Was macht die Seelsorge aus?

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Raphaela
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Was macht die Seelsorge aus?

Beitrag von Raphaela »

Priester sollen Seelsorger sein, aber sind sie das denn wirklich immer? - Kann man ihnen nicht in einem speziellen Kurs beibringen, wie sie behutsam mit Menschen umgehen? Oder braucht es dazu vielleicht erst etwas Lebenserfahrung
Zwei Beispiele hierfür:
Als ich kurz nach meinem Studium als Gemeindesassistenin begann, wusste ich nicht genau, wie ich im Krankenhaus (und anderen schwierigen Lagen) am besten mit Menschen umgehen, die weinen. Ich fragte den Kaplan, was er den mache. Die Antwort: "Ich sag den Leuten, sie sollen aufhören zu weinen, sonst gehe ich!" - Meiner Meinung nach wenig einfühlsam

Das nächste Beispiel: Kurz nach der Hochzeit hatte der Mann von meiner Nachbarin einen schweren Unfall (einige Zeit später starb er daran) Als sie zur Unfallklinik gefahren wurde, in der ihr Mann lag, war auch ein Priester dabei, der Notfallseelsorger war. (Sie erkannte ihn am römischen Kragen) Er zeigte ohne irgendwelche Emotionen auf einen Baum und sagte in einen normalen bis fröhlichen Ton: Das ist übrigens der Baum, gegen den ihr Mann gefahren ist"

Wieso werden Priester da nicht besser drauf vorbereitet? Was versuchen Priester zu tun, um sich besser einfühlen zu können? - Also Weiterbildungen etc....
Pastoral- und Gemeinderefernten dürfen auch gerne antworten, sie sind ja auch Seelsorger

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Edi
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Re: Was macht die Seelsorge aus?

Beitrag von Edi »

Raphaela hat geschrieben:Was versuchen Priester zu tun, um sich besser einfühlen zu können?
Man muss nur Mensch sein und den Betreffenden, den Nächsten ernst nehmen und wenn man noch Priester ist was empfiehlt sich da erst recht? Das Gebet für denjenigen.

Als ich mal in Krankenhaus war, da hatte ich drei Pfarrer bestellt:
Der eine, ein ev. Krankenhauspfarrer, der also jeden Tag die Kranken besucht und den ich von einem früheren Hauskreis kannte, las mir einen langweiligen Text aus den Tageslosungen vor und sagte zu mir, ich müsse halt nun da durch das Kranksein durch, was ich ja schon selber wusste. Der andere, auch ein ev. Pfarrer, den ich gut kannte, betete jeweils für mich und mit mir und der dritte, ein kath. Pfarrer spendete mir die Krankensalbung und sprach die dazu gehörigen Gebete. Man darf raten, welche zwei Pfarrer die besseren waren.

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

Gute Seelsorge beinhaltet im besten Falle das Kennen und Erkennen der Menschen, ihrer Geschichten und ihrer Eigenheiten. Ganz nach dem Zitat
"ich bin der gute Hirte; und ich kenne die Meinen, und die Meinen kennen mich". Leider ist es heutzutage mit den immer größeren "Seelsorgeeinheiten" und den sog. Strukturreformen (bei der meines Erachtens vor allem Strukturen zerstört statt erneuert werden) wohl kaum mehr für einen Pfarrer möglich wirklich für alle Seelen zu sorgen. Eine Tragödie.
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
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Linus
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Beitrag von Linus »

Das nächste Beispiel: Kurz nach der Hochzeit hatte der Mann von meiner Nachbarin einen schweren Unfall (einige Zeit später starb er daran) Als sie zur Unfallklinik gefahren wurde, in der ihr Mann lag, war auch ein Priester dabei, der Notfallseelsorger war. (Sie erkannte ihn am römischen Kragen) Er zeigte ohne irgendwelche Emotionen auf einen Baum und sagte in einen normalen bis fröhlichen Ton: Das ist übrigens der Baum, gegen den ihr Mann gefahren ist"
Man mög es mir verzeihen aber :D :D :D (Gut ich bin in fröhlicher Stimmung, ich geb mir grad das Straßenbahnjournal.)
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Raphaela
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Beitrag von Raphaela »

Linus hat geschrieben:
Das nächste Beispiel: Kurz nach der Hochzeit hatte der Mann von meiner Nachbarin einen schweren Unfall (einige Zeit später starb er daran) Als sie zur Unfallklinik gefahren wurde, in der ihr Mann lag, war auch ein Priester dabei, der Notfallseelsorger war. (Sie erkannte ihn am römischen Kragen) Er zeigte ohne irgendwelche Emotionen auf einen Baum und sagte in einen normalen bis fröhlichen Ton: Das ist übrigens der Baum, gegen den ihr Mann gefahren ist"
Man mög es mir verzeihen aber :D :D :D (Gut ich bin in fröhlicher Stimmung, ich geb mir grad das Straßenbahnjournal.)
Meine Nachbarin will diesen Menschen nicht mehr sehen und hofft sehr, dass er nicht in unserem Pfarrverbund eingesetzt ist und ihr Kind tauft - Aber da konnte ich sie schon beruhigen. - Nur: Sie hat auch schlechte Erfahrungen mit dem Priester gemacht, der das Traugespräch vor der Taufe führte, sie will auch nicht, dass dieser Priester die Taufe übernimmt, was aber wohl der Fall sein wird!

