Katalonien

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Caviteño
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Re: Katalonien

Beitrag von Caviteño »

Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:
Sonntag 25. März 2018, 17:34
Wenn Belgien und Finnland den Kerl nicht verhaften mußten, warum dann ausgerechnet wir?
Weil die Deutschen eben gern den Muster-EU ropäer spielen...
Etwas Gutes hat die Verhaftung auch:
Die deutschen Grenzen sind also doch sicher. Zumindest dann, wenn ein reaktivierter europäischer Haftbefehl (ein internationaler wurde zwischenzeitlich wegen „Aussichtlosigkeit“ zurückgezogen) gegen den katalanischen Separatisten Carles Puigdemont vorliegt.
https://www.tichyseinblick.de/daili-es- ... igelassen/

Es wird doch alles abgenickt, was aus Brüssel kommt - egal ob Glühbirne oder europäischer Haftbefehl. Vielleicht wäre die Politik im Nachhinein auch froh, wenn die Polizeibeamten den Wagen nicht "gefunden" hätten.... - wie es Finnen und Dänen lt. Berichten gemacht haben. :breitgrins:

HeGe
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Re: Katalonien

Beitrag von HeGe »

Interessante Einschätzung zur Verhaftung:

http://www.deutschlandfunk.de/strafrech ... _id=413985

Daraus:
[...] Gazeas: Im Ergebnis meine ich, dass Deutschland hier ausliefern muss. Allerdings nicht zwingend wegen aller Straftatbestände, die in dem europäischen Haftbefehl drinstehen. Dort verlangt man seine Auslieferung ja wegen Rebellion, Auflehnung gegen die Staatsgewalt und Unterschlagung öffentlicher Gelder. Der letztgenannte Straftatbestand – das ist das, was wir bei uns unter der Untreue oder Haushaltsuntreue verstehen würden -, den gibt es auch bei uns in Deutschland und deswegen dürfte man hier auch ausliefern. Die Delikte sind nur dann auslieferungsfähig, wenn sie auch bei uns in Deutschland strafbar wären, und das ist bei der Rebellion nicht ohne weiteres der Fall. [...] Soweit er nicht strafbar wäre, etwa im Hinblick auf den Hochverrat, würde man die Auslieferung insoweit nicht für zulässig erklären, und das hat eine ganz wichtige Auswirkung, Herr Münchenberg. Denn damit kann man der spanischen Justiz insoweit auch Fesseln auferlegen, Herrn Puigdemont nur eingeschränkt wegen bestimmter Straftaten zu verfolgen. [...]
Vorausgesetzt, die spanische Justiz würde sich an so eine Auflage halten, wäre die Verhaftung in Deutschland und die Auslieferung für einen Beschuldigten wie Herrn Puigdemont eine elegante Lösung, sich der schwersten Anschuldigungen zu entledigen. :hmm:
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Lilaimmerdieselbe
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Re: Katalonien

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Es wäre schon ein Bruch internationalen Rechtes, wenn sich die Spanier nicht daran hielten. Sogar Erdogan hat sich in seiner ersten Amtsperiode an solche Auflagen gehalten. Es kann höchstens auf die Auslieferung unter solchen Auflagen verzichtet werden.

HeGe
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Re: Katalonien

Beitrag von HeGe »

Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:
Montag 26. März 2018, 13:51
Es wäre schon ein Bruch internationalen Rechtes, wenn sich die Spanier nicht daran hielten. Sogar Erdogan hat sich in seiner ersten Amtsperiode an solche Auflagen gehalten. Es kann höchstens auf die Auslieferung unter solchen Auflagen verzichtet werden.
In diesem Fall verpflichten auch EU-Verträge, sprich es wären wohl auch entsprechende Vertragsverletzungsverfahren mit Strafzahlungen denkbar. Das setzt aber natürlich voraus, dass solche Verträge dann nicht dem hohen Ross der Politik geopfert werden, wie es bei anderen Abkommen (Stichwort: Dublin-Verordnung) in den vergangenen Jahren wohl schon der Fall war.
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Petrus
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Re: Katalonien

Beitrag von Petrus »

Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:
Sonntag 25. März 2018, 17:34
Ja, deshalb war die große Zustimmung zur Verfassung ja eine Chance, die man auf beiden Seiten nicht genug gepflegt hat.
Und jetzt das: http://www.sueddeutsche.de/politik/kata ... -1.3920458 Wenn Belgien und Finnland den Kerl nicht verhaften mußten, warum dann ausgerechnet wir?
weil wir uns an das Recht halten.

