Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

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Marion
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Marion »

Betreff: Die Heiligen und der irdische Frieden
Thomas_de_Austria hat geschrieben:Hm, hm ... Einen König in Griechenland gab es zur Zeit Kaiser Diokletians durchaus nicht ...

Das Grab dieser hl. Christin hat man gefunden, viel mehr weiß man nicht ...
Es steht in dieser Geschichte nicht, daß sie die Tochter des Königs von Griechenland, sondern von einem kleinen Landstrich in Griechenland ist. Auch Fürst wird gesagt, der einen kleinen Staat in Griechenland regierte. Gab es solcherlei zu dieser Zeit auch nicht?
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kephas
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von kephas »

Marion hat geschrieben:Betreff: Die Heiligen und der irdische FriedenEs steht in dieser Geschichte nicht, daß sie die Tochter des Königs von Griechenland, sondern von einem kleinen Landstrich in Griechenland ist. Auch Fürst wird gesagt, der einen kleinen Staat in Griechenland regierte. Gab es solcherlei zu dieser Zeit auch nicht?
Ganz Griechenland gehörte seit 146 v. Chr. zum Römischen Reich.

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Robert Ketelhohn
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Marion hat geschrieben:Betreff: Die Heiligen und der irdische Frieden
Thomas_de_Austria hat geschrieben:Hm, hm ... Einen König in Griechenland gab es zur Zeit Kaiser Diokletians durchaus nicht ...

Das Grab dieser hl. Christin hat man gefunden, viel mehr weiß man nicht ...
Es steht in dieser Geschichte nicht, daß sie die Tochter des Königs von Griechenland, sondern von einem kleinen Landstrich in Griechenland ist. Auch Fürst wird gesagt, der einen kleinen Staat in Griechenland regierte. Gab es solcherlei zu dieser Zeit auch nicht?
König heißt auf griechisch βασιλεύς. Das ist zugleich die gewöhnliche griechische Bezeichnung des römischen Kaisers. Also geht es gewiß um den Kaiser. Vermutlich hat die Autorin jener „Privatoffenbarung“ entweder selber was Griechisches gelesen, aber mangels historischer Kenntnisse nicht verstanden, daß es um den Kaiser ging, oder sie hat – wahrscheinlicher – eine italienische Übersetzung irgendeines griechischen Texts gelesen, der am selben Mißverständnis krankte. Daher hatte sie einen „griechischen König“. Dazu hat sie den bekannten Christenverfolger Diocletian in die Suppe gerührt und sich daraus dann die ganze Geschichte zusammenfabuliert oder -geträumt.
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Thomas_de_Austria
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Marion hat geschrieben:Betreff: Die Heiligen und der irdische Frieden
Thomas_de_Austria hat geschrieben:Hm, hm ... Einen König in Griechenland gab es zur Zeit Kaiser Diokletians durchaus nicht ...

Das Grab dieser hl. Christin hat man gefunden, viel mehr weiß man nicht ...
Es steht in dieser Geschichte nicht, daß sie die Tochter des Königs von Griechenland, sondern von einem kleinen Landstrich in Griechenland ist. Auch Fürst wird gesagt, der einen kleinen Staat in Griechenland regierte. Gab es solcherlei zu dieser Zeit auch nicht?
Na ja, einen polit. autonomen, griech. "Stammeshäuptling" gegen den Kaiser Diokletian hätte Krieg führen können (oder sogar müssen), gab es definitv nicht.
Die Verwaltung sah im Wesentlichen so aus: Zuerst kam der Kaiser, dann kamen die Präfekturen, dann die Diözesen, dann die Provinzen. Diokletian hat da ein wenig "umgeschichtet" und "gestrafft" bei seiner Verwaltungsreform, vor allem bei der Anzahl der Diözesen.
Achaea, Macedonia und Epirus waren zumindest bis zu ihm, die wesentlichen Provinzen im heutigen Griechenland: Erstere beiden hatten einen Prokonsul an der Spitze, Epirus einen Prokurator - alles kaiserliche Beamte. Wenn, dann müsste sie die Tochter eines solchen Beamten gewesen sein.
Zuletzt geändert von Thomas_de_Austria am Donnerstag 13. Januar 2011, 17:57, insgesamt 1-mal geändert.

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Marion
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Marion »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Marion hat geschrieben:Betreff: Die Heiligen und der irdische Frieden
Thomas_de_Austria hat geschrieben:Hm, hm ... Einen König in Griechenland gab es zur Zeit Kaiser Diokletians durchaus nicht ...

