frage, die wir unlängst mal in einem Thread hatten: kann man mit einem religiösen Menschen über Religion diskutieren, ohne, dass dieser sich auf seinen Glauben beruft?Linus hat geschrieben:Wie sollten sie auch? Eine Religion die nicht behauptet die Wahrheit zu verkünden ist und bleibt un-glaubwürdig.Die weitere Frage war natürlich, ob die Religionen die Laizität respektieren. Darauf kam keine Antwort.
Ich denke nein. Damit ist auch die Antwort auf die Frage, ob Religion Laizität respektieren könne, klar. Jede Form von Glauben, die dem Menschen etwas Positives (welcher Art auch immer) geben will, sorgt sich notwendigerweise darum, dass möglichst viele davon erfahren. Auch wir Christen haben den Missionsauftrag, der auf die Heilige Schrift und den Aposteln gründet. Dieser kollidiert geradezu notwendigerweise mit der Laizität.
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Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky
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Der von Pierre eingestellte Beitrag reizt mich zu sehr zu einer Antwort.
Das Thema ist zwar anscheinend etwas einseitig verlaufen, denn die Frage lautete bekanntlich, ob es den Religionen, eher den Ausübenden also, möglich wäre, Laiizisten zu respektieren.
Ist die Frage nach dem Respekt vor der Religion bzw. der Ausübenden nicht eher dringlicher?
Das Thema, Pierre, ist in Frankreich überhaupt nicht interessant, gerade wegen der Gesetzeslage und der daraus resultierenden Übereinkunft.
Wirklich interessanter ist die Frage, wieso ausgerechnet zu einem solchen Thema die katholische Kathedrale zur Verfügung gestellt werden mußte?
Sieh mal einer an. Ein Jude stellte fest, dass die Juden in Frankreich bereits 1792, wenige Jahre nach Revolutionsbeginn, offiziell kein Bürger 2. Klasse mehr war, sondern ein Bürger wie alle anderen auch.
Vielleicht als Anerkennung dafür, dass auch viele Juden neben zigtausenden von Franzosen bis dahin guillotiert worden sind, ohne Rücksicht auf den Stand?
Har der Jude vor den überaus wichtigen Mitgliedern des Café théologique auch darüber geplaudert, dass die Juden von den Franzosen trotzdem als Bürger 2. Klasse aungesehen worden sind? Und nahezu überall in Europa? Dass vor allem in Frankreich die Juden bis ins 20. Jhrht. hinein von den Franzosen diskriminiert worden sind? Selbst die Deutschen waren weniger judenfeindlich als die Franzosen; da mußte erst das Verderben aus Österreich hinausgeworfen und in Deutschland aufgenommen werden, damit dies anders verlaufen konnte.
Trotzdem. Auch heute ist die Diskriminierung von Juden, vor allem beim Volk (zum Glück allerdings nicht allgemein, aber doch vorhanden), stärker als in Deutschland. Von Colmar weiß ich es nicht, aber man muß nur mal über die Plätze von Straßburg laufen, wenn sich ein würdiger älterer Herr, durch seine Kleidung als jüdischer Angehöriger ersichtlich, vom Pöbel beleidigen lassen muß. Ich selbst habe dies nur einmal erlebt, aber von anderen wurde mir versichert, dass dies durchaus üblich sei.
In Frankreich gibt es eine strikte Trennung von Staat und Kirche. Eine der wenigen richtigen Sachaussagen Pierres, wenn er sich den mal zur Sache konkret äußert.
Und wie hat er weiter geschrieben:
Und weiter:
Auf die Frage:
Btw: was verstehst Du unter Laien? Nichtreligöse oder was?
Gruß, ad_hoc
Das Thema ist zwar anscheinend etwas einseitig verlaufen, denn die Frage lautete bekanntlich, ob es den Religionen, eher den Ausübenden also, möglich wäre, Laiizisten zu respektieren.
Ist die Frage nach dem Respekt vor der Religion bzw. der Ausübenden nicht eher dringlicher?
Das Thema, Pierre, ist in Frankreich überhaupt nicht interessant, gerade wegen der Gesetzeslage und der daraus resultierenden Übereinkunft.