Sascha B.
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Re: Katalonien

Beitrag von Sascha B. »

Petrus hat geschrieben:
Montag 26. März 2018, 19:14
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:
Sonntag 25. März 2018, 17:34
Ja, deshalb war die große Zustimmung zur Verfassung ja eine Chance, die man auf beiden Seiten nicht genug gepflegt hat.
Und jetzt das: http://www.sueddeutsche.de/politik/kata ... -1.3920458 Wenn Belgien und Finnland den Kerl nicht verhaften mußten, warum dann ausgerechnet wir?
weil wir uns an das Recht halten.
Seit wann? :pfeif:
Der Kreuzgang ist doch total am Ende.

Petrus
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Re: Katalonien

Beitrag von Petrus »

Sascha B. hat geschrieben:
Montag 26. März 2018, 19:24
Petrus hat geschrieben:
Montag 26. März 2018, 19:14
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:
Sonntag 25. März 2018, 17:34
Ja, deshalb war die große Zustimmung zur Verfassung ja eine Chance, die man auf beiden Seiten nicht genug gepflegt hat.
Und jetzt das: http://www.sueddeutsche.de/politik/kata ... -1.3920458 Wenn Belgien und Finnland den Kerl nicht verhaften mußten, warum dann ausgerechnet wir?
weil wir uns an das Recht halten.
Seit wann? :pfeif:
seit dem 23. Mai 1949, 24:00 Uhr (andere sprechen vom 24. Mai 1949, 00:00 Uhr).

Caviteño
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Re: Katalonien

Beitrag von Caviteño »

HeGe hat geschrieben:
Montag 26. März 2018, 13:45
Vorausgesetzt, die spanische Justiz würde sich an so eine Auflage halten, wäre die Verhaftung in Deutschland und die Auslieferung für einen Beschuldigten wie Herrn Puigdemont eine elegante Lösung, sich der schwersten Anschuldigungen zu entledigen. :hmm:
Vermutlich müßte das deutsche Gericht sogar prüfen, ob die Handlungen -z.B. was als Unterschlagung öffentlicher Gelder von Spanien bezeichnet wird- auch nach deutschem Recht diesen Straftatbestand erfüllen würde. Wenn es nur um "Informationskampagnen" geht, kann man da wohl Zweifel haben, insbesondere wenn diese Ausgabe durch ein Landesparlament formell im Haushalt abgesegnet wurde.

Aber egal wie es weitergeht. Merkel hat ein neues Problem: Liefert sie aus und Puigdemont wird vor Gericht gestellt, gehen die Katalanen auf die Straße und man wird wieder sehen, wie deutsche Fahnen verbrannt werden. Liefert sie nicht aus, riskiert sie eine diplomatische Verstimmung mit Spanien.

Dem zutreffenden Hinweis, daß die unabhängige (Landes-)Justiz entscheidet wird ebenso wie den Feinheiten bzgl. der Auslieferungsbedingungen dann in der öffentl. Diskussion in Katalonien wenig Beachtung geschenkt werden. Warum haben die Skandinavier wohl den Schwarzen Peter nach Berlin weitergereicht? :breitgrins:
Weil sie vom Ende her denken?! :D

Caviteño
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Re: Katalonien

Beitrag von Caviteño »

Nachdenkliches zur Verhaftung Puigdemont:
Deutschland hat sich damit, ob es will oder nicht, zur Konfliktpartei des Katalonien-Konflikts gemacht. Liefert das Land Puigdemont nicht aus, wird das Verhältnis zu Spanien langfristig getrübt bleiben. Überstellt ihn die Bundesrepublik an Spanien, werden bei vielen Katalanen Erinnerungen an 1940 wach werden, als die Gestapo den damaligen katalanischen Präsidenten Lluís Companys an Franco-Spanien überstellte, das ihn wenig später hinrichtete.
Augen zu und durchfahren lassen