Das Grab dieser hl. Christin hat man gefunden, viel mehr weiß man nicht ...
Es steht in dieser Geschichte nicht, daß sie die Tochter des Königs von Griechenland, sondern von einem kleinen Landstrich in Griechenland ist. Auch Fürst wird gesagt, der einen kleinen Staat in Griechenland regierte. Gab es solcherlei zu dieser Zeit auch nicht?
König heißt auf griechisch βασιλεύς. Das ist zugleich die gewöhnliche griechische Bezeichnung des römischen Kaisers. Also geht es gewiß um den Kaiser. Vermutlich hat die Autorin jener „Privatoffenbarung“ entweder selber was Griechisches gelesen, aber mangels historischer Kenntnisse nicht verstanden, daß es um den Kaiser ging, oder sie hat – wahrscheinlicher – eine italienische Übersetzung irgendeines griechischen Texts gelesen, der am selben Mißverständnis krankte. Daher hatte sie einen „griechischen König“. Dazu hat sie den bekannten Christenverfolger Diocletian in die Suppe gerührt und sich daraus dann die ganze Geschichte zusammenfabuliert oder -geträumt.
Ich weiß nun nicht was genau alles (oder einfach alles zusammen?) du an der Geschichte für unhistorisch hälst?
Es gibt auf jeden Fall 3 von einander unabhängige Privatoffenbarungen (welche die weit auseinander wohnen und sich nie gesehen haben) in denen allen dreien der Diocletian als ihr Mörder offenbart wird.

Die dritte Offenbarung (der Nonne von der du meinst sie habe sich was zusammengesponnen), ist von einer frommen Klosterfrau zu Neapel gemacht worden. Erst nach einer sorgfältigen, von der geistlichen Behörde vorgenommenen Prüfung und nachdem man sich versichert hatte, daß sie alle Kennzeichen einer wahren Offenbarung an sich trage, wurde sie bekannt gemacht.

Deine These, daß die Nonne sich was zusammengesponnen habe ist mir neu. In Wikipedia steht nur, daß ein Priester diese Offenbarung wohl noch etwas ausgeschmückt haben soll.
Deine These, daß der Nonne die mal was griechisches gelesen haben könnte eine Geschichte einfiel, die auch noch 2 anderen wo anders auf der Welt einfiel ist mir doch etwas zu abenteuerlich und absurd um glaubhaft zu sein und daher auch deine Spekulation wie das alles zusammen gekommen sein könnte.
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Robert Ketelhohn
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Lies dir mal echte Viten von Märtyrerjungfrauen des Altertums durch. Dann merkst
du, woher die (bestensfalls) überspannten Phantasien im 19. Jht. stammten.

Ich messe historischen Heiligen- und Märtyrerbereichten durchaus erhebliches Ge-
wicht bei, auch gegen die Stimmen einer Mehrheit agnostischer Historiker und Theo-
logen heute. Aber an den neuzeitlichen Philomena-Phantasien ist nichts zu retten.
Wer das trotzig verteidigt, entwertet damit leider auch seine Verteidigung echter Mär-
tyrerakten und leistet so der Kirche und der Wahrheit einen Bärendienst.
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Marion
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Marion »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wer das trotzig verteidigt, entwertet damit leider auch seine Verteidigung echter Mär-
tyrerakten und leistet so der Kirche und der Wahrheit einen Bärendienst.
9 Päpste waren es also die der Kirche einen Bärendienst erwiesen haben und auch der hl. Pfarrer von Ars meinte nicht, daß das irgendjemand einen Schaden zufügen könnte oder Märtyrerakten entwertet.
Aber der Herr Ketelhohn warnt nun :pfeif:


124 Jahre hatte sie ihren Gedenktag - Was meinst du was in dieser Zeit über die Heilige erzählt wurde? Daß ne Nonne die nicht richtig griechisch kann sich was zusammengesponnen hat?

Ist es also (da du mir die Frage nicht beantwortet hast) so, daß du meinst man könne nun die ganze Geschichte in die Tonne treten, und nicht nur eventuell später ausgeschmückte Einzelheiten? (Bei denen du entlarvt hast, daß sie nicht stimmen können)

Nicht nur die eine Privatoffenbarung von der Nonne gefällt dir nicht, du streitest also auch die anderen beiden ab?
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anneke6
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von anneke6 »

Marion hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wer das trotzig verteidigt, entwertet damit leider auch seine Verteidigung echter Mär-
tyrerakten und leistet so der Kirche und der Wahrheit einen Bärendienst.
9 Päpste waren es also die der Kirche einen Bärendienst erwiesen haben und auch der hl. Pfarrer von Ars meinte nicht, daß das irgendjemand einen Schaden zufügen könnte oder Märtyrerakten entwertet.
Aber der Herr Ketelhohn warnt nun :pfeif:
Auch wenn der Pfarrer von Ars ein Heiliger war, so konnte er sich doch trotzdem irren. Und dasselbe gilt für Päpste.
???

