Dialog mit Juden im Pontifikat PBXVI geht weiter voran

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

danke robert für die klarstellung es war also eine ganz normale generalaudienz

beth
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Beitrag von beth »

Die Rede oder Predigt des Papstes bei der Generalaudienz war in jedem Fall ein Zeichen der Zugewandtheit wo er u. a. die tiefen Beziehungen zwischen Katholiken und Juden betonte und man dies als Zeichen erkennen kann, der kürzlichen Verstimmung zwischen dem Staat Israel und des Vatikans entgegenzuwirken.

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ottaviani
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Beitrag von ottaviani »

als zeichen kann man alles sehen objekriv betrachtet war es eine routinemäßige Generalaudienz mit der ganz normalen fortsetzung der psalmenkatechese
aber wir wissen ja beth daß du in deiner wahrnehmung sehr kreativ bist

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

beth hat geschrieben:Die Rede oder Predigt des Papstes bei der Generalaudienz war in jedem Fall ein Zeichen der Zugewandtheit wo er u. a. die tiefen Beziehungen zwischen Katholiken und Juden betonte und man dies als Zeichen erkennen kann, der kürzlichen Verstimmung zwischen dem Staat Israel und des Vatikans entgegenzuwirken.
Man kann auch das Gegenteil reininterpretieren:
Benedikt XVI hat geschrieben:Sankt Augustin schließt mit einer Ermahnung, die zugleich eine Beglückwünschung ist: »Wir sind Israel und umarmen den Frieden. Denn Jerusalem ist die Schauung des Friedens, und wir sind Israel. Und Friede über Israel!«
Denn was sagt er da:
Wir (d.h. die Christen) sind Israel; und dann wünsch er Israel (also den Christen) Frieden.

:hmm:
Gruß Jürgen

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Man »kann« nicht nur, Jürgen. Anders ist die Stelle gar nicht zu verstehen.
Nicht bei Augustin und nicht bei Benedikt, der hier gleichsam in persona
s. Augustini
redet.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

beth
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Beitrag von beth »

Roberts Interpredatation:
"»…Sankt Augustin schließt mit einer Ermahnung, die zugleich eine Beglückwünschung ist: »Wir sind Israel und umarmen den Frieden. Denn Jerusalem ist die Schauung des Friedens, und wir sind Israel. Und Friede über Israel!« …

gegenüber

(Esposizioni sui Salmi, IV, Nuova Biblioteca Agostiniana, XXVIII, Roma 1977, S. 105) "Der heilige Augustinus schließt mit einer Aufforderung, die gleichzeitig auch ein Wunsch ist: 'Mögen wir das Israel Gottes sein und am Frieden festhalten, denn Jerusalem ist ein Bild des Friedens und wir sind Israel: das Israel, über dem der Frieden herrscht'" (ebd. S. 107).
Übersetzung aus dem Italienischen von Claudia Reimüller in der 'Die Tagespost'
Zuletzt geändert von beth am Samstag 6. August 2005, 15:38, insgesamt 1-mal geändert.

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Robert hat lediglich die Augustinuszitate aus dem lat. übersetzt. Das hat er aber auch als Anmerkung drunter geschrieben.

Ich sehe allerdings keine großen Unterschiede in der Aussage zwischen Roberts Übersetzung und der Übersetzung der Tagespost.
S. Augustinus hat geschrieben:simus Israel, et amplectamur pacem; quia Ierusalem est uisio pacis, et nos Israel, et «pax super Israel».
Gruß Jürgen

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beth
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Beitrag von beth »

Hat der Papst in seiner Ansprache auch

beth
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Beitrag von beth »

Israel Außenministerium rudert zurück

Berlin (DK/KNA) Im Streit mit dem Vatikan schlägt das israelische Außenministerium jetzt versöhnlichere Töne an. Generaldirektor Ron Prossor sagte der in Berlin erscheinenden „Jüdischen Allgemeinen“ (Donnerstagausgabe), Israel sehe die derzeitigen Meinungsverschiedenheiten nicht als eine ernsthafte Krise und unterhalte gute diplomatische Beziehungen zum Vatikan. „Unter Freunden kommt es schon mal zu Meinungsverschiedenheiten. Sie werden benannt und dann gelöst.“ Prossor würdigte gleichzeitig das Engagement Papst Benedikts XVI. für die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem jüdischen Volk. „Er hat seit Jahren daran gearbeitet, die Kluft zwischen Christen und Juden zu überbrücken“, sagte er. Gerade deshalb hätte die israelische Regierung erwartet, dass der Papst den Selbstmordanschlag von Netanja, bei dem fünf Israelis getötet wurden, ausdrücklich in seiner Erklärung gegen die Terroranschläge der letzten Wochen erwähnt. Eine grundsätzliche Störung des katholisch-jüdischen Dialogs befürchtet der Diplomat jedoch nicht. „Der Besuch von Papst Benedikt XVI. in der Synagoge in Köln wird ein weiterer historischer Schritt. Er hat außerdem bereits eine Einladung der israelischen Regierung nach Israel angenommen. Wir vertrauen deshalb darauf, dass wir unter der Ägide von Papst Benedikt XVI. unsere Beziehung und das gegenseitige Verständnis der Menschen beider Religionen vertiefen können“, betonte Prossor. …“

