XII Thesen

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Übrigens, auch ein Dogma (und andere Entscheidungen), welches (welche) auf einem Lokalkonzil formuliert worden ist (sind) und durch die Gesamtkirche angenommen wurde(n), kann (können) allgemeine Gültigkeit erlangen. Das ist schon mehrmals geschehen.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
laß die Furcht
nicht über mich herrschen.
(D. Bonhoeffer)

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Pelikan hat geschrieben:
Alexander hat geschrieben:Somit sind die Konzilien doch de facto abgeschafft!
Ist schon komisch: Die, die Konzilien angeblich abgeschafft haben, halten fröhlich eins nach dem anderen. Die, die angeblich so konziliar sind, halten gar keine mehr.
Soso. Die wesltichen fröhlich abgehaltenen Konzilien sind aller Entscheidungskraft beraubt. Und vor den Konzilien der orthodoxen Ortskirchen, die übrigens regelmäßig abgehalten werden, müssen unter anderem auch die Patriarchen Rechenschaft ablegen; die Konzilien haben ihre Macht, Patriarchen abzusetzen, schon ab und zu praktiziert.
Heuer gab es übrigens auch eine "große Synode" in Konstantinopel mit Vertretern aller orthodoxen Ortskirchen bezüglich einer Krise in Jerusalemer Patriarchat.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
Meine Sorgen wollen mich erdrücken,
ich weiß nicht ein noch aus.
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Robert Ketelhohn
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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Es-Ergo-Cogito hat geschrieben:Die Thesen gehen also von einer Differenzierung zwischen einem Ökumenischen Konzil und einem Vatikanischen Konzil aus? ...oder haben diese zum Ziel...?

Habe ich das richtig verstanden?
Sie versuchen ein Nachdenken darüber in Gang zu bringen, welche Konzilien als ökumenisch anzusehen sind und welchen, obgleich sie im Westen als solche gerechnet werden, bloß regional begrenzte Geltung zukommt.

Bei einigen in der Reihe ist ja ganz offensichtlich, daß sie mehr durch historische Zufälligkeiten nachträglich in die Liste aufgenommen wurden. „Nachträglich“, das heißt hier: aufgrund der Aufstellung, die mein seliger Namenspatron Robert Bellarmin nach dem Tridentinum vorgenomen hat – und die, das muß man dazu auch mal deutlich anmerken, selber niemals lehramtlich definiert worden ist.

So ist das „Constantinopolitanum IV“ in der Liste ein kompletter Irrläufer, denn es stellt bloß eine Etappe in einem komplexen kirchenpolitischen Streit dar, die schon zehn Jahre später nicht mehr Bestand hatte und zu seiner Zeit keineswegs allgemein anerkannt war, auch von Rom nicht. Erst nachdem es praktisch in Vergessenheit geraten und dann wieder ausgegraben worden war – jedoch ohne die folgende historische Entwicklung –, stilisierte man es im Westen zum Ökumenischen Konzil hoch, weil es das Feindbild Photius so schön verurteilt hatte. Daß der jedoch wenige Jahre später versöhnt mit dem römischen Stuhl gestorben und das „Constantinopolitanum IV“ obsolet war, das wußte man nicht mehr.

Eine Reihe anderer Konzilien waren reine Generalsynoden der abendländischen Patriarchats und wollten auch nichts anderes sein. Wiederum war es erst die nachtridentische Zeit, die sich zwar um die Historie bemühte, dies jedoch leider auf ganz unzureichender Quellenbasis und zudem nicht gerade frei von Voreingenommenheit tat, die reichlich willkürlich einige dieser Generalsynoden zu Ökumenischen Konzilien erklärte.

Das sind zunächst ganz offensichtlich das Lateranense I, II, III & V, das Lugdunense I und das Viennense. Wenn man dann aber weiterschaut, dann findet man auch ein historisch doch immerhin so bedeutsames Ereignis wie das Konzil von Konstanz – als eine gänzlich „innere Angelegenheit“ des Abendlands.

Denn es ging da um die Heilung des großen abendländischen Schismas, ferner auch um einige häretische Gruppen, was aber auch rein westliche Erscheinungen waren.

Und so weiter. Ich will das nicht im einzelnen wiederholen, die Kernthesen stehen ja oben schon. Es mag nun jemand einwenden: »Wie auch immer, die römische Kirche hat all dies für ökumenisch erklärt oder geht zumindest von den Ökumenizität dieser Konzilien aus, und das ist völlig legitim, denn die Ostler haben sich 1054 abgespalten, sind also Schismatiker und haben auf einem Ökumenischen Konzil ohnehin nichts zu suchen, bevor sie sich nicht wieder Rom unterwerfen.«

Das ist so in etwa die Argumentation des einen Teils des „konservativ-papsttreuen“ wie auch des „traditionalistischen“ Lagers. Der andere Teil dagegen liebäugelt eher mit der orthodoxen Seite. Beide Anschauungen sind ja hier im Kreuzgang vertreten.

Die skizzierte Argumentation ist aber historisch absolut unhaltbar. Denn es gab im Jahre 1054 keinen vollständigen und endgültigen Bruch, sondern bloß die gegenseitige Exkommunikation einzelner Personen. Die Entfremdung zwischen Ost und West – denn darum handelt es sich – hatte lange vorher begonnen, auch lang vor Photius. Annähernd die Hälfte der Zeit, in welcher immerhin die ersten sieben Ökumenischen Konzilien der Kirche stattfanden – also zwischen 325 und 787 – bestand zwischen Ost und West, oder mindestens zwischen Rom und Byzanz, eine schismatische Situation.

Inwiefern? – Zwei Beispiele. Das erste ist das sogenannte acacianische Schisma (nach dem Constantinopolitaner Patriarchen Acacius, 483 - 519): Der Byzantiner Basileus Zeno hatte der Kirche ein Glaubensbekenntnis oktroyiert, das sogenannte Henoticum. Constantinopel hatte es angenommen, der Rest der Kirche nicht.

Das andere Beispiel: Der Ikonoklasmus. Wiederum war es Constantinopel, das in diesem vom Kaiser aufgezwungenen Irrtum lange Zeit verharrte, etwa von 730 bis 843, mit nur einer kurzen Unterbrechung in der Zeit des siebenten Ökumenischen Konzils.

Wie aber wirkte sich eine solche schismatische Situation praktisch aus? – Nun, grob gesagt kündigte man einander die Kirchengemeinschaft. Man forderte von der andern Seite Umkehr, das heißt: Abkehr von jenem Irrtum, der Auslöser des Schismas gewesen war. Man bestritt einander dennoch nicht die prinzipielle Legitimität, man wählte also keine konkurrierenden Bischöfe und Patriarchen. Solches gab es auch, doch waren solche Parallelhierarchien von vornherein zur Sekte degradiert.

Die Konflikte zwischen Rom und Byzanz ging so tief nicht, gelegentliche Doppelwahlen hatten politische Hintergründe im eigenen Lande. Rom hat keine griechische Parallelhierarchie errichtet, Byzanz keine lateinische. Derartiges geschah erst im Gefolge der nachreformatorischen, von konfessionalistischem Geist geprägten Unionsbemühungen.

So konnte man sich auch trotz bestehenden Schismas im Jahre 787 zum Nicænum II versammeln – und einigen. Auch viel später, nach dem angeblichen Schisma von 1054, war es nicht anders. Zum Florentinum wurde ohne Umstände der angeblich schismatische östliche Episkopat eingeladen – und erschien, und war Teil des Konzils. (Weshalb die Einigung von Florenz nicht tragfähig war, steht auf einem andern Blatt.)