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Robert Ketelhohn
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Marion hat geschrieben:
Robert Ketelhohn hat geschrieben:Wer das trotzig verteidigt, entwertet damit leider auch seine Verteidigung echter Märtyrerakten und leistet so der Kirche und der Wahrheit einen Bärendienst.
9 Päpste waren es also die der Kirche einen Bärendienst erwiesen haben und auch der hl. Pfarrer von Ars meinte nicht, daß das irgendjemand einen Schaden zufügen könnte oder Märtyrerakten entwertet. Aber der Herr Ketelhohn warnt nun :pfeif:
Ach Marion, lies doch mal, was ich zu Anfang dieses Strangs und vorhin im Nachbarstrang geschrieben habe, in dem du Philomena angeführt hattest. – Das Grab ist echt, und zwar dasjenige eines jungen Mädchens. Ich halte auch die Ansichten nicht für stichhaltig, die meinen, die falsch angeordneten Grabplatten mit dem verdrehten Namen – [LUMENA | PAX TE | CUM FI] statt [PAX TE | CVM FI | LVMENA] – ließen darauf schließen, die Platten hätten ursprünglich zu einem andern Grab gehört, im aufgefundenen ruhe demnach nicht die von der Inschrift genannte Filumena. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Platten eines andern Grabes zu diesem geschafft hätten werden sollen, und schon gar nicht, warum man sie dann in falscher Reihenfolge angebracht hätte. Die falsche Reihenfolge muß eine besondere, zufällige Ursache haben. So könnten die Platten nach einer (geschehenen oder versuchten) Graböffnung verkehrt zurückgelegt worden sein, etwa aus Eile oder bei Dunkelheit. Das läßt sich nicht mehr feststellen. Aber was immer man mutmaßen könnte, wird besser passen, wenn es am eigenen Grab der Grabplattenbesitzerin spielt als an einem fremden Grab. Die Identifizierung einer Filumena (vlat. für Philomena) als der dort bestatteten Person ist m. E. also eindeutig.

Die Symbolik am Grab läßt keine weiteren Rückschlüsse sicher zu, als daß es sich bei der Bestatteten um eine Gläubige handelt. Hinweise auf ein Martyrium gibt es nicht; ein solches kann aber auch nicht ausgeschlossen werden. Die Paläographie ordnet die Inschrift eindeutig der zweiten Hälfte des 2. Jht.s zu, was ein Martyrium generell eher unwahrscheinlich macht, wenn auch nicht ausschließt. Ein Zusammenhang mit der diocletianischen Verfolgung zu Anfang des 4. Jht.s ist aber ganz unmöglich.

Aufgrund der zahlreichen erhörten Gebete und Wunder auf Fürsprache Filumenas ist die kirchliche Verehrung erlaubt worden. Das ist gut und richtig.

Die angebliche Offenbarung aber über Filumenas Leben und Sterben, die eine italienische Nonne empfangen haben will, ist offensichtlich falsch. Praktisch in jedem Satz des Textes springen einen die Unmöglichkeiten an. Der italienische Pfarrer, der Filumenas Gebeine überführt und ihre Verehrung vorangetrieben hat, soll das noch um weitere Unmöglichkeiten angereichert haben. Von zwei weiteren Visionen oder Auditionen liest man andeutungsweise, findet aber keine Texte. Vermutlich widersprechen sie dem andern Text oder geben nichts her, wie der Nonnentext ja auch nicht.

Was immer an Lebensgeschichte oder Märtyriumsbeschreibung der hl. Philomena herumgeistert, ist absolut ohne jede reale Substanz und ohne jeden historischen Bezug und sollte von allen Gläubigen gemieden werden.

Die hl. Philomena war ein christliches Mädchen, eine gläubige Tochter der Kirche, die irgendwann um 170 oder 180, allerhöchstens zwei Jahrzehnte früher oder später, im römischen Reich lebte, in noch jugendlichem Alter aus unbekanntem Grund in Rom starb und ebenda in den Priscilla-Katakomben beigesetzt wurde. Seit der Auffindung ihrer Überreste im Jahr 1802 wurde sie vom gläubigen Volk verehrt, und es geschahen auf ihre Fürbitte hin zahlreiche Wunder, was die Ansicht des Volks beglaubigt, daß Philomena zu den Heiligen des Himmels zählt.
filumena.png
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anneke6
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von anneke6 »

Hier noch ein paar Infos von einer Philomenaseite:
http://www.philomena.us/Present%2Eccle ... ov%24.htm
So wie ich es sehe, ist die zeitgenössische Philomenaverehrung schwer von den Privatoffenbarungen zu trennen, die offenbar auch die Billigung des hl. Offiziums erhielten:
http://books.google.de/books?id=8WobgIc ... ce&f=false
Ich persönlich glaube an die Historizität von Philomena aufgrund des Grabes…die Privatoffenbarungen scheinen zu fehlerhaft, der bereits genannten Gründe wegen.
???

