Mit Wischi Waschi wird man in drei Sätzen vom "Stellvertretenden Pressesprecher" abgefertigt:
(Meine Lehrer hätten gesagt: Thema verfehlt, 6, setzen!)
Antwort des stellvertretenden Pressesprechers:
Sehr geehrter Herr ....
wir bedanken uns für Ihre ausführliche E-Mail vom 16.1.2019. Ein Dank zudem für Ihre Hinweise und Anregungen.
Den wissenschaftlichen Wert der MHG-Studie zu beurteilen, liegt nicht in unserer Kompetenz. Es ist in unseren Augen allerdings durchaus davon auszugehen, dass die Wissenschaftler ihre Erkenntnisse und Ergebnisse darin veröffentlicht haben.
Die MHG-Studie benennt deutlich die Verbrechen im Raum der Kirche, nennt Zahlen und Fakten, beschönigt nicht. Die Wissenschaftler benennen auch die Schwierigkeiten und Herausforderungen.
Von einem Gefälligkeitsgutachten zu sprechen, wird sicherlich den Wissenschaftlern nicht gerecht. Von Vertuschung und „hinters Licht führen“ kann von unserer Seite nicht die Rede sein, ist es doch gerade das Anliegen von Erzbischof Becker, mit den Gläubigen in einen Dialog zu treten..
Die Kirche steht mit dem Themenbereich Missbrauch Minderjähriger im Fokus der Öffentlichkeit und der Medien und sie stellt sich der damit verbundenen Verantwortung – beispielsweise mit dem Brief des Paderborner Erzbischofs, der nicht die „unrühmliche Vorgeschichte der MHG-Studie“ sollte.
Wir bedanken uns für Ihre Rückmeldung.
Für Sie: Gottes Segen.
Mit freundlichen Grüßen
N.N.
Erzbischöfliches Generalvikariat
Marketing, Kommunikation und Pressestelle
Domplatz 3
33098 Paderborn
Meine Reaktion zum Schreiben des HW Herrn Erzbischofs an alle Katholiken Im Erzbistum:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie wünschen sich über diesen Brief in einen Dialog einzutreten, also muss ich reagieren.
Zunächst zu dem im Internet viel diskutierten Thema Adressierung, Briefgeheimnis und Form des Briefes:
Es hätte sicher die Möglichkeit bestanden, das Adreßfeld mit „Familie N.N.“ zu beschriften, ohne daß dann mehr Briefe hätten erzeugt werden müssen.
Es hätte auch die Möglichkeit bestanden, die Blätter doppelseitig zu bedrucken. Bei 1,5 Millionen Katholiken und 1,5 Personen je Haushalt (Schätzung) wären 1 Million Blatt Papier gespart worden.
Zum Inhalt:
Die Problematik beginnt bereits mit dem Satz „Die Deutschen Bischöfe haben vor Jahren die MHG Studie …. In Auftrag gegeben“
Soll hier vorenthalten werden, daß eine zuvor bei Professor Pfeiffer in Auftrag gegebene Studie storniert wurde ?
Soll damit vorenthalten werden, daß diese Studie deshalb storniert wurde, weil Professor Pfeiffer seine Arbeitsergebnisse nicht von der Kirche zensieren lassen wollte, weil er keinen Sinn darin sah, mit von der Kirche vorselektierten Daten zu arbeiten und dann seine Ergebnisse nochmals selektieren zu lassen ?
Soll unterdrückt werden, daß diese MHG-Studie vermutlich alles das nicht enthält, was Professor Pfeiffer zusätzlich herausgefunden und veröffentlicht hätte, wenn man ihn hätte frei arbeiten lassen ?
Ist nicht die MHG-Studie ein teurer Packen Altpapier mit einer Aufzählung einer kleinen Auswahl nicht namentlich genannter verstorbener Täter und verjährter Taten, und dies auf ausdrückliches Betreiben der Deutschen Bischofskonferenz ?
Bestimmte Bereiche, wie die Orden, hat man gleich aus der Studie ausgenommen: Obwohl seit den Meldungen aus Canisius-Kolleg und anderen Internaten wie z.B. Ettal bekannt ist, daß gerade Ordenspriester sich beim Missbrauch ebenfalls schwerstens an Schutzbefohlenen vergriffen haben.
Wo ist eine plausible Begründung dafür?
Auf der Internetseite der DBK wird als Begründung angegeben, die Bistümer hätten keine Jurisdiktion über die Orden. (Jurisdiktion laut Kathpedia im Kirchenrecht „die geistliche Autorität“)
Das verstehe wer will: Als die evangelische Präses Anette Kurschus im letzten Jahr in der Benediktinerabtei Meschede zum vortragen einer Predigt eingeladen war, wurde das vom Erzbistum Paderborn unterbunden. Ohne Jurisdiktion ?
Ist also nicht dieses Abbestellen der Pfeiffer-Studie ein weiterer Vertuschungsversuch von Mißbrauch?