Die »Aufkündigung der Kirchengemeinschaft«, wie ich sie oben nannte, war also eine begrenzte und gewissermaßen primär deklaratorische. Dies wird auch besonders daran sichtbar, daß sie zunächst in aller Regel die Sakramentengemeinschaft der Gläubigen in keiner Weise behinderte. Ein Pilger oder Reisender kommunizierte und beichtete (soweit sprachlich möglich) selbstverständlich bei den Priestern des jeweils anderen Ritus, wenn er in die Gelegenheit kam.

Auch nach 1054 sind gerade die Kreuzzüge der beste Beleg dafür, daß faktisch die Sakramentengemeinschaft der Gläubigen, aber sogar der Episkopate bestand. Besonders die Latinisierungsbemühungen der Kreuzfahrer, die ohne Zweifel viel böses Blut verursachten und letztlich die Spaltung, nementlich der Herzen, vertieften, zeugen gleichwohl davon, daß damals noch die Episkopate und Presbyterien Gemeinschaft hatten. Ein Grieche als Bischof hatte lateinische Priester, die mit den Kreuzfahrern gekommen waren, während sie in der Nachbarstadt bereits einen Lateiner als Bischof installiert hatten, dessen Presbyterium ganz überwiegend aus Griechen bestand.

Die westlichen Konzilien dieser Zeit, die man im späteren 16. Jht. als ökumenisch zu rechnen begonnen hat, waren zu ihrer Zeit also alles andere: außer dem Florentinum. Dieses, wie gesagt, ist ein Thema für sich.

Später hat dieses Bild römischer Generalsynoden das westliche Bewußtsein derart beeinflußt, daß man gleichartige Generalsynoden abhielt und sie nun wirklich für wahrhaft ökumenisch hielt. Und dabei bezeichnet sich das Vaticanum I als Konzil der römischen Kirche, also doch nur des abendländischen Patriarchats! Man hatte längst die patriarchale Funktion des römischen Bischofs mit der weltkirchlichen, „ökumenischen“ bis zur Ununterscheidbarkeit vermengt und verwoben. Man setzte faktisch den Patriarchat des Abendlands mit der Gesamtkirche in eins.

Die Aufgabe steht an, Irrwege der Vergangenheit zu erkennen und zu verlassen. Sonst ist es mit aller patriarchalen Herrlichkeit im Abendland vermutlich bald ganz vorbei.
Propter Sion non tacebo, | ſed ruinas Romę flebo, | quouſque juſtitia
rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert, These I, hat geschrieben:Das Ökumenische Konzil ist die Versammlung von Bischöfen der ganzen Ökumene in Gemeinschaft mit dem römischen Stuhl, die über Fragen des Glaubens verbindlich für die gesamte Kirche und von der Kirche anerkannt entscheidet.
Bitte definiere "Ökumene". Im lateinischen Äquivalent schreibst Du "totus orbis". Die Sache ist die, daß seit dem Fall der Theokratien die Bezeichnung "Ökumene" maximal noch die Hälfte dessen bedeutet, was sie zu Zeiten der Ökumenischen Konzilien war. Oder andersherum: die Bezeichnung "ökumenisch" hat so, wie es für die sieben großen Konzilien von 325 bis 787 gebraucht wird, keinen Sinn außerhalb der byzantinischen Symphonie zwischen Kirche und Imperium. Der universelle Konsens der Bischöfe, was man geneigt ist als "ökumenisch" zu bezeichnen, ist eigentlich nur die Hälfte dessen, was "ökumenisch" an den sieben Konzilien ist. Es ist also schwierig bis unmöglich, ein Konzil in diesem Sinne als "ökumenisch" zu bezeichnen, das nach dem Fall von Byzanz stattfand (das deshalb, weil der Imperator als Schirmherr aller Christen weltweit und Westrom theoretisch noch als Teil des Imperiums galt). Seit 1453 muß "ökumenisch" etwas anderes sein, als von 325 bis 787.

Als weiteres ein paar Worte zu Deiner Erwähnung des römischen Stuhls. Zum Constantinopolitanum I (381 a.D.) war der Westen überhaupt nicht vertreten, aber dieses Konzil ist das Zweite Ökumenische. Im Jahre 553 rief Justinian das Fünfte Ökumenische Konzil zusammen, ungeachtet dessen, daß Papst Vigilius es ablehnte, daran teilzunehmen. Auf der anderen Seite wurden auch eine Reihe an Konzilien von vornherein als "ökumenisch" einberufen (nämlich z.B. Sardike 343, Rimini 359, Ephesos 449 ("Räubersynode"), Konstantinopel 754 u.a.) - aber dank welcher Mechanismen sind sie nun letzten Endes verworfen bzw. zu Lokalkonzilien erklärt worden? Offensichtlich ist nicht die Gemeinschaft mit dem römischen Stuhl ein Kriterium für die Bezeichnung "ökumenisch". Rein rechtlich ("de iure") war zu byzantinischen Zeiten ein Konzil formal ökumenisch, sobald es vom Imperator einberufen und abgesegnet wurde. Ekklesiologisch steht aber noch viel mehr dahinter: ein Konzil war "ökumenisch", sofern es mit der Stimme der ganzen Kirche sprach. Hierin liegt die Bedeutung der römischen Kirche, die in kirchlichen Fragen deshalb Autorität genoß, weil sie von Byzanz geographisch und politisch recht weit entfernt war und damit als "unbestechlicher", trotz allem aber theoretisch noch als Kirche der Ökumene = des Reiches galt. Das hatte nichts damit zu tun, daß die römische Cathedra von diesem oder jenem Apostel gegründet wurde. Die Gemeinschaft mit dem römischen Stuhl würde ich unserer Tage also nicht als wesentliches Merkmal eines Ökumenischen Konzils ansehen.

Zuletzt noch zum Zusammenhang zwischen "ökumenisch" und der kirchlichen Einheit. Kein einziges der Großen Konzilien (325-787) war ein Konzil, an dem miteinander nicht in Gemeinschaft stehende Lokalkirchen "gleichrangig" teilnahmen. Gab es doktrinale Meinungsverschiedenheiten und damit eine gestörte Gemeinschaft, so waren die orthodoxen Bischöfe die Mitglieder des Konzils, während die der Häresie verdächtigten Vertreter Rede und Antwort zu stehen hatten. Man denke an das Verhältnis zwischen dem hl. Kyrill von Alexandria und Nestorius anno 431, oder zwischen Dioskoros und Flavian in Ephesos, 449 a.D. Die Idee eines "unionalen" Konzils, an dem also voneinander getrennte Lokalkirchen gleichrangig teilnahmen, kam erst nach dem Schisma auf: ein typisches Beispiel dafür ist das Florentinum 1439, das Du erwähnst, und fast bin ich geneigt zu sagen, daß der Grund seines Scheiterns u.a. in diesem "vereinigenden" Konzept lag. Ein Konzept, das von seiten der weltlichen Macht angestrebt war und auf dem bestimmten Ergebnis dessen man "von außen" bestand.