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ich bitte um Entschuldigung, denn im abschließenden Augustin-Zitat ist mir gestern tatsächlich eine Nachlässigkeit unterlaufen. Ich schrieb:
»Wir sind Israel und umarmen den Frieden. Denn Jerusalem ist die Schauung des Friedens, und wir sind Israel. Und Friede über Israel!«

Als wörtliche Übersetzung aus Benedikts Italienisch gab ich an:
»Wir sind das Israel Gottes und halten uns fest an den Frieden, denn Jerusalem bedeutet Schauung des Friedens, und wir sind Israel: jenes Israel, über welchem der Friede ist.«

Das erste ist falsch, das zweite dagegen – für sich genommen – auch richtig. Aus dem Italienischen kann man in der Tat sowohl »wir sind …« als auch »seien wir …« übersetzen. Das hat mich wohl geleitet, während die Müdigkeit mich hinderte, genau genug in den lateinischen Text zu schauen. Aus dem Lateinischen kann man nämlich nicht indikativisch übersetzen, und des Papstes Einleitung des Zitats gibt auch im Italienischen das rechte Verständnis vor.

Korrekt muß es darum heißen:
a) aus Augustins Latein:
»Seien wir Israel, und umarmen wir den Frieden! Denn Jerusalem ist die Schauung des Friedens, und wir sind Israel. Und Friede über Israel!«
b) aus Benedikts Italienisch:
»Seien wir das Israel Gottes, und halten wir uns fest an den Frieden, denn Jerusalem bedeutet Schauung des Friedens, und wir sind Israel: jenes Israel, über welchem der Friede ist.«
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Knecht Ruprecht
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Beitrag von Knecht Ruprecht »

Nehmen an diesem Dialog auch andere Gruppierungen teil, oder ist das eine rein jüdisch-katholische Veranstalltung? Denn so wie ich das sehe, ist jeder derartiger Dialog zumindest in Deutschland auf dem Fundament des Judenmordes während der Hitler Ära aufgebaut. Somit ist das schon seltsam, dass sich die Katholische Kirche in den Part des Schuldigen stellt, zum Dialog gehören ja min. ein Opfer und ein Schuldiger, doch wieso sich der original Schuldige in diesem Thema, also die EKD, nicht angesprochen fühlt und die Kirche nicht zwingt, nicht die Schuldrolle für die EKD weiter zu spielen ist doppelt seltsam.

Ansonsten befürworte ich jede Art der Missionierung, und möge Papst Benedikt XVI. den Juden ihren König in ihre Synagoge tragen. Vielleicht wird ja der ein oder andere zum Messias bekehrt.

beth
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Beitrag von beth »

Knecht Ruprecht hat geschrieben: Ansonsten befürworte ich jede Art der Missionierung, und möge Papst Benedikt XVI. den Juden ihren König in ihre Synagoge tragen. Vielleicht wird ja der ein oder andere zum Messias bekehrt.
Ich denke du hast da eine falsche Vorstellung.
Der Papst sucht den Dialog mit den Juden zum besseren gegenseitigen Verständnis und Respekt. Die Juden sind an einer Missionierung wie sie dir vorschwebt nicht interessiert und der Papst auch nicht.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Gott sei Dank, daß wir den Wirklichen Geheimen Privat-Secretair Seiner Heiligkeit hier unter uns haben, uns jederzeit authentische Auskunft zu geben!

Abgesehen davon halte ich eine „aggressive“ Mission (»in ihre Synagoge tragen«) auch nicht für opportun. Der berühmte „Dialog“ auf der andern Seite, zumal wenn er kirchlicherseits sozusagen „interesselos“ geführt wird, scheint, wenn überhaupt, Interessen zu dienen, die nicht nur dem kirchlichen entgegengesetzt sind, sondern auch jenem der strikten Befolger des Gesetzes.
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beth
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Beitrag von beth »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Gott sei Dank, daß wir den Wirklichen Geheimen Privat-Secretair Seiner Heiligkeit hier unter uns haben, uns jederzeit authentische Auskunft zu geben!

