Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

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Raimund J.
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Raimund J. »

Melody hat geschrieben:http://www.stjosef.at/dokumente/ineffab ... s_1854.htm
542 (...) Die Lehre, daß die allerseligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis auf Grund einer besonderen Gnade und Auszeichnung von seiten des allmächtigen Gottes im Hinblick auf die Verdienste Jesu Christi, des Erlösers der ganzen Menschheit, von jeder Makel der Erbsünde bewahrt blieb, ist von Gott geoffenbart und muß deshalb von allen Gläubigen fest und unabänderlich geglaubt werden. Wenn also jemand, was Gott verhüten wolle, anders, als von Uns entschieden ist, im Herzen zu denken wagt, der soll wissen und wohI bedenken, daß er sich selbst das Urteil gesprochen hat, daß er im Glauben Schiffbruch erlitten hat und von der Einheit der Kirche abgefallen ist.

Alle diese verfallen außerdem durch ihre Tat schon den vom kirchlichen Rechte bestimmten Strafen, wenn sie das, was sie im Herzen sinnen, mündlich oder schriftlich oder auf was immer für eine Weise nach außen hin zur Kenntnis zu geben wagen.

545 (...) Niemandem sei es also gestattet, die Urkunde dieser Erklärung, Unseres Entscheides und Unserer Definition zu verletzen, noch sich ihr mit vermessenem Ansinnen zu widersetzen oder ihr entgegenzutreten. Wer sich aber erkühnen sollte, solches zu versuchen, der wisse, daß er den Zorn des Allmächtigen und seiner Apostel Petrus und Paulus auf sich ladet.
Man darf ein Dogma nicht leugnen. Wir sind als Katholiken verpflichtet, es zu glauben.
So ist es!

Oder wie heute andernorts jemand schrieb:
Könnten sich einmal alle an die Lehre der Kirche halten? Danke.
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
Nec laudibus, nec timore

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Robert Ketelhohn
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Raimund Josef H. hat geschrieben:als wenn da immer nur kommt
Nur? – Vielleicht rollst du deinen Bildschirm noch mal ein Stück nach oben.
Wenn mir schon wieder einer – völlig neben der Spur – eine »abstruse Glau-
bensvorstellung« vorhalten zu müssen meint, während es um den Glauben
und seine Inhalte überhaupt nicht ging, werde ich wohl noch die tatsächliche
Qualität einer solchen Äußerung feststellen können.

Es ist wahrlich schwer, mit Leuten in theologischen Diskurs einzutreten, die
sich ständig auf Paragraphen zurückziehen. Und dann auch noch etepetete
daherkommen. Mann, Mann.
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Robert Ketelhohn
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ChrisCross hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Clemens hat geschrieben:Muss man denn nicht als Konvertit irgendwie bekennen, dass man den ganzen Glauben der kath.Kirche teilt und in keinem Punkt widerspricht?
Davon habe ich zumindest schon mal gehört. Selbst erlebt habe ich es ja noch nicht.
Ich würde mal Taufsymbola lesen. Dazu das Constantinopolitanum.
Da steht drin, was wir bekennen müssen.
Ja, und vieles andere steht nicht unbedingt drin, weil man sich auf das beschränkt, dass ein jeder nun wirklich bekennen soll. Dass der restliche Glaube zu bekennen freigestellt ist, wenn es darauf ankommt, ergibt sich daraus wohl kaum.
Ich frage mich, wo eigentlich der casus cnaxus eurer Begriffsstutzigkeit begründet liegt. Ist es der Begriff des Bekennens? – Das Bekennen ist dem Lobpreis eng verwandt (confiteor, confessio, confessor). Ich bekenne mit lauter Stimme, namentlich vor oder in einer liturgischen Versammlung.
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Robert Ketelhohn
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ad_hoc hat geschrieben:Ich wundere mich immer wieder, dass es Katholiken gibt, die sich mit Maria, der Mutter Gottes, derart schwer tun.
Hast du von solchen hier gelesen? – Aber es gibt sie, keine Frage. Sie sind sogar die große Mehrheit. Frag dich einmal, wie es kommen mag, daß Verehrung und Lobpreis Mariens in den Ostkirchen viel verbreiteter, verwurzelter, selbstverständlicher und namentlich auch überschwenglicher sind als im Westen, wo statt dessen an tausend angeblichen Erscheinungsorten verbissene Kleinstgrüppchen ihre lokale Erscheinung der ganzen Œcumene als Allheilerin aufdrücken wollen, während’s der Masse der Christen am Heck vorbeigeht.