Wirklich interessanter ist die Frage, wieso ausgerechnet zu einem solchen Thema die katholische Kathedrale zur Verfügung gestellt werden mußte?
Sieh mal einer an. Ein Jude stellte fest, dass die Juden in Frankreich bereits 1792, wenige Jahre nach Revolutionsbeginn, offiziell kein Bürger 2. Klasse mehr war, sondern ein Bürger wie alle anderen auch.
Vielleicht als Anerkennung dafür, dass auch viele Juden neben zigtausenden von Franzosen bis dahin guillotiert worden sind, ohne Rücksicht auf den Stand?
Har der Jude vor den überaus wichtigen Mitgliedern des Café théologique auch darüber geplaudert, dass die Juden von den Franzosen trotzdem als Bürger 2. Klasse aungesehen worden sind? Und nahezu überall in Europa? Dass vor allem in Frankreich die Juden bis ins 20. Jhrht. hinein von den Franzosen diskriminiert worden sind? Selbst die Deutschen waren weniger judenfeindlich als die Franzosen; da mußte erst das Verderben aus Österreich hinausgeworfen und in Deutschland aufgenommen werden, damit dies anders verlaufen konnte.
Trotzdem. Auch heute ist die Diskriminierung von Juden, vor allem beim Volk (zum Glück allerdings nicht allgemein, aber doch vorhanden), stärker als in Deutschland. Von Colmar weiß ich es nicht, aber man muß nur mal über die Plätze von Straßburg laufen, wenn sich ein würdiger älterer Herr, durch seine Kleidung als jüdischer Angehöriger ersichtlich, vom Pöbel beleidigen lassen muß. Ich selbst habe dies nur einmal erlebt, aber von anderen wurde mir versichert, dass dies durchaus üblich sei.
In Frankreich gibt es eine strikte Trennung von Staat und Kirche. Eine der wenigen richtigen Sachaussagen Pierres, wenn er sich den mal zur Sache konkret äußert.
Und wie hat er weiter geschrieben:
Wir wissen, der Islam ist, anders als die Europäer, sehr stark im Wachstum begriffen. Warte nur balde, dann werden die Muslime den Franzosen schon zeigen, was sie von der Trennung von Staat und Kirche halten.Der Islam ist heute die zweitstärkste religiöse Gruppe in Frankreich, ca. 6 Millionen, nach den Katholiken und vor den Protestanten.
Und weiter:
Das ich nicht lache.....Ich habe darauf hingewiesen, dass die Laizität das Bindemittel zur Integration sein kann.
Auf die Frage:
Wie siehst Du dies? Und wie respektieren die Laien die Religionen?Die weitere Frage war natürlich, ob die Religionen die Laizität respektieren. Darauf kam keine Antwort.
Btw: was verstehst Du unter Laien? Nichtreligöse oder was?
Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)
Erstaunlich..... wie manche sich zutrauen, von außen das Innen beurteilen zu können. Ich lebe seit 50 Jahren in Frankreich, hier werden mit den wenigen Ausnahmen keine Juden angegriffen, sie können sich mit Kippa am Samstag zu Fuß durch die Städte bewegen ohne .....
In Deutschland, auch heute noch hängt an Jom Kippur an den wenigen jüdischen Geschäften ein Schild: Wegen Familienfeier geschlossen, in Frankreich zeigt man dass man Jude ist, heute sicher mehr als kurz nach dem Krieg. Einige Stadtviertel in Paris sind so sichtlich stark von Juden bewohnt........ no problem.
Pierre
In Deutschland, auch heute noch hängt an Jom Kippur an den wenigen jüdischen Geschäften ein Schild: Wegen Familienfeier geschlossen, in Frankreich zeigt man dass man Jude ist, heute sicher mehr als kurz nach dem Krieg. Einige Stadtviertel in Paris sind so sichtlich stark von Juden bewohnt........ no problem.
Pierre
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Unsinn. Frankreich ist ein Land mit einer sehr stark vom Katholizismus geprägten Tradition. Natürlich ist das Land seit der Revolution - Pierre schreibt es ja schon - sehr stark säkularisiert.Knecht Ruprecht hat geschrieben:Die andere Frage ist natürlich, in wie weit Frankreich katholisch ist. Der Kredit, wonach Frankreich mal vor 200 Jahren katholisch war, ist ja wohl nun lange aufgebraucht.