. . . Der berühmte „Dialog“ auf der andern Seite, zumal wenn er kirchlicherseits sozusagen „interesselos“ geführt wird, scheint, wenn überhaupt, Interessen zu dienen, die nicht nur dem kirchlichen entgegengesetzt sind, sondern auch jenem der strikten Befolger des Gesetzes.
Wirklich zu viel der Ehre, "Wirklichen Geheimen Privat-Secretair Seiner Heiligkeit", aber der Dialog mit dem Judentum der dir so arg gegen den Strich geht ist ein fundamentales Anliegen unseres neuen Papstes.

Dazu möchte ich dir folgendes zu Gemüte führen:

Im Vorwort zum „Das jüdische Volk und seine Heilige Schrift in der christlichen Bibel“ der Päpstlichen Bibelkommision schreibt Joseph Kardinal Ratzinger 2001 u.a.:

… Radikaler ist der … Vorschlag Harnacks, der zwar – so weit ich sehen kann – kaum von jemand aufgegriffen wurde, aber durchaus logisch war von einer Exegese her, für die Texte der Vergangenheit nur jeweils den Sinn haben können, den ihre Autoren ihnen in ihrem historischen Augenblick mit auf den Weg geben wollten. Dass aber die Schriftsteller der vorchristlichen Jahrhunderte, die in den alttestamentlichen Büchern zu Worte kommen, auf Christus und auf den Glauben des Neuen Testaments voraus verweisen wollten, erscheint dem modernen historischen Bewusstsein mehr als unwahrscheinlich.

Die Bibelkommission konnte aber bei ihrer Arbeit nicht von dem Kontext unserer Gegenwart absehen, in der der Schock der Schoa die ganze Frage in ein anderes Licht getaucht hat. Zwei Hauptprobleme stellten sich: Können die Christen nach allem Geschehenen noch ruhig Anspruch darauf erheben, rechtmäßige Erben der Bibel Israels zu sein? Dürfen sie mit einer christlichen Auslegung dieser Bibel fortfahren, oder sollten sie nicht lieber respektvoll und demütig auf einen Anspruch verzichten, der im Licht des Geschehenen als Anmaßung erscheinen muss?

Es ist klar, dass ein Abschied der Christen vom Alten Testament nicht nur, wie vorhin angedeutet, das Christentums selbst aufheben müsste, sondern auch dem positiven Verhältnis zwischen Christen und Juden nicht dienen könnte, weil ihnen eben das gemeinsame Fundament entrissen würde. Was aber aus dem Geschehenen folgen muss, ist ein neuer Respekt für die jüdische Auslegung des Alten Testaments. Das Dokument sagt dazu zweierlei. Zunächst stellt es fest, dass die jüdische Lektüre der Bibel »eine mögliche Lektüre ist, die in Kontinuität mit den heiligen Schriften der Juden aus der Zeit des zweiten Tempels steht und analog ist der christlichen Lektüre, die sich parallel dazu entwickelt hat« (Nr. 22). Sie fügt hinzu, dass die Christen viel lernen können von der 2000 Jahre hindurch praktizierten jüdischen Exegese; umgekehrt können die Christen hoffen, dass die Juden aus den Forschungen christlicher Exegese Nutzen ziehen können. Ich denke, dass diese Analysen für den Fortgang des christlich-jüdischen Dialogs, aber auch für die innere Formung des christlichen Bewusstseins hilfreich sein werden.

Ragnar
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Beitrag von Ragnar »

Knecht Ruprecht hat geschrieben:...also die EKD, nicht angesprochen fühlt und die Kirche nicht zwingt, nicht die Schuldrolle für die EKD weiter zu spielen ist doppelt seltsam.
Wieso sollte sich die EKD da einschalten?
die Deutschen Christen waren nicht Mitglieder der Bekennenden Kirche und nach 45 hat die Evangelische Kirche ihre Schuld eingestanden, was bei der katholischen reichlich lange gedauert hat.
Zudem kannst du ja bei den Foren der EKD um Schützenhilfe nachfragen.
Knecht Ruprecht hat geschrieben:Ansonsten befürworte ich jede Art der Missionierung, und möge Papst Benedikt XVI. den Juden ihren König in ihre Synagoge tragen. Vielleicht wird ja der ein oder andere zum Messias bekehrt.
dann musst du auch akzeptieren,
dass von anderer Seite missioniert wird.

