@Amandus
Ich habe mal nachgesehen, da 1 Tim in einer Moralvorlesung behandelt wurde. Im Skriptum steht Folgendes: (Rechtschreibfehler bitte nicht beachten, er hat damals sehr schnell gelesen und das wörtliche Mittippen war ziemlich anstrengend...)
4. Ausgrenzung des Eheverbots als Irrlehre: Mit der Hochschätzung der Ehelosigkeit bei gleichzeitigem Widerspruch zur Ehe und geschlechtsfeindlichen Strömungen findet sich die Ausgrenzung des Eheverbots als Irrlehre – sie findet sich erst in 1 Tim. Es gab auch unter dem Christen Strömungen, die behaupteten, dass Heiraten und Kinder bekommen auf den Teufel zurückgehen [107]. Gegen solche Lehren wendet sich der Verfasser des 1. Timotheusbriefs. Er spricht von „heuchlerischen Lügnern, die verbieten, zu Heiraten und die fordern, auf bestimmte Spiesen zu verzichten.“ Offensichtlich handelt es sich dabei um eine gnostische Lehre, welcher der Verfasser widerspricht. Er begründet den Widerspruch: „Alles, was Gott geschaffen hat, ist gut und nichts ist verwerflich, wenn es mit Dank genossen wird. Es wird geheiligt durch Gottes Wort und durch Gebet.“ Dank heißt in diesem Fall die Anerkennung, dass es sich um ein Geschenk handelt, dass ich empfange, was ich anerkenne und damit den anerkenne, der dahintersteckt. Der Verfasser spricht von Heiligung – das Erfahrene wird durch Gottes Wort geheiligt; es gibt biblische Bezüge – und durch das Gebet. Auch die Erfahrung von Beziehung ist also ein Ort des Gebets.
Die Fußnote:
[107] So z.B. aus den apokryphen Johannesakten: Die Ehe sei Gabe des Todes und Verführung des Satans, Vergießung von Blut, Leidenschaft des Gemüts...usw.
Ich setze jetzt noch einen anderen Aspekt dahinter, der für mich damit im Zusammenhang steht:
3. Relativierung der Ehe: Die Relativierung der Ehe um des Himmelreiches willen ist ein weiterer Fokus. Dies entsprach überhaupt nicht den rabbinischen Auffassungen – man sah die Ehe als religiöse und ethische Pflicht an [101]. Nach rabbinischer Ansicht übertritt derjenige ein Gebot Gottes, der mit 20 Jahren noch nicht verheiratet ist. Sowohl Jesus wie Paulus betonen den Verzicht auf die Ehe und begründen ihn eschatologisch, nicht aber dualistisch und asketisch. [102] Der Verzicht auf die Ehe soll freimachen für die Anliegen, Belange und Notwendigkeit der Gottesherrschaft. [103] Besonders provozierend ist die Passage Mt 19,12, die der Evangelist nach dem Streitgespräch über die Ehescheidung einfügt: „Es gibt verschnittene, die sich selbst um der Himmelsherrschaft willen entmannt haben – wer es fassen kann, der fasse es.“ [104] Der Streit darüber, ob das Eunuchenwort realistisch gemeint war von den Verfassern oder ob es im übertragenen Sinne verstanden werden soll, wird heute zugunsten eines Bildwortes interpretiert. Man verweist auf den vorausgehenden 10. Vers, wo die Jünger sagen, dass „es, wenn die Stellung des Mannes so sei, wie Jesus sie geschildert habe, dass es dann nicht gut sei, zu heiraten.“ Eine Reihe von Exegeten nimmt sogar an, dass Jesus ähnlich, wie er von seinen Gegnern als Fresser ung Weinsäufer geschildert wurde, auch als Eunuch beschimpft wurde. So könnte der Schimpfname aufgenommen und von Jesus positiv verarbeitet worden sein. Es ist der Indikativische Stil erwähnenswert. Es wird nicht formuliert, dass Ehelosigkeit die Bedingung für de Gottesherrschaft sei. [105] Ausdrücklich angesprochen wird der Eheverzicht vor allem in 1 Kor 7. Es ist bemerkenswert, dass Paulus in Vers 25 ausdrücklich sein Bedauern äußert, dass er für diese Frage kein Herrenwort habe. Im Ganzen 7. Kapitel beantwortet Paulus Fragen, welche die Korinther zur Beantwortung vorgelegt haben.
Hier die Fußnoten:
[101] Ehe bedeutete auch immer die Weitergabe und die Erfüllung der Verheißung, die an Abraham gegeben wurde.
[102] Dies ist auch wichtig für das Zölibat!
[103] Im Laufe der Kirchengeschichte hat sich hier anderes angesiedelt, was eigentlich gar nicht in den biblischen Texten intendiert war. Manchmal wird da etwas kontaminiert.
[104] Es gibt im Laufe der Kirchengeschichte Leute, die diese Stelle wörtlich genommen haben und sich um des Himmelreiches willen entmannt haben.
[105] So blieben einige Jünger auch im Gefolge Jesu verheiratet – so Petrus.