Vielleicht haben wir das versäumt: die Gottesgebärerin einfach zu loben und zu preisen, statt unendlich an Marginalien herumzuklügeln?
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ad_hoc
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von ad_hoc »

Vielleicht haben wir das versäumt: die Gottesgebärerin einfach zu loben und zu preisen, statt unendlich an Marginalien herumzuklügeln?
Ich bin sehr froh über diese (Deine) Feststellung.
Obwohl, wenn ich Gamaliel im Grundsätzlichen bislang richtig verstanden habe, so würde er wohl erwidern, dass die theologische und natürlich auch die mariologische Würdigung aufgrund der Behandlung solcher berechtigter Marginalien letztendlich die Bestätigung ihrer hoffentlich folgerichtigen Erkenntnisse findet.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Peti
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Peti »

"Das Dogma hat - so Joseph Ratzinger - seinen Ursprung, seine Triebkraft und seine Zielsetzung v. a. im Akt der Huldigung und der Verherrlichung. Was die Ostkirche im feierlichen Marienlob ihrer Liturgie vollzieht, geschieht in ähnlicher Weise in dieser Dogmatisierung, „die sozusagen feierlichste Form von Hymnologie sein wollte und auch primär ... als Verehrungsakt verstanden werden muss“.12 Die dogmatische Definition ist Ausdruck einer gesteigerten Form des Marienlobes: „Die Verehrung bezieht sich auf die, die lebt; die zu Hause ist; die wirklich jenseits des Todes, am Ziel angekommen ist“."

http://www.pth-stpoelten.at/fileadmin/h ... /Maria.pdf

Die letzte Sicherheit für die dogmatische Definition beruht auf dem Beistand des Hl.Geistes, der dem Lehramt verheißen ist.
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
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Florianklaus
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Florianklaus »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Vielleicht haben wir das versäumt: die Gottesgebärerin einfach zu loben und zu preisen, statt unendlich an Marginalien herumzuklügeln?[/color][/blocksatz]
Dogmen sind keine Marginalien.

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Robert Ketelhohn
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Blumenkohl ist auch schon wieder teurer geworden.
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Peti
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Peti »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Blumenkohl ist auch schon wieder teurer geworden.
Sag nicht "Es gibt keine letzte Erklärung". Das ist gerade so, als wolltest du sagen: "Es gibt kein letztes Haus in dieser Straße; man kann immer noch eines dazubauen."
Ludwig Wittgenstein
Was für ein Glück für uns, dass wir wissen können, dass die Barmherzigkeit Gottes unendlich ist.
Johannes Maria Vianney

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taddeo
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von taddeo »

Denn wie kein vernünftiger Katholik in der Absicht, zu den alten, von den früheren Konzilien gebrauchten Formeln zurückzukehren, die Fassungen der christlichen Lehre ablehnen kann, welche die Kirche unter der Leitung des Heiligen Geistes in der neueren Zeit zum größten Nutzen der Seelen vorgelegt und als verbindlich erklärt hat, oder wie kein vernünftiger Katholik die geltenden Gesetze ablehnen kann, um zu den aus den ältesten Quellen des kanonischen Rechtes geschöpften Bestimmungen zurückzugreifen, so ist gleichermaßen, wenn es sich um die heilige Liturgie handelt, offensichtlich von keinem weisen und gesunden Eifer getrieben, wer zu den alten Riten und Bräuchen zurückkehren und die neuen ablehnen wollte, die doch unter dem Walten der göttlichen Vorsehung mit Rücksicht auf die veränderten Verhältnisse eingeführt worden sind.
:hmm:

