Bibel und Moral: Widersprüche?

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Edi hat geschrieben:Es bedeutet das Prinzip des Schadensersatzes. Soweit ich weiß, heißt die richtige Übersetzung auch Auge FÜR Auge und nicht Auge um Auge.
»Auge für Auge«, ja. Nichts anderes sagt aber – in etwas gehobenerer Sprache – »Auge um Auge«.

Richtig aber dein Hinweis auf den Schadensersatz. Es geht erstens um Strafe (nicht Rache oder Selbstjustiz oder was weiß ich) und zweitens darum, daß die Strafe – durch Auslösung des Verurteilten – zugleich dem Geschädigten zugutekommt.

Ich verstehe nicht, wieso da oben immer von „Moral“ die Rede ist. Das geht völlig an der Sache vorbei.
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Und es geht um eine Angemessenheit.

Also nicht so, daß jemand sagt XY hat meine Tochter verführt und Schande über die ganze Familie gebracht, also muß die ganze Familie von XY ausgelöscht werden.


Da fällt mir ein: Hat eigentlich jemand von Euch mitbekommen, daß vor drei oder vier Jahren in Dtl. der sog. "Kranzgeldparagraph" aus dem BGB gestrichen wurde?
Aber das ist hier wohl off-Topic.
Gruß Jürgen

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Es-Ergo-Cogito
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Beitrag von Es-Ergo-Cogito »

#goldenageguru

Vielen Dank für die zügige Antwort...
Es wäre nun sicher auch im Sinne der von Dir geforderten und von uns ebenso gewünschten "sachlichen Diskussion" von Vorteil, wenn wir uns jetzt auf ein paar Parameter zu einer ebensolchen einigen:
goldenageguru hat geschrieben:zu 1) JA, die Trennung ist sinnvoll. Dann fangen wir beim alten Testament an: Lev 20,13 und I Samuel 15,1-3
[..]
... ich schlage vor, daß wir mit den von Dir bereits zitierten Aussagen des NT beginnen, um später von hier aus in die AT-Vergangenheit "vor"zustossen. Als Grund hierzu möchte ich deine Erkenntnis vorschlagen: nämlich ...die aktuelle Moral ist einerseits von der Geschichte des Christentums und andererseits von der humanistischen Aufklärung geprägt.
Lass uns doch erst gemeinsam die jüngere Geschichte analysieren...
goldenageguru hat geschrieben: [..]
zu 2) Ich glaube der Common Sense ist eine Tatsache, die Art und Weise wie Moral in unserer Gesellschaft verhandelt wird. Somit ist er auch Teil meiner moralischen Vorstellung.[..]
Ich darf also davon ausgehen, daß es in erster Linie um Deine persönliche moralische Vorstellung geht. Dann ginge es nämlich Dir wie mir..., nämlich um das gleiche Ziel.
goldenageguru hat geschrieben:[..]
zu 3) Ich vermute, dass diese Bibelstellen nicht nur einfach meinen moralischen Vorstellungen widersprechen, sondern auch einer christlich-humanistischen Moral. Ich suche nach einer objektiven Antwort, wobei meine persönliche Vorstellung von Moral hintenanstehen muss. Ich habe diesen Thread gestartet um Antworten dieses Problem zu bekommen.
[..]
Wenn Du dich zunächst darauf einlassen könntest, mit dem NT zu beginnen, dann wären wir der Problemlösung schon ein Stück näher...
goldenageguru hat geschrieben:[..]
zu 4) Ja, ich möchte wissen was der offizielle KKK sagt, aber auch eure persönliche Meinung interessiert mich.
...und ich würde mit grösster Wahrscheinlichkeit auch gerne meine persönliche Meinung wiedergeben.
Zuletzt geändert von Es-Ergo-Cogito am Samstag 13. August 2005, 12:15, insgesamt 2-mal geändert.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Beth hat geschrieben:Eines der hartnäckigsten antijüdischen Vorurteile drückt sich in den Worten "Auge um Auge" aus. Mit dieser angeblich aus der Thora (Hebräische Bibel, die 5 Bücher Mose, Pentateuch) stammenden Formel wird Juden bis heute vorgeworfen, Rache sei das Prinzip ihres Verständnisses von Gerechtigkeit, ihr Gott sei - im Unterschied zum "christlichen" Gott - ein grausamer und rachsüchtiger Gott. In der Tora ist "Auge für Auge" zu lesen, nie "Auge um Auge".
Ich habe es geahnt. Nein, ich wußte es. Beth, drehst jedes Thema in Richtung einer Antisemitismusdebatte. So dumm bist du nicht, daß ich das nicht für böse Absicht halten könnte.