Aber die katholische Kirche in Frankreich ist nach wie vor eine sehr lebendige Quelle. Ich kann gar nicht aufzählen, wie viele neue Bewegungen und Orden dort im 20. Jahrhundert aus dem Boden gesprossen sind: ich nenne nur mal die Familie des Charles de Foucauld, die Fraternités Monastiques de Jérusalem, die Gemeinschaft Chemin Neuf, unzählige sehr lebendige Ordensgemeinschaften diözesanen Rechts.
Frankreich ist ein laizistischer Staat. Das ist richtig.
Aber zu behaupten, "der Kredit, wonach Frankreich mal vor 200 Jahren katholisch war, ist ja wohl nun lange aufgebraucht", tut der Kirche großes Unrecht.
cp, der in Frankreich wunderbare Glaubenserlebnisse hatte (und das Land liebt)
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Tradition ist das Leben des Heiligen Geistes in der Kirche. — Vladimir Lossky
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Ich weiß, warum ich hier [Punkt]cantus planus hat geschrieben: Aber zu behaupten, "der Kredit, wonach Frankreich mal vor 200 Jahren katholisch war, ist ja wohl nun lange aufgebraucht", tut der Kirche großes Unrecht.
cp, der in Frankreich wunderbare Glaubenserlebnisse hatte (und das Land liebt)
Ohne Deutschland herabsetzen zu wollen, habe ich einfach in Frankreich sehr viel mehr Freiheit erlebt, die Menschen sind vielleicht weniger eng, aber das hat natürlich auch mit meiner ganz persönlichen Geschichte zu tun.
Und trotzdem, ich habe den Kontakt zu Deutschland nie verloren, beide Ehefrauen (nacheinander versteht sich) waren und sind Deutsche.... da muss doch was sein.
Pierre mit einem Lächeln
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- cantus planus
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Ich will jetzt keine Off-topic-Diskussion über Frankreich starten. Aber nur eine kurze Anmerkung:
Manche Landsleute trinken dann ein Gläschen Rotwein und essen Baguette. Sie übersehen aber, dass man dieses savoir vivre nicht einfach kopieren kann, da es mehr mit der Lebensauffassung zu tun hat, als mit Äußerlichkeiten.
cp, als Austauschschüler ein halbes Jahr in Frankreich - dort viel gelernt.
Ich glaube, dass - unabhängig von deiner Lebensgeschichte - diese Beobachtung stimmt. Ist es nicht genau diese Einstellung, die wir Deutschen als savoir vivre beneiden?Pierre hat geschrieben:[...] habe ich einfach in Frankreich sehr viel mehr Freiheit erlebt, die Menschen sind vielleicht weniger eng, aber das hat natürlich auch mit meiner ganz persönlichen Geschichte zu tun.
Manche Landsleute trinken dann ein Gläschen Rotwein und essen Baguette. Sie übersehen aber, dass man dieses savoir vivre nicht einfach kopieren kann, da es mehr mit der Lebensauffassung zu tun hat, als mit Äußerlichkeiten.
cp, als Austauschschüler ein halbes Jahr in Frankreich - dort viel gelernt.
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Gerade Frankreich ist für mich ein gutes Beispiel, dass es einen rein laizistischen Staat nicht geben kann. Denn das würde ja nicht nur bedeuten, dass sich die Religion aus den Staatsgeschäften heraushält, sondern auch, dass der Staat die Religionen schalten und walten lässt, wie sie möchten.
Sobald ich aber religiöse Praktiken einschränke, sei es das Tragen einer religiösen Kopfbedeckung in der Schule oder beispielsweise auch das Schächten, stelle ich damit doch absolute Verhaltensnormen auf, die selbst die religiösen Regeln einschränken und daher auf die Religionsausübung Einfluss nehmen.
Umgekehrt wird man auch einem religiösen Menschen ja wohl als Privatperson kaum verbieten können, am politischen Diskurs teilzunehmen. Und seine Meinungen bilden sich dann im Normalfall auch aus seinen religiösen Überzeugungen.