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Robert Ketelhohn
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Das Heilige Offizium approbiert keine Privatoffenbarungen, und schon gar nicht solchen Stuß. Weshalb zitiert Herr Miravalle denn die angebliche Approbation nicht? (Im übrigen ist Miravalle einer der hauptsächlichen Korredemptrizenpropagandisten. Dem glaube ich sowieso kein Wort.)

Noch mal Klartext: Der Text dieser Nonne ist so absurd, daß die Dame nur entweder geistesgestört gewesen sein kann oder eine Betrügerin. Auf alle Fälle nicht sehr helle.
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anneke6
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von anneke6 »

Ich höre den Namen Miravalle heute zum ersten Mal. In der Tat ist es etwas merkwürdig, daß er die Approbation nicht zitieren kann. Kennt jemand anders vielleicht den Text — falls es ihn denn gibt?
???

Thomas_de_Austria
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Um einmal kurz zusammen zu fassen, was man weiß:

Filumena war ein christl. Mädchen - mit griech. Namen -, das um AD 170/80 in Rom verstarb und in den Priscilla-Katakomben mit einer Grabtafel mit der Aufschrift "Pax tecum Filumena" und mit der Darstellung eines Palmzweiges, einer Lilie und eines Ankers darauf, sowie mit einem gläsernen Salbgefäß (evtl. mit Blutresten?) beigesetzt wurde. Ihr Grab - mit der inzwischen zerbrochenen Tafel - wurde AD 1802, am 25. Mai wiederentdeckt. Die Menschen hielten sie für eine Heilige, aufgrund des Gefäßes auch für eine Märtyrerin. Aufgrund der zahlreichen erhörten Gebete und Wunder auf ihre Fürsprache hin, darf sie auch offiziell als Heilige verehrt werden.

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Sempre
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Sempre »

Thomas_de_Austria hat geschrieben:Filumena war ein christl. Mädchen [...] das um AD 170/80 in Rom verstarb
Das weiß man nicht sicher, das gilt wegen der Art der Schrift auf den Platten als wahrscheinlich. Es kann aber irgendein `Tradi' dieselbe Schrift viel später immer noch verwendet haben. Das oder auch anderes mehr klingt zwar unwahrscheinlicher, ist aber auch nicht sicher auszuschließen.

Die historische Wissenschaft kann hier in Ermangelung an unverblichenen Spuren kein auch nur halbwegs sicheres Urteil fällen.

Gruß
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Niemals sei gesagt es werde je zugelassen, daß ein zum Leben prädestinierter Mensch sein Leben ohne das Sakrament des Mittlers beendet. (St. Augustin, Gegen Julian, V-4)

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Robert Ketelhohn
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Sempre hat geschrieben:
Thomas_de_Austria hat geschrieben:Filumena war ein christl. Mädchen [...] das um AD 170/80 in Rom verstarb
Das weiß man nicht sicher, das gilt wegen der Art der Schrift auf den Platten als wahrscheinlich. Es kann aber irgendein `Tradi' dieselbe Schrift viel später immer noch verwendet haben. Das oder auch anderes mehr klingt zwar unwahrscheinlicher, ist aber auch nicht sicher auszuschließen.

Die historische Wissenschaft kann hier in Ermangelung an unverblichenen Spuren kein auch nur halbwegs sicheres Urteil fällen.
Nein, das ist unzutreffend. Die Paläographie ist im allgemeinen schon ziemlich exakt. Wo es Unsicherheiten gibt, weiß man das auch und legt sich nicht so klar fest wie hier.

Deine Vorstellung von einem später noch in älterem Stil Inschriften verfertigenden „Tradi“ ist einigermaßen weltfremd. Das müßte schon ein Protokujau gewesen sein. Mir ist aber nicht bekannt, daß es solche Phänomene gäbe. Darum arbeiten die Paläographen auch fröhlich nach ihrer bewährten Methode, und die Historikerzunft verläßt sich drauf.

Die Gewißheit ist größer als diejenige, die ein Richter braucht, um einen Gefangenen lebenslänglich ins Zuchthaus zu werfen.
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overkott
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von overkott »

Sempre hat geschrieben:
overkott hat geschrieben:Geistlich gesehen, bliebe die Heilige auch dann liebens- und verehrungswürdig, selbst wenn sie nur eine Allegorie für die Treue im Glauben, in der Hoffnung und in der Liebe wäre.
Nein, overkott. Phantastereien sind weder liebens- noch verehrungswürdig. Gott ist die Wahrheit und kein erfundenes Märchen. Dementsprechend ist die Wahrheit liebens- und verehrungswürdig, und Märchen sind ein bestenfalls nutzloser Trost für Angsthasen, die vor der Realität fliehen.

