Quo vadis, Ecclesia?

Allgemein Katholisches.
Raimund J.
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Christentum quo vadis?

Beitrag von Raimund J. »

Ich hänge meine Frage mal an diesem bereits bestehenden Thread ran.

In seinem ersten Hirtenbrief als Erzbischof von München und Freising macht Reinhard Marx folgende bemerkenswerte Aussage:
Wir stehen am Anfang einer neuen Epoche des christlichen Glaubens.
und bezog sich dabei auf den verstorbenen Kardinal Lustiger, der prophezeit habe
das Christentum in Europa stecke noch in den Kinderschuhen und seine große Zukunft komme erst noch.
Sind solche oder ähnlich Aussage (wie auch das immer wieder gehörte "wir registrieren ein neues Interesse am Glauben") eigentlich realistisch? Mir kommt das mehr oder weniger wie das berühmte Pfeifen im Walde vor.

Welchen Stand hat denn derzeit der christliche Glaube und die Kirche in Deutschland und in Europa? Ist es nicht eher so, daß sich die Gesellschaft immer rasanter von der Kirche abwendet? Muss einem nicht bange sein, wenn man an die Zukunft denkt? Gut, momentan hält unser Papst Benedikt XVI. noch alles einigermassen zusammen und versucht sogar etliche innerkirchliche Korrekturen zum Besseren. Aber was kommt danach?
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ad_hoc
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Re: Christentum quo vadis?

Beitrag von ad_hoc »

Raimund Josef H. hat geschrieben:Ich hänge meine Frage mal an diesem bereits bestehenden Thread ran.

In seinem ersten Hirtenbrief als Erzbischof von München und Freising macht Reinhard Marx folgende bemerkenswerte Aussage:
Wir stehen am Anfang einer neuen Epoche des christlichen Glaubens.
und bezog sich dabei auf den verstorbenen Kardinal Lustiger, der prophezeit habe
das Christentum in Europa stecke noch in den Kinderschuhen und seine große Zukunft komme erst noch.
Sind solche oder ähnlich Aussage (wie auch das immer wieder gehörte "wir registrieren ein neues Interesse am Glauben") eigentlich realistisch? Mir kommt das mehr oder weniger wie das berühmte Pfeifen im Walde vor.

Welchen Stand hat denn derzeit der christliche Glaube und die Kirche in Deutschland und in Europa? Ist es nicht eher so, daß sich die Gesellschaft immer rasanter von der Kirche abwendet? Muss einem nicht bange sein, wenn man an die Zukunft denkt? Gut, momentan hält unser Papst Benedikt XVI. noch alles einigermassen zusammen und versucht sogar etliche innerkirchliche Korrekturen zum Besseren. Aber was kommt danach?
Wenn der zwischenzeitlich verstorbene Kardinal Lustiger diese Aussage getroffen haben sollte, dann wird er jetzt vermutlich wissen, dass er sich geirrt hat. Er hat wohl nicht daran gedacht, dass zum Ende der Zeiten nur noch eine ganz kleine Herde übrig bleiben wird.

Die hohe Zeit des allgemeinen christlichen Glaubens in Europa war gewesen und ist jetzt möglicherweise vorbei.
Wenn es den Anschein hat, als würde ganz Europa sich auf einmal auf den Glauben besinnen wollen, wenn es den Anschein hat, als würde eine neue religiöse Erweckung stattfinden, so ist das einerseits ein Aufbäumen derjenigen, die zumindest noch ahnen, dass sie etwas verloren haben könnten, was für sie eminenter Bedeutung sein müßte, andererseits aber die Folge eines seit Jahrzehnten mehr oder weniger vor sich hin schwehlenden Anti-Christentums, eines Neu-Heidentums (mit oder ohne christliche Elemente) ist, welches jetzt erst sich ausbreitet und genau den Platz einnimmt, den die christlichen Kirchen, darunter vor allem die Römisch-Katholische Kirche, freiwillig und ohne Not freigegeben haben.

Aber es ist auch richtig, dass die Erkenntnisse im wahren Glauben bei denjenigen, die dem katholischen Glauben treu geblieben sind und treu bleiben werden, wohl zunehmen werden.

Gruß, ad_hoc
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ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Auf den großartigen Beitrag von Robert Ketelhohn eine Seite zuvor, weise ich mit besonderem Nachtrag hin.