Laizität ist daher bestenfalls eine Illusion. Tatsächlich ist es als Schlagwort, mit dem irgendwelche Maßnahmen begründet werden, eher ein Mittel der Religionskontrolle.
Sobald ich aber religiöse Praktiken einschränke, sei es das Tragen einer religiösen Kopfbedeckung in der Schule oder beispielsweise auch das Schächten, stelle ich damit doch absolute Verhaltensnormen auf, die selbst die religiösen Regeln einschränken und daher auf die Religionsausübung Einfluss nehmen.
Umgekehrt wird man auch einem religiösen Menschen ja wohl als Privatperson kaum verbieten können, am politischen Diskurs teilzunehmen. Und seine Meinungen bilden sich dann im Normalfall auch aus seinen religiösen Überzeugungen.
Laizität ist daher bestenfalls eine Illusion. Tatsächlich ist es als Schlagwort, mit dem irgendwelche Maßnahmen begründet werden, eher ein Mittel der Religionskontrolle.
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Andererseits gibt es in den USA das First Amendment zur Verfassung:HeGe hat geschrieben:Gerade Frankreich ist für mich ein gutes Beispiel, dass es einen rein laizistischen Staat nicht geben kann. Denn das würde ja nicht nur bedeuten, dass sich die Religion aus den Staatsgeschäften heraushält, sondern auch, dass der Staat die Religionen schalten und walten lässt, wie sie möchten.
Sobald ich aber religiöse Praktiken einschränke, sei es das Tragen einer religiösen Kopfbedeckung in der Schule oder beispielsweise auch das Schächten, stelle ich damit doch absolute Verhaltensnormen auf, die selbst die religiösen Regeln einschränken und daher auf die Religionsausübung Einfluss nehmen.
Demnach muß sich der Staat aus der Religion heraushalten -- und Kopftücher, Kreuz-Halsketten, Habit oder wieauchimmer ist da nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich geschützt ("prohibiting the free exercise thereof"). Ein Säkularstaat muß nicht gleich antiklerikal sein -- und wie man sieht, die Religion in den USA boomt, ganz anders als in Frankreich -- oder Deutschland.First Amendment, US Constitution hat geschrieben: Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof; or abridging the freedom of speech, or of the press; or the right of the people peaceably to assemble, and to petition the Government for a redress of grievances.
Daher finde ich solche Kopftuchdebatten so bekloppt. Jeder hat das absolute Recht, seinen Glauben frei auszuüben -- solange die Rechte anderer Menschen dadurch nicht eingeschränkt werden.
Cheers,
John
Der Beweis, dass Gott einen Sinn für Humor hat: Er hat die Menschheit geschaffen.
[ Alt-Katholisch/Anglikanisch in Hannover ]
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Dem Reinen ist alles rein. Und ganz reine Religion gelebt kenne ich aus keinem Land, orthodoxe Juden mal ausgenommen.HeGe hat geschrieben:Gerade Frankreich ist für mich ein gutes Beispiel, dass es einen rein laizistischen Staat nicht geben kann.
Gilt nur für staatliche Schulen, 40% der franz. Kinder aber gehen in meist religiöse Privatschulen, dort gibt es keine Vorgaben dieser Art.Sobald ich aber religiöse Praktiken einschränke, sei es das Tragen einer religiösen Kopfbedeckung in der Schule
Schön die Idee und Illusion vom Normalfall.Und seine Meinungen bilden sich dann im Normalfall auch aus seinen religiösen Überzeugungen.
Auf jeden Fall ist mir eine wei auch geartete Laizität lieben als ein Religionskrieg.....Laizität ist daher bestenfalls eine Illusion. Tatsächlich ist es als Schlagwort, mit dem irgendwelche Maßnahmen begründet werden, eher ein Mittel der Religionskontrolle.
Pierre
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich
Mal nur ganz kurz, da ich heute eigentlich was zu tun habe
Weiters ist die Familie auch in nicht-laizistischen Staaten der Ort, an dem hauptsächlich der Glauben weitergegeben wird, nicht der Religionsunterricht o.ä. Von daher ist Deine Argumentation eher tönern. In Deutschland ist es aus meiner Sicht so, daß der staatliche Religionsunterricht die Weitergabe oder überhaupt die Bildung von Religion eher hindert, das ist aber ein anderes Thema.