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Joseph Ratzinger hat geschrieben:Die Bibelkommission konnte aber bei ihrer Arbeit nicht von dem Kontext unserer Gegenwart absehen, in der der Schock der Schoa die ganze Frage in ein anderes Licht getaucht hat. Zwei Hauptprobleme stellten sich: Können die Christen nach allem Geschehenen noch ruhig Anspruch darauf erheben, rechtmäßige Erben der Bibel Israels zu sein? Dürfen sie mit einer christlichen Auslegung dieser Bibel fortfahren, oder sollten sie nicht lieber respektvoll und demütig auf einen Anspruch verzichten, der im Licht des Geschehenen als Anmaßung erscheinen muß?
Zu Recht gibt Joseph Ratzinger hier als Motivation solcher Fragen (die er anschließend natürlich im Sinn der Tradition beantwortet) den „Schock“ an, das extreme emotionale Betroffensein von den genannten Ereignissen. Nur mit einem solchen Schockerlebnis kann ich erklären, daß einem solche Fragen – die objektiv bereits als Fragen unbegründet, absurd, ja undenkbar sind – überhaupt in den Sinn kommen können.

Um so mehr sollte sich, wer aufgrund seiner Lebensgeschichte von solcher Emotion betroffen ist, mühen, sein rationales Denken in keiner Weise davon bestimmen zu lassen.

Der Vergleich zwischen jüdischer und christlicher Exegese des Alten Testaments ist durchaus interessant. Ich zweifele aber, ob förderlich. Die heutige Generation hat bereits die genuin christliche Schriftexegese verloren. Die gilt es erst einmal wiederzugewinnen, und zwar anhand der Väter. (Genau das ist es auch, was die Jungen suchen, die ernsthaft nach dem Glauben fragen.)

Darum ist das Dokument der päpstlichen Bibelkommission, wie ich oben schon schrieb, durchaus sehr interessant. Aus pastoraler Sicht aber sind das bloß akademische Schnurpfeifereien. Luxustheologie.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ragnar hat geschrieben:Die Deutschen Christen waren nicht Mitglieder der Bekennenden Kirche und nach 45 hat die Evangelische Kirche ihre Schuld eingestanden, was bei der katholischen reichlich lange gedauert hat.
Es dauert immer noch. Die heilige Kirche hat nämlich weder Schuld noch was einzugestehen und hat darum auch nichts „eingestanden“.
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Ragnar
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Beitrag von Ragnar »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Ragnar hat geschrieben:Die Deutschen Christen waren nicht Mitglieder der Bekennenden Kirche und nach 45 hat die Evangelische Kirche ihre Schuld eingestanden, was bei der katholischen reichlich lange gedauert hat.
Es dauert immer noch. Die heilige Kirche hat nämlich weder Schuld noch was einzugestehen und hat darum auch nichts „eingestanden“.
Die katholische Kirche hat genauso Schuld auf sich geladen,
wie es die evangelische tat.

so ist das Verhältnis der evangelischen Kirche mit der katholischen Kirche Polens weit früher bereinigt worden, was auch mit den Grenzen der Bistümer zu tun hatte...
waren doch deutsche Gebietsansprüche betroffen

wie auch die katholische Kirche oder ihre Glieder Gottesdienste Nazischergen öffnete, in SS-Uniform.
Zuletzt geändert von Ragnar am Sonntag 7. August 2005, 21:44, insgesamt 1-mal geändert.

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Knecht Ruprecht
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Beitrag von Knecht Ruprecht »

Ragnar hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Ragnar hat geschrieben:Die Deutschen Christen waren nicht Mitglieder der Bekennenden Kirche und nach 45 hat die Evangelische Kirche ihre Schuld eingestanden, was bei der katholischen reichlich lange gedauert hat.
Es dauert immer noch. Die heilige Kirche hat nämlich weder Schuld noch was einzugestehen und hat darum auch nichts „eingestanden“.
Die katholische Kirche hat genauso Schuld auf sich geladen,
wie es die evangelische tat.

so ist das Verhältnis der evangelsichen Kirche mit der katholischen Kirche Polens weit früher bereinigt worden, was auch mit den Grenzen der Bistümer zu tun hatte...
waren doch deutsche Gebietsansprüche betroffen

wie auch die katholische Kirche oder ihre Glieder Gottesdienste Nazischergen öffnete, in SS-Uniform.
Alle haben Schuld, damit sich die Schuldigen nicht schuldig fühlen müssen. :D

Ragnar
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Beitrag von Ragnar »

Knecht Ruprecht hat geschrieben: Alle haben Schuld, damit sich die Schuldigen nicht schuldig fühlen müssen. :D
Na, da bin ich nun gespannt,
wer ist denn nun schuldig?