Gruß, ad_hoc
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Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

ad_hoc hat geschrieben:Auf den großartigen Beitrag von Robert Ketelhohn eine Seite zuvor, weise ich mit besonderem Nachtrag hin.

Gruß, ad_hoc
Ist Nachtragen nicht eine Sünde?
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Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

Stephen Dedalus hat geschrieben:
ad_hoc hat geschrieben:Auf den großartigen Beitrag von Robert Ketelhohn eine Seite zuvor, weise ich mit besonderem Nachtrag hin.

Gruß, ad_hoc
Ist Nachtragen nicht eine Sünde?
Der Nachtrag war ja nicht nachtragend, sondern diente dem Vortrag. ;)
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Clemens
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Beitrag von Clemens »

ad_hoc hat geschrieben:Auf den großartigen Beitrag von Robert Ketelhohn eine Seite zuvor, weise ich mit besonderem Nachtrag hin.
Ja, ich auch, und was mich besonders berührt: das ist im Wesentlichen auch die apokalyptische Sicht des Evangelikalismus!

Leider scheint mir Robert mit dieser Erkenntnis innerhalb der RKK eher allein zu stehen.
Ich würde mich diesbezüglich aber auch gerne irren!

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Linus
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Re: Christentum quo vadis?

Beitrag von Linus »

Raimund Josef H. hat geschrieben:Ist es nicht eher so, daß sich die Gesellschaft immer rasanter von der Kirche abwendet?
ad hoc" hat geschrieben:Er hat wohl nicht daran gedacht, dass zum Ende der Zeiten nur noch eine ganz kleine Herde übrig bleiben wird.
Ich sehe es so: Viel vom Feuer ist zur Asche geworden. Aber die glühenden Kohlen warten voll Begierde auf den entfachenden Wind des Heiligen Geistes, um wieder stärker als zuvor zu brennen. Mit anderen Worten: Der Christ wird nicht Teil eines Flächenbrands, aber ein Hochofen des Glaubens sein.
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Marcus
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Beitrag von Marcus »

Clemens hat geschrieben:
ad_hoc hat geschrieben:Auf den großartigen Beitrag von Robert Ketelhohn eine Seite zuvor, weise ich mit besonderem Nachtrag hin.
Ja, ich auch, und was mich besonders berührt: das ist im Wesentlichen auch die apokalyptische Sicht des Evangelikalismus!

Leider scheint mir Robert mit dieser Erkenntnis innerhalb der RKK eher allein zu stehen.
Ich würde mich diesbezüglich aber auch gerne irren!
Ich war ja einige Monate damit beschäftigt, einige Evangelikale in einem sehr evangelikalen Bibelforum davon zu überzeugen, dass es auch Christen außerhalb des Wiedertäuferbewegung gibt. Daher weiß ich auch, dass solche Positionen von einigen Evangelikalen in der Wiedertäuferszene vertreten werden. Jede Papstwahl bereitet ihnen schon Angst, weil der nächste Papst der Antichrist sein könnte. Das war für mich auch lange Zeit ein Grund, mich vom Evangelikalismus in allerlei Form zu distanzieren und jede typische evangelikale Sichtweise zu verwerfen. Nachdem ich mich jetzt aber auch in katholischen Foren umgeschaut und einiges in der letzten Zeit aus dem Welt- und Kirchengeschehen sehr aufmerksam und ungewohnt kritisch mitverfolgt habe, muss ich auch Robert leider recht geben, der einige apokalyptische Anzeichen sieht. Hätte ich so etwas vor einem Jahr von einem Evangelikalen gelesen, so hätte ich darüber nur den Kopf geschüttelt.

Dass Papst Benedikt XVI. im Jahre 2005 zum Papst gewählt worden ist, war, das kann man auch als Lutheraner sagen, ein Geschenk Gottes. Er lässt sein Mäntelchen jedenfalls nicht nach dem Wind hängen und hat durch einige Korrekturen während seines Pontifikates unter Beweis gestellt, dass ihm die Sache ernst ist. Mit seinem Buch „Jesus von Nazareth“ hat er sich auch in konservativen lutherischen Kreisen Anerkennung erworben. Gerade die christuszentrischen Akzente, die er setzt, vermisst man eigentlich bei jedem evangelischen Landeskirchenoberhaupt. Auch bewies er mit diesem Werk, dass ihm viel daran gelegen ist, seine Auffassungen biblisch zu begründen. Selbst der historisch-kritischen Methode, die zum Teil soweit geht, dass die ganze Bibel als inspiriertes Wort Gottes in Frage gestellt wird, weist deutlich in die Schranken. Seine Person lässt deshalb zumindest noch hoffen. Wollen wir also hoffen und für den römischen Bischof und das Haupt der RKK beten, dass er lange körperlich gesund und bei Verstand bleibt.