Die Schweiz würde die dorthin geflüchtete Anna Gabriel von der linksradikalen Separatistenpartei CUP nicht ausliefern, ein entsprechendes Ersuchen wäre wohl chancenlos, s. hier:

Die Achse Berlin-Madrid erwacht

Spanische Machtspiele, mitten in Deutschland
Nun passiert etwas, womit kaum jemand in Europa mehr gerechnet hat. Strafrecht wird als Mittel der innenpolitischen Auseinandersetzung und zur Verfolgung politischer Widersacher auf unschöne Weise wiederentdeckt. Einen europäischen Zwang zur wechselseitigen Unterstützung der Mitgliedstaaten kann es dabei nicht geben.
(...)
Den Tatbestand der Rebellion gibt es im deutschen StGB nicht. Aber auch wenn man im Hochverrat (§ 81 StGB) eine ähnliche Strafnorm sähe, käme hier ein weiterer Grundsatz zum Tragen: Keine Auslieferung bei politischen Straftaten (§ 6 Abs. 1 IRG). Die Staaten sollen nicht in den politischen Auseinandersetzungen innerhalb eines anderen Staates mit den Mitteln des Strafrechts Partei ergreifen.
IRG = Gesetz zur Intern. Zusammenarbeit in Strafsachen.

Man darf auf die Entscheidung der Richter gespannt sein. Sollten sie die Auslieferung von Puigdemont beschließen, steht diesem natürlich der Rechtsweg bis zum BVerfG offen.

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Hubertus
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Re: Katalonien

Beitrag von Hubertus »

Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Niels
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Re: Katalonien

Beitrag von Niels »

Warum hat der sich nicht einfach einen Bart angeklebt, seine Papiere weggeworfen und gesagt: "Ey Alda, bin'sch Syrer. Asyl."
:hmm: :patsch:
Iúdica me, Deus, et discérne causam meam de gente non sancta

Lilaimmerdieselbe
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Re: Katalonien

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Er mag vielleicht nicht in einer Massenunterkunft mit Catering und Wohnsitzauflage leben?

Raphael

Re: Katalonien

Beitrag von Raphael »

Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:
Donnerstag 29. März 2018, 11:37
Er mag vielleicht nicht in einer Massenunterkunft mit Catering und Wohnsitzauflage leben?
Da atmet er lieber gesiebte Luft? :achselzuck:

Lilaimmerdieselbe
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Re: Katalonien

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Erstens wohl nur kurzfristig und zweitens wahrscheinlich im Einzelzimmer. Jenseits davon ist es vermutlich auch eine politische Aktion. Jetzt muß sich ein Gericht damit befassen, welche der Begründungen für den europäischen Haftbefehl überhaupt außerhalb Spaniens relevant sind, das wird ihm wahrscheinlich helfen.

Caviteño
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Re: Katalonien

Beitrag von Caviteño »

Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:
Donnerstag 29. März 2018, 11:59
Erstens wohl nur kurzfristig und zweitens wahrscheinlich im Einzelzimmer. Jenseits davon ist es vermutlich auch eine politische Aktion. Jetzt muß sich ein Gericht damit befassen, welche der Begründungen für den europäischen Haftbefehl überhaupt außerhalb Spaniens relevant sind, das wird ihm wahrscheinlich helfen.
Für Rajoy der Super-GAU, wenn die Auslieferung abgelehnt wird. Dann wird sicherlich von den Katalanen der Vorwurf der politischen Justiz erhoben werden. Schon das Amtsgericht hatte Zweifel:
"Ohne Frage bietet der Inhalt des Europäischen Haftbefehls Anhaltspunkte dafür, dass die Auslieferung des Verfolgten bei umfassender Prüfung unter Abwägung der betroffenen Rechtsfragen im Ergebnis als unzulässig bewertet werden könnte."
https://www.ndr.de/nachrichten/schleswi ... nt102.html

Raphael

Re: Katalonien

Beitrag von Raphael »

