Werner001 hat geschrieben:Das was du als unmoralisch ansiehst, wird nur von einer Minderheit als "unmoralisch" angesehen, ist nach allgemeiner menschlicher Ansicht aber "in Ordnung" (solange kein Zwang oder Gewalt im Spiel ist)
Lass mich darauf ausführlich antworten:
Matthäus 25, 14-30 hat geschrieben:Das Gleichnis vom anvertrauten Geld
14 »Es ist wie bei einem Mann, der verreisen wollte. Er rief vorher seine Diener zusammen und vertraute ihnen sein Vermögen an.
15 Dem einen gab er fünf Zentner Silbergeld, dem anderen zwei Zentner und dem dritten einen, je nach ihren Fähigkeiten. Dann reiste er ab.
16 Der erste, der die fünf Zentner bekommen hatte, steckte sofort das ganze Geld in Geschäfte und konnte die Summe verdoppeln.
17 Ebenso machte es der zweite: Zu seinen zwei Zentnern gewann er noch zwei hinzu.
18 Der aber, der nur einen Zentner bekommen hatte, vergrub das Geld seines Herrn in der Erde.
19 Nach langer Zeit kam der Herr zurück und wollte mit seinen Dienern abrechnen.
20 Der erste, der die fünf Zentner erhalten hatte, trat vor und sagte: Du hast mir fünf Zentner anvertraut, Herr, und ich habe noch weitere fünf dazuverdient; hier sind sie!
21 Sehr gut, sagte sein Herr, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du hast dich in kleinen Dingen als zuverlässig erwiesen, darum werde ich dir auch Größeres anvertrauen. Komm zum Freudenfest deines Herrn!
22 Dann kam der mit den zwei Zentnern und sagte: Du hast mir zwei Zentner gegeben, Herr, und ich habe noch einmal zwei Zentner dazuverdient.
23 Sehr gut, sagte der Herr, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du hast dich in kleinen Dingen als zuverlässig erwiesen, darum werde ich dir auch Größeres anvertrauen. Komm zum Freudenfest deines Herrn!
24 Zuletzt kam der mit dem einen Zentner und sagte: Herr, ich wusste, dass du ein harter Mann bist. Du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst ein, wo du nichts ausgeteilt hast.
25 Deshalb hatte ich Angst und habe dein Geld vergraben. Hier hast du zurück, was dir gehört.
26 Da sagte der Herr zu ihm: Du unzuverlässiger und fauler Diener! Du wusstest also, dass ich ernte, wo ich nicht gesät habe, und sammle, wo ich nichts ausgeteilt habe?
27 Dann hättest du mein Geld wenigstens auf die Bank bringen sollen, und ich hätte es mit Zinsen zurückbekommen!
28 Nehmt ihm sein Teil weg und gebt es dem, der die zehn Zentner hat!
29 Denn wer viel hat, soll noch mehr bekommen, bis er mehr als genug hat. Wer aber wenig hat, dem wird auch noch das Letzte weggenommen werden.
30 Und diesen Taugenichts werft hinaus in die Dunkelheit draußen! Dort gibt es nur noch Jammern und Zähneknirschen.«
Also ich sehe v.a dieses Gleichnis als eine Aufforderung, sich nicht in sein Haus zu verkriechen und zu sagen "Ich habe meinen Glauben, was der Rest macht ist mir egal.". Christus fordert uns auf, unter die Menschen zu gehen und seine Lehre zu verbreiten. Wir sollen nicht den Glauben und die damit verbundene Gnade für uns behalten, sondern dafür sorgen, dass sich dieser Glaube verbreitet. Deshalb kommt der Katechismus ja auch auf folgende Punkte zu sprechen.
Katechismus der Katholischen Kirche hat geschrieben:1894 Gemäß dem Subsidiaritätsprinzip dürfen weder Staat noch größere Gesellschaften die Initiative und Verantwortung der Personen und der kleineren Gemeinwesen verdrängen.
1895 Die Gesellschaft muß das Tun des Guten begünstigen, nicht behindern. Sie muß sich von einer richtigen Ordnung der Werte leiten lassen.
1896 Wo die Sünde das Gesellschaftsklima verdirbt, ist zur Bekehrung der Herzen aufzurufen und an die Gnade Gottes zu appellieren. Die Liebe drängt zu gerechten Reformen. Es gibt keine Lösung der sozialen Frage außerhalb des Evangeliums.
[...]