Langer Rede kurzer Sinn: es ist recht unklar, was heutzutage "ökumenisch" im Bezug auf ein Konzil der Kirche Christi bedeuten würde. Jedenfalls ist es nicht wesentliches Kriterium, daß "Bischöfe der ganzen Ökumene in Gemeinschaft mit dem römischen Stuhl" (sic bei Robert) daran teilnehmen. Ich gehe damit gar nicht auf Roberts Einordnung der späteren lateinischen Konzilien ein, die zweifellos absolut berechtigt ist: wollte man aber wenigstens die Einheit aller im Glauben aus der Qualität des Begriffs "ökumenisch" der alten Konzilien herüberretten, so ist selbst die "Abwertung" der postschismatischen römischen Konzilien wie Vaticanum I auf die Ebene einer Lokalsynode nichts, das viel Hoffnung macht: damit befreit man den Rest der Christenheit z.B. bloß von der Obligation, den Bischof von Rom als "vicarius Christi" und die allheilige Jungfrau Maria als "unbefleckt empfangen" anzuerkennen, zumindest für die römische Kirche würde dieser Glaube aber weiter gelten. Deswegen kann ich nicht exakt nachvollziehen, inwiefern die XII Thesen eindeutig in die Richtung einer "Rückkehr zu der Orthodoxie, ein[em] Ablegen der Irrungen" (wie Alexander schreibt) weisen.

Andreas01
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Beitrag von Andreas01 »

Liebe Freunde,

gestattet mir eine OT- Zwischenfrage:
Es-Ergo-Cogito hat geschrieben:Daß Assisi nicht nur ein absoluter Fehlgriff war, ist sicher - und wurde bereits von allerhöchster Stelle eindrucksvoll geahndet
gibt es dazu Quellen?

Vielen Dank Andreas
Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. Joh 10,10

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Robert Ketelhohn hat geschrieben:
Die Aufgabe steht an, Irrwege der Vergangenheit zu erkennen und zu verlassen. Sonst ist es mit aller patriarchalen Herrlichkeit im Abendland vermutlich bald ganz vorbei.
Ich will bloß nochmal hinterherschicken, daß ich durchaus nicht an den "Thesen" rumnörgeln wollte; vielmehr ging es mir um eine gewisse Begriffsklärung bezüglich der Bezeichnung "Ökumene" bzw. "ökumenisch"; na, und dann kann man auch noch ins de facto Off-Topic abgleiten und versuchen zu klären, was "katholisch" ist, und ob zum Beispiel die Kirche von Dresden-Meißen weniger katholisch ist als die von Rom usw.

Josef Steininger
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Beitrag von Josef Steininger »

Die Ausführungen Nietenolafs sind ja ganz interessant, sie machen deutlich, dass der oströmische Kaiser im 1.Jahrtausend einen Einfluß auf das innere Leben der Kirche ausübte, der ihm als Laien nicht zukam. Und es war der Römische Stuhl, der sich gegen diesen Mißstand zunehmend wehrte und ihm schließlich ein Ende setzte. Nietenolaf bestätigt das indirekt, wenn er schreibt, dass die Römische Kirche „in kirchlichen Fragen deshalb Autorität genoß, weil sie von Byzanz geographisch und politisch recht weit entfernt war und damit als "unbestechlicher" ... galt“. Es war ein Werk der göttlichen Vorsehung, die die Geschichte lenkt, dass Kaiser Konstantin die Hauptstadt des Reiches nach Byzanz verlegte und in der Folge in Italien ein politisches Vakuum entstand, das den Päpsten eine gewisse politische Unabhängigkeit ermöglichte und sie instandsetzte, die Freiheit der Kirche vom Staat gegen die Kaiser, zunächst den byzantinischen, später den abendländischen, zu verteidigen.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Naja, sagen wir... nicht ganz. Der Westen teilte natürlich das theokratische "Konzept", um es so zu nennen... nur bekam eben da der Papst später (in Ermangelung eines Imperators) die weltliche Macht. Und so wirft man sich bis heute gegenseitig Caesaro-Papismus bzw. Papo-Caesarismus vor. Die Göttliche Vorsehung ist aber weder das eine noch das andere, sondern der Untergang beider und damit das Ende der Utopien.

Nun, und in den Häresien, welche die Christenheit im ersten Jahrtausend schüttelten, war die römische Kirche doch tatsächlich in den meisten Fällen der sprichwörtliche Felsen.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

PS an Josef. Du wirst zugeben müssen, daß die Konzilien eigentlich beredt davon zeugen, daß es dem Kaiser eben nicht gegeben war, in das innere Leben der Kirche einzugreifen. Ich erwähne mal beispielshalber nur das Siebte Ökumenische (787 a.D), wo die Imperatoren ja wohl die Ikonoklasten waren... oder die ganze Geschichte mit den Monophyletentum, wo nicht nur der Kaiser, sondern auch der Papst von Rom Häretiker waren. Das Unionsonzil von Ferrara-Florenz, das vom Kaiser aus politischen Motiven arrangiert und unterstützt wurde, das die Kirche aber ablehnte... usw. usf.

Josef Steininger
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Beitrag von Josef Steininger »

Monophyletentum? Meinst Du da den Monotheletismus und das Honorius-Thema?
Den entscheidenden Beitrag im Kampf gegen den Monotheletismus hat, ungeachtet der Tatsache, dass Papst Honorius den Streitpunkt zunächst nicht richtig auffasste und deswegen in den Ruch der Häresie geriet, Rom geliefert !
Honorius’ Nachfolger haben unter schwersten Bedrohungen standgehalten, inbesondere Papst Martin I., der sich weigerte, den „Typos“, eine häretische Formel, zu unterschreiben, und verschleppt und auf die Krim verbannt wurde, wo er an den Folgen der Gefangenschaft und der grausamen Behandlung starb.

Gerade bei diesem Thema tritt die Bedeutung des Papsttums als Gegenmacht gegen eine Herabwürdigung der Kirche zur Staatskirche besonders hervor. Die Kaiser versuchten, aus Rücksicht auf die Reichseinheit, Kompromissformeln zu finden, die für den monophysitisch gesinnten Osten des Reiches akzeptabel waren. Sie stellten die Staatsräson über die Glaubenswahrheit bzw. versuchten, die Glaubenswahrheit so hinzubiegen, wie es für die Staatsräson passte. Den entscheidenden Widerstand dagegen hat Rom geleistet.

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Alexander
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Beitrag von Alexander »

Josef Steininger hat geschrieben:Monophyletentum? Meinst Du da den Monotheletismus und das Honorius-Thema?
Den entscheidenden Beitrag im Kampf gegen den Monotheletismus hat, ungeachtet der Tatsache, dass Papst Honorius den Streitpunkt zunächst nicht richtig auffasste und deswegen in den Ruch der Häresie geriet, Rom geliefert !
Honorius’ Nachfolger haben unter schwersten Bedrohungen standgehalten, inbesondere Papst Martin I., der sich weigerte, den „Typos“, eine häretische Formel, zu unterschreiben, und verschleppt und auf die Krim verbannt wurde, wo er an den Folgen der Gefangenschaft und der grausamen Behandlung starb.

Gerade bei diesem Thema tritt die Bedeutung des Papsttums als Gegenmacht gegen eine Herabwürdigung der Kirche zur Staatskirche besonders hervor. Die Kaiser versuchten, aus Rücksicht auf die Reichseinheit, Kompromissformeln zu finden, die für den monophysitisch gesinnten Osten des Reiches akzeptabel waren. Sie stellten die Staatsräson über die Glaubenswahrheit bzw. versuchten, die Glaubenswahrheit so hinzubiegen, wie es für die Staatsräson passte. Den entscheidenden Widerstand dagegen hat Rom geleistet.
Der Past Honorius wurde durch ein ökumenisches Konzil eindeutig wegen des Monotheletismus als Ketzer verurteilt.
Daß seine Nachfolger anders als er orthodox waren, ist sehr erfreulich. Nietenolaf hat ja die Standhaftigkeit der römischen Bischöfe gelobt. Kämpfe gegen keine Windmühlen, die Rolle Roms in der Häresien-Auseinandersetzung wird von den Orthodoxen sehr geschätzt. Auch bei der letzten großen Häresie des 1. Jahrtausends, dem Ikonoklasmus, der jetzt in der römischen Kirche leider immer deutlicher das Haupt erhebt, war die Rolle des Bischofs von Rom ausschlaggebend.