Wurde die MHG-Studie nicht nur deshalb bestellt, um weiteren Verlust an Glaubwürdigkeit zu vermeiden, nachdem die Öffentlichkeit bereits wusste, daß die Pfeiffer-Studie mit einer nicht nachvollziehbaren Begründung storniert worden war?
Muss nicht jeder, der die Umstände der Abbestellung der Pfeiffer-Studie kennt, davon ausgehen, daß die MHG-Studie in ihren Ergebnissen weit von der Realität entfernt ist?
(In der Studie steht: Die Spitze eines Eisbergs und von einer hohen Dunkelziffer müsse man ausgehen)
Daher muss man annehmen, daß sie ein Gefälligkeitsgutachten ist, von der Kirche bestellt mit einem vorbestimmtem Ergebnis.
Sollen hier wieder einmal Gläubige hinter das Licht geführt oder ruhig gestellt werden ?
Ich denke, wenn der HW Herr Erzbischof Becker die Gläubigen in dieser ihm anscheinend wichtigen Thematik ansprechen will, dann sollte er zunächst selbst ehrlich damit umgehen.
Und dazu gehört auch die unrühmliche Vorgeschichte der MHG-Studie.
Selbst unter der Annahme, beide Studien hätten zum gleichen Resultat geführt: Es ist eine Verzögerung um drei Jahre erreicht worden. Drei Jahre, damit noch mehr Täter und Opfer als tot und noch mehr Taten als „verjährt“ gemeldet werden können ?
Diese Ehrlichkeit lässt der Brief vermissen. Und leider liegt der Herr Erzbischof damit mit seinen Kollegen auf einer Linie.
Die ganzen Aufarbeitungsbemühungen der Kirche, so auch dieser Brief, sind eine einzige Katastrophe, davon gekennzeichnet, daß
a) jeder Bischof macht und machen kann was er will und
b) eine einheitliche Linie nicht erkennbar ist.
Wenn in den Weihnachtspredigten 2018 (von Bischöfen!) noch immer Sätze fallen, wie „Man habe sich das Ausmaß des Missbrauchs ja gar nicht vorstellen können“, dann ist das eine Art Dauerschleife. Solche Sätze fielen schon 2010 vom damaligen DBK-Vorsitzenden Zollitsch. Der Regensburger Bischof schwadroniert wörtlich „vom leidigen Missbrauchsthema“.
Die Herren Bischöfe müssen sich fragen lassen, wie es zu den bekannten Versetzungen aufgefallener Priester gekommen ist.
Diese Versetzungen wurden von ihnen und ihren Generalvikaren verfügt und nicht von irgendwelchen Laien.
Wie kann es sein, daß missbrauchende Priester nicht nur an anderen Enden des eigenen Bistums, sondern in anderen Bistümern und sogar auf anderen Kontinenten wieder auftauchen und da weiter machen können ?
Es passt einfach nicht zusammen, daß heute beteuert wird, man habe das alles nicht gewusst oder sich das Ausmaß nicht vorstellen können.
Gleichzeitig hat man aber eben doch davon gewusst, indem man die Priester versetzt hat und sich in dem Zusammenhang eben doch schon mit deren Taten beschäftigt hat.
Hier hilft es dem Gläubigen auch nicht, wenn man ihm versichert „im Bistum X sei das nicht vorgekommen“, selbst wenn es wahr ist.
Man kann ja nicht mit seinen Kindern in ein angeblich „sicheres Bistum“ ziehen.
Warum stellt man der Öffentlichkeit einen zum „Missbrauchsbeauftragten ernannten Bischof“ vor, wenn doch allgemein bekannt ist, daß dieser seinen Mitbrüdern weder Weisungen noch gut gemeinte Ratschläge geben darf, ja daß diese sich das schlichtweg verbitten?
Wer die Auseinandersetzungen um den Missbrauch bei den Regensburger Domspatzen zu Zeiten des Herrn Bischof Müller etwas näher verfolgt hat, konnte das gut mitbekommen.
Selbstverständlich muss sich die Kirche daran messen lassen, was als tatsächliche Handlungen (und nicht als rein intellektuelle Diskussion) aus der Studie folgt.
Und da gibt es eben bisher nur diese Diskussion, angeführt von Klerikalisten, die bis heute noch glauben (oder es zumindest sagen) , es habe in der Kirche keinerlei Verfehlungen gegeben, und solchen, die erste Ansätze zu einer Umkehr zeigen. Die aber dann gleich von ihren Oberen „gemaßregelt“ werden, wie bspw. Bischof Wilmer durch Kardinal Woelki.
Eine grobe Auflistung der Mängel der MHG-Studie befindet sich hier:
http://missbrauch-im-bistum-trier.blogs ... tudie.html
Dem Satz im Brief des HW Herrn Erzbischofs, den Erkenntnissen der Studie sei nichts hinzuzufügen, kann ich nicht zustimmen. Vielmehr fehlen der Studie erhebliche Fakten, die hinzuzufügen wären.
Eine einzige Handlungsempfehlung der Studie zu befolgen wäre besser und wirkungsvoller als 2 Millionen Blatt bedrucktes Papier mit Halbwahrheiten zu verschicken.
Mit freundlichen Grüssen