Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

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azs
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Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von azs »

Salvete,

immer wieder stoße ich auf die (auch hier schon angesprochene) Kritik anderer Religionen, aber besonders nichtkatholischer christlicher Gemeinschaften, die mit Penetranz und Aggressivität vorgetragen wird: die Kirche sei eine Fortführung antiker Mysterienkulte und daher ein entstelltes Christentum. Da ich mich im Rahmen einer größeren Arbeit gerne intensiver mit diesem Thema beschäftigen möchte (was kann man wirklich über diese alten Kulte heute wissen, was haben diese Kritiker für Argumente, auf wen gehen diese Gedanken das erste mal zurück usw.) möchte ich hier fragen, ob jemand empfehlenswerte Einstiegsliteratur zu der Thematik kennt, von der man sich dann weiter durcharbeiten kann?

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Peter Ernst
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von Peter Ernst »

Gerd-Klaus Kaltenbrunner schreibt in seinem Werk "Dionysius vom Areopag" einiges zu diesem Thema.
Zuletzt geändert von Peter Ernst am Montag 2. Juli 2012, 15:53, insgesamt 1-mal geändert.
"Ich hoffe auf das Unverdiente"

Raphael

Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von Raphael »

azs hat geschrieben:Salvete,

immer wieder stoße ich auf die (auch hier schon angesprochene) Kritik anderer Religionen, aber besonders nichtkatholischer christlicher Gemeinschaften, die mit Penetranz und Aggressivität vorgetragen wird: die Kirche sei eine Fortführung antiker Mysterienkulte und daher ein entstelltes Christentum. Da ich mich im Rahmen einer größeren Arbeit gerne intensiver mit diesem Thema beschäftigen möchte (was kann man wirklich über diese alten Kulte heute wissen, was haben diese Kritiker für Argumente, auf wen gehen diese Gedanken das erste mal zurück usw.) möchte ich hier fragen, ob jemand empfehlenswerte Einstiegsliteratur zu der Thematik kennt, von der man sich dann weiter durcharbeiten kann?

pax!
Gib 'mal in die Suchfunktion dieses Forums "Mithras" ein.
Ich meine, Robert hätte das ein oder andere dazu geschrieben ...........

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Robert Ketelhohn
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

:ja:
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azs
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von azs »

Ja kenn ich schon :) Aber ich wollte direkt nach Literatur fragen - eben wegen der Arbeit, nicht rein wegen der Info :). Man muss ja irgendwas zitieren.
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Robert Ketelhohn
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Zu Mithras: Reinhold Merkelbach. Dann hatte ich Quellen erwähnt, Tertullian,
glaube ich, auch das CIL. Quellen sind sowieso besser als Sekundärlitteratur.
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Peregrin
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von Peregrin »

azs hat geschrieben:Salvete,

immer wieder stoße ich auf die (auch hier schon angesprochene) Kritik anderer Religionen, aber besonders nichtkatholischer christlicher Gemeinschaften, die mit Penetranz und Aggressivität vorgetragen wird: die Kirche sei eine Fortführung antiker Mysterienkulte und daher ein entstelltes Christentum.
Das Problem ist immer das Gleiche, nämlich, daß die Leute über jene antiken Kulte, aus denen angeblich alle möglichen Details abgekupfert sind, in Wirklichkeit kaum was wissen und schon gar keine Details. Solche "Kritik" speist sich regelmäßig aus Phantasterei und Bosheit.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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Reinhard
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von Reinhard »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:.... Quellen sind sowieso besser als Sekundärlitteratur.
[OT] Meinst Du wirklich "Litteratur" (so schlimm ??)
Eigentlich hätte ich Dir eher die Empfehlung guter Literatur zugetraut. :blinker: [/OT]

Dieses Wortspiel bietet sich ja aber auch geradezu an, wenn man "gepflegt" über unsägliche Schreibwerke herziehen will ...

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Peregrin
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von Peregrin »

Ha, reingefallen!
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azs
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von azs »

Im Wikipedia-Artikel zum Thema findet man noch folgende Angaben. Kennt jemand von euch eines oder mehrere der Bücher und könnte Empfehlungen oder Warnungen abgeben :)?