Die Idee der Reichskirche war sowohl im Osten als auch im Westen vorherrschend. Siehe die Ausführungen Nietenolafs.
Herr Gott,
großes Elend ist über mich gekommen.
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ich weiß nicht ein noch aus.
Gott, sei gnädig und hilf.
Gib Kraft zu tragen, was du schickst,
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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Josef Steininger hat geschrieben:Monophyletentum? Meinst Du da den Monotheletismus...
Ja, manchmal (wie in diesem Fall) wettere ich über das Slawische, welches die griechischen Buchstaben Theta und Phi beide gleichermaßen als ф wiedergibt; Eta und Ypsilon sind im Russischen beide als и bezeichnet. und wenn man dann aus dem Slawischen latinisiert (das liegt mir eben mehr als das Griechische), kommt es zu solchen Stilblüten: th --> ph und e (aus Eta) --> y = Mono|ph|y|letismus. Ich hoffe, Du kannst das jetzt nachvollziehen?

Ansonsten geht's mir nicht um das oft diskutierte Paradebeispiel Honorius. Worauf führst Du denn die wichtige Rolle der römischen Kirche bei den alten Häresien zurück? Oder, zurück zum Thema, was wären für Dich die Kriterien, ein Konzil "ökumenisch" zu nennen? Was es im Altertum bedeutete, habe ich versucht, oben darzulegen. Du kommst auch nicht umhin zuzugeben, daß die alten Konzilien, die auch Dich gelehrt haben, Deinen Glauben zu formulieren, nun einmal von Kaisern einberufen wurden. Daß das keine "Einmischung" seitens der weltlichen Macht bedeutete, habe ich oben auch dargelegt.

Josef Steininger
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Beitrag von Josef Steininger »

Na, dass der Kaiser die Konzilien einberuft, ist doch wohl kein akzeptabler Zustand, jedenfalls nicht auf Dauer. Das heißt nicht, dass die so einberufenen Konzilien schlecht gewesen seien und man kann auch nicht sagen, dass die Einflussnahme des Kaisers immer schlecht war. Gottes Vorsehung kann bekanntlich auch auf krummen Zeilen gerade schreiben.

Jedenfalls beruht die Autorität der Konzilien auch des 1.Jahrtausends darauf, dass sie vom Römischen Stuhl anerkannt und bestätigt wurden. Petrus ist der Fels, auf den die Kirche gebaut ist.

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

Josef Steininger hat geschrieben:Na, dass der Kaiser die Konzilien einberuft, ist doch wohl kein akzeptabler Zustand, jedenfalls nicht auf Dauer.
(Warum nicht?) und
Josef Steininger hat geschrieben:Jedenfalls beruht die Autorität der Konzilien auch des 1.Jahrtausends darauf, dass sie vom Römischen Stuhl anerkannt und bestätigt wurden. Petrus ist der Fels, auf den die Kirche gebaut ist.
Bitte erläutert mir doch einmal den Zusammenhang zwischen Petrus, dem Fels, und der römischen (und nur dieser) Cathedra, welchen Josef hier so lockerflockig als reine Evidenz daherzitiert. Meines Erachtens kann letzteres Zitat nur eine Meinung sein, die kaum älter als, sagen wir, 150 Jahre ist; vorher wäre das kaum jemandem eingefallen. Darüberhinaus auch niemandem in der jüngeren Zeit, der jemals die Muße gehabt hat, sich mit Kirchengeschichte zu befassen. Mich wundert nur immer, mit welcher Selbstverständlichkeit solche unhaltbaren Behauptungen aus mancher Feder fließen.

Oder ist das wirklich offiziell? Eine solch seltsame Ekklesiologie, die aus unerfindlichen Gründen ausgerechnet den Papst von Rom als eine Art magische Ingredienz zum Erreichen des Heils (oder des Epithetons "ökumenisch") benötigt? Das führte Roberts ganze schöne Thesen ad absurdum, obwohl man von der Formulierung von These Nummer 1 wirklich dahin kommen kann. Was ich ja hier auch diskutierte. Was ich eher vermeiden wollte ist, abermals über's Papsttum per se zu reden, da gab's doch schon diverse Threads. Oder nicht?

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ Nietenolaf
Nietenolaf hat geschrieben:Meines Erachtens kann letzteres Zitat nur eine Meinung sein, die kaum älter als, sagen wir, 150 Jahre ist; vorher wäre das kaum jemandem eingefallen. Darüberhinaus auch niemandem in der jüngeren Zeit, der jemals die Muße gehabt hat, sich mit Kirchengeschichte zu befassen. Mich wundert nur immer, mit welcher Selbstverständlichkeit solche unhaltbaren Behauptungen aus mancher Feder fließen.
Die Sonderstellung des Papstes innerhalb der Christenheit und damit auch innerhalb des Episkopats geht in der Tat auf die schon erwähnten Worte Jesu in Matthäus 16,18 zurück.
AFAIK wurde diese Sonderstellung des Bischofs von Rom innerhalb der Christenheit auch seit dem Tode Petri als selbiger Bischof anerkannt. Dies mag bei rein weltlicher Betrachtung auch dadurch bedingt gewesen sein, daß Rom das natürliche Machtzentrum dessen war, war wir historisch als "römisches Reich" kennen. Diese Betrachtung ist jedoch ebenso naturgemäß für kirchliche Belange nebensächlich.

Auch mag im Laufe der Kirchengeschichte das Papstamt verschiedentlich eher als primus inter pares verstanden worden sein. Aber auch diese Einschätzung hatte schon immer zwei Gewichtungen, die untrennbar sind. Das Primat des Stuhles Petri ist jedenfalls enthalten!

Das dieses Primat kirchengeschichtlich auch ausgefüllt worden ist, ist bspw. in den Reformbemühungen eines Papstes Gregors des Großen (540 - 604) oder auch im Investiturstreit (Kurzdarstellung) sichtbar.

Zu guter Letzt spricht auch ein rein praktisches Argument für den Primat des Papstes: Bei einer derart auf Gleichheit ihrer Mitglieder ausgerichteten Religion wie dem Christentum (siehe Matthäus 19,30 und auch 20, 1- 16), braucht es eine letztentscheidende Instanz in rein rechtlichen Fragen. Dies kann aus meiner Sicht der Papst am besten leisten, weil ihn die Pforten der Hölle nicht überwältigen werden.

GsJC
Raphael

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Nietenolaf
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Beitrag von Nietenolaf »

(Zum römischen Bischof wird > hier weiterreferiert. Wo bleibt der Urheber dieses Strangs mit kompetenten, dem Thema entsprechenden Kommentaren? [Punkt]!1)

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Also ich kann Roberts Thesen einiges abgewinnen, denn eigentlich sind die einzigen noch nie angezweifelten Whahrheiten jene die auch die Orthodoxie als traditiones constitutiva bezeichnen. Da stellt sich mir schon die Frage inwiefern, die nachfolgenen Konzielien und Päpste wirklich unfehlbar sprachen. Weiters ist der Verlust der Synodalität in der lateinischen Kirche meiner Meinung nach ein schweres Manko. Gegen nen Oberhäuptling in Rom habe ich nix, bzw. finde ihn auch nötig aber nur im Sinne des Jurisdikationsprimates.