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ChrisCross
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von ChrisCross »

taddeo hat geschrieben:
Denn wie kein vernünftiger Katholik in der Absicht, zu den alten, von den früheren Konzilien gebrauchten Formeln zurückzukehren, die Fassungen der christlichen Lehre ablehnen kann, welche die Kirche unter der Leitung des Heiligen Geistes in der neueren Zeit zum größten Nutzen der Seelen vorgelegt und als verbindlich erklärt hat, oder wie kein vernünftiger Katholik die geltenden Gesetze ablehnen kann, um zu den aus den ältesten Quellen des kanonischen Rechtes geschöpften Bestimmungen zurückzugreifen, so ist gleichermaßen, wenn es sich um die heilige Liturgie handelt, offensichtlich von keinem weisen und gesunden Eifer getrieben, wer zu den alten Riten und Bräuchen zurückkehren und die neuen ablehnen wollte, die doch unter dem Walten der göttlichen Vorsehung mit Rücksicht auf die veränderten Verhältnisse eingeführt worden sind.
:hmm:
Quelle?
Tu excitas, ut laudare te delectet, quia fecisti nos ad te et inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.
Augustinus Conf. I. 1

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taddeo
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von taddeo »

ChrisCross hat geschrieben:Quelle?
Wird nachgereicht. Wäre mal interessant, ob einer draufkommt. ;D
Worauf tippst Du denn? :hmm:

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Protasius
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Protasius »

taddeo hat geschrieben:
ChrisCross hat geschrieben:Quelle?
Wird nachgereicht. Wäre mal interessant, ob einer draufkommt. ;D
Worauf tippst Du denn? :hmm:
Gegen den Archäologismus? :hmm: Ich sage mal, entweder Pius X. oder Pius XII..
Der so genannte ‚Geist’ des Konzils ist keine autoritative Interpretation. Er ist ein Geist oder Dämon, der exorziert werden muss, wenn wir mit der Arbeit des Herrn weiter machen wollen. – Ralph Walker Nickless, Bischof von Sioux City, Iowa, 2009

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Robert Ketelhohn
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Das ist aus Mediator Dei. Offensichtlich greift der Text zu kurz. Man könnte ihn fast
als Vorbereitung zur liturgischen Revolution Pauls VI. lesen. Ich möchte Joseph Rat-
zingers Text zur semper reformanda dawiderstellen, den ich hier neulich einmal aus-
zugsweise in Übersetzung gebracht habe.
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taddeo
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von taddeo »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Offensichtlich greift der Text zu kurz.
Aber sicher. :D
Dieser schnöselige, aristokratische Römer war ja geistig genauso ausgemergelt wie körperlich.








Pius XII., die Mutter aller Modernismen. :glubsch:
Du hast Deine Lektionen von ottaviani & Co. schon brav gelernt. :vogel:

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Robert Ketelhohn
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

taddeo hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Offensichtlich greift der Text zu kurz.
Aber sicher. :D
Dieser schnöselige, aristokratische Römer war ja geistig genauso ausgemergelt wie körperlich.
Pius XII., die Mutter aller Modernismen. :glubsch:
Du hast Deine Lektionen von ottaviani & Co. schon brav gelernt. :vogel:
Nu steck die Pfoten in die Tasche und lies erst mal, was ich Dir oben schon zu lesen angeraten habe:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Exakt dies, die berühmte „Reform an Haupt und Gliedern“, halte auch ich für unbedingt nötig. Um aber nicht gleich meine eigenen Vorstellungen davon in die Debatte zu trompeten, verweise ich auf einen Text des Kardinals Joseph Ratzinger: Una Compagnia sempre riformanda. Ratzinger hat diesen Vortrag 1990 beim Meeting der Ciellini in Rimini gehalten. Es geht um das Verständnis von reformatio als ablatio. Ich empfehle wärmstens die Lektüre (mit Bitte um Nachsicht, daß ich keine Übersetzung liefern kann), denn der Text enthält auch noch für den nunmehrigen Papst Benedikt zentrale Gedanken, die seine Amtsführung und „Kirchenpolitik“ zu verstehen helfen.
Inzwischen habe ich draus doch ein Stück übersetzt:
Joseph Ratzinger, Una Compagnia sempre riformanda (Auszüge, deutsch)

Die reformatio – diejenige, die allezeit nötig ist – besteht nicht darin, daß wir uns „unsere“ Kirche immer von neuem so zurechtmodellieren können, wie sie uns besser gefällt, daß wir sie erfinden können, sondern darin, daß wir immer wieder neu unsere eigenen Hilfskonstruktionen wegkehren zugunsten des reinsten Lichts, das von oben kommt und das zugleich der Einbruch der reinen Freiheit ist.