Es ist zwar richtig, daß es diese Interpretation der Schriften des Alten Bundes gibt. Sehr lange schon. Begonnen hat Marcion damit. Die Kirche hat das von Anfang an verworfen und solche Ketzer ausgeschlossen, sei’s Marcion selbst, seien es seine modernen Epigonen von Adolf Harnack über Houston Stewart Chamberlain bis hin zu Alfred Rosenberg.

Das ist hier jedoch nicht das Thema. Der Eröffner des Strangs hat nach dem rechten Verständnis dieser Stellen gefragt und verdient sachgerechte Antworten, nicht deine altbekannte Leier.

Zur Sache habe ich oben eine Klarstellung versucht. Mir scheint – nachdem ich deine weiteren Ausführungen zur Sache gelesen habe –, daß wir darin sogar ziemlich einer Meinung sind, außer daß ich die Übersetzung gar nicht zu ändern brauche. »Auge um Auge« sagt nichts anderes als »Auge für Auge«, es ist bloß besseres Deutsch.

Und – nun ja, erst mal steht das Gesetz dem Wortlaut nach schon als Leibesstrafe da. Daß es mindestens in aller Regel durch Ablösungszahlungen praktiziert wurde, ist auch klar und unbestritten. Völlige Ausschließlichkeit würde ich nicht behaupten – dazu fehlen denn doch hinreichend aussagekräftige Quellen –, aber darin sehe ich durchaus kein Problem.

Noch einmal: Mit „Moral“ oder „Selbstjustiz“ hat das ganze gar nichts zu tun. Es geht um öffentliche Strafjustiz, und da ist das Prinzip »Auge um Auge« nur Ausdruck der Gerechtigkeit. Daß man an die Stelle wörtlicher Vollstreckung die Auslösung gesetzt hat, ist eine pragmatische Entscheidung vor allem im Sinne des Opferschutzes und des Interessenausgleichs und insofern jedenfalls ein Fortschritt.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

goldenageguru hat geschrieben:Ich fände es sehr bereichernd wenn ihr mit Bibelstellen argumentieren würdet
Von Auslösungszahlungen ist z. B. Ex 21,30 die Rede.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

goldenageguru hat geschrieben:Das klingt für mich eindeutig nach Vergeltung und nicht nach Schadensersatz.
Ja, Vergeltung ist ja auch der erste und hauptsächliche Sinn jeder Strafe.
Sankt Paul (Rm 13,1-4) hat geschrieben:Jedermann sei den obrigkeitlichen Gewalten untertan; denn es gibt keine Obrigkeit, die nicht von Gott wäre; die vorhandenen aber sind von Gott verordnet. Wer sich also der Obrigkeit widersetzt, der widerstrebt der Ordnung Gottes; die aber widerstreben, ziehen sich selbst die Verurteilung zu. Denn die Herrscher sind nicht wegen guten Werken zu fürchten, sondern wegen bösen! Willst du also die Obrigkeit nicht fürchten, so tue das Gute, dann wirst du Lob von ihr empfangen! Denn sie ist Gottes Dienerin, zu deinem Besten. Tust du aber Böses, so fürchte dich! Denn sie trägt das Schwert nicht umsonst; Gottes Dienerin ist sie, eine Rächerin zur Strafe an dem, der das Böse tut.
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