Im übrigen ist das Christentum in Deutschland nicht in der Verfassung verankert. Die Verfassung sieht lediglich die Organisation von Religionsgemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechtes vor. Dies kann und wird aber nicht nur von christl. Religionsgemeinschaften, sondern etwa auch von den Juden wahrgenommen. Historisch hat das was mit der Rolle der Kirchen zu tun (allerdings eher mit den Protestanten), es gibt aber keine Privilegierung der Christen (mehr).
Ich dächte zunächst, daß die radikale Trennung von Kirche und Staat in Frankreich 1904 nach dem Wahlsieg der Linken in Folge der Dreyfuss-Affaire (die wahrlich kein Ruhmesblatt für die katholische Rechte war) eingeführt worden ist. Mir ist zwar klar, daß die gottlossen Revolutionäre von 1789 die Kirche in Frankreich entrechtet hatten, doch hatte diese im 19. Jahrh. wieder Boden gut machen können, die Gottesmutter von La Salette, von Lourdes und der Hl. Pfarrer von Ars taten ihr übriges.Pierre hat geschrieben:Dieses Thema ist in Frankreich besonders interessant, denn wir haben hier seit 1792 (nach der franz. Revolution) eine ziemlich strikte Trennung von Staat und Kirche, im Gegensatz zu Deutschland, in der das Christentum bereits in der Verfassung verankert ist. Das bedeutet in Frankreich z.B. keinen Religionsunterricht in den staatlichen Schulen. Vor 200 Jahren fand im weitgehend katholischen Frankreich die religiöse Erziehung weitgehend in den Familien statt, was heute wohl in ganz Europa selten geworden ist.
Weiters ist die Familie auch in nicht-laizistischen Staaten der Ort, an dem hauptsächlich der Glauben weitergegeben wird, nicht der Religionsunterricht o.ä. Von daher ist Deine Argumentation eher tönern. In Deutschland ist es aus meiner Sicht so, daß der staatliche Religionsunterricht die Weitergabe oder überhaupt die Bildung von Religion eher hindert, das ist aber ein anderes Thema.
Im übrigen ist das Christentum in Deutschland nicht in der Verfassung verankert. Die Verfassung sieht lediglich die Organisation von Religionsgemeinschaften als Körperschaften öffentlichen Rechtes vor. Dies kann und wird aber nicht nur von christl. Religionsgemeinschaften, sondern etwa auch von den Juden wahrgenommen. Historisch hat das was mit der Rolle der Kirchen zu tun (allerdings eher mit den Protestanten), es gibt aber keine Privilegierung der Christen (mehr).
Das klingt aber alles andere als laizistisch, der staatliche Bildungsauftrag wird zu einem Großteil von religiösen Institutionen wargenommen?Pierre hat geschrieben:Gilt nur für staatliche Schulen, 40% der franz. Kinder aber gehen in meist religiöse Privatschulen, dort gibt es keine Vorgaben dieser Art.
Das entspricht der Lebensart der Franzosen, immer gibt es einen Ausweg. Und genau deshalb lebe ich hier.ar26 hat geschrieben: Das klingt aber alles andere als laizistisch, der staatliche Bildungsauftrag wird zu einem Großteil von religiösen Institutionen wargenommen?
Kleines Beispiel: In Deutschland scheint alles verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist, in Frankreich aber nur das nicht erlaubt, was ausdrücklich verboten ist.
Pierre
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Erlaubt
Im Iran ist alles verboten, auch wenn es erlaubt ist.
In Russland ist alles verboten, was nicht erlaubt ist.
In England ist alles erlaubt, was nicht verboten ist.
Und in Frankreich ist alles erlaubt, auch wenn es verboten ist.
Cum kilo salis festgestellt.
sofaklecks
In Russland ist alles verboten, was nicht erlaubt ist.
In England ist alles erlaubt, was nicht verboten ist.
Und in Frankreich ist alles erlaubt, auch wenn es verboten ist.