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Knecht Ruprecht
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Beitrag von Knecht Ruprecht »

Ragnar hat geschrieben:
Knecht Ruprecht hat geschrieben: Alle haben Schuld, damit sich die Schuldigen nicht schuldig fühlen müssen. :D
Na, da bin ich nun gespannt,
wer ist denn nun schuldig?
Die Mehrheit des deutschen Volkes und die Katholiken bildeten alles andere als eine Mehrheit.

Warum machte Hitler seine politische Karriere nicht im katholischen Österreich? Sondern in einem Land, in dem Katholiken die Mindeheit waren?

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Ragnar hat geschrieben:wie auch die katholische Kirche oder ihre Glieder Gottesdienste Nazischergen öffnete, in SS-Uniform.
Ob wohl jemand in SS-Uniform freiwillig in eine Hl. Messe geht :hmm:


Ich erinnere mich, wie sich mein Onkel vor zwei oder drei Jahren fürchterlich aufgeregt hat. In der Lokalzeitung stand ein ganzseitiger Bericht als Nachruf über einen Mann der gestorben war. Es stand dort welche Verdienste er sich erworben hatte (war nach dem Krieg Mitglied einer großen Partei im Deutschland), was er alles für die Kommunalpolitik getan hatte etc. etc.

Mein Onkel erinnerte sich jedoch gut daran, wie jener Mann im 3. Reich sonntags in SS-Uniform zigaretterauchend durchs Dorf flaniert ist, während seine Mutter mit Gebetbuch unterm Arm zur Messe eilte.


Fromme katholische SS-Leute? --- Den Terminus halte ich für einen Widerspruch in sich.
Gruß Jürgen

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Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Juergen hat geschrieben:
Ragnar hat geschrieben:wie auch die katholische Kirche oder ihre Glieder Gottesdienste Nazischergen öffnete, in SS-Uniform.
Ob wohl jemand in SS-Uniform freiwillig in eine Hl. Messe geht :hmm:
Und wenn er es täte - Gottesdienste sind für alle geöffnet, auch für die größten Sünder. Wir folgen auch dabei unserem Herrn Jesus Christus nach, der mit den Sündern sogar "Umgang gepflegt" hat.

Es ist nicht wichtig, ob jemand in SS-Uniform in die Kirche geht, wichtig ist, dass er ohne Uniform wieder rauskommt.
Also ich meine nicht in Unterhose oder nackt, sondern: sein Unrecht eingesehen habend und Buße getan habend!

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Juergen
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Beitrag von Juergen »

Tacitus hat geschrieben:...sein Unrecht eingesehen habend und Buße getan habend!
Heilige Beichte?
Gruß Jürgen

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Ragnar
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Beitrag von Ragnar »

Knecht Ruprecht hat geschrieben:
Ragnar hat geschrieben:
Knecht Ruprecht hat geschrieben: Alle haben Schuld, damit sich die Schuldigen nicht schuldig fühlen müssen. :D
Na, da bin ich nun gespannt,
wer ist denn nun schuldig?
Die Mehrheit des deutschen Volkes und die Katholiken bildeten alles andere als eine Mehrheit.

Warum machte Hitler seine politische Karriere nicht im katholischen Österreich? Sondern in einem Land, in dem Katholiken die Mindeheit waren?
Die mehrheit des deutschen Volkes?

50% + die Katholiken? (etwa 10% oder 20% oder 30%...) und das macht nicht die Mehrheit des Volkes???
Zuletzt geändert von Ragnar am Sonntag 7. August 2005, 21:43, insgesamt 1-mal geändert.

Tacitus
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Beitrag von Tacitus »

Juergen hat geschrieben:
Tacitus hat geschrieben:...sein Unrecht eingesehen habend und Buße getan habend!
Heilige Beichte?