goldenageguru hat geschrieben:Warum sollte uns ein Gott ein mangelhaftes Gesetz offenbaren?
Sankt Paul (Rm 7,7-24) hat geschrieben:7 Was wollen wir nun sagen? Ist das Gesetz Sünde? Das sei ferne! Aber die Sünde hätte ich nicht erkannt, außer durch das Gesetz; denn von der Lust hätte ich nichts gewußt, wenn das Gesetz nicht gesagt hätte: Laß dich nicht gelüsten! 8 Da nahm aber die Sünde einen Anlaß und bewirkte durch das Verbot in mir allerlei Gelüste; denn ohne das Gesetz ist die Sünde tot. 9 Ich aber lebte, als ich noch ohne Gesetz war; als aber das Gesetz kam, lebte die Sünde auf; 10 ich aber starb, und das zum Leben gegebene Gesetz erwies sich mir todbringend. 11 Denn die Sünde nahm einen Anlaß und verführte mich durch das Gebot und tötete mich durch dasselbe. 12 So ist nun das Gesetz heilig, und das Gebot ist heilig, gerecht und gut! 13 Gereichte nun das Gute mir zum Tode? Das sei ferne! Sondern die Sünde, damit sie als Sünde erscheine, hat mir durch das Gute den Tod bewirkt, auf daß die Sünde überaus sündig würde durch das Gebot. 14 Denn wir wissen, daß das Gesetz geistlich ist; ich aber bin fleischlich, unter die Sünde verkauft. 15 Denn was ich vollbringe, billige ich nicht; denn ich tue nicht, was ich will, sondern was ich hasse, das übe ich aus. 16 Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, so stimme ich dem Gesetz bei, daß es trefflich ist. 17 Nun aber vollbringe nicht mehr ich dasselbe, sondern die Sünde, die in mir wohnt. 18 Denn ich weiß, daß in mir, das ist in meinem Fleische, nichts Gutes wohnt; das Wollen ist zwar bei mir vorhanden, aber das Vollbringen des Guten gelingt mir nicht! 19 Denn nicht das Gute, das ich will, tue ich, sondern das Böse, das ich nicht will, übe ich aus. 20 Wenn ich aber das tue, was ich nicht will, so vollbringe nicht mehr ich dasselbe, sondern die Sünde, die in mir wohnt. 21 Ich finde also das Gesetz vor, wonach mir, der ich das Gute tun will, das Böse anhängt. 22 Denn ich habe Lust an dem Gesetz Gottes nach dem inwendigen Menschen; 23 ich sehe aber ein anderes Gesetz in meinen Gliedern, das dem Gesetz meiner Vernunft widerstreitet und mich gefangen nimmt in dem Gesetz der Sünde, das in meinen Gliedern ist. 24 Ich elender Mensch! Wer wird mich erlösen von diesem Todesleib?
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Beth hat geschrieben:Hinzuzufügen ist noch, dass es, um die Tora zu verstehen, im Judentum eben die mündliche und schriftliche Toroth (plural von Tora) gibt. Der Talmud beinhaltet die Auslegung, die Diskussion über einige Jahrhunderte von den Weisen Israels seit Mose gesammelten Kommentare, niedergeschrieben und redigiert in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten.
In derselben Zeit – und früher – gab es auch die sogenannten Kirchenväter, welche die nämlichen Stellen auslegten, und dies nicht bloß formaljuristisch, wie es die Gesetzesgelehrten des Talmud tun, sondern sie taten uns auch den geistlichen Sinn des Gesetzes und der Propheten dar, zu unserm Nutzen und unserm Heil.

Die Gesetzesgelehrten des Talmud dagegen mühten sich, den geistlichen Sinn, insofern er auf Jesus Christus hindeutet, zu eliminieren. Darum sollten die Gläubigen der Kirche die talmudischen Ausleger nur lesen, wenn sie die Exegese der Väter kennen, und auch dann aus keinem andern als historischen Interesse.
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Jürgen hat geschrieben:Die "Auge für Auge"-Stelle sollte man auch im Licht von Mt 5,38ff sehen.
Das braucht man allerdings nicht im Sinne von »Schlage nicht zurück!« zu verstehen. Das sowieso nicht. Vielmehr steckt darin sogar: »Lauf nicht zum Kadi! sondern gib dem Schädiger dasselbe noch einmal.«

Anderswo sagt Er: »Widersteht nicht dem Bösen.« Das ist dasselbe. Aber wer vermag das? Nur Einer vermochte es. Darum Vorsicht, das ist kein moralisches Gebot. Vielmehr eine Verheißung: daß Er uns nach Seinem Bilde umgestalten will.
Jürgen hat geschrieben:[size=__](Übrigens: dort steht im Griechischen ein "anti" also auch ein "für")[/size]
Oder „gegen“. Und von daher „um“ – oder „für“, „anstatt“ etc.
[/color]
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Goldenageguru hat geschrieben:Meine Frage war, ob es Bibelstellen gibt, die mit der heutigen (humanistischen) Moral unvereinbar sind?
Eine christliche Moral (wenn wir denn von ihr reden wollen, bisher ging’s um andere Dinge) muß unvereinbar »mit der heutigen (humanistischen) Moral« sein. Sonst wär’ sie nicht mehr christlich.
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Goldenageguru hat geschrieben:Diese Moralvorstellung entsteht "demokratisch"; sie ist die grösstmöglichste Schnittmenge aller moralischen Vorstellungen, die in einer Gesellschaft existieren.
Mit andern Worten, manipulativ; gesteuert von dem, der die Medien kontrolliert.
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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Goldenageguru hat geschrieben:Meine Frage war, ob es Bibelstellen gibt, die mit der heutigen (humanistischen) Moral unvereinbar sind?
Eine christliche Moral (wenn wir denn von ihr reden wollen, bisher ging’s um andere Dinge) muß unvereinbar »mit der heutigen (humanistischen) Moral« sein. Sonst wär’ sie nicht mehr christlich.
Ich bezeifle, ob man überhaupt von einer "christlichen Moral" reden sollte.
Was soll denn das sein?
Die Moralvorstellungen speisen sich m.E. aus zwei Quellen: Jerusalem und Athen - wie man so sagt.