LG
Fiore

PS: Besonders Aussprüche wie
........
33. Daß Häretiker verbrannt werden, ist gegen den Willen des Geistes.
34. Gegen die Türken zu kämpfen heißt, sich Gott zu widersetzen, der durch jene unsere Missetaten heimsucht.
......
Die vorgenannten Artikel bzw. Irrtümer verurteilen, mißbilligen und verwerfen Wir samt und sonders ganz und gar als, wie vorausgeschickt wird, - je nachdem - häretisch oder anstößig oder falsch oder fromme Ohren verletzend oder einfache Gemüter verführend und der katholischen Wahrheit widerstrebend.
(Exsurge Domine, Leo X.)

lassen mich doch daran zweifeln das alles was nach den ökumenischen Konzilien kam zum depostium fidei gehört.
Einer ist Gesetzgeber und Richter, er, der die Macht hat, zu retten oder zu verderben. Wer aber bist du, daß du den Nächsten richtest? (Jak4,12)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ FioreGraz
FioreGraz hat geschrieben:PS: Besonders Aussprüche wie
........
33. Daß Häretiker verbrannt werden, ist gegen den Willen des Geistes.
34. Gegen die Türken zu kämpfen heißt, sich Gott zu widersetzen, der durch jene unsere Missetaten heimsucht.
......
Die vorgenannten Artikel bzw. Irrtümer verurteilen, mißbilligen und verwerfen Wir samt und sonders ganz und gar als, wie vorausgeschickt wird, - je nachdem - häretisch oder anstößig oder falsch oder fromme Ohren verletzend oder einfache Gemüter verführend und der katholischen Wahrheit widerstrebend.
(Exsurge Domine, Leo X.)

lassen mich doch daran zweifeln das alles was nach den ökumenischen Konzilien kam zum depostium fidei gehört.
Was hast Du an den Verwerfungen der Thesen Nr. 33 und 34 durch Papst Leo X. auszusetzen?

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Udalricus
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Beitrag von Udalricus »

während die östlichen Patriarchen und Bischöfe abwesend blieben. Deshalb wurde es kein Ökumenisches Konzil, wenn es auch gewollt hatte.
Also, mein Bedenken ist: ist die Gültigkeit eines Konzils von der Anzahl der Gekommenen abhängig?
Und müssen auch Bischöfe eingeladen werden, die im Schisma stehen? Noch dazu, um die Gültigkeit des Konzils zu garantieren?

Ich möchte beide Fragen verneinen, womit alle Konzilien bis zum 2. Vatikanischen Konzil gültig sein müssen.

Eine andere Frage ist natürlich, ob die Beschlüsse weiterhin gültig sind. Das muss mit Ausnahmen der Dogmen ja nicht sein. Der Beschluss, des Konzils von Trient, dass die dort festgesetzte Liturgie für alle Zeiten bestehen muss, ist ja auch durch das 2. Vatikanum revidiert worden.

Insofern bräuchten die Ostkirchen ja nicht die heutige Geltung der Beschlüsse der umstrittenen Konzilien anerkennen, sondern nur, dass sie gültig zustande gekommen sind, da der Nachfolger Petri sie einberufen hat.

Oder denke ich da verkehrt?

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Also, mein Bedenken ist: ist die Gültigkeit eines Konzils von der Anzahl der Gekommenen abhängig?
Und müssen auch Bischöfe eingeladen werden, die im Schisma stehen? Noch dazu, um die Gültigkeit des Konzils zu garantieren?

Ich möchte beide Fragen verneinen, womit alle Konzilien bis zum 2. Vatikanischen Konzil gültig sein müssen.
Also so einfach würde ich das nicht sehen.

Erstens die östliche wie auch die westliche Tradition sind ein ganzes, bei einem Konzil müssen also erstmal beide Traditionen anwesend sein um eine "ganzheitliche Aussage" treffen zu können. Dabei kommts ncht auf die Anzahl an sondern das alle Sichtweisen gehör finden.
Das Neue Testament kann ich auch nicht in 2 Hälften schneiden und dann meinen mit der einen hälfte eine ebenso wahre und gute Exegese hinzubekommen wie mit dem ganzen.

Und meines erachtens liegt der Unterschiedn der Traditionen in den versch. Ausprägungen

westen petrinisch zentriert - osten synodaler Charakter

Eigentlich gehört beides gleichberechtigt zusammen, durch die Trennung verloren beide Traditionen etwas fundamentales.
Darin liegen auch im großen und ganzen etwaige Lehrunterschiede, oft sind diese Unterschiede nur auf Formulierungen oder Defintionsstile zurückzuführen. Im Westen wird von einer Person für die Kirche definiert, im Osten von der Kirche heraus. Beides hat seine Berechtigung, die Synode drückt den Glauben der Kriche aus, der Papst wacht über die Einhaltung ob die Definition wirklich rechtgläubig ist und verwirft sie gegebenefalls und legt die Defintionen dann im lichte des ganzen aus.
Dieses Zusammenspiel zwischen Petrus und der Kirche fehlt.
Papst und Synode sind Petrus und Paulus und die gehören zusammen.

Da also die Lehrunterschiede marginal sind und meines erachtens eher stilistisch als inhaltlich ein Problem darstellen, wäre es sehr wohl angebracht, erstmal alle westlichen Konzilien und etwaige östliche Synoden zusammenzuwerfen auf Herz und Nieren abzuklopfen und gemeinsam definieren.

Bei Dingen wo die Lehre entgegengestzt ist, muß man klipp und klar anerkennen das hier kein "depositum fidei" vorliegt, da keine gesamtkirchliche Rezeption ersichtlich ist. Diese Dinge sind dann entweder nur relevant für die jeweilige Tradition, als besonderheit anzusehen, oder eben als menschliche Tradition zu verwerfen.

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Fingalo
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Beitrag von Fingalo »

Ich steh' ein wenig auf dem Schlauch - deshalb benötige ich etwas Nachhilfe:
Wer hat eigentlich mit welcher Berechtigung und Vollmacht wann die These 1 "Das Ökumenische Konzil ist die Versammlung von Bischöfen der ganzen Ökumene in Gemeinschaft mit dem römischen Stuhl, die über Fragen des Glaubens verbindlich für die gesamte Kirche und von der Kirche anerkannt entscheidet." für verbindlich und maßgeblich erklärt? Ich meine jetzt nicht die Definition, was ein ökumenisches Konzil ist, sondern seine Monopolstellung in den Fragen des Glaubens.

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Die Monopolstellung im Glauben.

Die Zeugnisse der TRadition mit dementsprechenden Lehrentscheidungen auch seitens Roms insbesondere das 4. Konzil v. Konstantinopel. Im 1. Jahrtausend gings beim Streit um die Vormachstellung Roms immer wieder um die Bezieheung Papst - Konzil. Dabei stellte sich heraus der Papst legt aus, prüft, und "segnet ab", wobei das Konzil im Zweifelsfall die Oberhoheit über den Papst besitzt. Diese Lehre war auch bis in 15. Jhdt bei uns kein Thema und wurde sehr scharf auch im Westen am Konzil von Konstanz nochmals wiederholt. Auch das 1. Vat leitet eben die Vormachstellung des Papstes bzw. Unfehlbarkeit aus der TRadition ab und definiert eigentlich eine unfehlbare Jurisdikation in Streitfragen, nicht in regulären Lehrfragen oder im Sinne eines Notar Gottes. Auch im 1. Jtsd. wird im zweifelsfall bei Streit auf Konzilien oder lokalen Synoden Rom gefragt. Das Vat II beharrt auch weiterhin auf dieser Lehre. Also sie ist kann man sagen ungebrochene Tradition bis heute.