[106]Es ist nicht die Position des Paulus, zu sagen, dass es gut ist für den Mann, keine Frau zu berühren. „Wegen der Gefahr der Unzucht soll aber jeder seine Frau haben und umgekehrt. Der Mann soll seine Pflicht gegenüber der Frau erfüllen und umgekehrt. Nicht die Frau verfügt über ihren Leib, sondern der Mann. Ebenso verfügt nicht der Mann über seinen Lieb, sondern die Frau. Entzieht euch einander nicht, außer in gegenseitigen Einverständnis und dann nur eine Zeit lang, um für das Gebet frei zu sein. Dann kommt wieder zusammen, damit euch der Satan nicht im Versuchung führt, wenn ihr euch nicht enthalten könnt. Das sage ich aus Zugeständnis, nicht als Gebot. Ich wünschte, alle Menschen wären wie ich, doch jeder hat seine Gnadengabe von Gott, der eine so, der andere so.“
Paulus beantwortet zunächst die Frage, ob es gut für den Mann sei, keine Frau zu berühren, ob es für Christen nicht ratsam sei, sexuelle Praxis zu unterlassen. Diese Maxime wurde offenbar von einer Gruppe in der korinthischen Gemeinde propagiert, die es als ideal ansah, dass die Unverheirateten ledig blieben und die Verheirateten keinen Verkehr pflegten. „Es ist gut für den Mann, keine Frau zu berühren“, gibt also offenkundig nicht die Meindung des Paulus wieder, sondern ist ein Zitat aus dem Brief der Gemeinde mit den Anfragen. Erst nach dem Zitat aus dem Brief an die Gemeinde kommt die Antwort des Paulus - Ansatz mit „Aber“. Paulus macht mit der Antwort deutlich, dass er persönlich die Ehelosigkeit höher schätzt als die Ehe, verbindet dies aber mit drei Einschränkungen:
1. Er betont, dass Christen heiraten sollten, wenn sie nicht enthaltsam leben können. Ehelosigkeit und Enthaltsamkeit können sinnvoll sein, aber sind nicht verpflichtet für die, welche als Christen leben möchten. Er spricht von einer Gnadengabe, einem Charisma. Es steht lediglich da als Korrektur des von Paulus geäußerten Wunsches, alle Menschen möchten doch ehelos sein wie er, aber jeder hat sein Charisma von Gott – ehelos oder mit der Ehe. Man soll also nicht so tun, als ob nur das ehelose Leben, der Zölibat, eine Gnadengabe sein könne, sondern auch das Leben in der Ehe kann eine Gnadengabe sein und spirituell so begriffen werden. Das ist auch gar nicht so einfach, soll es gelingen, und schon gar nicht so einfach wie gedacht.
2. Paulus legt großen Wert darauf, dass die Frömmigkeit nicht auf Kosten des Partners gelebt werden darf. Die Eheleute dürfen sich nicht entziehen, außer in gegenseitigem Einverständnis – wenn, dann auch nur eine Zeit lang, und wenn, dann nur für das Gebet. Danach sollen sie wieder zusammenkommen. Man darf seine eigene Frömmigkeit nicht ausleben, wenn der Partner nicht damit einverstanden ist – bezogen auf das Geschlechtliche.
3. Paulus qualifiziert seine Stellungnahme ausdrücklich als „Zugeständnis“ und unterscheidet dies vom „Gebot“ (V 6). Gemeint ist mit dem Zugeständnis nicht die Erlaubnis, zu heiraten oder geschlechtlich zu verkehren, sondern die Erlaubnis, während des Gebets asketisch zu leben. Auch on V 25 wiederholt Paulus: „Was die Frage der Ehelosigkeit angeht, so habe ich kein Gebot vom Herrn. Ich gebe euch nur einen Rat als einer, den der Kyrios durch sein Erbarmen vertrauenswürdig gemacht hat.“ Damit gibt Paulus zu erkennen, dass er die Weisung produktiv entwickelt hat, dass es sich hierbei aber nicht strenggenommen um eine Tradierung einer Anordnung Jesu handelt. So gibt Paulus der asketischen Gruppe in der Gemeinde eine entschiedene Absage. Die Art, wie er argumentiert, hat freilich nicht verhindert, dass Wendungen oder Formulierungen in der Theologie Ansatzpunkte und Rechtfertigungen für eine einseitige Sichten geboten haben. Augustinus bestimmte die Ehe als „Heilmittel einer Krankheit“. Das Kirchenrecht sprach bis 1983 von der Ehe als „Heilmittel der Begehrlichkeit, des Brennens des Fleisches“. Auch Luther, trotz seiner Polemik gegen des Priesterzölibat sprach von der Ehe als dem „Krankenhaus für die Siechen“. 1 Kor 7, 3-5 wurde die klassische Belegstelle für die auch rechtlich formulierte Pflicht der Ehegatten, sich dem anderen hingeben zu müssen, wenn der andere es verlangt.
Ich komme jetzt weiß Gott
aber nicht mehr dazu, die Stellen im Hinblick auf deine konkrete Frage auszuwerten...
Sorry!
Persönlich denke ich, dass sich der Verfasser wirklich einfach gegen Irrlehren richtet... ich sehe es ähnlich wie du...
Ich kann die Forderung nach verheirateten Bischöfen nicht als Muß-Bestimmung erkennen, sondern sehe einen Umstand (verheirateter Mann als Kandidat), bei dem noch bestimmte Dinge zu beachten sind.