Das meiste, was man so landläufig unter "christlicher Moral" subsummiert, sind naturrechtliche Ableitungen. Die sind aber universal und die kann man nicht als genuin christlich verkaufen; wenngleich natürlich christliche Denker (z.b. Th. v. Aquin et. al.) viel auf dem Gebiet geleistet haben.
Gruß Jürgen

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goldenageguru
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Beitrag von goldenageguru »

Hallo es ergo cogito

Ich bin einverstanden. Dann beginn doch bitte du mit deiner Sicht der Dinge

beth
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Beitrag von beth »

Robert schreibt:
So dumm bist du nicht, daß ich das nicht für böse Absicht halten könnte.
So dumm bist du nicht, dass ich das nicht für böse Verwirrungsabsichten halten könnte.

Robert schreibt:
In derselben Zeit – und früher – gab es auch die sogenannten Kirchenväter, welche die nämlichen Stellen auslegten, … sondern sie taten uns auch den geistlichen Sinn des Gesetzes und der Propheten dar, zu unserm Nutzen und unserm Heil.
Und wieso meinst du wurde und wird es immer noch "falsch" in unseren christlichen Kirchen ausgelegt?
Dass „Auge um Auge“ besseres Deutsch sein sollte als "Auge für Auge" ist vollkommener Quatsch.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

beth hat geschrieben:Dass „Auge um Auge“ besseres Deutsch sein sollte als "Auge für Auge" ist vollkommener Quatsch.
Ob "besser" oder nicht sei dahingestellt.
Ich hätte aber mal eine Erklärung, was von der Aussage her gesehen, der Unterschied sein soll.
Gruß Jürgen

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goldenageguru
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Beitrag von goldenageguru »

HAllo Robert
Du Sagst: "Ja, Vergeltung ist ja auch der erste und hauptsächliche Sinn jeder Strafe."
Ich denke, dass der Begriff Vergeltung sehr negativ besetzt, siehe hierzu: http://de.wikipedia.org/wiki/Vergeltung
Sinn jeder Strafe sollte sein, dem Täter seine Schuld bewusst zu machen und gleichzeitig das Opfer zu enschädigen. Pure Vergeltung ist nicht der Sinn jeder Strafe.

goldenageguru
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Beitrag von goldenageguru »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Goldenageguru hat geschrieben:Diese Moralvorstellung entsteht "demokratisch"; sie ist die grösstmöglichste Schnittmenge aller moralischen Vorstellungen, die in einer Gesellschaft existieren.
Mit andern Worten, manipulativ; gesteuert von dem, der die Medien kontrolliert.
Nicht nur die MEdien haben Einfluss auf uns. Unsere Eltern in der Kindheit und unseres unmittelbare soziale Umfeld prägen uns. Von überall her kommen Einflüsse, die wir entweder in uns aufnehmen oder die an uns abprallen...
Alles auf die bösen Medien abzuschieben ist zu einfach. Jeder von uns ist in gewisser WEise manipuliert worden... Wie kommt den deiner Meinung nach Moral zustande? Die Common Sense Theorie kommt meiner Meinung nach den Tatsachen recht nahe

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

goldenageguru hat geschrieben:Wie kommt den deiner Meinung nach Moral zustande?
Naturrecht.

Wenngleich im Bereich der praktischen Vernunft Deduktionen nicht in der strenge Gültigkeit haben können wie sie es im Bereich der theoretischen Vernunft haben, da sich erstere mit kontingenten, zweitere jedoch mit notwendigen Dingen beschäftigt.
Gruß Jürgen

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goldenageguru
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Beitrag von goldenageguru »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Goldenageguru hat geschrieben:Meine Frage war, ob es Bibelstellen gibt, die mit der heutigen (humanistischen) Moral unvereinbar sind?
Eine christliche Moral (wenn wir denn von ihr reden wollen, bisher ging’s um andere Dinge) muß unvereinbar »mit der heutigen (humanistischen) Moral« sein. Sonst wär’ sie nicht mehr christlich.
Das ist kein logischer SChluss. Wenn die christliche Moral mit der humanistischen Moral vereinbar ist, hört die christliche deswegen doch nicht auf christlich zu sein. Zwei Moralische Systeme können (und hoffentlich sind sie es auch) miteinander vereinbar sein. Sie müssen nicht 100% identisch sein, aber vereinbar sind die meisten Moralsysteme. Wie ich schon erwähnt habe, kollidieren verschiedene Moralsystem nur bei speziellen Problemen, Fristenlösung, Euthansie,... aber im Alltag sind die meisten Moralsysteme recht kompatibel und somit miteinander vereinbar.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Natürlich können christliche und humanistische oder zeitgenössische Moral in Teilen übereinstimmen, aber doch nicht in toto. Denn dann hätten wir das Reich Gottes auf Erden - was offenkundig noch nicht der Fall ist.