Laßt mich mit einem Bild sagen, was ich meine. Es ist ein Bild, das ich bei Michelangelo gefunden habe, der dabei seinerseits alte Gedanken der christlichen Mystik und Philosophie aufnimmt. Mit dem Blick des Künstlers sah Michelangelo schon im Stein, der sich vor ihm befand, das ihn leitende Bild, das verborgen wartete, befreit und ans Licht gebracht zu werden. Die Aufgabe des Künstlers war für ihn nur wegzunehmen, was noch das Bild verdeckte. Michelangelo begriff das echt künstlerische Tun als ein Ans-Licht-Bringen, ein Wieder-in-Freiheit-Setzen, nicht als ein Machen.

Dieselbe Vorstellung, jedoch auf den anthropologischen Bereich angewandt, findet sich bereits beim heiligen Bonaventura, der den Weg erklärt, auf welchem der Mensch echt er selbst wird, indem er vom Vergleich mit dem Bildschnitzer ausgeht, also mit dem Bildhauer. Der Bildhauer macht nicht etwas, sagt der große franziskanische Theologe. Vielmehr ist sein Werk eine ablatio: Es besteht im Beseitigen, im Wegnehmen dessen, was unecht ist.

Auf diese Weise, auf dem Weg der ablatio, tritt die nobilis forma zutage, die kostbare Gestalt. So muß auch der Mensch, damit das Bild Gottes in ihm widerscheine, vor allem und zuerst jene Reinigung empfangen, mittels welcher der Bildhauer, also Gott, ihn von all jenen Schlacken befreit, die das echte Erscheinungsbild seines Seins verdunkeln, indem sie ihn nur als einen rohen Block von Stein erscheinen lassen, während doch die göttliche Gestalt in ihm wohnt.

Wenn wir es recht verstehen, können wir in diesem Bild auch das Leitmodell für die kirchliche Reform finden. Gewiß wird die Kirche stets neuer menschlicher Stützbauten bedürfen, um in jeder geschichtlichen Epoche reden und handeln zu können. Solche kirchlichen Einrichtungen samt ihrer rechtlichen Ausgestaltung sind weit entfernt, etwas Schlechtes zu sein, im Gegenteil, in einem gewissen Maß sind sie einfach nötig und unverzichtbar.

Aber sie veralten, sie drohen, sich als das Wesentlichere auszugeben und lenken so den Blick weg von dem, was das wirklich Wesentliche ist. Darum müssen sie immer wieder abgetragen werden, wie überflüssig gewordene Gerüste. Reform ist immer von neuem ablatio: ein Wegnehmen, damit die nobilis forma sichtbar werde, das Antlitz der Braut, und mit ihm zugleich das Antlitz des Bräutigams selbst, der lebendige Herr.
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von taddeo »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Nu steck die Pfoten in die Tasche und lies erst mal, was ich Dir oben schon zu lesen angeraten habe:
Den Text kenne ich. Du wirst mir nicht weismachen wollen, daß die Privatmeinung eines Kurienkardinals für die Praxis meines Katholikenlebens höher zu bewerten sei als die lehramtliche Äußerung eines Papstes - selbst wenn der Kurienkardinal mittlerweile Papst ist.

Außerdem sehe ich keineswegs einen Widerspruch zwischen beiden Aussagen, da sie sich auf völlig unterschiedlichen Abstraktionsebenen mit ihrer Materie befassen.