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cantus planus
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Re: Christentum quo vadis?

Beitrag von cantus planus »

Linus hat geschrieben:Ich sehe es so: Viel vom Feuer ist zur Asche geworden. Aber die glühenden Kohlen warten voll Begierde auf den entfachenden Wind des Heiligen Geistes, um wieder stärker als zuvor zu brennen.
Das hätte ich nicht besser formulieren können!
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Raphaela
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Re: Christentum quo vadis?

Beitrag von Raphaela »

ad_hoc hat geschrieben:Wenn der zwischenzeitlich verstorbene Kardinal Lustiger diese Aussage getroffen haben sollte, dann wird er jetzt vermutlich wissen, dass er sich geirrt hat. Er hat wohl nicht daran gedacht, dass zum Ende der Zeiten nur noch eine ganz kleine Herde übrig bleiben wird.
Gruß, ad_hoc
Ist dir den nicht die Vision von Don Bosco bekannt? Eingentlich vermute ich, dass gerade dir so etwas bekannt sein müsste!
Wenn ich darauf vertraue, dann steckt der Glaube wirklich noch in den Kinderschuhen, dann wird das Christentum - und vor allem die katholische Kirche - weltweit erstarken, aber erst, nachdem eine ganz kleine Herde übriggeblieben ist, die dank Papst und dem Vertrauen auf Maria wieder wächst.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Prophezeihungen dieser Art muß man auch richtig verstehen können. Selbstverständlich habe ich keine Zweifel an den Aussagen Don Boscos. Aber man muß auch eine Übereinstimmung suchen mit den Visionen anderer Heiliger und vor allem muß man diese in Beziehung zur Apokalypse beurteilen.
Wenn die Herde so klein geworden ist, dass die Menschheit aus eigener Kraft nicht mehr imstande ist, den richtigen Weg einzuschlagen, dann hilft nur noch die Einwirkung von Außen, bzw. das ist schließlich die einzige Hoffnung, die der Menschheit verbleibt, dass die Herde wieder größer wird und die Menschheit insgesamt wieder auf den richtigen Weg gebracht wird, den sie aus eigener Kraft, wie erwähnt, nicht mehr erreichen kann.

Gruß, ad_hoc
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sofaklecks
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Zitat

Beitrag von sofaklecks »

Zitat, unkommentiert:

"Der Katholik, den das Los der Kirche mit Besorgnis erfüllt, hat aufgehört, Katholik zu sein." (Nicolas Gomez Davila)


sofaklecks

Sebastijonas
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Beitrag von Sebastijonas »

Das ist aber ein hübsches Zitat, Sofakleks In welchem seiner Bücher finde ich das denn?
Verða kann at mærin minniz
mín, þá er ligg ek kvaldr í pínu,
berr mik þar til ván, á vǫrrum
víst ef léki á Dóminús técum.

Raimund J.
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Re: Zitat

Beitrag von Raimund J. »

sofaklecks hat geschrieben:Zitat, unkommentiert:

"Der Katholik, den das Los der Kirche mit Besorgnis erfüllt, hat aufgehört, Katholik zu sein." (Nicolas Gomez Davila)

sofaklecks
Das hört sich zwar schön an, verführt aber doch zur Gleichgültigkeit?
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sofaklecks
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Ewalds Empfehlung

Beitrag von sofaklecks »

Eine Empfehlung Ewalds:

Nicolas Gomez Davila: Es genügt, dass die Schönheit unseren Überdruss streift...." (dort. S. 113)


sofaklecks

Raphael

Re: Zitat

Beitrag von Raphael »

sofaklecks hat geschrieben:Zitat, unkommentiert:

"Der Katholik, den das Los der Kirche mit Besorgnis erfüllt, hat aufgehört, Katholik zu sein." (Nicolas Gomez Davila)


sofaklecks
Man muß ja nicht mit Sorge erfüllt sein, aber brennend sollte die Sorge schon sein!

ad_hoc
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Re: Zitat

Beitrag von ad_hoc »

sofaklecks hat geschrieben:Zitat, unkommentiert:

"Der Katholik, den das Los der Kirche mit Besorgnis erfüllt, hat aufgehört, Katholik zu sein." (Nicolas Gomez Davila)


sofaklecks
Unkommentiert in der Annahme, ein solcher Satz spricht für sich selbst?