Petra
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Beitrag von Petra »

goldenageguru hat geschrieben:Wie kommt den deiner Meinung nach Moral zustande? Die Common Sense Theorie kommt meiner Meinung nach den Tatsachen recht nahe
Was ist denn die Common Sense Theorie? :kratz:

Es-Ergo-Cogito
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Beitrag von Es-Ergo-Cogito »

goldenageguru hat geschrieben:Hallo es ergo cogito

Ich bin einverstanden. Dann beginn doch bitte du mit deiner Sicht der Dinge
OK, Vielen Dank. Ich werde mich bemühen und hoffe, Dich nicht zu enttäuschen...

Hier noch einmal Dein ursprünglicher Frageansatz in einigen Deiner Zitate
unter vorübergehender Weglassung der
AT-Bezüge (wie soeben vereinbart):
goldenageguru hat geschrieben: Bei der Lektüre der Bibel stolpert man immer wieder über Passagen,
die schwer mit unseren moralischen Vorstellungen vereinbar sind.
Einige Beispiele:
"Diese frechen und anmassenden Menschen schrecken nicht davor zurück,
die überirdischen Mächte zu lästern ... Diese Menschen aber sind
wie unvernünftige Tiere, die von Natur aus dazu geboren sind,
gefangen zu werden und umzukommen." (Petrus 2,10-12)
"Wer nicht in mir bleibt, wird wie die Rebe wergeworfen, und er verdorrt.
Man sammelt die Reben, wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen."
(Johannes 15,6)
[..]
Ich habe grosse Probleme diese Textstellen. Wie sind sie mit der
christlichen Lehre zu vereinbaren?
[..]
goldenageguru hat geschrieben:[..]
Meine Frage war, ob es Bibelstellen gibt,
die mit der heutigen (humanistischen) Moral unvereinbar sind?[..]
goldenageguru hat geschrieben:[..]
Wie kann Gott ein paar hundert Jahre zuvor diese Regel offenbaren und
sie dann von Jesus zurücknehmen lassen? Sagt Jesus damit dass die alte
Regel falsch, unmoralisch war?
goldenageguru hat geschrieben:[..]
Ich fände es sehr bereichernd wenn ihr mit Bibelstellen argumentieren würdet
Zum Einstieg:

Nachdem Du uns im Bereich Deiner bisherigen Antworten schon einen Teil Deines aktuellen
Glaubensbekenntnisses genannt hast, nämlich
1. "...Gott ist doch allwissend und allgütig..."
2. "...Ich glaube, dass diese christlich-humanistische Moralvostellung den Common Sense bestimmt.
Deshalb weist sie jedem Individuum gewisse individuelle Rechte zu,
wie das Recht auf Leben oder das Recht der Selbstbestimmung(und alle anderen Menschenrechte).
Die zentrale Forderung einer christlich-humanistischen Moral ist es, unter allen Umständen
diese Rechte seiner Mitmenschen zu respektieren."...,


...erlaube ich mir den ersten Teil meines Glaubensbekenntnisses in verkürzter Form wiederzugeben:

"Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde,
und an Jesus Christus, Seinen Sohn, unseren H E r r n."

Ausgehend von der Tatsache, daß unser H E r r Jesus in der geschichtlichen Reihenfolge...

(nach der Erschaffung der Welt,
nach der Erschaffung des Menschen,
nach der Sintflut,
nach dem Herausruf Abrahams,
nach dem Einzug nach Ägypten,
nach dem Auszug aus Ägypten,
nach der Gabe der 10 Gebote,
nach der Landnahme Israels,
nach der Prophetenzeit, ...)

...ziemlich genau am Ende der Zeit der jüdischen Könige wirkte, sehe ich da einen gewissen Zusammenhang
in einer - wenn man so will - Pädagogik des Schöpfers der Welt für seine Schöpfung.

Eine Pädagogik, die ein bestimmtes Ziel verfolgt. Dieses "Erziehungsziel" wird mehr oder weniger heftig
von aussen an das "Erziehungssubjekt" herangetragen,... (z.B. die 10 Gebote durch einen gewissen Vermittler namens Mose, Weisungen bzw. Korrekturmassnahmen durch sogenannte Propheten, etc.)