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Was bedeuten für dich Wahrheit und Gleichnis? Ist die Welt die Wahrheit oder ein Gleichnis? Die Schöpfungsgeschichte erzählt jedenfalls, dass die Welt der Wahrheit entspricht ("Gott sprach"), aber eben nur als ein Gleichnis. In einem Gleichnis ist nicht alles, sondern nur das Wesentliche wahr, nicht die besondere Form, sondern die allgemeine Idee. Der Leibliche interessiert sich für die Form, der Geistliche für den Inhalt. Für einen Geistlichen liegt die Wahrheit der Geschichten über den heiligen Christophorus und die heilige Philomena darin, ob sie zum Guten und zum guten Tun führen oder nicht.

Thomas_de_Austria
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Thomas_de_Austria hat geschrieben:Filumena war ein christl. Mädchen [...] das um AD 170/80 in Rom verstarb
Das weiß man nicht sicher, das gilt wegen der Art der Schrift auf den Platten als wahrscheinlich. Es kann aber irgendein `Tradi' dieselbe Schrift viel später immer noch verwendet haben. Das oder auch anderes mehr klingt zwar unwahrscheinlicher, ist aber auch nicht sicher auszuschließen.

Die historische Wissenschaft kann hier in Ermangelung an unverblichenen Spuren kein auch nur halbwegs sicheres Urteil fällen.
Nein, das ist unzutreffend. Die Paläographie ist im allgemeinen schon ziemlich exakt. Wo es Unsicherheiten gibt, weiß man das auch und legt sich nicht so klar fest wie hier.

Deine Vorstellung von einem später noch in älterem Stil Inschriften verfertigenden „Tradi“ ist einigermaßen weltfremd. Das müßte schon ein Protokujau gewesen sein. Mir ist aber nicht bekannt, daß es solche Phänomene gäbe. Darum arbeiten die Paläographen auch fröhlich nach ihrer bewährten Methode, und die Historikerzunft verläßt sich drauf.

Die Gewißheit ist größer als diejenige, die ein Richter braucht, um einen Gefangenen lebenslänglich ins Zuchthaus zu werfen.
Das hätte ich auch so ähnlich geschrieben, wenn ich schneller gewesen wäre ... :daumen-rauf:

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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Sempre »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Sempre hat geschrieben:
Thomas_de_Austria hat geschrieben:Filumena war ein christl. Mädchen [...] das um AD 170/80 in Rom verstarb
Das weiß man nicht sicher, das gilt wegen der Art der Schrift auf den Platten als wahrscheinlich. Es kann aber irgendein `Tradi' dieselbe Schrift viel später immer noch verwendet haben. Das oder auch anderes mehr klingt zwar unwahrscheinlicher, ist aber auch nicht sicher auszuschließen.

Die historische Wissenschaft kann hier in Ermangelung an unverblichenen Spuren kein auch nur halbwegs sicheres Urteil fällen.
Nein, das ist unzutreffend. Die Paläographie ist im allgemeinen schon ziemlich exakt. Wo es Unsicherheiten gibt, weiß man das auch und legt sich nicht so klar fest wie hier.

Deine Vorstellung von einem später noch in älterem Stil Inschriften verfertigenden „Tradi“ ist einigermaßen weltfremd. Das müßte schon ein Protokujau gewesen sein. Mir ist aber nicht bekannt, daß es solche Phänomene gäbe. Darum arbeiten die Paläographen auch fröhlich nach ihrer bewährten Methode, und die Historikerzunft verläßt sich drauf.

Die Gewißheit ist größer als diejenige, die ein Richter braucht, um einen Gefangenen lebenslänglich ins Zuchthaus zu werfen.
Ja, Richter verlassen sich auf die Gutachter. Und die Gutachter sagen hier: die Schrift ist ein gewichtiges Indiz für einen gewissen Zeitraum. Dabei können sie eine Wahrscheinlichkeitsverteilung angeben, deren Abszisse dem Kalender folgt. Die Verteilung wird einer Gaußverteilung grob ähneln. Je weiter das Datum von der Mitte entfernt, desto geringer seine Wahrscheinlichkeit.

Da es hier aber nun nicht darum geht, ein für alle verbindliches Urteil zu fällen, hat der Richter Urlaub. Wie schön, denn er riskiert ein Fehlurteil, wenn auch nur mit geringer Wahrscheinlichkeit.

Nun gibt es immer einige wenige, manchmal auch mehr, die eines Richters Urteil bezweifeln. Und manchmal zurecht.

Ansonsten glauben wir Christen ja so einiges, was eher sehr unwahrscheinlich erscheint.

