Raphael hat geschrieben: ↑Sonntag 30. Mai 2021, 06:52
Raphael hat geschrieben: ↑Samstag 29. Mai 2021, 06:09
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Bei Jesus war es so, daß er sich gänzlich dem Willen des Vaters unterstellte und dies auch seinen Jüngern zu beten auftrug.
Der Kampf zwischen der
civitas dei und der
civitas terrana findet innerhalb der allgemein sichtbaren Kirche statt. Zur
civitas dei gehören hierbei die Bischöfe, welche sich die oben zitierte Anmerkung zu eigen gemacht haben. Aber es gibt auch Bischöfe, die die Interessen der
civitas terrana vertreten und diese innerhalb der Kirche verwirklichen wollen.
Es gibt sicherlich "Christen", und auch "Bischöfe", die nicht oder wenig glauben, die Kirche als eine Art weltliche Institution sehen, und sie dementsprecheden in die Zukunft führen wollen.
Es war aber immer schon das eigentliche Problem der Kirche, daß Christen und Bischöfe den Willen des Vaters anders sahen und ausführten als dies die schließlichen Sieger der Geschichte taten. Es ist naiv anzunehmen, daß die geschichtliche Parade von Häretikern und Schismatikern weniger intensiv glaubten dem Willen des Vaters zu folgen. Schön wär's, aber so einfach ist es eben nicht.
Die Aussage der Konservativen und Traditionellen ist im Wesentlichen: hier ist ein etabliertes System der Wahrheitsfindung, wenn man ihm folgt, zeigt sich, daß eure liberalen Ansichten falsch liegen was den Willen des Vaters angeht. Die Antwort der ... Halb-Liberalen ist, daß die Anwendung des Systems falsch erfolgt ist in den Händen der Konservativen und Traditionellen, woraufhin sich Grabenkriege bzgl. der Interpretation ergeben. Fortschritte sind hier langsam und schmerzhaft, aber nicht komplett unmöglich. Grabenkrieg halt. Die Antwort der echten Liberalen ist aber, daß die Wahrheit ihrer Position bzgl. des Willens des Vaters offensichtlich ist, und falls das System der Wahrheitfindung zu einem anderen Resultat kommt, dann ist es halt gestört und unbrauchbar, und muß entsprechend reformiert oder einfach entfernt werden. Die Aussagen der Liberalen werden dabei meist moralisch-ethisch unterfüttert, d.h. die Argumentationslinie ist im wesentlichen dieselbe mit der man sich den Gesetzen eines Staates trotz dessen echter Autorität widersetzen kann, wenn die Gesetze eben moralisch-ethisch unrecht sind. Dies ist also der Natur nach eine direkter Appell an den Willen des Vaters, wie er eben in menschliche Herzen geschrieben ist.
Die Tragikomik der Aussage von Raphaels wird hier deutlich. Nichts ist in der Praxis weniger geeignet die Rechtgläubigen von den Unrechtgläubigen zu trennen als "der Wille des Vaters", obwohl dieser selbstverständlcih
definiert wer auf welcher Seite steht. Aber eben darum nimmt halt jede (ernstzunehmende) Seite diesen Willen für sich in Anspruch. Und jede Seite findet die Inanspruchnahme der anderen Seite absurd.
Die Konservativen und Traditionellen haben den Liberalen die Geschichte voraus. Die Liberalen haben den Konservativen und Traditionellen die Einsicht voraus, daß die Geschichte von Siegern geschrieben wird. Wenn die katholischen Konservativen und Traditionellen nicht bald in den dreckigen Machtkampf ziehen, dann ist klar, wer hier die Interpretationshoheit gewinnen wird. Das würde die Position von entweder den schismatischen Sedevakanten oder den schismatischen Orthodoxen als nicht-schismatisch beweisen, und die katholische Kirche wie wir sie kennen de facto beenden.