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Fingalo
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Beitrag von Fingalo »

FioreGraz hat geschrieben:Die Monopolstellung im Glauben.

Die Zeugnisse der TRadition mit dementsprechenden Lehrentscheidungen auch seitens Roms insbesondere das 4. Konzil v. Konstantinopel.
Ist das nicht die Trullanische Synode, deren Abschlussdokument vom Papst Sergius I. nicht unterzeichnet wurde?
Dort heißt es im "Logos Prosphonetikos", dass die beiden vorangegangenen Synoden überhaupt keine Lehrentscheidungen (Canones) getroffen hätten. Die können also keine Tradition begründet haben.
Ich habe den zweisprachigen Text vor mir, finde aber nirgends eine Aussage des Inhalts, dass ausschließlich ökumenische Synoden, also Synoden mit Bischöfen oder Patriarchen aus der Ost- und der Westkirche in der Lage sein sollten, transzendente Wahrheiten für den Glauben zu formulieren.
Im Gegenteil: Im Kanon 2 werden bereits beschlossene Anathemata nochmals bekräftigt (doppelt genäht hält besser) und unterschiedslos daneben auch Lehraussagen von Einzelpersonen bestätigt: Erst werden die Canones von ganz unterschiedlichen Versammlungen "bestätigt", dann fährt der Text fort: "Genauso (αλλα μην) die Canones des Dionysius ... usw." Das Wort heißt da επισφραγιζομεν, also ein Siegel darunter setzen. und κανων heißt Regel, Richtschnur. Die haben diese Texte bereits als Richtschnur und Regel anerkannt, die sie nur noch mit einem Siegel bestätigten. Dass diese Canones Geltung haben, war also schon communis opinio, bevor man zusammenkam. Diese Gleichsetzung der Befugnis, Regeln aufzustellen, sowohl für die aufgezählten Kirchenversammlungen als auch für die anschließend aufgezählten Einzelpersonen wurde überhaupt nicht thematisiert. Dafür, dass dort beschlossen worden sei, nur alle Kirchenprovinzen gemeinsam könnten göttliche Wahrheit ermitteln, weil nur ihnen der Beistand des Heiligen Geistes den Irrtum verhindere, finde ich keinen Anhaltspunkt.

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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

Ne da meinst du das 3. Konzil v. Konstantinopel wo der Osten die trullanische Synode als Teil ansieht, ich rede vom 4. Konzil.

Aber egal ich meinte da Zeugnis allgemein, also das Verständnis überhaupt und das fängt an beim Apostekonzil umfasst im großen und ganzen die gesamte Konzilskultur bzw. das Konzilsverständnis bis ins 15. Jhdt. Die Päpste machen ja auch nicht umsonst immer wieder auf ihr Vorrecht der Auslegung und Kontrolle der Konzilien aufmerksam z.B Synode v. Serdika, der Brief des Konzils von Chalkedon an Leo I., Papst Simplicius, Pelagius I. etc. auch die Bestätigung seitens der Päpste spricht seine Bände.
Im Endefeckt ist der Streit um die Vorrangstellung Roms eine Spannungsgeschichte und Zeugnis zwischen eben der Verbindlichkeit der Konzilien und der Stellung des Papstes und gibt sehr gut die Lehrauffassung wieder, insbesonder da der Papst in der "devensivposition" bei diesem Streit ist, woraus man sher gut ablesen kann das es sich um bereits dmals schon "althergebrachte" Vorstellungen handelt. Und wie gesagt diese Vorstellung erhielt sich bei uns voll und ganz noch bis zum Konzil von Konstanz bzw. Basel und findet auch in Vat I. und Vat. II noch ihren Nachhall. Auch die bestimmung des noch rechtmässigen "Teils" des Konzils von Basel über die Abhaltung von Regionalsynoden ist ein Zeugnis dafür.

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Beitrag von Fingalo »

FioreGraz hat geschrieben:Ne da meinst du das 3. Konzil v. Konstantinopel wo der Osten die trullanische Synode als Teil ansieht, ich rede vom 4. Konzil.

Aber egal ich meinte da Zeugnis allgemein, also das Verständnis überhaupt und das fängt an beim Apostekonzil umfasst im großen und ganzen die gesamte Konzilskultur bzw. das Konzilsverständnis bis ins 15. Jhdt.
Aha, dann gibt es also einen allgemeinen schriftlich festgehaltenen Satz nicht, dass nur das in These 1 definierte "Ökumenische Konzil in Gemeinschaft mit dem Heiligen Stuhl" eine Glaubenswahrheit feststellen kann.
Und wenn die Reihe bis zum Konzil von Konstanz fortgesetzt wird und darüber hinaus bis zum Vaticanum II, dann sind dort Glaubenswahrheiten verkündet worden, die die am Konzil beteiligten Kirchen als verbindlich anzusehen haben. Dass zur Eigenschaft eines Canons als unfehlbar wahr, also göttlicher Herkunft durch den Heiligen Geist vermittelt, gehöre, dass auch die Ostkirche dem zustimme, ist nirgends als verpflichtender Glaubenssatz verkündet. Die Konzilskultur sagt etwas über die Möglichkeiten eines Konzils. Die Papstkultur sagt etwas über die Möglichkeiten eines Papstes. Und da denke ich, dass es auch einen Traditionsstrang gibt, dass ohne ihn nichts läuft.

Wenn nun das Vaticanum I die Unfehlbarkeit des Papstes beschlossen und verkündet hat, dann sind die beteiligten Kirchen und deren Gläubige daran gebunden (und auch die später beitretenden Kirchen). Die Orthodoxe Kirche aber nicht. Für einen Katholiken ist die Mariendogmatik verbindlich, ob das Konzil nun ökumenisch war oder nicht. Wenn man nun die Gültigkeit dieses Canons in Zweifel zieht, dann ist auch der Verbindlichkeit von Konzilsdekreten endgültig der Boden entzogen, ob ökumenisch oder nicht. Denn immer wird man bei einer lebendigen Kirche durch geeignete Auslegung feststellen können, dass ein neuer Canon gegenüber einem einem früheren in irgendeiner Weise eine Veränderung bringt. Sonst wäre er ja überflüssig. Und der eine sagt "Entwicklung" oder "Aggiornamento", der andere "Traditionsbruch", wie Lefèbvre.
Man sollte auch bei der Führung durch den Heiligen Geist in Rechnung stellen, dass er den jeweiligen geschichtlichen Horizont kennt und bestimmte Dinge für eine Zeit für richtig hält und für eine andere Zeit für falsch. Dies gilt zwar nicht für transzendente Sachverhalte wie die Trinität, aber für Organisationsfragen, wie die Frauenordination. Und der Gehorsam verlangt, dies zu akzeptieren.

Und das Verhältnis zwischen diesen Kirchen?
Das geht wie bei politischen Gebilden. Da gibt es jede Art von Ausgestaltung von Beziehungen: Von der gegenseitigen Anerkennung mit Einreiseverbot über Visumzwang, Passzwang, Ausweis reicht, man kann auch so über die Grenze, Staatenbund, bis hin zum Bundesstaat. Und jede Kirche kann autonom festlegen, was die eigenen Gläubigen bei den anderen dürfen und was die anderen in den eigenen Kirchen und Gottesdiensten dürfen. Das muss nicht einmal auf Gegenseitigkeit beruhen.