Das liebe ich, solche Sätze als der Erkenntnis und der Weisheit endgültigen Schluss hinstellen zu wollen, obwohl diese in der Regel keiner Nachprüfung standhalten.

Es gibt keine Automatik, die einen drauf vertrauen läßt, wenn man nur positiv denkt, und alles der Vorsehung Gottes überläßt, ohne sich weitere Gedanken darüber zu machen, ohne zu überlegen, was man denn selbst tun könnte, um Fehlentwicklungen korrigieren zu können, dass trotzdem Gott die Welt schon nicht zugrunde gehen läßt.
Gott läßt die Welt nicht zugrunde gehen, dass tun die Menschen schon selbst, wenn sie sich nicht besinnen und ein Leben führen in der Nachfolge Jesu und dies mit allen Konsequenzen.

Ansonsten denke ich, lieber sofaklecks, dass Du ziemlich protestantisch denkst und ganz im Sinne Martin Luthers ("sündigt viel und glaubt noch tapferer"), der auch keine Verantwortung auf sich nehmen wollte, und lange Zeit gesucht hat, bis ihm die Bibel letzlich so vorkam, als würde Gott schon alles aufs Angenehmste richten, so dass der Mensch gar nichts mehr zu tun braucht. Sorgen um sich und andere Menschen in Bezug auf das Ewige Leben wären demzufolge fehl am Platz.
Das ist eine falsche Auffassung!

Gruß, ad_hoc
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Robert Ketelhohn
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Re: Zitat

Beitrag von Robert Ketelhohn »

Raimund Josef H. hat geschrieben:
sofaklecks hat geschrieben:Zitat, unkommentiert:
"Der Katholik, den das Los der Kirche mit Besorgnis erfüllt,
hat aufgehört, Katholik zu sein." (Nicolas Gomez Davila)
Das hört sich zwar schön an, verführt aber doch zur Gleichgültigkeit?
Wie es oft mit sogenannten Aphorismen ist, geht auch dieser fehl. Wenn
der Mann statt „Besorgnis“ geschrieben hätte: „Verzweiflung“, dann wär’
was dran.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

sofaklecks
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Mit Bedacht

Beitrag von sofaklecks »

Ich schrieb mit Bedacht: "Unkommentiert".

Ich habe alio loco mich bereits darüber ausgelassen, dass ich Davilas Aphorismen als sehr taugliche Anregungen zum Nachdenken ansehe, dass ich aber nicht der Auffassung bin, man dürfe sie einfach übernehmen.

Die Reaktionen geben mir Recht.

Zum Vorwurf, wenn es denn einer wäre, ich würde protestantisch denken, genügt der Hnweis auf meine entschiedene Verteidigung der Heiligen und des Schönen. Wenn man mir den Vorwurf (wäre es denn einer) machen wollte, ich würde anglikanisch denken, dann wäre das wohl präziser formuliert und in weiten Bereichen zutreffend. Aber eben nur in weiten Bereichen. Ein wenig heimatlos bin ich derzeit, das mag richtig sein.

Und trotzdem halte ich den Satz im Kern für richtig. Und er ist eine Übersetzung, ich kenne ihn nicht im Original. Vielleicht geht das spanische Wort eher in Richtung Verzeiflung oder es heisst " mit zu grosser Besorgnis".

Ich halte ihn für richtig, weil ich die Botschaft, die die Kirche verkündet, für richtig und wahr halte. Und weil ich davon überzeugt bin, dass die Wahrheit sich durchsetzt. Weil ich denke, dass die Kirche in ihrer jetzigen Erscheinungsform sehr viel überzeugender ist als in vielen vergangenen Zeiten, die zu Unrecht hochgelobt werden.