(Das ist unser Pastor, ich kenne ihn aber auch als jemanden, der durchaus Humor hat. Genauso wie den Pfarrer, der hier wahrscheinlich mitliest. :huhu: Und vom Zweiteren weiß ich, dass er sich in Menschen einfühlen kann)

Wenn ich mir die Seiten so ansehen liest auch der Pfarrer von Geseke mit und Samuel, der ja auch Priester ist. Aus deren Sicht würde ich das Ganze gerne auch mal sehen! :ja:

ieromonach
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Beitrag von ieromonach »

+ Hier in Deutschland ist der Priester "Seelsorger". Aber das ist nicht richtig. Der Priester darf sich nicht "nur" um die Seele kümmern, seine Aufgabe ist ein Dienst für den ganzen Menschen. Der Mensch ist Einheit von Leib und Seele.Viele Priester sind kalt weil ihnen die Wärme einer Frau (Familie) fehlt oder nie in einer richtigen Familie aufwuchsen. Hier ist das Problem des röm kath.Priesters. Ein Priester der am Bett seines kranken Kindes oder seiner kranken Frau hilflos steht oder die Geburt eines neuen Menschen erlebt lernt was Liebesfähigkeit ist. Auch die Erfahrung des Todes von nächsten Angehörigen ist Lehre. + P.Theodoros (orth. Priester)

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Linus
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Re: was macht die Seelsorge aus

Beitrag von Linus »

ieromonach hat geschrieben:+ Hier in Deutschland ist der Priester "Seelsorger". Aber das ist nicht richtig. Der Priester darf sich nicht "nur" um die Seele kümmern, seine Aufgabe ist ein Dienst für den ganzen Menschen. Der Mensch ist Einheit von Leib und Seele.Viele Priester sind kalt weil ihnen die Wärme einer Frau (Familie) fehlt oder nie in einer richtigen Familie aufwuchsen. Hier ist das Problem des röm kath.Priesters. Ein Priester der am Bett seines kranken Kindes oder seiner kranken Frau hilflos steht oder die Geburt eines neuen Menschen erlebt lernt was Liebesfähigkeit ist. Auch die Erfahrung des Todes von nächsten Angehörigen ist Lehre. + P.Theodoros (orth. Priester)
Ich dachte du wärst selbst ein Mönch....
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Beitrag von ieromonach »

Ja Linus, ich bin Priestermönch Doch ich habe in den Niederlanden, vor dem Mönchsein, als Geburthelfer gerbeitet und später in der Unfallchirurgie. Hab also eine sehr gute, manchesmal auch hilflose, Erfahrung machen dürfen. +P, Theodoros

Raimund J.
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Re: was macht die Seelsorge aus

Beitrag von Raimund J. »

ieromonach hat geschrieben:Viele Priester sind kalt weil ihnen die Wärme einer Frau (Familie) fehlt oder nie in einer richtigen Familie aufwuchsen. Hier ist das Problem des röm kath.Priesters.
Ich wage mal zu behaupten, daß wohl überdurchschnittlich viele röm. kath. Priester in einer richtigen Familie aufwuchsen.

Wie erklären sich noch obiger These die Priester die auch ohne Frau (Familie) Herzenswärme und Güte ausstrahlen können?
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ieromonach
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Beitrag von ieromonach »

Lieber Raimund Josef H., in meinem Beitrag habe ich von "viele" gesprochen. +pth

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Pit
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Re: was macht die Seelsorge aus

Beitrag von Pit »

Das viele Priester (römisch-katholische) hierzulande gefühlskalt sind, sehe ich so nicht, aber ich sehe ein Problem.
Früher war es oft so, daß ein Priester mit dem Kaplan der Gemeinde zusammenlebte, und sie konnten über das reden, was ihnen selber auf dem Herzen lag. Heutzutage lebt mancher Priester - gezwungenermassen (Gemeindeschliessungen,-fusionen etc.) allein und kann mit keinem über die eigenen (!) Sorgen reden, und die Gemeinde denkt oft, der Pfarrer müsse eben gut drauf sein. Fehlanzeige, auch Priester sind nur Menschen.

Gruß, Pit
ieromonach hat geschrieben:+ Hier in Deutschland ist der Priester "Seelsorger". Aber das ist nicht richtig. Der Priester darf sich nicht "nur" um die Seele kümmern, seine Aufgabe ist ein Dienst für den ganzen Menschen. Der Mensch ist Einheit von Leib und Seele.Viele Priester sind kalt weil ihnen die Wärme einer Frau (Familie) fehlt oder nie in einer richtigen Familie aufwuchsen. Hier ist das Problem des röm kath.Priesters. Ein Priester der am Bett seines kranken Kindes oder seiner kranken Frau hilflos steht oder die Geburt eines neuen Menschen erlebt lernt was Liebesfähigkeit ist. Auch die Erfahrung des Todes von nächsten Angehörigen ist Lehre. + P.Theodoros (orth. Priester)
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