Das hängt davon ab in welcher Kirche er war.
Da aber katholische Kirchen im Gegensatz zu den evangelischen immer geöffnet haben, ist die Wahrscheinlichkeit einer katholischen Beichte einfach höher.
Was Dich, Juergen, sicher sehr beruhigen würde, gell? :mrgreen:

Ragnar
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Beitrag von Ragnar »

Tacitus hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:
Ragnar hat geschrieben:wie auch die katholische Kirche oder ihre Glieder Gottesdienste Nazischergen öffnete, in SS-Uniform.
Ob wohl jemand in SS-Uniform freiwillig in eine Hl. Messe geht :hmm:
Und wenn er es täte - Gottesdienste sind für alle geöffnet, auch für die größten Sünder. Wir folgen auch dabei unserem Herrn Jesus Christus nach, der mit den Sündern sogar "Umgang gepflegt" hat.

Es ist nicht wichtig, ob jemand in SS-Uniform in die Kirche geht, wichtig ist, dass er ohne Uniform wieder rauskommt.
Also ich meine nicht in Unterhose oder nackt, sondern: sein Unrecht eingesehen habend und Buße getan habend!
Nein! die gingen danach zur Menschenhatz ...

Ragnar
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Beitrag von Ragnar »

Tacitus hat geschrieben:
Juergen hat geschrieben:
Ragnar hat geschrieben:wie auch die katholische Kirche oder ihre Glieder Gottesdienste Nazischergen öffnete, in SS-Uniform.
Ob wohl jemand in SS-Uniform freiwillig in eine Hl. Messe geht :hmm:
Und wenn er es täte - Gottesdienste sind für alle geöffnet, auch für die größten Sünder. Wir folgen auch dabei unserem Herrn Jesus Christus nach, der mit den Sündern sogar "Umgang gepflegt" hat.

Es ist nicht wichtig, ob jemand in SS-Uniform in die Kirche geht, wichtig ist, dass er ohne Uniform wieder rauskommt.
Also ich meine nicht in Unterhose oder nackt, sondern: sein Unrecht eingesehen habend und Buße getan habend!
Mit Gottlosen (wie es Juergen doch behauptet) hat Jesus doch keinen Umgang...

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Knecht Ruprecht
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Beitrag von Knecht Ruprecht »

Ragnar hat geschrieben:
Knecht Ruprecht hat geschrieben:
Ragnar hat geschrieben:
Knecht Ruprecht hat geschrieben: Alle haben Schuld, damit sich die Schuldigen nicht schuldig fühlen müssen. :D
Na, da bin ich nun gespannt,
wer ist denn nun schuldig?
Die Mehrheit des deutschen Volkes und die Katholiken bildeten alles andere als eine Mehrheit.

Warum machte Hitler seine politische Karriere nicht im katholischen Österreich? Sondern in einem Land, in dem Katholiken die Mindeheit waren?
Die mehrheit des deutschen Volkes?

50% + die Katholiken? (etwa 10% oder 20% oder 30%...) und das macht nicht die Mehrheit des Volkes???
Die Mehrheit des schudligen deutschen Volkes hat Namen. Genauso wie die unschudlige katholische Minderheit diesen hat. Und wieso bist du mit der prozentuallen Angabe der Mehrheit so sparsam? Soll die Minderheit im Vergleich dazu nicht zu gering ausfallen?

beth
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Beitrag von beth »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Ragnar hat geschrieben:Die Deutschen Christen waren nicht Mitglieder der Bekennenden Kirche und nach 45 hat die Evangelische Kirche ihre Schuld eingestanden, was bei der katholischen reichlich lange gedauert hat.
Es dauert immer noch. Die heilige Kirche hat nämlich weder Schuld noch was einzugestehen und hat darum auch nichts „eingestanden“.
Robert, du scheinst noch immer in einem anderen Jahrhundert zu leben.

ECCLESIA SEMPER REFORMANDA

Hör und sieh, was Papst Johannes Paul II. zu Beginn der Fastenzeit am 12. März 2000 bei der Pontifikalmesse im Petersdom zu Rom sagte und einige Tage später in Jerusalem an der Klagemauer in schriftlicher Form deponierte.

„Vor Christus, der aus Liebe unsere Sünden auf sich nahm, sind wir alle eingeladen zu einer tiefen Prüfung unseres Gewissens.
Als Nachfolger des Petrus habe ich gefordert, dass die Kirche sich vor Gott niederwirft und um Vergebung für die vergangenen und gegenwärtigen Sünden ihrer Söhne und Töchter um Verzeihung bittet.
Oft haben die Christen das Evangelium verleugnet und der Logik der Gewalt nachgegeben. Die Rechte von Stämmen und Völkern haben sie verletzt, deren Kulturen und religiöse Traditionen verachtet. Erweise uns deine Geduld und dein Erbarmen. Vergib uns.