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Niels
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Niels »

:hae?:
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Sempre »

Niels hat geschrieben: :hae?:
Verständlich formulierte Fragen beantworte ich gerne.

Gruß
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Thomas_de_Austria »

Nur bleibe ich bei der gewöhnlichen Historie (denn um Glaubenswahrheiten handelt es sich hierbei ja nicht - dort ist so ziemlich der einzige Bereich, wo ich etwas völlig Fernliegendes und total Unwahrscheinliches glaube) lieber beim Naheliegenden, sofern es nicht echte, historische Gründe gibt, die für etwas anderes sprechen (andernfalls könnte man sehr, sehr seltsame Annahmen "ernsthaft" vertreten, evtl. auch so etwas wie eine abgewandelte Form von Illigs Schwachsinnsthesen etc.). Und das, was wir aus dem 19. Jhdt. haben, vor allem das bzgl. Diokletian Erzählte , ist definitiv nicht geeignet, da eine spätere Datierung in Betracht zu ziehen.

Was ich nicht ausschließen will - auch aufgrund dieses beigelegten Gefäßes - ist, dass sie, obwohl es zu dieser Zeit zwar keine größere Verfolgung gab, trotzdem eine Märtyrerin gewesen sein könnte.

ad_hoc
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von ad_hoc »

Ist es nicht so, dass die Hl. Philomena überhaupt erst aufgrund einer Vision bekannt geworden ist?
Hoffentlich erinnere ich mich richtig: Zur Zeit kommunistischen Diktatur in Polen wurde ein Priester gefoltert, umgebracht und irgendwo verscharrt. In einer Vision gab dieser Priester später die Umstände seines Todes sowie die Stelle an, wo er verscharrt worden war. Trotz der inzwischen vergangenen Jahre war der Körper, der aufgrund dieser Vision aufgefunden wurde, noch so frisch, als wäre er erst vergraben worden.
Anneke6 weiß hierzu sicher Näheres.
Hier war aufgrund der zeitlichen Nähe noch alles dokumentierbar, was im Fall der Hl. Philomena, wo diese zeitliche Nähe eben nicht mehr besteht, eben nicht mehr möglich ist. Das ist für mich aber auch schon der einzige wesentliche Unterschied,

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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Robert Ketelhohn
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

ad_hoc hat geschrieben:Ist es nicht so, dass die Hl. Philomena überhaupt erst aufgrund einer Vision bekannt geworden ist?
Nein, sondern durch die Auffindung ihres Grabes und ihrer Gebeine. Über jene „Vision“ haben wir doch oben schon gesprochen. Über die sollte man den Mantel des Schweigens breiten.
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Marion »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Von zwei weiteren Visionen oder Auditionen liest man andeutungsweise, findet aber keine Texte. Vermutlich widersprechen sie dem andern Text oder geben nichts her, wie der Nonnentext ja auch nicht.
Da vermutest du falsch.
Alle drei Texte gibt es noch. Sie wurden am 16. Januar 1939 zusammen mit den dort geschehenen Wundern, der Auffindung des Grabes etc. in einem 100 seitigen Büchlein mit kirchlicher Druckerlaubnis veröffentlicht. (Ich habe die Übersetzung aus dem Französischen von Engelbert Zunhammer, Pfr. i. R. hier vorliegen) Wie ich bereits hier geschrieben habe erst nach einer sorgfältigen Prüfung und nachdem man sich versichert hatte, daß alle Kennzeichen einer wahren Offenbarung an sich trage, wurde es veröffentlicht.

Es bringt nichts, wenn du dich mit dem Thema nicht sorgfältig beschäftigst und falsche Dinge dazu vermutest aber trotzdem hartnäckig dagegenreden willst.

Übrigens die Texte widersprechen sich überhaupt nicht und die 3 Leute haben sich nie gesehen. Du müsstest nun also eine unglaubliche Geschichte zusammenspinnen, damit das alles zusammenpasst oder alle 3 des Betrugs anklagen und den Papst Gregor, noch 8 Päpste mehr und den hl. Pfarrer von Ars als Dummköpfe hinstellen. Kannst de natürlich weitermachen. Solange du nicht die Unmöglichkeit beweißt (also richtige Widersprüche) stelle ich mich zu den 9 Päpsten und dem hl. Pfarrer von Ars.

Die Verehrung der Hl. Philomena als Jungfrau und Märtyrerin (wozu man die Offenbarung kennen muss!) ist wohl auch immernoch erlaubt und von niemandem außer dir als schädlich verurteilt.
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

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Marion, bitte konzentriere dich darauf, die richtigen und wichtigen Dinge zu verteidigen.
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Liebe Marion, die beiden andern Texte kenne ich nicht, wie ich ja selber sagte. Wenn du sie hast, scanne sie doch und stell sie hier ein. (Dabei kann ich auch gern helfen.)