Das Erziehungssubjekt, würde ich sagen, ist der Mensch Abraham bzw. seine Nachkommen, ...zunächst leiblicher
Art verstanden, schliesslich jedoch "geistiger" Art verstanden.

Ich verstehe das in etwa so, wie bei der Erziehung eines Kindes. Einem Säugling beispielsweise
werde ich erst dann Schnitzel zum Essen reichen, wenn sich bei ihm das geeignete
Werkzeug entwickelt hat, und er des Milumils überdrüssig ist. Später, wenn der Jugendliche nicht spurt,
gibts halt Konsequenzen in Form von "Grenzziehungen" ... worüber er im Moment äusserst
aufgebracht ist - jedoch, wenn er alt ist, sich dafür bedankt (falls Einsicht eingekehrt ist),... etc....

Von daher verstehe ich zunächst einmal die Gesetze, die der Schöpfer der Welt uns zu Beginn
unserer geistigen Entwicklung gegeben hat, ...von daher verstehe ich die "Moral" Jesu,
die Er selbst uns "exemplarisch" bis zur letzten Konsequenz vorgelebt hat: Auf ein gewisses
Ziel hin, das Jesus manchmal in kurze, prägnante Sätze zu packen beliebte: "Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt..." (Joh 11,25)
"Wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern und wer an mich glaubt wird nie mehr Durst haben." (Joh 6,35)

Wenn also z.B. ein Jugendlicher zu den Forderungen Gottes, die in unserem
katholischen Katechismus aufgeführt sind, solche Sätze sagt/denkt, wie
"...das ist nicht mit meinen moralischen Vorstellungen vereinbar", dann wäre es aus Sicht des Gesetzgebers
bzw. des guten "Pädagogen" sicher ideal, wenn er im Laufe der Zeit, durch Erfahrung, gutes Beispiel, etc.
irgendwann einmal selbst, ohne Zwang ein-sichtig würde...

Dies ist (vorab) meine persönliche Sicht der Dinge... zum Einstieg.
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goldenageguru
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Beitrag von goldenageguru »

Danke Es Ergo Cogito für Deine Sicht der Dinge. Wir sind der SAche schon etwas näher gekommen.
Dein Bild mit der Erziehung eines Kindes hat in letzter Konsequenz einen Hacken. Ein Kind hat noch nicht die Fähigkeit moralisch zu handeln, und muss daher erzogen werden. Aber Menschen haben seit mindestens 60'000 Jahren die selben geistigen Fähigkeiten. Ich denke Gott hätte gleich uns gleich eine hohe Moralvorstellung offenbaren können; die MEnschen hätten die Fähigkeit gehabt ihn zu verstehen.
Du sagst: "Eine Pädagogik, die ein bestimmtes Ziel verfolgt. Dieses "Erziehungsziel" wird mehr oder weniger heftig
von aussen an das "Erziehungssubjekt" herangetragen,... (z.B. die 10 Gebote durch einen gewissen Vermittler namens Mose, Weisungen bzw. Korrekturmassnahmen durch sogenannte Propheten, etc.)"

Meist du mit Korrekturmassnahmen, dass man Gott falsch verstanden hat, und dass man frühere Bibelstellen korrigieren musste? Wenn man dies annimmt, haben wir den Vorteil, dass wir unangenehme Bibelstellen durch andere aufheben können. Aber die negative Konsequenz wäre, dass wir dann annehmen, dass falsche Sätze in der Bibel stehen, die durch andere Sätze in der Bibel "falsifiziert" werden...aber das ist eine Konsequenz die wir doch nicht akzeptieren können?

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Beitrag von Es-Ergo-Cogito »

goldenageguru hat geschrieben:[..]
Dein Bild mit der Erziehung eines Kindes hat in letzter Konsequenz einen Hacken. Ein Kind hat noch nicht die Fähigkeit moralisch zu handeln, und muss daher erzogen werden. Aber Menschen haben seit mindestens 60'000 Jahren die selben geistigen Fähigkeiten. Ich denke Gott hätte gleich uns gleich eine hohe Moralvorstellung offenbaren können; die MEnschen hätten die Fähigkeit gehabt ihn zu verstehen.[..]
...genau dieser Ansicht bin ich nicht (ich lasse mich jedoch gerne eines besseren belehren)
...hm, was will ich damit sagen:
Meine These hierzu lautet:
Zwar mögen (laut Biophysik) diese geistigen Fähigkeiten bestehen, jedoch besteht von Anbeginn im Menschen eine gewisse "geistige" Affinität zur Zerstörung des "Fremden", des jeweils "Anderen", des "Unbekannten".
Von dieser These her lässt sich das, was ich oben äusserte, vielleicht besser verstehen... es geht um den Quantensprung hin zur Nächstenliebe... (einmal drastisch ergänzt: ...auch wenn mich dieser Nächste in Stücke zerhacken möchte...)
goldenageguru hat geschrieben:[..]
Du sagst: "Eine Pädagogik, die ein bestimmtes Ziel verfolgt. Dieses "Erziehungsziel" wird mehr oder weniger heftig
von aussen an das "Erziehungssubjekt" herangetragen,... (z.B. die 10 Gebote durch einen gewissen Vermittler namens Mose, Weisungen bzw. Korrekturmassnahmen durch sogenannte Propheten, etc.)"