Es geht der Kirche, in aller Demut gesagt, ähnlich wie mir so oft: Ich bin viel besser, als ich mich selbst einschätze.

sofaklecks

Raimund J.
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Beitrag von Raimund J. »

Danke für die Erläuterung, sofaklecks, der unkommentierte Aphorismus ohne Kontext reizt zum Widerspruch, aber in der Richtung wie von Dir und von Robert interpretiert kann man dem wohl zustimmen. Sorge darf nicht in Verzweiflung, Angst oder gar Resignation umschlagen. Und nichts, finde ich, ist in schwierigen Situationen beruhigender als Joh 14,1:
Euer Herz sei ohne Angst! Glaubt an Gott und glaubt an mich!
Der Herr ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
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ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Es geht der Kirche, in aller Demut gesagt, ähnlich wie mir so oft: Ich bin viel besser, als ich mich selbst einschätze.
Da haben andere anscheinend die gleiche Erkenntnis viel früher erlangt und gleich für sich die entsprechende Konsequenz gezogen mit der Folge, dass die Beichtstühle eigentlich nur noch leer sind.
Was ist mit den Heiligen, deren eigenes Sündenbewußtsein sie soweit getrieben hat, noch mehr im Glauben zu wachsen, noch mehr Opfer zu bringen, noch mehr Sühne zu leisten, sowohl für sich als auch für andere?
Sorge darf nicht in Verzweiflung, Angst oder gar Resignation umschlagen. Und nichts, finde ich, ist in schwierigen Situationen beruhigender als Joh 14,1:

Zitat:Euer Herz sei ohne Angst! Glaubt an Gott und glaubt an mich!
Sorge bzw. Besorgnis ist nicht gleich Verzweiflung. Das bitte ich auseinanderhalten zu wollen; es kann nicht sein, dass anstelle von Sorge/Besorgnis, plötzlich die Verzweiflung als Ausgangspunkt und als mögliche Folgeerscheinung angesprochen wird.

"Euer Herz sei ohne Angst! Glaubt an Gott und glaubt an mich"
Wer ist der Adressat dieser Aussage, der Gläubige, der bereits Gott zum Inhalt seines alltäglichen Lebens gemacht hat und noch immer von den kleinen Ängstlichkeiten und Beunruhigungen des Lebens geplagt wird? oder derjenige Gläubige, der dies womöglich nur dem Namen nach ist, aber von Gott entfernt lebt, trotzdem aber noch imstande ist, von Zeit zu Zeit die Schwere seiner Sündhaftigkeit zu erkennen, ohne allerdings die Konsequenzen hieraus zu ziehen: nämlich den falschen Weg zu verlassen und den Weg zu Jesus Christus einzuschlagen? Dieser Weg beginnt mit dem Bewußtwerden und der Erkenntnis seiner Sünden, mit der Reue, der Beichte, der Buße und der Wiedergutmachung.
Wenn er diese Korrektur nicht einschlägt, dann sollte er sich Sorgen machen, dann muß er die Angst empfinden, sich schließlich so weit von Gott zu entfernen oder gar bereits entfernt zu haben, dass er ihn schließlich auf ewig verliert.
Wer den Weg zu Gott bereits gefunden hat und ihm nachfolgt, der darf berechtigterweise ohne Angst leben, sofern er nie außer acht läßt, dass er nur durch die Gnade Gottes gehalten wird und diese Gnade auch wieder verlieren kann, sollte er sich vom rechten Weg wieder abwenden, sollte er also stürzen und hierbei nicht mehr aufstehen wollen.

Der Gläubige, der im Glauben lebt und sich vollkommen dem Willen Gottes überlassen hat, der ist wirklich frei und ohne Angst.
Derjenige Gläubige, der weiß, dass er gefallen ist, der also schnellstmöglichst beichten sollte, um wieder in der Gnade Gottes zu leben, der muß von Sorge und Angst erfüllt sein, aber auch deshalb, weil ein solcher Zustand oft genug der letzte Antrieb ist, so schnell wie möglich mit Gott wieder ins Reine zu kommen.
Eine andere Ansicht ist lutherisch, ist protestantisch.

Gruß, ad_hoc
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

sofaklecks
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Wenn

Beitrag von sofaklecks »

Wenn das die katholische Ansicht ist:

"Derjenige Gläubige, der weiß, dass er gefallen ist, der also schnellstmöglichst beichten sollte, um wieder in der Gnade Gottes zu leben, der muß von Sorge und Angst erfüllt sein, aber auch deshalb, weil ein solcher Zustand oft genug der letzte Antrieb ist, so schnell wie möglich mit Gott wieder ins Reine zu kommen,"

wenn also Sorge und Angst und nicht Einsicht und Sehnsucht die Beweggründe sind, mit Gott ins Reine kommen zu wollen, dann bin ich Protestant.