Ich stehe immer noch auf dem Schlauch und sehe das Problem nicht.

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Walter
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Beitrag von Walter »

Udalricus hat geschrieben:
während die östlichen Patriarchen und Bischöfe abwesend blieben. Deshalb wurde es kein Ökumenisches Konzil, wenn es auch gewollt hatte.
Also, mein Bedenken ist: ist die Gültigkeit eines Konzils von der Anzahl der Gekommenen abhängig?
Und müssen auch Bischöfe eingeladen werden, die im Schisma stehen? Noch dazu, um die Gültigkeit des Konzils zu garantieren?

Insofern bräuchten die Ostkirchen ja nicht die heutige Geltung der Beschlüsse der umstrittenen Konzilien anerkennen, sondern nur, dass sie gültig zustande gekommen sind, da der Nachfolger Petri sie einberufen hat.

Oder denke ich da verkehrt?
Ja, ganz schön verkehrt, würde ich sagen. :(

Ein Ökumenisches Konzil ist dann und nur dann (als solches) gültig, wenn es von allen kanonischen Kirchen (und zwar nicht nur von den Patriarchen, sondern auch vom Kirchenvolk) als solches anerkannt wird.

Von den sieben Ökumenischen Konzilen, die allgemein anerkannt werden, wurde kein eines von einem Papst einberufen. Auf dem Konzil von Konstantinopel 381 war sogar überhaupt kein Legat der römischen Kirche anwesend. Trotzdem wurde es von Rom und den anderen Kirchen anerkannt und ist deshalb gültig.

Alles was Rom nach 1054 angestellt hat, wurde nicht mehr als gültig anerkannt, unabhängig davon, wer diese sog. Konzile einberufen hat, das war sogar 1439 beim Konzil von Florenz und Ferrara der byzantinische Kaiser. Trotzdem haben die orthodoxen Kirchen die dort beschlossenen Häresien abgelehnt.

Es ist also für die Gültigkeit nicht ausschlaggebend, wer ein Konzil einberufen hat und wer daran teilgenommen hat, sondern einzig entscheidend ist, ob dort die wahre Lehre oder irgendwelche Häresien beschlossen wurden. Die würden von der wahren Kirche Christi niemals als Dogmen oder gültige Lehre anerkannt werden. :sauer:
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Fingalo
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Beitrag von Fingalo »

Walter hat geschrieben:Ja, ganz schön verkehrt, würde ich sagen. :(

Ein Ökumenisches Konzil ist dann und nur dann (als solches) gültig, wenn es von allen kanonischen Kirchen (und zwar nicht nur von den Patriarchen, sondern auch vom Kirchenvolk) als solches anerkannt wird.
Volksabstimmung in der Kirche. Mit einfacher oder 2/3-Mehrheit? Wer hat diese Anforderung wann und mit welchem Recht festgelegt?
Und was heißt "gültig" inhaltlich? Denn immerhin heißt Gültigkeit nach Deinem letzten Satz ja noch lange nicht, dass es nicht Häresien verkündet.
Walter hat geschrieben:Es ist also für die Gültigkeit nicht ausschlaggebend, wer ein Konzil einberufen hat und wer daran teilgenommen hat, sondern einzig entscheidend ist, ob dort die wahre Lehre oder irgendwelche Häresien beschlossen wurden. Die würden von der wahren Kirche Christi niemals als Dogmen oder gültige Lehre anerkannt werden. :sauer:
Und wer befindet darüber? Wer ist Richter über die Konzilien? Jeder Gläubige für sich (wie bei den Evangelischen)?

Aber ich darf zusammenfassen: Ein gültiges Konzil verkündet verbindlich Wahrheiten. Und wann ist es gültig? Nun, wenn es eben Wahrheiten verkündet. Ein herrlicher Zirkel.

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Walter
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Beitrag von Walter »

Also Fingalo, ein Konzil ist nicht so etwas wie die jährliche Hauptversammlung eines Vereins, die erst einmal ihre Beschlussfähigkeit (Du nennst das "Gültigkeit") feststellen muss, dann aber je nach Mehrheit irgendwelche Satzungsänderungen vornehmen darf (das hieße, die an sich unveränderliche Lehre der Kirche verändern, so wie es z.B. im I. Vatikanum doch geschehen ist).

Kein Konzil kann also "neue" Lehren schaffen, sondern höchstens aufgetretene Abweichungen von der unveränderlichen Apostellehre als Häresie verurteilen, oder die bestehende Lehre in Worte kleiden, deklarieren, wie das z.B. im "Credo" von Konstantinopel und Nicäa geschehen ist.

Aber auch so ist kein Lehramt ist unfehlbar (schon gar nicht darin, dass es für sich selbst die Unfehlbarkeit beschließt*). Also kann auch ein Konzil irren.

Unfehlbar (also irrtumsfrei) ist einzig die Kirche als Ganzes durch die lebendige Gegenwart des Heiligen Geistes und die Gnade und Führung Gottes. Deshalb ist ein Konzilsbeschluss (oder das ganze Konzil) erst dann gültig, wenn er/es durch die Heilige Kirche angenommen (rezipiert) wird.


* siehe Lk 22,31-34
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Beitrag von Leguan »

Walter hat geschrieben:Es ist also für die Gültigkeit nicht ausschlaggebend, wer ein Konzil einberufen hat und wer daran teilgenommen hat, sondern einzig entscheidend ist, ob dort die wahre Lehre oder irgendwelche Häresien beschlossen wurden.
Was ist denn das für eine Karuselllogik?
Aber auch so ist kein Lehramt ist unfehlbar (schon gar nicht darin, dass es für sich selbst die Unfehlbarkeit beschließt*). Also kann auch ein Konzil irren.

Unfehlbar (also irrtumsfrei) ist einzig die Kirche als Ganzes durch die lebendige Gegenwart des Heiligen Geistes und die Gnade und Führung Gottes. Deshalb ist ein Konzilsbeschluss (oder das ganze Konzil) erst dann gültig, wenn er/es durch die Heilige Kirche angenommen (rezipiert) wird.
Also woher soll man dann noch wissen, was man glauben soll? Es gab genug Leute, die auch nach dem Konzil von Nicäa am Arianismus festhielten; Nestorianer gibt es bis heute. Warum sollte dann das Konzil von Ephesos gültig sein?

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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Nietenolaf hat geschrieben:Bitte definiere "Ökumene". Im lateinischen Äquivalent schreibst Du "totus orbis".
Da hast du’s ja. :)

Du hast recht, daß ein Ökumenisches Konzil ohne Kaiser etwas anderes ist als mit Kaiser. Allerdings solltest du den Kaiserbegriff hierbei nicht auf den byzantinischen Basileus beschränken. Ohne die juridische und die heilsgeschichtliche Problematik der translatio imperii hier erörtern zu wollen, muß ich doch daran erinnern, daß der Kaisergedanke (samt der „Romidee“) von den Franken und späteren Deutschen ebenso übernommen wurde wie von den Russen.