Lasst die Christen der Leiden gedenken die dem Volk Israel in der Geschichte auferlegt wurden. Lass sie ihre Sünden anerkennen die nicht Wenige von ihnen gegen das Volk des Bundes und der Seligpreisungen begangen haben und so ihr Herz reinigen. Gott unser Vater, du hast Abraham und seine Nachkommen erwählt, deinen Namen zu den Völkern zu tragen. Wir sind zutiefst betrübt über das Verhalten Aller, die im Laufe der Geschichte deine Söhne und Töchter leiden ließen. Wir bitten um Verzeihung und wollen uns dafür einsetzen, dass echte Brüderlichkeit herrsche mit dem Volk des Bundes.
Liebe Brüder und Schwestern, lasst uns vertrauensvoll zu Gott unserem Vater rufen, der barmherzig und langmütig ist, reich an Erbarmen, an Liebe und Treue. Er möge die Reue seines Volkes annehmen das voll Demut seine Schuld bekennt und ihm seine Barmherzigkeit schenken.“

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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Ragnar hat geschrieben:wie auch die katholische Kirche oder ihre Glieder Gottesdienste Nazischergen öffnete, in SS-Uniform
Ragnar hat geschrieben:die gingen danach zur Menschenhatz ...
Wahrscheinlich kannst du deine Unterstellungen genau mit Namen, Ort und Uhrzeit belegen, was?

Im übrigen eine kleine Geschichte. Mein Großonkel mütterlicherseits wurde als fast noch Halbwüchsiger von seinem Vater, was mein Uropa war, formal ein Protestant, bei der Waffen-SS angemeldet. Nicht aus Überzeugung, sondern um der Karriere willen. Mein Großonkel war äußerst unglücklich damit. Bei seiner ersten Feindberührung blieb er mit Kopfschuß auf der Wallstatt. Kameraden berichteten das, sein Leichnam mußte liegen bleiben. Ob er ein Grab fand? Ich kann bloß hoffen, daß er zuvor wenigstens irgendeinen Gottesdienst besuchen konnte. Ob mit oder ohne Uniform, das ist reichlich wurscht.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Beth, es ging oben um die Verbrechen der Nationalsozialisten. Hieran der Kirche, die zu den ersten Opfern gehörte, Schuld zuzuschieben, wie Ragnar es tat, ist – abgesehen davon, daß die Kirche selber immer die reine und makellose Braut ist – bodenlose Niedertracht.

Daß du diese Niedertracht teilst, ist mir bekannt.

Die sogenannten Vergebungsbitten Papst Johannes Pauls II. sind ein völlig anderes Thema. Aber meinetwegen, rühren wir in diesem verkorksten Strang nun endgültig alles in einen Tiegel:

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Jubeljahr der Schuldbekenntnisse

„Meine Schuld, deine Schuld, Schuld ist für uns alle da ...“


Das Jubeljahr 2000 war ein Jahr der öffentlichen Schuldbekenntnisse. Begonnen hatte es mit der sogenannten „großen Vergebungsbitte“ Johannes Pauls II. im vergangenen März. Einzelne Bischöfe und ganze Bischofskonferenzen rund um den Erdkreis schlossen sich mit allerhand Bekenntnissen an. Und welche Freude jedesmal über den vermeintlichen Bußakt, besonders in Katholenkreisen: Schon wieder ein Schuldbekenntnis! Ach Gott, was sind wir doch moralisch! Wir bekennen im Chor die Sünden der Welt, wie es den Herren zu hören gefällt.

Vieles ließe sich zu jedem einzelnen dieser Bekenntnisse sagen, doch vor allem tun einige grundsätzliche Anmerkungen dringend not. – Daß ein Bischof von Rom Gott für die ihm anvertraute Herde um Vergebung bittet, auch oder gerade für Verstorbene, ist an sich völlig normal. Anders liegt die Sache jedoch, wenn dies als „Mea culpa“ oder Schuldbekenntnis „rüberkommt“, ja wenn eine solche Rezeption womöglich gar beabsichtigt ist, wie bei der „großen Vergebungsbitte“ des Papstes.

Zunächst sollte man die Begriffe klären. Um Vergebung zu bitten und Schuld zu bekennen sind zwei sehr verschiedene Dinge. Um Vergebung kann ich für mich selber bitten – und das setzt jedenfalls ausdrückliche oder implizite Anerkenntnis meiner Schuld voraus –, aber auch für andere. Bitte ich Gott, andern zu vergeben, dann handelt es sich um Fürbitten. Genau dies hat der Papst nach dem Wortlaut seiner Vergebungsbitte voriges Jahr getan.