Meist du mit Korrekturmassnahmen, dass man Gott falsch verstanden hat, und dass man frühere Bibelstellen korrigieren musste?[..]
Nein. Die "Korrekturmassnahmen" beziehe ich auf Steuerungskorrekturen, so wie bei einem Schiff, das - aus welchen Gründen auch immer - vom richtigen Kurs abweicht...
...oder... um bei meinem Beispiel zu bleiben
Der Prophet erinnert an den Sinn der Gesetze und steht mit Leib und Leben dafür ein, daß er gehört wird, ...auch wenn er nicht ERhört wird...

...vielleicht konnte ich Dir mit meinen einfachen Worten das vermitteln, was ich meinte...
«::: pax tecum :::»

goldenageguru
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Beitrag von goldenageguru »

Eine "geistige Affinität zur Zerstörung des Fremden, des jeweils Anderen, des Unbekannten" sehe ich ganz und gar nicht. Unsere Vorfahren lebten einst in kleinen Gruppen als Jäger und Sammler. Dabei spielten Kontakte mit anderen Gruppen eine grosse Rolle, vor allem um den Genpol der eigenen Gruppe aufzufrischen. Die Kontakte zu anderen Gruppen war also eher friedlich. Erst wenn es um Ressourcen geht, kommt die Gewalt ins Spiel...aber das ist heute noch so. Ich kann dir die Lektüre von Jared Diamond "Der dritte Schimpanse" empfehlen. Sehr amüsant geschriebene Geschichte des Menschen, des "dritten Schimpansen". Also mir scheint es, dass in der Evolutionsbiologie die einhellige Meinung besteht, dass wir Menschen seit min. 60'000 Jahren dieselben sind.
Zu den Korrekturmassnahmen:
Spätestens wenn wir über das alte Testament sprechen werden wir wohl oder übel feststellen müssen, dass die Entwicklung der Moral nicht kleinen Kursänderungen entsprechen... Ich würde sogar behaupten, dass das Schiff, vor allem im alten Testament, völlig auf dem falschen Kurs war.

goldenageguru
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Beitrag von goldenageguru »

Petra hat geschrieben:
goldenageguru hat geschrieben:Wie kommt den deiner Meinung nach Moral zustande? Die Common Sense Theorie kommt meiner Meinung nach den Tatsachen recht nahe
Was ist denn die Common Sense Theorie? :kratz:
Hier ein erster Hinweis: http://de.wikipedia.org/wiki/Common_Sense

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Beth hat geschrieben:Und wieso meinst du wurde und wird es immer noch "falsch" in unseren christlichen Kirchen ausgelegt?
Das meine ich nicht. Ich meine das Gegenteil. Die Falschausleger wie Marcion isnd ausgeschlossen, wie ich oben schrieb. Laß doch die dümmlichen Rhetorik-Tricks. Auf derlei falle ich nicht herein.

Im übrigen gibt es auch bloß eine Kirche. Das Wörtlein „unsere“ solltest du dabei vielleicht nicht gebrauchen.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Hallo Guru, bloß ein paar kleine Antworten:

1. Zum Begriff der Vergeltung: Der Wikipedia-Artikel geht völlig in die Irre, denn Vergeltung ist etwas anderes als „Rache“, von der allein der Artikel handelt (unter dem Hinweis, Vergeltung sei ein anderes Wort dafür, was Quatsch ist, wie eigentlich jedes der deutschen Sprache mächtige Kind wissen müßte). »Ihm wird nach seinen Taten vergolten.« Von daher erklärt sich, was Vergeltung ist. Sie kann also an sich positiv und negativ sein. Die Vergeltung guter Taten ist Lohn, diejenige böser Taten ist Strafe.

Ich weiß wohl, daß die moderne Strafrechtslehre den Strafzweck der Vergeltung zwar nicht aufgibt, aber doch weit nach hinten schiebt. Für wichtiger hält man die General- und Spezialprävention (sprich: Abschreckung und Besserung). Beides ist natürlich auch wichtig, auf der philosophischen Ebene wird ein Ausblenden der Vergeltung allerdings gefährlich, weil sich dann die Strafvollmacht des Staates eigentlich nur noch voluntaristisch begründen läßt. Das würde jetzt im Detail aber zu weit führen.