1916 Die Mitarbeit aller an der Förderung des Gemeinwohls verlangt, wie jede ethische Verpflichtung, eine stets erneuerte Bekehrung der Mitglieder der Gesellschaft. Listige Betrügereien, durch die sich manche den Bestimmungen des Gesetzes und den sozialen Pflichten entziehen, sind entschieden zu verurteilen. Sie lassen sich mit den Forderungen der Gerechtigkeit nicht vereinbaren. Institutionen, die die menschlichen Lebensverhältnisse verbessern, sind zu fördern.
1917 Wer Autorität auszuüben hat, muß die Werte sichern, die bei den Mitgliedern der Gruppe Vertrauen schaffen und sie anspornen, sich in den Dienst ihrer Mitmenschen zu stellen. Die Mitwirkung beginnt mit der Erziehung und Bildung. „Mit Recht dürfen wir annehmen, daß das künftige Schicksal der Menschheit in den Händen jener ruht, die imstande sind, den kommenden Generationen einen Sinn des Lebens und Grund zur Hoffnung zu vermitteln“.
D.h. es wird kein "persönliches Christentum" gefordert, bei dem jeder nur für sich dasteht, sondern ein aktives, missionarisches Christentum, das dazu dienen soll, das Heil unter den Menschen zu verbreiten.
Natürlich müssen wir den Balken aus unserem eigenen Auge ziehen, doch damit ist es nicht getan. Wir müssen dann auch den Splitter aus dem Auge unseres Bruders ziehen!
Und
das ist es, wovon ich die ganze Zeit spreche. Ich meine jetzt nicht Prostitution, Gewalt o.ä. im Speziellen, ich rede von der Verantwortung, die wir als Christen gegenüber den anderen Menschen haben. Nur weil die Mehrheit von einer Sache überzeugt ist, heißt das nicht, dass diese Sache auch gut ist, oder?
Ihr sagt, dass wir nicht das Recht haben, anderen Menschen christliche Werte "aufzuzwängen". Also: Wir glauben an
den einzig richtigen Weg, wie die Menschen in Harmonie miteinander und mit Gott leben können, wollen das auch anderen verkünden, dürfen das aber nicht, weil wir eine Minderheit sind und die Mehrheit unsere Werte ablehnt.
Jetzt kommt noch einmal mein Vergleich mit dem Dritten Reich ins Spiel: Die meisten Menschen (und darüber gibt es keinen [Punkt]) waren in den dreißiger Jahren von der Richtigkeit des Systems überzeugt, sonst hätten sie es ja nicht gewählt. Und selbst in Zeiten des Krieges, hielten die meisten noch am "Führer" und "der Partei" fest. Der kleinste Teil war bereits zu Anfang gegen die Nazis.
Da sie in der Minderheit waren, hätten sie dann auch schweigen sollen?! Ich rede nicht von den Zeiten in denen Juden deportiert wurden oder bereits Bomben auf Berlin fielen, ich meine die erste Hälfte der Dreißiger, als das System seine Vernichtungsmaschine noch nicht richtig angefahren hatte. Die Zeiten standen auf Sturm, er war zwar noch nicht ausgebrochen, doch jeder, der auch nur etwas politischen und/oder moralischen Spürsinn hatte, konnte erkennen, dass bald etwas ziemlich Schlimmes passieren würde.
Die kritischen Stimmen waren weit in der Unterzahl, trotzdem haben sie die Wahrheit verkündet, nur hat man das erst später erkannt.
Was ist, wenn wir in einer ähnlichen Situation leben? Was ist, wenn Abtreibung, Sterbehilfe, Genforschung, Schwinden von Solidarität usw. nur Vorboten einer noch viel tiefer greifenden moralisch-ethischen Veränderung sind? Vielleicht tritt diese erst in 50 oder 100 Jahren zu Tage, doch sie fußt auf dem Fundament, das
in unseren Tagen gelegt wurde und das nur deshalb so fest werden konnte, weil alle "es für richtig hielten" und niemand etwas dagegen unternommen hat. Was ist, wenn wir all diese Dinge sehen und sie für akzeptabel halten, doch nicht erkennen, dass es nicht so "harmlos" bleiben wird?
Verzeiht, wenn ich schon wieder eine Analogie zum 3. Reich herstelle, aber es ist nun einmal das Paradebeispiel für moralische Verirrung: Mir ist lieber, ich opponiere gegen die etablierte Meinung, weil es meiner Überzeugung entspricht und nehme dafür Anfeindungen und Schmähungen in Kauf, als nachher die Trümmer aufräumen und mir sagen zu müssen "Hättest du doch bloß!"...
Das meine ich, wenn ich von "Interventionspflicht" spreche.
P.S.: Um meine Meinung zusammenfassend darzustellen, verweise ich auf meine Signatur.