- David Ulansey: Die Ursprünge des Mithraskults. Kosmologie und Erlösung in der Antike. Stuttgart 1998. ISBN 3-8062-1310-0
- Burkert, Walter: Antike Mysterien: Funktionen und Gehalt, 1994, ISBN 3-406-34259-0
- Clauss, Manfred: Mithras: Kult und Mysterien, 1990, ISBN 3-406-34325-2
- Cumont, Franz: Die Mysterien des Mithra. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte der römischen Kaiserzeit, 1923, ISBN 3-5190-7204-1
- Garnitz, K. H.: DODICHEUS Der Untergang der Mithrasreligion, 2009, ISBN 978-3-941071-88-9
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Robert Ketelhohn
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Litteratur?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Reinhard hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:.... Quellen sind sowieso besser als Sekundärlitteratur.
[OT] Meinst Du wirklich "Litteratur" (so schlimm ??)
Eigentlich hätte ich Dir eher die Empfehlung guter Literatur zugetraut. :blinker: [/OT]

Dieses Wortspiel bietet sich ja aber auch geradezu an, wenn man "gepflegt" über unsägliche Schreibwerke herziehen will ...
:D

Sieh da: http://www.kreuzgang.org/viewtopic.php?p=75195#p75195
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Robert Ketelhohn
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

azs hat geschrieben:Im Wikipedia-Artikel zum Thema findet man noch folgende Angaben. Kennt jemand von euch eines oder mehrere der Bücher und könnte Empfehlungen oder Warnungen abgeben :)?

- David Ulansey: Die Ursprünge des Mithraskults. Kosmologie und Erlösung in der Antike. Stuttgart 1998. ISBN 3-8062-1310-0
- Burkert, Walter: Antike Mysterien: Funktionen und Gehalt, 1994, ISBN 3-406-34259-0
- Clauss, Manfred: Mithras: Kult und Mysterien, 1990, ISBN 3-406-34325-2
- Cumont, Franz: Die Mysterien des Mithra. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte der römischen Kaiserzeit, 1923, ISBN 3-5190-7204-1
- Garnitz, K. H.: DODICHEUS Der Untergang der Mithrasreligion, 2009, ISBN 978-3-941071-88-9
Cumont war forschungshistorisch wichtig, ist aber ganz überholt. Clauss ist neben Merkelbach auf jeden Fall heranzuziehen, wenn es um eine wissenschaftliche Arbeit geht, bringt aber m. E. gegenüber diesem nicht viel Neues. Burkert dürfte auch ganz interessant sein, bei etwas anderer Thematik. Ulansey halte ich für weniger seriös. Garnitz ist kompletter Müll. – Vom oben empfohlenen Kaltenbrunner würde ich übrigens auch die Finger lassen. Ich weiß zwar nicht, was der Mann zum Thema geäußert hat, erwarte aber aus Kenntnis der Person bloß ahistorischen Ästhetizismus.

Ach ja, eins noch: Bibliographieren würde ich in der UB (meinetwegen via OPAC), nicht auf Wikiblödia.
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Niels
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von Niels »

Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

azs
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von azs »

Danke für die ganzen Empfehlungen :daumen-rauf:
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Peregrin
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von Peregrin »

Niels hat geschrieben:Vielleicht ist diese recht aktuelle Dissertation (Wien, 2009) hilfreich:

Max Ortner: Griechisch-römisches Religionsverständnis und Mysterienkulte als Bausteine der christlichen Religion
Ein ziemlich passives Werk :panisch:
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ad_hoc
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von ad_hoc »

Bringt er eine neue Verbindung zwischen Myst.-kulte und Christl. Religion? Oder genügt es ersatzweise, sich die Inhalte von Mysteriums- und Eso-Foren einzuschieben?

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Peregrin
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von Peregrin »

Ausgehend vom derzeit gelebten Christentum kann mit Grund die These vertreten werden, dass ein aus dem hellenistischen religiösen Verstehenshorizont stammenden Gottesbegriff, der Konnotationen mit Opfer, Sühneopfer und daher mit Gewalt aufweist, nicht mehr vermittelbar ist. Da das Christentum trotz seines Hervorgehens aus dem Judentum auf dem historischen Christusereignis gründet, entsteht das Problem, dass die seinerzeitige Notwendigkeit, das kultferne profane Hinrichtungsgeschehen im orientalisch-antiken Verstehenshorizont mittels Kategorien aus dem damals allgemein verständlichen kultischen Opfergeschehen deutend zu kommunizieren, gegenwärtig nicht nur hinfällig, sondern kontraproduktiv wurde, sodass sich dieses Deutungsmodell als dogmatisierte Lehre zur unzureichend reflektierten Ätiologie von weitverbreitetem Agnostizismus und praktiziertem Atheismus entwickelte. Gottesvorstellungen und Gottesbilder von der Art eines Satisfaktion und Sühneopfer verlangenden Gottes, der trotz seiner ihm zugeschriebenen Prädikationen von allmächtig, allliebend und allbarmherzig seinen eigenen Sohn hinrichten lässt, sind im europäisierten Verständnishorizont des beginnenden 21. Jahrhunderts nicht mehr nachvollziehbar.
Ich bin nicht sehr zuversichtlich.
Ich bin der Kaiser und ich will Knödel.