2. Woher die Moral komme. Jürgen sagte schon: aus dem Naturrecht. Ja, im großen und ganzen kann man’s wohl so sagen: Die kirchliche Morallehre ist wesentlich Naturrechtsexegese. Allerdings „bevollmächtigte“ Naturrechtsexegese. Auch wenn das, was natürlicherweise Recht ist (und jedem Satzungsrecht vorangeht), der menschlichen Vernunft erkennbar ist, so ist diese Vernunft doch infolge der Erbsünde geschwächt und vermag ohne Hilfe der göttlichen Gnade nicht klar zu sehen. Darum ist letztlich doch der Glaube eine Voraussetzung, das, was sittlich gut, wahr und schön ist, erkennen zu können. Darum auch hat das kirchliche Lehramt die Vollmacht, uns verbindlich auch hinsichtlich der Moral zu lehren.

Von dieser Warte aus kann ich dann freilich auch sagen: Jenes Naturrecht, das ist doch recht eigentlich göttliches Recht. Denn Gott ist ja der Schöpfer der ganzen Natur.

3. Du schreibst:
Goldenageguru hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Eine christliche Moral (wenn wir denn von ihr reden wollen, bisher ging’s um andere Dinge) muß unvereinbar »mit der heutigen (humanistischen) Moral« sein. Sonst wär’ sie nicht mehr christlich.
[/color]
Das ist kein logischer Schluß. Wenn die christliche Moral mit der humanistischen Moral vereinbar ist, hört die christliche deswegen doch nicht auf, christlich zu sein.
Das sollte auch kein logischer Schluß sein, sondern ein Schuß Polemik. Mit andern Worten: Die „humanistische Moral“ ist genuin antichristlich. Übrigens könnte man den „Humanismus“ vielleicht auch treffender als „Hominismus“ bezeichnen.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Tacitus hat geschrieben:Denn dann hätten wir das Reich Gottes auf Erden - was offenkundig noch nicht der Fall ist.
Das »Reich Gottes auf Erden« ist die Kirche, lieber Tacitus. :ja:
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beth
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Beitrag von beth »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Beth hat geschrieben:Und wieso meinst du wurde und wird es immer noch "falsch" in unseren christlichen Kirchen ausgelegt?
Das meine ich nicht. Ich meine das Gegenteil. Die Falschausleger wie Marcion isnd ausgeschlossen, wie ich oben schrieb. Laß doch die dümmlichen Rhetorik-Tricks. Auf derlei falle ich nicht herein.

Im übrigen gibt es auch bloß eine Kirche. Das Wörtlein „unsere“ solltest du dabei vielleicht nicht gebrauchen.
"Deine" war auch gar nicht gemeint.

und lass doch die dümmlichen Rhetorik-Tricks.

goldenageguru
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Beitrag von goldenageguru »

Hi Robert
zu 1) Auch ich weiss, dass Vergeltung eine positive oder negative Bedeutung haben kann. Meiner Meinung nach kommt die negative Bedeutung der Rache sehr nahe. Und ich bleib dabei, dass der Sinn einer Strafe nicht allein in der Vergeltung bestehen soll, das finde ein moralisch tiefes Niveau.
zu 2) Was soll ich dazu sagen? In dieser Frage werden wir uns nie einig, weil wir von grungverschiedenen Standpunkten argumentieren. Dass die Vernunft durch die Erbsünde geschwächt ist und der Hilfe des Glaubens benötigt, kann ich nicht akzeptieren.
zu 3) Die blose Behauptung (eine Begründung hast immer noch nicht geliefert), dass die humanistische Moral genuin antichristlich ist nicht haltbar. Vielleicht ist deine eigene Version christlicher Moral genuin antihumanistisch. Der Humanismus hat sich auch aus christlichem Gedankengut entwickelt. Die humanistische Moral (wie ich sie bereits dargestellt habe) ist sehr gut mit einer christlichen Moral vereinbar.

Ich würde jetzt allerdings gerne auf das alte Testament zu sprechen kommen, wenn es für dich ok ist...

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

beth hat geschrieben:Eines der hartnäckigsten antijüdischen Vorurteile...
Ach übrigens, Beth, "Du sollst nicht stehlen". Ich würde sagen,
mit diesem Verbot ist auch geistiger Diebstahl abgedeckt. Du
zitierst Dir da wörtlich etwas aus einem Aufsatz von Rabbiner
David Bollag zusammen, ohne die Quelle zu nennen. Ts, ts.
> Hier zum Original, die Herrschaften.

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