Eine „kirchliche Druckerlaubnis“ besagt überhaupt nichts.

Es haben nicht „neun Päpste“ jene angeblichen Privatoffenbarungen bestätigt, sondern kein einziger. Ob der hl. Pfarrer von Ars sich irgendwie zum Inhalt jener angeblichen Privatoffenbarungen positioniert hat, weiß ich nicht, das ist aber auch ohne Belang, weil er dazu weder formal noch fachlich kompetent war.

Privatoffenbarungen, selbst echte, taugen keinesfalls als historische Quellen. Wenn sie historische Quellen bestätigen, ist das beeindruckend. Interessant, wenn sie obendrein zusätzliche Details mitteilen – ich denke etwa an Anna Catharina Emmerich und Therese von Konnersreuth –, aber auch in solchen Details niemals verläßliche Information.

Die angebliche Privatoffenbarung der italienischen Nonne Maria Luisa di Gesù ist darüber hinaus bereits auf den ersten Blick absolut unbrauchbar und strotzt vor Widersprüchen. Man braucht, dies zu erkennen, nicht einmal rudimentäre historische Kenntnisse. Da erzählt die angebliche Philomena, ihr Geburtsname sei „Lumena“ gewesen, also die Buchstabenfolge der ersten der in der Reihenfolge vertauschten Grabplatten; bei der Taufe habe sie dann den Namen „Filumena“ erhalten.

Diese krude Idee ist offensichtlich von den ebenso offensichtlich vertauschten Grabplatten inspiriert und – von einem Erwachsenen geäußert – so absurd, daß sich jeder weitere Kommentar erübrigt.

Jenes „Lumena“ soll irgendetwas mit „Licht“ bedeuten. Das ist einfach das lateinische Wort lumen mit einem -a hintendran. Solchen einen Namen gibt es aber nicht, und so kann auch keiner gebildet werden, ja überhaupt kein von lumen abgeleitetes Wort, denn dessen Stamm ist lumin-. Mit diesem Stamm gibt es eventuell einen einzigen Namensbeleg (unter Zigtausenden) im Corpus Inscriptionum Latinarum, nämlich „LVMINIAE“ in einer im übrigen stark korrupten Inschrift (CIL 05,06109). Sonst werden Namen, deren Bedeutung mit „Licht“ zu tun hat, regelmäßig vom Stamm luc- abgeleitet, wie etwa sehr häufig Lucia, Lucilla, Lucin[і]a, seltener Lucian[і]a.

Den angeblichen Taufnamen deutet die Erscheinung nun als „Tochter des Lichts“, also filia luminis. Das ist aus philologischen Gründen ebenso wie aus Sicht der lateinischen Personennamenbildung völlig unmöglich, was im einzelnen darzulegen hoffentlich unnötig ist.

Weiterhin ist die ganze Namensherleitung aus dem Lateinischen offensichtlich verfehlt, soll die Namensträgerin doch Griechin sein. Nun ist der Name in Wahrheit aber ein Name griechischer Herkunft, woran überhaupt kein Zweifel bestehen kann, nämlich griechisch „Philomena“, was im nachklassischen und Vulgärlatein verbreitet als „Philumena“ oder „Filumena“ wiedergegeben wird. Die lateinische Namensgestalt wiederum spricht hier mit einiger Wahrscheinlichkeit gegen eine griechische Herkunft der Namensträgerin.

Mit all diesem sprachlich-onomastischen Unsinn, welchen die Erscheinung erzählt haben soll, ist sie bereits von vornherein erledigt. Man braucht sich darüber keinerlei weitere Gedanken zu machen. Der griechische Fürst, den es nicht gegeben haben kann, wurde schon erwähnt, ebenso der Kaiser, der gar nicht in Rom war; dazu dessen abstruses Heiratsbegehren, von dem sonst keiner was weiß, die frappante Ähnlichkeit mit echten Jungfrauenviten der alten Kirche und manches mehr: All das ist an Albernheit schwerlich zu überbieten. Dagegen können wir auf den paläographischen Befund einer Datierung in die zweite Hälfte des 2. Jahrhundert sicher bauen.
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taddeo
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von taddeo »

Ich möchte dazu anmerken, daß all dies selbstverständlich nicht einer Verehrung der Philomena entgegensteht. Märtyrerin muß sie dazu gar nicht sein. Sie ist wohl eine Katakombenheilige aus der Frühzeit der römischen Kirche, wie es sie zu Abertausenden gab und gibt - nicht mehr, aber immerhin auch nicht weniger.