Caviteño hat geschrieben:
Donnerstag 29. März 2018, 12:21
Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:
Donnerstag 29. März 2018, 11:59
Erstens wohl nur kurzfristig und zweitens wahrscheinlich im Einzelzimmer. Jenseits davon ist es vermutlich auch eine politische Aktion. Jetzt muß sich ein Gericht damit befassen, welche der Begründungen für den europäischen Haftbefehl überhaupt außerhalb Spaniens relevant sind, das wird ihm wahrscheinlich helfen.
Für Rajoy der Super-GAU, wenn die Auslieferung abgelehnt wird. Dann wird sicherlich von den Katalanen der Vorwurf der politischen Justiz erhoben werden. Schon das Amtsgericht hatte Zweifel:
"Ohne Frage bietet der Inhalt des Europäischen Haftbefehls Anhaltspunkte dafür, dass die Auslieferung des Verfolgten bei umfassender Prüfung unter Abwägung der betroffenen Rechtsfragen im Ergebnis als unzulässig bewertet werden könnte."
https://www.ndr.de/nachrichten/schleswi ... nt102.html
Es ist doch auch schwerlich zu verstehen, wenn Puigdemont bspw. wegen Untreue nach Spanien ausgeliefert werden würde, die deutsche Justiz aber sehr wohl weiß, daß er in Spanien wegen Rebellion verurteilt werden würde. :achselzuck:
Eine "Auslieferung unter Auflagen" ist AFAIK rechtlich nicht vorgesehen; so ungefähr nach dem Motto: Wenn wir in ausliefern, dann dürft ihr ihn aber auch nur wegen in Deutschland strafbarer Handlungen verurteilen. :hmm:

Lilaimmerdieselbe
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Re: Katalonien

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Doch das gibt es. Die Bundesrepublik liefert zum Beispiel prinzipiell nur aus, wenn der Staat, der den Straftäter haben will, die Todesstrafe an diesem Menschen nicht ausübt, egal, wie er es sonst handhabt. Natürlich kann der strafverfolgende Staat eine Auslieferung unter Bedingungen ablehnen, den "Kalifen von Köln" mußten wir viele Jahre deshalb behalten und bewachen.

Raphael

Re: Katalonien

Beitrag von Raphael »

Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:
Donnerstag 29. März 2018, 13:02
Doch das gibt es. Die Bundesrepublik liefert zum Beispiel prinzipiell nur aus, wenn der Staat, der den Straftäter haben will, die Todesstrafe an diesem Menschen nicht ausübt, egal, wie er es sonst handhabt. Natürlich kann der strafverfolgende Staat eine Auslieferung unter Bedingungen ablehnen, den "Kalifen von Köln" mußten wir viele Jahre deshalb behalten und bewachen.
Die Sache mit der Todesstrafe meinte ich nicht. Das ist meines Erachtens auch eine andere Rechtsfrage.

Mir geht's um die Frage, ob Deutschland der spanischen Justiz Bedingungen auferlegen (diktieren) kann, an die die spanische Justiz dann tatsächlich gebunden wäre. Ganz einfach gesagt: Puigdemont wird nur ausgeliefert, wenn er in Spanien nicht wegen Rebellion angeklagt wird! :achselzuck:

Lilaimmerdieselbe
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Re: Katalonien

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Genau. Wenn die Bundesrepublik wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder ausliefert, kann sich Madrid überlegen, ob sie ihn dafür anklagt oder lieber dankend ablehnt.

Caviteño
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Re: Katalonien

Beitrag von Caviteño »

Sehr guter Artikel zu den juristischen Fragen im Fall Puigdemont in der Süddeutschen:

Was den Fall Puigdemont so knifflig macht

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Dottore Cusamano
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Re: Katalonien

Beitrag von Dottore Cusamano »

Die zuständige Generalstaatsanwaltschaft beantragt Auslieferungshaftbefehl.

https://www.welt.de/politik/article1751 ... efern.html

Ich hoffe, dass es jetzt schnell geht und er rasch an Spanien ausgeliefert wird. Es ist höchste Zeit, dass sich Puigdemont in Spanien für sein Verhalten strafrechtlich verantworten muss.
"Da erhob sich ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und auch der Drache und seine Engel kämpften. Doch sie richteten nichts aus und es blieb kein Platz mehr für sie im Himmel." (Offb 12, 7-8)

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Dottore Cusamano
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Re: Katalonien

Beitrag von Dottore Cusamano »