Ferner erinnere ich daran, daß auch die sieben alten „ökumenischen“ Konzilien den Begriff der Ökumene keineswegs auf den orbis Romanus (bzw. Rhomaios) beschränkten. Da kamen Bischöfe auch von Persien und Indien her.
Nietenolaf hat geschrieben:Als weiteres ein paar Worte zu Deiner Erwähnung des römischen Stuhls. Zum Constantinopolitanum I (381 a.D.) war der Westen überhaupt nicht vertreten, aber dieses Konzil ist das Zweite Ökumenische.
Ich erinnere an die intensiven, ja fast verzweifelten Bemühungen der östlichen Seite, einen Papst zur Unterschrift unter das Quinisextum zu bewegen. Nicht aus Jux und Dollerei, sondern weil man diese tatsächlich als notwendig ansah.
Josef Steininger hat geschrieben:Die Ausführungen Nietenolafs sind ja ganz interessant, sie machen deutlich, daß der oströmische Kaiser im 1.Jahrtausend einen Einfluß auf das innere Leben der Kirche ausübte, der ihm als Laien nicht zukam.
Das ist eine unbewiesene Behauptung. Zudem ist zu entgegnen, daß ohne jenen „Einfluß“ wir Heutigen von der Kirche vermutlich nurmehr ferne Kunde hätten. Mit andern Worten, der Einfluß war providentiell.
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rurſus nobis oriatur | et ut lampas accendatur | juſtus in eccleſia.

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Beitrag von Robert Ketelhohn »

Udalricus hat geschrieben:Ich möchte beide Fragen verneinen, womit alle Konzilien bis zum 2. Vatikanischen Konzil gültig sein müssen.
Udalrice, lies doch bitte einmal oben meine ausführliche Erläuterung. Daraus geht, meine ich, recht klar hervor, weshalb eine beträchtliche Anzahl heute in der lateinischen Kirche üblicherweise (aber nirgends verbindlich definiert!) als „ökumenisch“ gezählter Synoden keineswegs ökumenisch im Sinne der sieben ersten ökumenischen Konzilien war.
Walter hat geschrieben:Ein Ökumenisches Konzil ist dann und nur dann (als solches) gültig, wenn es von allen kanonischen Kirchen (und zwar nicht nur von den Patriarchen, sondern auch vom Kirchenvolk) als solches anerkannt wird.
Die Behauptung ist nicht tragfähig. Siehe Ephesus und Chalcedon.
Walter hat geschrieben:Konstantinopel 381 … wurde .. von Rom … anerkannt und ist deshalb gültig.
Deshalb. (Auch deshalb.) :klatsch:
[/color]
Walter hat geschrieben:Alles was Rom nach 1054 angestellt hat, wurde nicht mehr als gültig anerkannt
Mit Verlaub, Walter, das ist grober Unfug. Sowohl die ominöse Jahreszahl (die in Wahrheit ganz unbedeutend ist) als auch überhaupt.
Walter hat geschrieben:… 1439 beim Konzil von Florenz und Ferrara … Trotzdem haben die orthodoxen Kirchen die dort beschlossenen Häresien abgelehnt.
Dies vorschnelle Urteil („Häresien“) wirst du auch kaum durchhalten können. Ich verstehe schon, weswegen euch „Ostlern“ das Florentinum besonders unangenehm ist. Denn »die orthodoxen Kirchen« haben zunächst zu einem beträchtlichen Teil die dort gefaßten Beschlüsse keineswegs »abgelehnt«, sondern mitbeschlossen und mitgetragen.

Weshalb das Florentinum am Ende doch nicht tragfähig war, das ist – wie ich irgendwo oben schon schrieb – ein Thema für sich. Mit pauschalen Häresievorwürfen kommst du den Dingen aber nicht näher, ebensowenig, wenn einer euch stets von vornherein pauschal „Schismatiker“ schimpft.

Man müßte wohl wirklich einmal näher untersuchen, weshalb der Einigungsversuch von Florenz, wie ich es oben ausdrückte, gleichsam unvollendet blieb – und an den seit damals auseinandergelaufenen Fäden wieder anknüpfen.
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FioreGraz
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Beitrag von FioreGraz »

@Fingalo

Du stellst hier ungleiches gegenüber, du meinst Papst-Konzil wären Konkurrenten ihre Unfehlbarkeiten etc. seien gleichgesetzt

Unfehlbarkeit des Papstes
Die Unfehlbarkeit des Papstes ist nicht einfach Verkündet worden, sie wurde nur "bestätigt", dabei beruft sich ja Vat I. auf die Praxis und Dokumente von Konzilien annodazumal, also es ist nichts neues unter der Sonne nur endlich mal zusammengefasst, somit tätigt Vat. I auch keine neue dogmatischa Aussage sondern eher ne Wiederholung. Dadurch ist aber auch die Rolle der Rolle der Unfehlbarkeit definiert

- Notariel, er bestätigt Konzilsdokumente oder lehnt sie als nicht glaubenskonform ab und bewahrt sie und legt sie aus (Konzilshoheit)
- Er hat absolute endgültige Entscheidungsgewalt in Streitfragen des Glaubens und der Kirche (eine besonderheit der judikativen Gewalt)

Es ist also eine "rechtlich/passive" Unfehlbarkeit. Er kann keine aktiven "Weihrauchschnüffelbeschlüsse" fassen.

Konzil
Das Konzil selbst an sich fasst aktiv Glaubensbeschlüsse, es ist das aktive Organ des "sensus fidei", um aber den "sensus fidei" zu repräsentieren muß natürlich ein gesamtkirchlicher Konsens da sein, es kann nicht sein dei Lateiner beschliesen die orthodoxen fressen, denn auch die orthodoxen sind katholisch und Mitglieder der Kirche. Wenn diese also dagegen sind ist das keine aktiver Ausdruck des "sensus fidei". Daher sind die "nachschismatischen" Konzilien eher als "Patriachalsynoden" des Westens zu sehen, für uns natürlich verbindlich, allgemeine Glaubensaussagen die diese Konzilien getroffen für die Gesamtkirche getroffen haben sind aber im Lichte beider Traditionen zu bewerten.

Kirche (sensus fidei)
Das Glaubensvolk, und hier muß ich Walter zustimmen, das Glaubensvolk an sich (die Kirche) ist unfehlbar im passiven Sinne. Um endgültig über "depositum fidei" oder "menschliche Tradition" zu entscheiden, ist dieses Zuständig. Im Sinne einer Rezeption. Wenn ein Konzilsbeschluß o.dgl. nicht vom Volk Gottes angenommen wird, können ihn 10 Päpste und 30 Konzilen verkündet haben, es ist dann kein "depositum fidei" sondern entweder eine Nebensache - "menschliche Tradition" (z.B. Zölibat) oder einfach Blödsinn.

Im Endefeckt brauchst du aber die Gesamtkirche besonders für letzteres um ein "depositum fidei" zu finden und besonders aus letzteren ergibts sich die westlichen ökumenischen Konzilien sind nur große Lokalsynoden. Was nicht heißt das sie unrecht haben, viele Lokalsynoden haben durch annahme in der Kirche (sensus fidei) eine Gesamtkirchliche dogmatische Bedeutung.

Diese 3 "Unfehlbarkeiten" kann man aber nicht wie in letzter Zeit papalistisch gesehen wird, als konkurierend und sich auschliesend sehen im Gegenteil das Vehikel funktioniert nur wenn alle 3 sich in ihrem Bereich ergänzen.

Es gibt natürlich (Krisen)Zeiten da müssen sie Konkurieren, so stellt Trient bereits fest das das Volk (sensus fidei) des öfteren gegen alle Widerstände den rechten Glauben bewahrt hat, so kan man sehen das sich auch Konzilien mal gegen Päpste stellen (Apostelkonzil, Konstanz) und so kann man sehen das Päpste auch mal Kozilen bombardieren (Hireia, Basel). Doch in diesen Krisen gilt immer Gott und die Wahrheit wird sich durchsetzen.

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