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Robert Ketelhohn
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

taddeo hat geschrieben:… sie sich auf völlig unterschiedlichen Abstraktionsebenen mit ihrer Materie befassen.
Das ist wohl der Punkt. Dein Auszug aus Mediator Dei ist ein paar Ebenen tiefer angesiedelt, das meinte ich oben mit »greift zu kurz«.
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Nassos
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Nassos »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
...daß Verehrung und Lobpreis Mariens in den Ostkirchen viel verbreiteter, verwurzelter, selbstverständlicher und namentlich auch überschwenglicher sind als im Westen, wo statt dessen an tausend angeblichen Erscheinungsorten verbissene Kleinstgrüppchen ihre lokale Erscheinung der ganzen Œcumene als Allheilerin aufdrücken wollen, ...

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taddeo
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von taddeo »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
taddeo hat geschrieben:… sie sich auf völlig unterschiedlichen Abstraktionsebenen mit ihrer Materie befassen.
Das ist wohl der Punkt. Dein Auszug aus Mediator Dei ist ein paar Ebenen tiefer angesiedelt, das meinte ich oben mit »greift zu kurz«.
Im Gegenteil. Wo Ratzinger als Kardinal nur nebulös rumphilosophiert, ohne daß es irgendwelche Praxisrelevanz entwickeln könnte, da sagte Pius klipp und klar, was Sache ist. Das greift nicht zu kurz, das trifft genau den Punkt.

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Robert Ketelhohn
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Welche Laus auch immer dir über die Leber gelaufen ist: das ist natürlich Unsinn.
Weder dein Pius-Zitat noch mein Ratzinger-Zitat werden konkret, sie wenden das
allgemein Gesagte nicht auf konkrete Fälle oder Situationen an. Das ist nicht „ne-
bulös“, sondern völlig normal. Jeder tiefere Gedanke geht vom Allgemeinen aus,
um dann auf das Besondere angewendet zu werden.

Dein Pius-Zitat blendet von vornherein aus, daß bei Neuerungen Unterscheidung
gefragt ist und muß damit in der praktischen Anwendung scheitern. Ratzinger ar-
beitet gerade für solche Unterscheidung allgemeine Kriterien heraus. Gewiß noch
ohne sie konkret anzuwenden. Aber er hat erkannt, daß die sture Position, wie du
sie hier (überraschenderweise übrigens) anhand von Mediator Dei vertrittst, der
Wirklichkeit nicht gerecht wird, weder der Geschichte noch der Gegenwart, son-
dern weitergedacht werden muß und vertieft, um angemessen der Realität der Kir-
che begegnen zu können.
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von taddeo »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Aber er hat erkannt, daß die sture Position, wie du
sie hier (überraschenderweise übrigens) anhand von Mediator Dei vertrittst, der
Wirklichkeit nicht gerecht wird, weder der Geschichte noch der Gegenwart, son-
dern weitergedacht werden muß und vertieft, um angemessen der Realität der Kir-
che begegnen zu können.
Das hätten Lehmann und Zollitsch nicht schöner sagen können.

Kirchenjahr
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Kirchenjahr »

taddeo hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Aber er hat erkannt, daß die sture Position, wie du
sie hier (überraschenderweise übrigens) anhand von Mediator Dei vertrittst, der
Wirklichkeit nicht gerecht wird, weder der Geschichte noch der Gegenwart, son-
dern weitergedacht werden muß und vertieft, um angemessen der realität der Kir-
che begegnet zu können.
Das hätten Lehmann und Zollitsch nicht schöner sagen können.
Im Kontext der Diskussion hier würden sich dem genannten Kardinal und Bischof die Haare sträuben, sollten diese beiden in Roberts Sinne eine Rückbesinnung auf das Wesentliche anstrengen müssen.

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taddeo
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von taddeo »

:kugel: Naja, zumindest bei Zollitsch sträubt sich da nicht mehr arg viel ... ;D

"Rückbesinnung auf das Wesentliche" ist ein Ausdruck, den ich gar nicht leiden kann, auch wenn ihn Papst Benedikt immer wieder verwendet.
In den allermeisten Fällen wird er in kirchlichem Kontext nämlich nur dann verwendet, wenn einem derzeitige Zustände in Glaube, Lehre, Sitte oder Disziplin nicht in den Kram passen und man sich davon lossagen möchte. Letztlich ist dieser Ausdruck sogar oft genug das Gegenstück zu Demut und Gehorsam gegenüber der kirchlichen Lehre. Nicht immer, wohlgemerkt, aber oft genug.