Lilaimmerdieselbe hat geschrieben:
Donnerstag 29. März 2018, 15:16
Genau. Wenn die Bundesrepublik wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder ausliefert, kann sich Madrid überlegen, ob sie ihn dafür anklagt oder lieber dankend ablehnt.
Warum benutzt Du ständig diese unsägliche Abkürzung "Bundesrepublik"? Das ist DDR- und RAF-Jargon!
"Da erhob sich ein Kampf im Himmel: Michael und seine Engel kämpften mit dem Drachen, und auch der Drache und seine Engel kämpften. Doch sie richteten nichts aus und es blieb kein Platz mehr für sie im Himmel." (Offb 12, 7-8)

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Hubertus
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Re: Katalonien

Beitrag von Hubertus »

Interview mit Strafrechtsexperte Nikolaos Gazeas:
"Die Generalstaatsanwaltschaft ist zu weit gegangen"
Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

Caviteño
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Re: Katalonien

Beitrag von Caviteño »

Hubertus hat geschrieben:
Mittwoch 4. April 2018, 09:57
Interview mit Strafrechtsexperte Nikolaos Gazeas:
"Die Generalstaatsanwaltschaft ist zu weit gegangen"
Warten wir in Ruhe das Ende des Rechtsstreites ab - entweder vor dem OLG oder vor dem BVerfG.
Verlierer ist in jedem Fall der spanische Staat: Wird der Haftbefehl kassiert, steht Spanien als ein Land dar, das aus politischen Gründen Haftbefehle erläßt. Wird Puidgemont ausgeliefert und in Madrid(!) vor Gericht gestellt, wird das die schwierige Situation weiter verschärfen. Er wird dann zum Märtyrer....

Die ersten Schwierigkeiten hat Rajoy jetzt schon, dem Haushalt 2018 ist - trotz zahlreicher Wohltaten - eine Mehrheit nicht sicher:

Dem spanischen Budget droht die baskische Blockade
Zur Mehrheit braucht Rajoy nicht nur die Stimmen seines Partido Popular (PP) und der bürgerlichen Ciudadanos, sondern auch die einiger kleiner Gruppen, unter ihnen die baskischen Nationalisten (PNV) mit ihren fünf Vertretern. Sechs Monate lang lag das Budget auf Eis. Nun hat es die Regierung endlich im Parlament eingebracht.
(...)
Rajoy solle doch in anderen Fanggründen nach Stimmen fischen, empfahl letzte Woche der PNV. Er will nicht einlenken, bevor in Katalonien die im Oktober verhängte Zwangsverwaltung durch die Zentralmacht endet. Hierfür müsste es erst einmal gelingen, eine neue Regionalregierung zu bilden – was aber nicht klappen will.
Auf EU ropa bezogen zeigt sich folgendes Bild: IT - keine Regierung, D - na ja, was so Regierung nennt, nach 12 Jahren Merkel ist man bescheiden geworden, F = Macron kämpft gegen die Streiklust, Spanien s.o.
und:
Österreich mit neuer Regierung, NL erklärt zusammen mit den nordischen und den baltischen Ländern, keine weiteren EU- Zahlungen leisten zu wollen, in Ungarn dürfte Orbán die kommende Wahl gewinnen und in einem Jahr ist GB "draußen".

Das alles ein Jahr vor den Europawahlen und einer neuen Kommission... :breitgrins:

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holzi
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Re: Katalonien

Beitrag von holzi »

Und in Portugal demonstriert eine linke Regierung, dass man auch ohne soziale Grausamkeiten die Staatsfinanzen in den Griff bekommen kann:
https://www.heise.de/tp/features/Gibt-e ... 88243.html
Telepolis hat geschrieben:[...]Besonders deutlich werden die Erfolge des kleinen Landes am westlichen Rand Europas, wenn man es vergleicht mit dem großen Nachbarland Spanien. Denn in Spanien wurde 2017 mit 3.1% sogar ein höheres Wachstum verzeichnet, aber das kommt bei breiten Schichten im Land weiter nicht an. Die Arbeitslosenquote ist mit 16,3% noch immer mehr als doppelt so hoch wie in Portugal.