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Peregrin
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von Peregrin »

In den ersten 10 % sehe ich hauptsächlich faktenarmen Dummschwatz. Zum Weiterlesen habe ich keine Lust.
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ad_hoc
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Re: Kirche und Mysterienkulte > Literatur?

Beitrag von ad_hoc »

abstract in deutsch:
In der gegenständlichen Arbeit wird der Nachweis versucht, dass das Christentum als Religion, deren theologische Reflexionsmodelle und Rituale (Liturgie) sowie Fröm¬mig-keitsformen im zeitlich-räumlichen Kontext ihre Genese und dogmatisch-orga¬ni¬sa¬¬to-rische Festigung maßgeblich (auch) von den antiken Religionen und insbeson¬de¬re von den hellenistisch transformierten Mysterienkulten mitgeprägt wurden. Schwerpunktmäßige Themenbereiche sind: Mysterienkulte und Trinität, Mysterien¬kulte und Eucharistie und die Marianisierung des Christentums als Erbe werden der grie-chisch-römisch-hellenistischen Göttin- und ihr Heros-Vorstellung. Dies soll exem¬¬pla-risch am Kybele-Attis-Kult demonstriert werden. Daneben wird kurz auf mögliche Einflüsse der hellenistisch-orientalischen Myste¬rien¬-kulte auf bestimmte Ritualformen des Islam, insbesondere des Schiitismus (Sufis¬mus, Aschura) eingegangen. Das Erkenntnisinteresse impliziert gegenständlich das Verstehen-wollen geschicht¬li¬cher Ereignisse und religiös-kultureller Transformationsprozesse, basierend auf den Reflexionsmodellen und Handlungsmotivationen der jeweiligen Protagonisten und wir-kungs¬geschichtlichen Folgen. Neben offenzulegenden Erkenntnisinteressen ist der vor-liegenden Arbeit in methodischer Hinsicht das ideologiekritische Moment in¬härent, so-dass das methodische und interpretative Vorgehen sowohl der Hermeneutik Hans-Georg Gadamers als auch der ideologiekritischen Verstehenslehre Jürgen Habermas‘ verpflichtet. Durch das Wissen, dass in beiden hermeneutischen Syste¬men die Wahrheitsfrage nicht releviert wird, kann auch die Gefahr einer allfälligen In-eins-Setzung von wirkungs-geschichtlich Erkennbarem und Wahrheit von vorn¬her¬ein gebannt werden. Denn es zeigt sich auch im behandelten Themenbereich, dass sich erst in der Wir-kungsgeschichte in der Regel der eigentliche und vollere Sinn von Geschehen¬dem und diskursiven Reflexionen entfaltet. Aufgrund dieser Methoden¬wahl besteht auch die nach¬prüfbare Möglichkeit, im wir¬kungsgeschichtlichen Hori¬zont gegebene und sehr häu¬fig systematisch verzerrte Kommunikationen (ideologi¬sche Verschleierung) zu de-chiffrieren. Diesem methodi¬schen Verstehenssystem liegt der Grundsatz des sogenann-ten hermeneutischen Zirkels zugrunde, darin bestehend, dass das Einzelne im Ganzen und das Ganze aus dem Einzelnen zu verstehen ist. Im Rahmen dieser hermeneutischen Dialektik erhält auch das Vorurteil als geschichtlich überkommenes und noch nicht reflektiertes Vorverständnis positive Bedeutung.

Link für den Fall, dass o. a. Text nicht zitiert werden sollte/dürfte:
http://othes.univie.ac.at/893/

Da wird vielleicht das Denkschema etwas klarer. Es ist schon arg.

Gruß, ad_hoc
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