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Robert Ketelhohn
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

taddeo hat geschrieben:Ich möchte dazu anmerken, daß all dies selbstverständlich nicht einer Verehrung der Philomena entgegensteht. Märtyrerin muß sie dazu gar nicht sein. Sie ist wohl eine Katakombenheilige aus der Frühzeit der römischen Kirche, wie es sie zu Abertausenden gab und gibt - nicht mehr, aber immerhin auch nicht weniger.
:klatsch:
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Marion
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Marion »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Liebe Marion, die beiden andern Texte kenne ich nicht, wie ich ja selber sagte. Wenn du sie hast, scanne sie doch und stell sie hier ein. (Dabei kann ich auch gern helfen.)
Das muss ich mir noch überlegen ob sich diese Mühe lohnt. Ich schrieb es nur, weil du behauptetest daß man keine Texte fände und daß sie deiner Vermutung nach auch der anderen Offenbarung widersprächen. Dem ist beidem nicht so.

Taddeo,
http://www.sanctamissa.org/en/resources ... m-pdf.html
in diesem Missale Romanum wird sie Jungfrau und Märthyrer genannt. Das geht nur, wenn jemand aus der Kirche die Offenbarungen als wahr klassifiziert. Ansonsten würde ich euch zustimmen, daß sie halt irgendeine namenslose Katakombenheilige wäre, bei der vielleicht auch noch das Grab verwechselt wurde, da die Platten verkehrt rum standen.
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taddeo
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von taddeo »

Marion hat geschrieben:Taddeo,
http://www.sanctamissa.org/en/resources ... m-pdf.html
in diesem Missale Romanum wird sie Jungfrau und Märthyrer genannt. Das geht nur, wenn jemand aus der Kirche die Offenbarungen als wahr klassifiziert. Ansonsten würde ich euch zustimmen, daß sie halt irgendeine namenslose Katakombenheilige wäre, bei der vielleicht auch noch das Grab verwechselt wurde, da die Platten verkehrt rum standen.
Tja, da muß also wohl ein Gynäkologe genau nachgeschaut haben, ob Madame Philomena tatsächlich Jungfer war, nicht wahr ... ist ja an den Gebeinen unschwer zu erkennen. ;D

Marion, auch ein Missale kann - sachlich betrachtet - eine objektive Falschaussage enthalten. Spielt es eine Rolle, ob die Philomena nun mit dem liturgischen Commune-Formular "de virgine et martyre" besungen wird oder mit einem anderen, etwa "de non virgine martyre" oder "de uno martyre" oder "de confessore"? Das ist nämlich die einzige Konsequenz, die sich aus dieser Zuschreibung ergibt.
Die Kirche hat die römischen Katakombenheiligen von jeher pauschal als "Märtyrer" eingestuft, zunächst vermutlich in der (freilich nicht ganz richtigen) Annahme, daß die meisten von ihnen tatsächlich gewaltsam für ihren Glauben zu Tode gebracht wurden, und weil man nicht in jedem Einzelfall nachprüfen konnte, ob das stimmt. "Martyres" waren sie tatsächlich alle - nämlich "Zeugen" des Glaubens.

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Marion
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Marion »

taddeo hat geschrieben:Marion, auch ein Missale kann - sachlich betrachtet - eine objektive Falschaussage enthalten.
Mir geht es hier nicht darum, zu beweisen daß das alles so gelaufen ist. Mir geht es darum zu zeigen, daß es nicht sicher ist, also Schwachsinn sein muss, wie hier die ganze Zeit behauptet wird, sondern daß es gut möglich ist und daß es kein Fehler ist das zu glauben.
taddeo hat geschrieben:Spielt es eine Rolle, ob die Philomena nun mit dem liturgischen Commune-Formular "de virgine et martyre" besungen wird oder mit einem anderen, etwa "de non virgine martyre" oder "de uno martyre" oder "de confessore"?
Da musst du die Hl. Philomena fragen. Sie ist auf jeden Fall ne Strenge Heilige :pfeif:
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Robert Ketelhohn
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Re: Die Heilige Philomena (Filomena?) - wer weiss was davon?

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Marion hat geschrieben:in diesem Missale Romanum wird sie Jungfrau und Märtyrer genannt. Das geht nur, wenn jemand aus der Kirche die Offenbarungen als wahr klassifiziert.
Nein, man hat sie wegen der dem Grab beigegebenen Glasampulle für eine Märtyrerin gehalten. Das ist aber alles andere als ein sicherer Hinweis, wie man heute weiß. (Das aktuelle Stundenbuch bezeichnet unseligerweise sogar Origenes als Märtyrer, einen verurteilten Irrlehrer.)
Marion hat geschrieben:Ansonsten würde ich euch zustimmen, daß sie halt irgendeine namenslose Katakombenheilige wäre, bei der vielleicht auch noch das Grab verwechselt wurde, da die Platten verkehrt rum standen.
Verwechseltes Grab möchte ich ausschließen, habe ich ja oben erklärt.
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