Das ist ein zentraler Grund, warum in Spanien die Sozialkassen leer sind. Die einstigen Rentenreserven sind unter den Ultrakonservativen inzwischen von 63 Milliarden Euro auf 8 Milliarden fast verschwunden. Trotz allem hat Spanien 2017 erneut - anders als Portugal - das Defizitziel von 3% verfehlt. Und seit Wochen gehen die Rentner auf die Straße, die seit Jahren mit einer minimalen Erhöhung der Renten um 0,25% abgespeist werden und ständig weiter an Kaufkraft verlieren. Sie fordern, dass die Renten wieder an die Inflationsrate gebunden werden.

Im Nachbarland wurden die Pensionen von der Linksregierung erhöht und von den Konservativen eingeführte Sondersteuern abgeschafft, was zum selbstragenden und nachhaltigen Aufschwung, zur Beschäftigung und zu gefüllten Sozialkassen beigetragen hat. Ein Wunder ist all das allerdings nicht, sondern Portugal macht schlicht eine vernünftigere Politik.

Caviteño
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Re: Katalonien

Beitrag von Caviteño »

holzi hat geschrieben:
Donnerstag 5. April 2018, 08:39
Und in Portugal demonstriert eine linke Regierung, dass man auch ohne soziale Grausamkeiten die Staatsfinanzen in den Griff bekommen kann:
https://www.heise.de/tp/features/Gibt-e ... 88243.html
Sicherlich hat Portugal Fortschritte gemacht. Es ist allerdings die Frage, ob die linke Regierung -erst seit Okt. 2015 im Amt- den Aufschwung bewirkt hat oder ob sie nicht von den Reformen der Vorgängerregierungen profitiert.

Sieht man sich diese Aufstellung des Handelsblattes an, waren die Reformen "nicht ohne"
- Von 2011 bis 2014 hat Portugal seine Ausgaben im öffentlichen Dienst um 16 % gekürzt. Dies gelang vor allem über umfangreichen Stellenabbau, sowie Gehälter und Pensionskürzungen.
- Die Mehrwertsteuer wurde von 21 auf 23 Prozent angehoben, Weihnachts- und Urlaubsgeld aller Beschäftigten im öffentlichen Dienst wurden abgeschafft. Gleichzeitig wurde die 40-Stunden-Woche eingeführt und Urlaubs- sowie Feiertage reduziert.
- Im Rahmen der Reformierung des Arbeitsmarktes kritisierte der IWF vor allem den starren Kündigungsschutz des Landes, seinerzeit der teuerste Europas. Der wurde inzwischen deutlich gelockert. Abfindungen wurden deutlich reduziert, genauso die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld.
http://www.handelsblatt.com/politik/int ... 4-all.html

Ähnliche Maßnahmen haben ja auch in D. zu einem wirtschaftlichem Aufschwung geführt, von dem dann auch nicht Schröder sondern seine Nachfolgerin profitierte.

Man sollte ebenfalls nicht vergessen, das Portugal bei einer Staatsschuldenquote von 130% extrem von der Nullzinspolitik der EZB profitiert. Von 2007 bis 2017 haben sich die Schulden von 120 Mrden € auf über 243 Mrden € mehr als verdoppelt:

https://de.statista.com/statistik/daten ... -portugal/

Durch die faktische Abnahmegarantie der EZB ist es natürlich ein Leichtes, Abnehmer für Staatsanleihen zu finden, die sich nur mit 1,6% (10-Jahreslaufzeit) verzinsen - der Markt ist ja praktisch inexistent.

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holzi
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Re: Katalonien

Beitrag von holzi »

Den Unterschied zwischen Portugal und Spanien betrachtend, denke ich doch, dass eben auch die Rücknahme dieser sozialen Grausamkeiten ein gesünderes Wirtschaftswachstum in Portugal ausgelöst hat. Spanien hält eisern am Spardiktat fest und kommt nicht aus den Puschen. Das Interview mit dem portugiesischen Wirtschaftsminister (http://www.dw.com/de/das-geheimnis-von- ... a-42755534) sollte da Aufschluß geben.