Cum kilo salis festgestellt.
sofaklecks
Re: Erlaubt
Und wie ist es in Deutschland.....??sofaklecks hat geschrieben:Im Iran ist alles verboten, auch wenn es erlaubt ist.
In Russland ist alles verboten, was nicht erlaubt ist.
In England ist alles erlaubt, was nicht verboten ist.
Und in Frankreich ist alles erlaubt, auch wenn es verboten ist.
Cum kilo salis festgestellt.
sofaklecks
Pierre
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich
Re: Erlaubt
In Deutschland muß ein Antrag (in dreifacher Ausfertigung) zur Erlaubniserteilung ans ehemalige Salzamt (heute heißt das Bundesamt für allfällige Angelegenheiten) eingeschrieben eingebracht werden.Pierre hat geschrieben:Und wie ist es in Deutschland.....??sofaklecks hat geschrieben:Im Iran ist alles verboten, auch wenn es erlaubt ist.
In Russland ist alles verboten, was nicht erlaubt ist.
In England ist alles erlaubt, was nicht verboten ist.
Und in Frankreich ist alles erlaubt, auch wenn es verboten ist.
Cum kilo salis festgestellt.
sofaklecks
Pierre
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Re: Erlaubt
Auch bei dieser Variante sind wir Deutschen sehr fortschrittlich, denn es muß nicht mehr mit Kohlepapier "durchgeschrieben" werden, sondern es reichen druckempfindliche Papierformulare.Linus hat geschrieben:In Deutschland muß ein Antrag (in dreifacher Ausfertigung) zur Erlaubniserteilung ans ehemalige Salzamt (heute heißt das Bundesamt für allfällige Angelegenheiten) eingeschrieben eingebracht werden.Pierre hat geschrieben:Und wie ist es in Deutschland.....??sofaklecks hat geschrieben:Im Iran ist alles verboten, auch wenn es erlaubt ist.
In Russland ist alles verboten, was nicht erlaubt ist.
In England ist alles erlaubt, was nicht verboten ist.
Und in Frankreich ist alles erlaubt, auch wenn es verboten ist.
Cum kilo salis festgestellt.
sofaklecks
Pierre
Kleine Geschichte dazu.
bis vor 20 Jahren hatte ich eine Art Jeep von Citroen, genannt Mehari. Es war einfach ein Fun-Auto, wir sind oft quer durch die Vogesen auf Waldwegen gefahren und genossen die Natur. Würde ich heute aus Umweltgründen nicht mehr machen.
Waren französische Freunde dabei, kam nie, wirklich nie die Frage, die meine deutschen Freunde immer stellten: Sag mal, ist denn das Fahren auf diesen Wegen erlaubt?
Vielleicht können wir alle daraus lernen, die Franzosen könnten schon etwas mehr Respekt vor den Natur bekommen, und die Deutschen nicht immer (fast) alles so furchtbar ernst und genau nehmen.
Pierre,
bis vor 20 Jahren hatte ich eine Art Jeep von Citroen, genannt Mehari. Es war einfach ein Fun-Auto, wir sind oft quer durch die Vogesen auf Waldwegen gefahren und genossen die Natur. Würde ich heute aus Umweltgründen nicht mehr machen.
Waren französische Freunde dabei, kam nie, wirklich nie die Frage, die meine deutschen Freunde immer stellten: Sag mal, ist denn das Fahren auf diesen Wegen erlaubt?
Vielleicht können wir alle daraus lernen, die Franzosen könnten schon etwas mehr Respekt vor den Natur bekommen, und die Deutschen nicht immer (fast) alles so furchtbar ernst und genau nehmen.
Pierre,
Grenzen im Kopf sind sehr hinderlich
Du bist deutsch geworden.Pierre hat geschrieben:Kleine Geschichte dazu.
bis vor 20 Jahren hatte ich eine Art Jeep von Citroen, genannt Mehari. Es war einfach ein Fun-Auto, wir sind oft quer durch die Vogesen auf Waldwegen gefahren und genossen die Natur. Würde ich heute aus Umweltgründen nicht mehr machen.
"Katholizismus ist ein dickes Steak, ein kühles Dunkles und eine gute Zigarre." G. K. Chesterton
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