Und in einer solchen Angstmachkirche hab ich nichts zu suchen. Aber um die, um die ist tiefe Besorgnis mehr als berechtigt.

sofaklecks

Stephen Dedalus
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Beitrag von Stephen Dedalus »

Nur als Hinweis: Im Aphorismus geht es um die Sorge um das "Los der Kirche". Nicht um die Kirche selbst, auch nicht um das eigene Seelenheil. Derjenige hört also auf, Katholik zu sein, der sich Gedanken darum macht, was sein Glaube für die Stellung der Kirche in der Gesellschaft bedeutet, welche Antwort die Ungläubigen geben werden etc. Er räumt sekundären Dingen eine Priorität ein, und genau damit hat er den echten Glauben verlassen.

So lese ich das...
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sofaklecks
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Klarstellung

Beitrag von sofaklecks »

Abschliessend, was meine Person angeht:

Der Satz "Ich bin viel besser, als ich mich selbst einschätze" bezog sich nur auf meine berufliche Tätigkeit. Keinesfalls auf mein Seelenheil.


sofaklecks

ad_hoc
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Re: Wenn

Beitrag von ad_hoc »

sofaklecks hat geschrieben:Wenn das die katholische Ansicht ist:

"Derjenige Gläubige, der weiß, dass er gefallen ist, der also schnellstmöglichst beichten sollte, um wieder in der Gnade Gottes zu leben, der muß von Sorge und Angst erfüllt sein, aber auch deshalb, weil ein solcher Zustand oft genug der letzte Antrieb ist, so schnell wie möglich mit Gott wieder ins Reine zu kommen,"

wenn also Sorge und Angst und nicht Einsicht und Sehnsucht die Beweggründe sind, mit Gott ins Reine kommen zu wollen, dann bin ich Protestant.

Und in einer solchen Angstmachkirche hab ich nichts zu suchen. Aber um die, um die ist tiefe Besorgnis mehr als berechtigt.

sofaklecks
sofaklecks. Es geht nicht um das Beispiel, welches Du gebracht hast. Es geht nicht um diejenigen, bei denen der Glaube Lebensprogramm ist, auch dann, wenn sie in die Sünde fallen und eben aus Einsicht und Sehnsucht nach Gott wieder aufzustehen imstande sind, es geht vielmehr um diejenigen, die sich von Gott bereits so weit entfernt haben, dass mit Einsichten und Sehnsüchten kaum noch zu rechnen ist. Und es geht um die in der Gleichgültigkeit Abgehärteten.
In beiden Fällen kann die Sorge oder die Angst, was immer diese auch verursacht haben mag, zum richtigen Glaubensverständnis wieder zurück führen, auch da, wo eben Einsicht und Sehnsucht nicht mehr gegeben sind.
Denn: nicht allen ist es gegeben, durch pure Einsicht den Weg zu Gott wieder zu finden und nicht nur das, sondern auch das zu tun, was den wahren alltäglichen Glauben erst ausmacht.

Jesus selbst weckt diese Besorgnis oder diese Angst, die man um seine Seele empfinden sollte, wenn er beispielsweise sagt: "...wachet und betet, denn der Satan geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wenn er verschlingt...."
Es gibt noch viel mehr dieser angsteinflößenden Aussagen in der Bibel.

Einsicht und Sehnsucht, lieber sofaklecks, können Beweggründe sein, mit Gott wieder ins Reine zu kommen. Wenn aber der Mensch schon derart stumpf und abgehärtet gegenüber jeder Einsicht geworden ist, einfach deshalb, weil er in seinen Sünden bereits zu tief begraben ist, dann darf man froh sein, wenn, vielleicht auch durch eine besondere Gnade, Besorgnis und Angst einen solchen Menschen derart ergreift, dass er wieder zur Umkehr motiviert wird.

Die katholische Kirche ist keine Angstmacher-Kirche. Auch wenn der traditionsverbundenen Kirche all die Friedensbewegten und Barmherzigkeitsfreaks (die nicht die Gerechtigkeit Gottes bedenken möchten, sondern darauf bauen, dass der liebe Gott schon niemanden verloren gehen lassen wird) diesen Vorwurf gerne machen möchten.