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Hubertus
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Re: Katalonien

Beitrag von Hubertus »

Der Kult ist immer wichtiger als jede noch so gescheite Predigt. Die Objektivität des Kultes ist das Größte und das Wichtigste, was unsere Zeit braucht. Der Alte Ritus ist der größte Schatz der Kirche, ihr Notgepäck, ihre Arche Noah. (M. Mosebach)

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Hubertus
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Re: Katalonien

Beitrag von Hubertus »

Mittlerweile scheint klar, daß das Oberlandesgericht in Schleswig den Straftatbestand der "Rebellion" gemessen an deutschen Maßstäben nicht als erfüllt ansieht:
Das Gericht in Schleswig erklärte, der 1. Senat des OLG sei der Auffassung, „dass sich hinsichtlich des Vorwurfs der „Rebellion“ die Auslieferung als von vornherein unzulässig erweist“. Der nach deutschem Recht in Betracht kommende Straftatbestand des Hochverrats sei nicht erfüllt, weil es am Merkmal der Gewalt fehle.
https://www.welt.de/politik/ausland/art ... -frei.html
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Re: Katalonien

Beitrag von Caviteño »

Wahrscheinlich werden sich jetzt die Politiker in Spanien und D. auf die Unabhängigkeit der Justiz berufen - und dabei die Faust in der Tasche ballen. Natürlich ist die Justiz in ihrer Entscheidung unabhängig - aber nicht die Exekutive. Die ist weisungsgebunden und wie die Weisungen an die Polizei usw. durch die Regierungen erfolgt sind, kann man an ihrem Handeln in Belgien, Finnland, Schweden, Dänemark und Deutschland studieren....

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Re: Katalonien

Beitrag von Caviteño »

In Spanien ist man über die Entscheidung "not amused" und befindet sich in einer Zwickmühle:
Der Beschluss des Oberlandesgerichts bringt den spanischen Richter in eine schwierige Lage. Sollte Puigdemont nur wegen der Veruntreuung von Steuergeldern ausgeliefert werden, darf ihm wegen des Vorwurfs der Rebellion nicht der Prozess gemacht werden. Sollte Puigdemont nach Madrid überstellt werden, wo nach bisheriger Planung im Oktober oder November ein Prozess gegen insgesamt 25 führende Separatisten beginnen soll, würde ausgerechnet ihr Anführer der einzige Angeklagte sein, dem dann keine Rebellion vorgehalten wird.
Die große Ratlosigkeit in Madrid

Auch bei der Auslieferung weiterer Politiker stößt Madrid in anderen Ländern auf Granit:
Die belgischen Behörden ließen gerade drei von ihnen ohne Kaution und Untersuchungshaft in ihre Wohnungen in Brüssel zurückkehren; ähnlich hält es auch die schottische Justiz im Fall der ehemaligen Kulturministerin Carla Ponsati. Die Schweiz macht bisher ebenfalls keine Anstalten, die mit einem internationalen Haftbefehl gesuchte ERC-Generalsekretärin Marta Rovira an Spanien zu überstellen.
Da kann man sich schon fragen: War es wirklich notwendig, Puigdemont ausgerechnet in D. zu verhaften oder hätte man ihn einfach "nicht finden" können. Bei einem Land, das seine Grenzen nicht kontrollieren kann/will, wäre das sogar glaubhaft gewesen... :D

Lilaimmerdieselbe
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Re: Katalonien

Beitrag von Lilaimmerdieselbe »

Mit der weisungsgebundenen Polizei im föderalen System hat das so seine Schwierigkeiten. Der Außenminister hat da gar nichts zu melden, der Bundesinnenminister dagegen direkten Zugriff auf die Bundespolizei. Will man einen identitären österreichischen Redner aussperren, dürfte das auf öffentlichen Wegen klappen. Die Landespolizei untersteht Landesministern, da werden Weisungen des Bundesinnenministers interpretiert oder ignoriert oder umgesetzt, je nach Minister.
So ein europäischer Haftbefehl ist eigentlich ein Routinefall, da wird überall festgenommen, den Rest machen Gerichte, wenn sie denn überhaupt von den Festgenommenen angerufen werden. Ich halte es für politisch sehr riskant, die Weisung zu geben, einen europischen Haftbefehl außer Vollzug zu setzen. Mal ganz abgesehen davon, dass man gar nicht sicher sein kann, ob der konkrete Polizist diese Weisung überhaupt kennt, dass bei einer auch nur annähernd wirksamen Weisung sämtliche Beamte, die davon Kenntnis haben, diese Weisung geheim halten, kann man doch nicht im Ernst erhoffen. Damit hätte man dann gerade die politische Stellungnahme, vor der man sich eigentlich lieber drücken will.

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