Creatio ex nihilo

Schriftexegese. Theologische & philosophische Disputationen. Die etwas spezielleren Fragen.
mgilhaus
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Registriert: Montag 5. September 2005, 11:24

Beitrag von mgilhaus »

Habe auch schon lange darüber nachgedacht:
Es scheint mir ein Perspektivenproblem zu sein. Das Nichts erscheint grundsätzlich nur als Primärüberlegung in der Fragestellung " Warum ist nicht Nichts?"
Da aber nicht "Nichts" ist gilt demzufoge das Gegenteil. Und das ist nicht nur ein "bischen", sondern "Alles".

Das führt, oder besser bestätigt die Grundannahmen:
1. Gott ist allmächtig
2. Gott ist ewig
3. Gott ist alles

Daraus folgt, dass eine Creatio ex nihilo ein einschränkendes, menschliches Konstrukt ist, da hier mit nihilo einzig die von uns erfahrbahre Realität gemeint sein kann, eben Perspektive des Menschen.

Gott selber ist alles und damit gilt für die Schöpfung creatio ex toto (Ich hoffe mein Latein ist noch o.k.)

Raphael

Beitrag von Raphael »

@ mgilhaus
mgilhaus hat geschrieben:Habe auch schon lange darüber nachgedacht:
Es scheint mir ein Perspektivenproblem zu sein. Das Nichts erscheint grundsätzlich nur als Primärüberlegung in der Fragestellung " Warum ist nicht Nichts?"
Da aber nicht "Nichts" ist gilt demzufoge das Gegenteil. Und das ist nicht nur ein "bischen", sondern "Alles".

Das führt, oder besser bestätigt die Grundannahmen:
1. Gott ist allmächtig
2. Gott ist ewig
3. Gott ist alles
Drittens solltest Du präzisieren, sonst landest Du im Pantheismus!
mgilhaus hat geschrieben:Daraus folgt, dass eine Creatio ex nihilo ein einschränkendes, menschliches Konstrukt ist, da hier mit nihilo einzig die von uns erfahrbahre Realität gemeint sein kann, eben Perspektive des Menschen.

Gott selber ist alles und damit gilt für die Schöpfung creatio ex toto (Ich hoffe mein Latein ist noch o.k.)
Die Schöpfung ist kein Ausfluß aus der Substanz Gottes. Es gilt zu unterscheiden zwischen seinem Sein und dem endlichen, durch IHN geschaffenen Sein!

GsJC
Raphael

mgilhaus
Beiträge: 6
Registriert: Montag 5. September 2005, 11:24

Beitrag von mgilhaus »

Hallo Raphael,

mal sehen ob ich das hinbekomme:
Also, in meiner Aussage ist weder enthalten, dass Gott und erfahrbare Realität (Natur im weitesten Sinn) identisch ist, noch dass die erfahrbare Realität Bestandteil der(einer) sich entwickelnden Gottheit ist, sondern wenn Gott nicht "Nichts" ist, ist die Schöpfung "Creatio ex toto in toto".

Die Schöpfung als abgegrenzten, nicht im Schöpfer liegenden Raum zum zu betrachten hiesse, es gibt etwas ausserhalb von Allem. Aber wir können nur "Nichts" und "nicht Nichts" unterscheiden.

Die Endlichkeit seiner Schöpfung impliziert Anfangs- und Endpunkt, aber auch hier nur aus menschlicher Perspektive: In der Ewigkeit des Schöpfers fallen per Definition der Zeitlosigkeit diese Punkte zusammen.

Insofern kennt Gott selbsverständlich den Anfang, die Entwicklung und das Ende seiner in Ihm ruhenden Schöpfung im Moment der Schöpfung.(Moment ist schon wieder ein falscher Ausdruck)

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Juergen
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Registriert: Mittwoch 1. Oktober 2003, 21:43

Beitrag von Juergen »

Das Problem liegt hier in dem Versuch der Verhältnisbestimmung, von Endlichkeit und Unendlichkeit, von Zeitlichkeit und Ewigkeit etc.
Der Versuch führt in der Regel in Aporien, so daß dann entweder alles oder auch nichts vernünftiges ausgesagt werden kann. Die Begriffe versagen.

[exkurs]
Ich will mal ein anderes Beispiel nehmen, wo ein ähnliches Problem auftritt:

Ein math. Punkt hat bekanntlich keine Ausdehnung
Eine Gerade oder auch Strecke hat eine Dimension (Länge)
Nun soll eine Strecke aus unendlich vielen Punkten bestehen.
Wie das?
Wie wird aus gleichsam einer Anhäufung von ausdehnungslosen Punkten ein Gebilde, daß eine Ausdehnung hat?
Auch hier kommt man rein vom Denken her nicht weiter.
Seit Descartes und der anaytischen Geometrie, hat man dann eine Art von Lösung gefunden, die darauf beruht, daß eine Gerade gleichsam als ein sich "auf Reisen" befindlicher Punkt ausgedrückt wird; etwa als f(x)=2x.
Aber damit wird das Problem umgangen und nicht gelöst.

(Ich weiß, daß das jetzt verkürzt und laienhaft ausgedrückt ist, aber ich bin auch kein Mathematiken und verstehe die Kontinuumshypothesen eigentlich nicht. -- Sind Mathematiker anwesend?)
[/exkurs]

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Nun zu unserm Problem:

Es gibt nun verschiedene Lösungsversuche, die man anwenden könnte:

1) Gott ist ewig und die Welt ein Ausfluß aus dem Göttlichen, daß Gott als etwas anderes gegenübersteht: damit sind wir bei Sachen, die schon die Gnostiker gedacht haben.

2) Gott schafft die Welt und ist mit der Natur identisch: dann wären wir beim Pantheismus

3) Gott schafft notwendig die Welt in einer Art dialektischen Akt. Aus seinem Sein und dem (Noch)Nichtsein der Welt entsteht notwendig die Welt: das ist vereinfacht gesagt ein hegelianischer Ansatz.

4) Gott schafft durch einen freiwilligen Willensakt die Welt; er ist in der Welt, geht aber nicht in der Welt auf, sondern ist immer noch "mehr" und der "ganz andere"; er ist gleichsam außerhalb der Welt und gleichzeitig innerhalb der Welt: das könnte man als christlichen PanENtheismus bezeichnen, der ggf. mit der kirchlichen Lehre zu vereinbaren ist.

Da gibt es sicher noch mehr Ideen, die man anführen könnte.
Gruß Jürgen

Dieser Beitrag kann unter Umständen Spuren von Satire, Ironie und ähnlich schwer Verdaulichem enthalten. Er ist nicht für jedermann geeignet, insbesondere nicht für Humorallergiker. Das Lesen erfolgt auf eigene Gefahr.
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mgilhaus
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Registriert: Montag 5. September 2005, 11:24

Beitrag von mgilhaus »

Sicher, ähnliches begegnet uns inder Heisenbergschen Unschärferelation und in der Quantenmechanik - aber wir bewegen uns überall in der real erfahrbaren Umwelt, d.h. zu beschreiben.

Anders das "Nichts". Selbst Singularitäten sind nicht Nichts. Sie sind etwas und damit Teilmenge von etwas Grösserem.

"Im Anfang war das Wort"
Und das Wort ist sicherlich "nicht Nichts"

Das "nicht Nichts" zu verneinen führt zum "Nichts" und damit auch zur Negation Gottes.

Aus dieser Negation kann Schöpfung aber nicht sein. Das "nihilo" aus "Creatio ex nihilo" bezöge sich damit also auf unsere erfahrbare und beschreibare Realität.

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