Dagegen kann ich Schuld nur „bekennen“, wenn es sich um meine eigene Schuld handelt: „mea culpa“, nicht „tua, vestra, sua culpa“. Diese Unterscheidung haben aber nahezu alle Bischöfe, die sich seit einem Jahr mit „Bekenntnissen“ überbieten, außer Acht gelassen: Sie „bekennen“ im Habitus des Büßers solche Sünden, für die sie dank der Gnade der späten Geburt von vornherein keine persönliche Verantwortung tragen können, echte oder vermeinte Sünden unserer Vorväter im Glauben.

Derlei „Bekenntnisse“ können ihrer Natur nach gar keine sein: Es sind in Wahrheit Anklagen. Und zwar Anklagen, gegen die sich der Beschuldigte nicht mehr verteidigen kann; die die alten Feinde der Kirche in ihren Anwürfen bestätigen; die eine kirchenfremde Öffentlichkeit zum Richter über die Kirche machen, und zwar zu einem Richter, der genüßlich das Verdammungsurteil spricht; die sich des freundlichen Beifalls jener alten Feinde, jener Öffentlichkeit, jenes Richters sicher sein können; die im Innern der Kirche das verunsicherte Volk in den Bruch mit der Tradition treiben, mit allem, was uns die Väter überliefert haben.

Wer solcherart mit Büßermiene als Ankläger auftritt, worin unterscheidet er sich von jenem Pharisäer, der im Tempel betet, während der Zöllner draußen vorm Tor bleibt? Er kann sich in die Brust werfen, daß er nun endgültig zu jenem Tempel gehört, den die Aufklärer uns errichtet haben: zum Tempel des Moralismus und der Ethiktümelei, die heute ihren Pech- und Schwefeldunst so penetrant verbreitet wie nie zuvor.

Das ist vielleicht der schwerwiegendste Traditionsbruch, der im vorigen Jahrhundert stattgefunden hat: Unsere Väter im Glauben und alle Heiligen wußten, daß sie Sünder waren; daß sie ihr Leben, das neue Leben, ein neues Herz allein von Jesus Christus empfangen konnten, von seiner Gnade. Ja, sie waren schlechte Christen, schlechte Menschen. Die Kirche als durch das sæculum pilgernde Gemeinschaft war voller Unrat, Schmutz und Sünde ihrer Glieder. Darum konnte sie ihren Retter ersehnen, erflehen und alles von ihm erhoffen, von ihm erwählt als makellose Braut, sine macula et ruga.

Heute sollen wir Moralbolzen sein. Wir ertragen die Sünde nicht. Nicht die eigene, darum schauen wir auf die andern. Und nicht die Sünde der andern, darum treiben wir die Sünder durch mediale Fegefeuer und Spießrutengassen – man erinnere sich an Lustmolch Clinton, Geldwäscher Kohl und Zündeljoschka Fischer –, bis sie öffentlich bekennen. Und wenn sie schon gestorben sind, übergeben wir sie der damnatio memoriæ. Heißa, nun sind wir endlich wohlangesehen im Tempel des Weltethos!

Angesichts dieses Greuels tröstet mich, daß unter unsern derzeitigen Hirten vereinzelt immer noch Propheten Christi auftreten; so Erzbischof Georg Eder von Salzburg, der im November vergangenen Jahres ein wirkliches Schuldbekenntnis abgelegt hat:

Die Situation weise „auf ein langjähriges Versagen der Hirten hin. Wir, die vom Herrn bestellten Wächter, haben unsere Pflicht schlecht erfüllt, wir sind säumig geworden. Wir Bischöfe haben uns viel zu wenig um die Herde gekümmert, wir haben die reißenden Wölfe eindringen lassen … Ja, die Hirten sind schuldig geworden, das Salz ist schal geworden, es wird bald zertreten werden.“

Wollte Gott, daß uns die Herren Pelagius, Kant, Tolstoj, oder wie die Hohenpriester des Moraltempels heißen, aus ihren höllischen Quartieren warnen könnten, bevor wir uns unversehens als ihre Nachbarn wiederfinden. Und mache der Herr uns zu neuem Salz, der Erde wieder Geschmack zu geben.
Beth hat geschrieben:Robert, du scheinst noch immer in einem anderen Jahrhundert zu leben.
Nicht bloß Jahrhundert. In den ganzen zwei Jahrtausenden der Kirche. Die weitergehen, bis der Herr wiederkommt.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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