Du solltest Dir schon mal darüber Gedanken machen, ob der Mensch dadurch, dass er seine, jegliche Angst und Besorgnis um das Heil seiner Seele abwehrenden Vorstellungen, sich nicht einen Gott baut, der mit dem wahren Gott kaum noch etwas zu tun hat.
Und das sollte wirklich Anlaß zu Sorgen und Ängsten sein.

Gruß, ad_hoc, der sich fragt, warum sofaklecks ihn ständig als düsteren, angstmachenden, freudlosen Vertreter der traditionellen Katholiken darstellen will, der er doch gar nicht ist!
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Re: Klarstellung

Beitrag von Raphaela »

sofaklecks hat geschrieben:Abschließend, was meine Person angeht:

Der Satz "Ich bin viel besser, als ich mich selbst einschätze" bezog sich nur auf meine berufliche Tätigkeit. Keinesfalls auf mein Seelenheil.


sofaklecks
Ich glaube, die meisten haben es auch richtig verstanden.
Es gibt aber auch Menschen, die so etwas immer falsch sehen wollen....

ad_hoc
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Re: Klarstellung

Beitrag von ad_hoc »

Raphaela hat geschrieben:
sofaklecks hat geschrieben:Abschließend, was meine Person angeht:

Der Satz "Ich bin viel besser, als ich mich selbst einschätze" bezog sich nur auf meine berufliche Tätigkeit. Keinesfalls auf mein Seelenheil.


sofaklecks
Ich glaube, die meisten haben es auch richtig verstanden.
Es gibt aber auch Menschen, die so etwas immer falsch sehen wollen....
Hauptsache, man hat was geschrieben, egal was, nicht wahr, Raphaela? Was verleitet Dich nur zu solchen wertebefreiten Kommentaren?

Tatsächlich habe ich mir erlaubt, den fraglichen Satz von sofaklecks im Kontext zu sehen und zu beurteilen.
Geh und zeige mich an.

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Linus
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Re: Klarstellung

Beitrag von Linus »

sofaklecks hat geschrieben:Abschliessend, was meine Person angeht:

Der Satz "Ich bin viel besser, als ich mich selbst einschätze" bezog sich nur auf meine berufliche Tätigkeit. Keinesfalls auf mein Seelenheil.


sofaklecks
Hadst du die Prioritäten evtl falsch gesetzt?

Nachdenkliches abendlioches Bussi :D

Linus
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Re: Klarstellung

Beitrag von Raphaela »

ad_hoc hat geschrieben: Hauptsache, man hat was geschrieben, egal was, nicht wahr, Raphaela? Was verleitet Dich nur zu solchen wertebefreiten Kommentaren?

Tatsächlich habe ich mir erlaubt, den fraglichen Satz von sofaklecks im Kontext zu sehen und zu beurteilen.
Geh und zeige mich an.

ad_hoc
Ich habe gundsätzlich allgemein geschrieben. - Ich kenne ganz viele Menschen, die diesen Satz richtig verstehen; ich kenne aber auch einige, die es anders sehen. Dazu braucht man nur Verwandte, Freude, Bekannte, Arbeitskollegen mitzubekommen.

Es ist nicht mein Problem, wenn du es auch dich gemünzt hat, zumal ich gar nicht alles hier von dir gelesen habe, wohl aber die "Verteidigung" von Sofaklecks.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

Raphaela hat u. a. geschrieben:
....Ich kenne ganz viele Menschen, die diesen Satz richtig verstehen....
Richtig nach Deiner Sicht?

Sofaklecks hat sich auch nicht verteidigt (warum sollte er?); er hat nur erklärt, wie er diese Äußerung verstanden wissen möchte.

Gruß, ad_hoc
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Raphaela
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Beitrag von Raphaela »

ad_hoc hat geschrieben:Richtig nach Deiner Sicht?

Sofaklecks hat sich auch nicht verteidigt (warum sollte er?); er hat nur erklärt, wie er diese Äußerung verstanden wissen möchte.

Gruß, ad_hoc
Das Wort Verteidigung habe ich in Anführungstriche gesetzt, bitte also auf die Kleinigkeiten achten

zu richtig: Damit habe ich ausschließlich gemeint, dass es viele so verstanden haben, wie es eben Sofaklecks schreibt.

ad_hoc
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Beitrag von ad_hoc »

:roll:
quidquid cognoscitur, ad modum cognoscentis cognoscitur (n. Thomas v. Aquin)

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