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Robert Ketelhohn
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Robert Ketelhohn »

taddeo hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Aber er hat erkannt, daß die sture Position, wie du
sie hier (überraschenderweise übrigens) anhand von Mediator Dei vertrittst, der
Wirklichkeit nicht gerecht wird, weder der Geschichte noch der Gegenwart, son-
dern weitergedacht werden muß und vertieft, um angemessen der Realität der Kir-
che begegnen zu können.
Das hätten Lehmann und Zollitsch nicht schöner sagen können.
Sag doch gleich, wenn du keine Lust hast, dich mit Erwachsenen zu unterhalten.
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von lifestylekatholik »

taddeo hat geschrieben:Das hätten Lehmann und Zollitsch nicht schöner sagen können.
Daran musste ich beim Lesen auch denken. :)
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Ralf

Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Ralf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Frag dich einmal, wie es kommen mag, daß Verehrung und Lobpreis Mariens in den Ostkirchen viel verbreiteter, verwurzelter, selbstverständlicher und namentlich auch überschwenglicher sind als im Westen, [...]
Das halte ich für ein Gerücht.

Ralf

Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Ralf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Dein Pius-Zitat blendet von vornherein aus, daß bei Neuerungen Unterscheidung gefragt ist und muß damit in der praktischen Anwendung scheitern.
Nö.

Offensichtlich scheint Pius XII. davon auszugehen, daß man - was ja auch sinnigerweise geschieht - schon vor einer Neuerung eine Unterscheidung durchgeführt hat.

Und er scheint ebenso davon auszugehen, daß weder Du noch ich die Kernverantwortlichen dafür sind, auch wenn wir uns da einer Kompetenz dünken mögen (also Du vielleicht, ich nicht ...)

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Nassos
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Nassos »

Ralf hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Frag dich einmal, wie es kommen mag, daß Verehrung und Lobpreis Mariens in den Ostkirchen viel verbreiteter, verwurzelter, selbstverständlicher und namentlich auch überschwenglicher sind als im Westen, [...]
Das halte ich für ein Gerücht.
Was genau hälst Du für ein Gerücht? Dass sie zutiefst verehrt wird oder dass sie tiefer verehrt wird als im Westen (der nicht nur aus römischen Katholiken besteht)?
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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Melody »

Ich denke nicht, dass sie tiefer verehrt wird.
Sie wird anders verehrt.
Ewa Kopacz: «Für mich ist Demokratie die Herrschaft der Mehrheit bei Achtung der Minderheitenrechte, aber nicht die Diktatur der Minderheit»

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Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von lifestylekatholik »

Nassos hat geschrieben:als im Westen (der nicht nur aus römischen Katholiken besteht)?
Ebensowenig wie der Osten nur aus Orthodoxen besteht.
»Was muß man denn in der Kirche ›machen‹? In den Gottesdienſt gehen und beten reicht doch.«

Ralf

Re: Schisma, Häresie und Dogmenleugnung

Beitrag von Ralf »

Nassos hat geschrieben:
Ralf hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Frag dich einmal, wie es kommen mag, daß Verehrung und Lobpreis Mariens in den Ostkirchen viel verbreiteter, verwurzelter, selbstverständlicher und namentlich auch überschwenglicher sind als im Westen, [...]
Das halte ich für ein Gerücht.
Was genau hälst Du für ein Gerücht? Dass sie zutiefst verehrt wird oder dass sie tiefer verehrt wird als im Westen (der nicht nur aus römischen Katholiken besteht)?
Daß sie tiefer verehrt wird als im Westen. Dabei meine ich mit Westen die Lateiner und mit Osten die Byzantiner. Wenn es um die Verehrung der Gottesmutter geht, sollte man vielleicht nicht unbedingt das Ursprungsland der Reformation zum Maßstab nehmen. In den romanischen Ländern sieht die Marienverehrung ganz anders aus, dabei geht's auch ohne Lourdes, Fatima und Co.

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